Download Pdf - Österreichische Entwicklungszusammenarbeit
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P.b.b. Verlagspostamt 1010 Wien<br />
Zulassungsnummer: GZ 04Z035691 M<br />
NR. 1 2012<br />
weltnachrichten<br />
INfoRMatIoNEN dER ÖstERREIchIschEN ENtWIckluNGsZusaMMENaRbEIt<br />
Globale<br />
Partnerschaft<br />
für Entwicklung
stElluNGNahME<br />
editorial<br />
Liebe Leserinnen und Leser!<br />
3.000 TeilnehmerInnen diskutierten von<br />
29. November bis 1. Dezember 2011 in der<br />
südkoreanischen Hafenstadt Busan über die<br />
Zukunft der <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong>.<br />
Auch die österreichische Delegation unter der<br />
Leitung von Staatssekretär Wolfgang Waldner<br />
brachte ihre Positionen in das High Level Forum<br />
ein. Einige der Beiträge finden Sie in dieser<br />
Schwerpunktausgabe der Weltnach richten<br />
zu Busan.<br />
Die intensiven Auseinandersetzungen mündeten<br />
in einen ambitionierten Plan zu einer globalen<br />
Partnerschaft für wirkungsvolle Entwicklung.<br />
Für manche Akteure sind die Ergebnisse zu vage,<br />
für andere ein guter Kompromiss, auf dem sich<br />
weiter aufbauen lässt. Alles in allem ist Bewegung<br />
in die traditionelle Entwicklungsarchitektur<br />
gekommen.<br />
Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen<br />
die Redaktion<br />
oeza.info@ada.gv.at<br />
inhalt<br />
■ Thema<br />
aus hilfe wird Partnerschaft 3<br />
Neue Dynamik durch „neue akteure” 5<br />
entwicklungsmotor Wirtschaft 6<br />
Süd-Süd-Kooperationen fördern 7<br />
Demokratie für entwicklung 8<br />
Budget als hebel für Gleichstellung 9<br />
Stimmen für Gerechtigkeit 10<br />
■ PaNORama<br />
eU-entwicklungspolitik setzt neue Prioritäten 11<br />
auftakt zu neuem Klimaschutzabkommen 12<br />
■ FORUm<br />
Viel mehr als ein Kredit 13<br />
<strong>Österreichische</strong> Spuren in Nicaragua 14<br />
■ SeRVice<br />
Kurznachrichten 15<br />
Personalia 16<br />
impressum 16<br />
Offenlegung gemäß § 25 mediengesetz 16<br />
2 weltnachrichten 1/12 | www.entwicklung.at<br />
© HOPI Media/Ingrid Sontacchi<br />
chancen einer<br />
neuen Partnerschaft<br />
der Countdown zur Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele<br />
bis 2015 hat längst begonnen. Die<br />
internationalen Foren in Rom, Paris, Accra und letzten<br />
November in Busan über die Wirksamkeit der <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
sind Wegbegleiter dorthin.<br />
Die Evaluierungen der Umsetzung der international vereinbarten<br />
Prinzipien für nachhaltige Entwicklung, wie<br />
etwa die Stärkung der Eigenverantwortung der Partnerländer,<br />
die bessere Abstimmung der Geber oder gegenseitige<br />
Rechenschaftspflicht, haben gezeigt: Es wurden zwar Fortschritte<br />
erzielt – von den Partnerländern sogar stärker als von den Gebern –, aber<br />
geringer als erwartet und langsamer, als sich die globalen politischen Rahmenbedingungen<br />
verändern.<br />
Die neue Partnerschaft für Entwicklung, die in Busan lanciert wurde, bezieht<br />
neue Geber wie China, Brasilien oder Indien ein, verleiht der Zivilgesellschaft<br />
als eigenständigem Akteur mehr Gewicht und räumt dem Privatsektor<br />
größere Bedeutung ein.<br />
Der Privatsektor bietet viele Möglichkeiten für wirksame <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
wie z. B. die gezielte Förderung der Wettbewerbsfähigkeit<br />
von lokalen Klein- und Mittelbetrieben. Unternehmen sind aber auch<br />
gefordert, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, indem sie die<br />
Menschenrechte einhalten, faire Arbeitsbedingungen garantieren, ökologisch<br />
nachhaltig wirtschaften und gegen Korruption vorgehen. Kooperationen<br />
zwischen Ländern des Südens sowie im Dreieck zwischen Entwicklungsländern,<br />
Industrie- und Schwellenländern haben ebenfalls großes<br />
Potenzial, den Kampf gegen die Armut zu verstärken und zu beschleunigen.<br />
Die starke Stimme der Zivilgesellschaft ist dabei Unterstützung und<br />
notwendiges Korrektiv zugleich.<br />
Auch die neue strategische Ausrichtung der EU-Entwicklungspolitik (Agenda<br />
for Change) trägt den globalen Veränderungen Rechnung. Die Öffentlichen<br />
Entwicklungshilfeleistungen allein sind aber zu wenig, um Armut<br />
nachhaltig zu reduzieren. Deshalb wird sich die EU in Zukunft stärker auf<br />
breitenwirksames und nachhaltiges Wachstum konzentrieren. Dazu braucht<br />
es eine enge Kooperation mit dem Privatsektor sowie spezifische Maßnahmen,<br />
damit auch die ärmsten Bevölkerungsschichten vom Wachstum profitieren<br />
können. Darüber hinaus sollen Politikkohärenz für Entwicklung und<br />
Arbeitsteilung forciert werden.<br />
Die Weichen für eine neue Form der internationalen Zusammenarbeit sind<br />
gestellt. Jetzt kommt es darauf an, was wir daraus machen. ■<br />
Staatssekretär Wolfgang Waldner<br />
Bundesministerium für europäische und<br />
internationale Angelegenheiten
alte und neue Geber<br />
suchten in busan nach<br />
gemeinsamen Wegen<br />
in der <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong>.<br />
© UN Photo/Kibae Park<br />
aus hilfe<br />
wird Partnerschaft<br />
Die Welt der entwicklungszusammenarbeit verändert sich. Neben der traditionellen Nord-Süd-achse<br />
gewinnen Süd-Süd- und Dreieckskooperationen sowie die Privatwirtschaft an Bedeutung. am 4. high<br />
Level Forum über die Wirksamkeit der entwicklungszusammenarbeit im südkoreanischen Busan suchte<br />
die internationale Gemeinschaft nach antworten auf die neuen Gegebenheiten.<br />
Im Vergleich zu den Foren in Paris (2005) und Accra (2008)<br />
sollte in Busan nicht mehr nur die Wirksamkeit der „Hilfe“<br />
verbessert, sondern eine neue Partnerschaft für Entwicklung<br />
geschaffen werden, die alle Beteiligten – auch die<br />
neuen Geber – einschließt. Dies hat weitreichende Folgen.<br />
mehr eigenverantwortung und arbeitsteilung<br />
Die Beschlüsse von Busan stellen die Entwicklungsländer<br />
vor neue Herausforderungen: Stärker als bisher sollen sie<br />
ihren Weg selbst steuern. Nach einer genauen Analyse<br />
sollen sie in Zukunft ihre Entwicklungspläne noch präziser<br />
und auf die spezifischen Bedürfnisse in den jeweiligen<br />
Partnerländern abgestimmt beschreiben und eine<br />
klare Leitungsfunktion einnehmen. Sie verpflichten sich,<br />
Eigenverantwortung nicht nur als Regierungsaufgabe zu<br />
verstehen, sondern als demokratisches Prinzip, das die Zivilgesellschaft,<br />
Parlamente, Medien oder den Privatsektor<br />
gleichermaßen einbindet.<br />
Die verstärkte Orientierung an den spezifischen Anforderungen,<br />
Problemstellungen und Lösungswegen der Partnerländer<br />
bildet den Rahmen für optimale Arbeitsteilung<br />
zwischen den Akteuren und damit für den bestmöglichen<br />
Mix an Maßnahmen. Nach dem Motto „Diversität managen,<br />
Fragmentierung reduzieren“ sollen auf Basis gemeinsamer<br />
Prinzipien die unterschiedlichen Herangehensweisen<br />
so zusammengeführt werden, dass sie einander ergänzen.<br />
weltnachrichten 1/12 | www.entwicklung.at<br />
thEMa<br />
Starke Schwellenländer<br />
Ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einer globalen<br />
Partnerschaft war, dass sich in Busan neben den traditionellen<br />
Gebern auch China, Brasilien und Indien den Inhalten<br />
des Abschlussdokuments angeschlossen haben, wenn<br />
auch zunächst auf einer weniger verbindlichen Basis. Das<br />
Selbstbewusstsein, mit dem sich diese Länder als neue<br />
Entwicklungspartner einbringen, ist mitverantwortlich<br />
dafür, dass sich die alte Zweiteilung in Geber und Empfänger<br />
zugunsten einer globalen Partnerschaft aufzulösen<br />
beginnt.<br />
Katalysator entwicklungszusammenarbeit<br />
<strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> wird auch in Zukunft eine<br />
unverzichtbare, aber nicht mehr die einzig entscheidende<br />
Rolle spielen. Sie soll eine Katalysatorfunktion erfüllen und<br />
die Potenziale aller Akteure optimal zum Einsatz bringen.<br />
Der Privatwirtschaft kommt als Motor für Entwicklung<br />
eine entscheidende Rolle zu. Denn technologische Innovationen,<br />
die Steigerung von Beschäftigung und Einkommen<br />
sowie die Mobilisierung der einheimischen Ressourcen<br />
tragen wesentlich zur Beseitigung von Armut bei.<br />
Österreichs Positionen<br />
Viele Aspekte der österreichischen Beiträge finden sich<br />
in einzelnen Punkten des Schlussdokuments wieder. Sie<br />
befassen sich mit einem umfassenderen Verständnis von<br />
3
thEMa<br />
südkorea hat den sprung<br />
vom Entwicklungs- zum<br />
Industrieland geschafft.<br />
der hafen in busan ist<br />
heute einer der größten<br />
der Welt.<br />
Eigenverantwortlichkeit – auch unter fragilen Bedingungen<br />
–, mit dem Thema Transparenz und der Rolle des Privatsektors<br />
sowie mit der Gleichstellung von Frauen und<br />
Männern.<br />
Schon vor der Konferenz hatten sich die österreichischen<br />
Interessensgruppen intensiv in die Vorbereitung des<br />
Schlussdokuments und in die Diskussionen zu den thematischen<br />
Foren eingebracht. Der strukturierte Dialog<br />
der zivilgesellschaftlichen Organisationen untereinander<br />
und mit den Regierungen wurde dabei ebenso unterstützt<br />
wie die Erarbeitung der Positionierung der ParlamentarierInnen<br />
oder die Formulierung eines gemeinsamen<br />
Statements zur Rolle des Privatsektors. Im Sinne besserer<br />
Transparenz setzt sich die <strong>Österreichische</strong> <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
für ein System ein, das auf der sorgfältigen<br />
Prüfung und Wartung von grundlegenden Daten aufbaut,<br />
die nach den Kriterien des Entwicklungshilfeausschusses<br />
der OECD erhoben werden. Dies gewährleistet die Verlässlichkeit<br />
und Aussagekraft der Informationen, die veröffentlicht<br />
werden.<br />
Strategie für die Zukunft<br />
Die Akteure der „Partnerschaft von Busan“ haben einen<br />
ehrgeizigen Zeitplan: Bis Mitte 2012 sollen die Modalitäten<br />
der neuen Partnerschaft sowie konkrete Handlungsanleitungen<br />
für deren Umsetzung definiert sein. Geleitet von<br />
4 weltnachrichten 1/12 | www.entwicklung.at<br />
© UN Photo/Kibae Park (2)<br />
den Partnerländern, sollen unter anderem zügig länderbezogene<br />
entwicklungspolitische Rahmen erstellt werden,<br />
die Anforderungen, Lösungsansätze, Ergebnisse und die<br />
entsprechenden Indikatoren umfassen. Wie die Durchführung<br />
und die Rechenschaftslegung zu erfolgen haben, ist<br />
ebenfalls rasch zu definieren. Die Erklärung von Busan will<br />
nicht nur die Erfüllung der Millenniums-Entwicklungsziele<br />
bis 2015 vorantreiben, sondern auch den Blick auf die Zeit<br />
danach lenken.<br />
Der österreichische Weg<br />
Für die österreichische Entwicklungspolitik und <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
untermauert das Schlussdokument<br />
bereits eingeschlagene strategische Pfade, wie<br />
zum Beispiel die seit langem vorliegende Empfehlung,<br />
die öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen (ODA) insgesamt<br />
strategischer auszurichten und die wichtigsten<br />
österreichischen Akteure stärker daran zu orientieren. Ein<br />
bedeutender Schritt in diese Richtung ist die geplante inhaltliche<br />
Neugestaltung des Dreijahresprogramms der österreichischen<br />
Entwicklungspolitik. Auch an der Erhöhung<br />
des programmierbaren Anteils der ODA wird kein Weg<br />
vorbeiführen, wenn beispielsweise die Fragmentierung zu<br />
reduzieren ist. Schließlich werden die von der Austrian Development<br />
Agency geführten Koordinationsbüros der <strong>Österreichische</strong>n<br />
<strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> wesentlich in<br />
die Planungs- und Umsetzungsprozesse der Partnerländer<br />
eingebunden sein.<br />
Die im Schlussdokument beschriebenen Handlungsstränge<br />
der Busan-Partnerschaft sind kein fertiges Rezept, sondern<br />
erfordern von den Beteiligten konkrete Schritte und<br />
einen langen Atem für die Umsetzung. Das gilt für alle<br />
– für die zivilgesellschaftlichen Organisationen genauso<br />
wie für die Parlamente, die Wirtschaft oder die öffentliche<br />
Verwaltung. Die zukünftige globale Partnerschaft braucht<br />
gleichermaßen Kreativität, Innovation, eine alle einbeziehende<br />
Herangehensweise im operationellen Bereich und<br />
ein entschiedenes Bekenntnis auf der politischen Seite.<br />
■<br />
Robert Zeiner<br />
Leiter der Abteilung Programme und<br />
Projekte International in der ADA
Neue dynamik durch „neue akteure”<br />
Die entwicklungspolitische Landschaft hat sich in den vergangenen Jahren entscheidend verändert.<br />
heute wird zwischen traditionellen und neuen Gebern unterschieden. Die Zivilgesellschaft positioniert<br />
sich als selbstbewusster akteur. Was bedeutet das für die internationale entwicklungsarchitektur?<br />
s<br />
eit der Pariser Erklärung 2005 steht die Steigerung der<br />
Wirksamkeit der <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> im<br />
Zentrum des internationalen Diskurses über eine<br />
„neue Entwicklungsarchitektur“. Hauptakteure waren zunächst<br />
vorwiegend die traditionellen Geberländer, das sind<br />
die westlichen Industriestaaten, die im Rahmen des Entwicklungshilfeausschusses<br />
der OECD (DAC) eine gemeinsame<br />
Entwicklungspolitik verfolgen, die auf Globalisierung<br />
und die Integration der Partnerländer in den Weltmarkt<br />
ausgerichtet ist. Beim High Level Meeting in Accra 2008<br />
wurde dieser Kreis durch die Anerkennung der Zivilgesellschaft<br />
als eigenständiger Entwicklungsakteur erweitert. In<br />
Busan 2011 wurden schließlich auch jene „neuen Player“<br />
in gemeinsame Strategien eingebunden, die ihre Beziehungen<br />
mit Entwicklungsländern nicht unter <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
subsumieren. Auch diese Ausweitung hat<br />
zum Ziel, Entwicklung wirksamer und nachhaltiger zu gestalten.<br />
Wirtschaftliche interessen<br />
Mit dem wirtschaftlichen und politischen Engagement<br />
großer Schwellenländer wie China, Brasilien und Indien<br />
in Afrika, Asien und Lateinamerika wurden Konflikte zwischen<br />
den Entwicklungskonzepten der traditionellen Geberländer<br />
und dieser „neuen Akteure“ virulent. Der Begriff<br />
„neue Geber“ trifft deshalb nicht zu, da die „neuen<br />
Akteure“ ihr Engagement nicht als <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
definieren, sondern – wie beispielsweise China<br />
– als Wirtschaftskooperation.<br />
Bedingt durch das enorme wirtschaftliche Wachstum,<br />
die große Anzahl der EinwohnerInnen und die regionale<br />
politische und militärische Bedeutung der Länder wurden<br />
vor allem China, Indien, Brasilien und Russland als „Drivers<br />
of Global Change“ bezeichnet. Weiters zählen noch<br />
Südafrika, Mexiko, Malaysia, Indonesien, die Türkei und<br />
Saudi Arabien zu den wichtigsten „neuen Akteuren“,<br />
die ihren Einfluss sowohl wirtschaftlich als auch politisch<br />
steigern konnten. Dies zeigt sich deutlich in ihrer Rolle als<br />
Mitglieder der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und<br />
Schwellenländer.<br />
Konkurrenten und alternativen<br />
Vor allem das Engagement Chinas in Afrika sorgt bei den<br />
traditionellen Gebern für Unruhe. Das Land hat seine<br />
Wirtschaftspartnerschaften strategisch darauf ausgerich-<br />
tet, Ressourcenlieferungen (Erdöl, Kohle, Mineralien usw.)<br />
langfristig abzusichern und neue Absatzmärkte für chinesische<br />
Produkte zu erschließen. China investiert daher<br />
enorme Summen in Infrastruktur und wird von den traditionellen<br />
Gebern als ernsthafte Konkurrenz betrachtet.<br />
Afrikanische Regierungen sehen in der Kooperation mit<br />
China allerdings auch eine Alternative zur westlichen <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong>,<br />
die mit Bedingungen wie guter<br />
Regierungsführung, Demokratie und der Einhaltung der<br />
Menschenrechte verknüpft wird. Neue Allianzen und Süd-<br />
Süd-Kooperationen schaffen daher auch neue Handlungsspielräume<br />
und Dynamiken in politischen, wirtschaftlichen<br />
und sozialen Entwicklungsprozessen. Eine global ausgerichtete<br />
Entwicklungsarchitektur muss daher auch die „neuen<br />
Akteure“, die nicht unter dem Dach des DAC organisiert<br />
sind, in ihrer Konzeption berücksichtigen. ■<br />
michael Obrovsky<br />
<strong>Österreichische</strong> Forschungsstiftung<br />
für internationale Entwicklung (ÖFSE)<br />
weltnachrichten 1/12 | www.entwicklung.at<br />
thEMa<br />
für die neue finanzmacht<br />
china steht die Wirtschaft im<br />
Vordergrund der Zusammenarbeit<br />
mit Entwicklungsländern.<br />
5<br />
© pcruciatti/Shutterstock.com
© UN Photo/Logan Abassi<br />
thEMa<br />
d<br />
er EIC begleitet die Agenda zu mehr Wirkung in der<br />
<strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> seit der Rom-Deklaration<br />
zu Harmonisierung (2003). Unser Verband zählt<br />
zu den wenigen Vertretern des Privatsektors, die bereits<br />
zum 3. High Level Forum in Accra 2008 eingeladen waren.<br />
Mittlerweile bezieht die internationale Gebergemeinschaft<br />
den Privatsektor nicht nur in die Entwicklungsdebatte ein,<br />
sondern misst diesem eine bedeutende Rolle zu.<br />
innovative Finanzmodelle gefragt<br />
Wie im Abschlussbericht von Busan nachzulesen ist, unterstützt<br />
der Privatsektor die Bemühungen, „innovative<br />
finanzielle Mechanismen zu entwickeln, um private Finanzierungen<br />
für gemeinsame Entwicklungsziele zu mobilisieren“.<br />
Gerade der Gesundheits- und Infrastrukturbereich<br />
eignen sich hervorragend für gemeinsame Projekte der<br />
öffentlichen Hand und des Privatsektors in Entwicklungsländern.<br />
Der Europäische Auslandsbauverband ist bereit,<br />
Know-how und langjährige Erfahrung einzubringen: Beispielsweise<br />
sollte die Möglichkeit sogenannter „Blended<br />
Loans“ besser genutzt werden. Durch die Mischung von<br />
Darlehen zu günstigen Bedingungen und Förderungen<br />
lassen sich innovative Lösungen schaffen, um private<br />
Mittel zu mobilisieren und die Kluft in der Infrastruktur zu<br />
überbrücken. Sehr gute Ergebnisse in diesem Bereich liefert<br />
die Private Infrastructure Development Group (PIDG),<br />
an der auch die <strong>Österreichische</strong> <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
beteiligt ist.<br />
mehr Transparenz im auftragswesen<br />
Wichtig und richtig sind auch die Bemühungen um mehr<br />
Transparenz und Rechenschaft in der Entwicklungszusam-<br />
6 weltnachrichten 1/12 | www.entwicklung.at<br />
Infrastrukturprojekte eignen sich besonders gut für die kooperation zwischen staat und Privat.<br />
Entwicklungsmotor<br />
Wirtschaft<br />
Wirkungsvolle entwicklungszusammenarbeit braucht<br />
das engagement des Privatsektors. investitionen in die<br />
infrastruktur und die märkte von entwicklungsländern<br />
sind gefragt. Die neuen Geber sind bereits dabei, diese<br />
Lücke zu schließen. Wie sehen Unternehmen die<br />
ergebnisse von Busan? ein Kommentar des europäischen<br />
auslandsbauverbands (eic).<br />
menarbeit. Transparenz im öffentlichen Auftragswesen<br />
ist etwa in der Bauwirtschaft ein besonders relevantes<br />
Thema. Wir sind einer Meinung mit der Zivilgesellschaft,<br />
dass intensivere Kontrollen notwendig sind, um Korruption<br />
vorzubeugen. Als EIC unterstützen wir die von der<br />
Weltbank und der britischen <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
DFID entwickelte „Construction Sector Transparency<br />
(CoST) Initiative“. Diese zielt darauf ab, Erfahrungen<br />
mit Transparenz in der Rohstoffindustrie auf den Bausektor<br />
zu übertragen. Dadurch kann zusätzlich ein besseres<br />
Kosten-Nutzen-Verhältnis im öffentlichen Auftragswesen<br />
geschaffen werden.<br />
Verzicht auf Lieferbindung<br />
Ein weiteres wichtiges Thema im Schlussdokument von<br />
Busan sind Süd-Süd- und Dreieckskooperationen. Aus<br />
der Sicht eines Unternehmensverbandes aus dem Norden<br />
glaube ich, dass die Verwirklichung einer Dreieckskooperation<br />
zwischen Nord und Süd enorme Möglichkeiten<br />
bietet, nicht nur für die Geldgeber, sondern auch für die<br />
Wirtschaft. Allerdings setzt eine solche Zusammenarbeit<br />
voraus, dass die „südlichen“ Geber ihre nationalen Entwicklungshilfeleistungen<br />
ebenso frei – also nicht gebunden<br />
– zur Verfügung stellen wie die „nördlichen“ Geber.<br />
Auf diese Weise können den Partnerländern kosteneffiziente<br />
Lösungen angeboten und weitere Kooperationen<br />
ermöglicht werden. ■<br />
Frank Kehlenbach<br />
Direktor, European International Contractors e.V.<br />
www.eicontractors.de
süd-süd-kooperationen fördern<br />
mosambik verzeichnet gute Fortschritte bei seiner entwicklung.<br />
Für henrique Banze, Vizeminister für auswärtige angelegenheiten und Kooperation,<br />
ist die neue Busan-Partnerschaft ein wichtiger Schritt in die Zukunft.<br />
Weltnachrichten: Wie hat sich Mosambik auf das High Level<br />
Forum vorbereitet?<br />
henrique Banze: Mosambiks Stellungnahme für Busan<br />
stellt einen breiten gesellschaftlichen Konsens dar. In die<br />
Vorbereitung waren neben unterschiedlichen Ministerien<br />
auch Parlamentarier und religiöse Gruppen einbezogen<br />
sowie viele zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich<br />
entweder speziell in der <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
oder für gute Regierungsführung engagieren. Das gemeinsam<br />
verfasste Dokument wurde dem Ministerrat vorgelegt<br />
und von diesem zur Kenntnis genommen. Auch bei<br />
internationalen Vorbereitungstreffen und Konferenzen,<br />
besonders auch im Kontext der Vorbereitung afrikanischer<br />
Positionen, brachte sich Mosambik ein.<br />
Weltnachrichten: Welche Erwartungen hatten Sie?<br />
henrique Banze: Ganz wichtig waren uns die Analyse und<br />
Einschätzung, ob und wie sich die Umsetzung der Pariser<br />
Deklaration auf die Lebensbedingungen der Bevölkerung<br />
der Partnerländer ausgewirkt hat – hat sie zu einer Verbesserung<br />
geführt und die Armut verringert? Erfolge, aber<br />
auch Defizite von Gebern und Empfängerländern sollten<br />
in Busan offen diskutiert und aufgezeigt werden.<br />
Weltnachrichten: Sind Sie mit den Ergebnissen zufrieden?<br />
henrique Banze: Das High Level Forum war gut besucht<br />
und zeichnete sich durch einen starken politischen Willen<br />
aus. Unsere Erwartungen haben sich erfüllt: Es wurde sehr<br />
offen über Versäumnisse und die Ergebnisse der Bemühungen,<br />
die Wirksamkeit der <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
zu verbessern, diskutiert. Nach einer nüchternen<br />
Analyse stellte sich heraus, dass die Fortschritte insgesamt<br />
geringer waren als erwartet. Abseits der offiziellen Foren<br />
waren die Anerkennung und Stärkung der Süd-Süd-Zusammenarbeit<br />
und die zunehmende Bedeutung von trilateralen<br />
Kooperationen zentrale Themen. Vor allem Süd-<br />
Süd-Kooperationen sollten verstärkt werden – aber nicht<br />
in Konkurrenz zur bisherigen Zusammenarbeit zwischen<br />
Nord und Süd, sondern als Ergänzung, als wichtiges Element<br />
internationaler Kooperation und als Antwort auf die<br />
veränderten Verhältnisse im globalen Kontext.<br />
Weltnachrichten: Wie geht es weiter?<br />
henrique Banze: Busan war ein wichtiger Schritt in die<br />
richtige Richtung. Endlich wird von der Wirksamkeit von<br />
Entwicklung und nicht bloß von Entwicklungszusam-<br />
menarbeit gesprochen. Jetzt geht es allerdings darum,<br />
die Schritte zu der neuen globalen Partnerschaft auch zu<br />
konkretisieren. Dazu bedarf es einer breiten Diskussion,<br />
die sich nicht nur auf finanzielle Aspekte konzentriert,<br />
sondern auch die aktuellen Herausforderungen einbezieht<br />
wie etwa den Klimawandel oder die sich verändernde<br />
Konstellation in der internationalen <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong>.<br />
Wir sind immer wieder mit neuen Realitäten<br />
konfrontiert: In Mosambik zum Beispiel wurden Kohlevorkommen<br />
entdeckt, aber das heißt nicht, dass damit alle<br />
Probleme sofort gelöst werden können. Neue Fragestellungen<br />
ergeben sich, zum Beispiel: Wie können diese Ressourcen<br />
mittel- bis langfristig genutzt werden, um weniger<br />
von Hilfe abhängig zu sein? Letztendlich ist die große<br />
Herausforderung, jetzt rasch zu konkreten Antworten zu<br />
kommen. ■<br />
© privat<br />
Das Gespräch führte eva Kohl<br />
Leiterin des Koordinationsbüros in Maputo<br />
weltnachrichten 1/12 | www.entwicklung.at<br />
thEMa<br />
als Vizeminister für auswärtige<br />
angelegenheiten und kooperation<br />
ist henrique banze auch für<br />
die <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
zuständig.<br />
7
thEMa<br />
demokratie für Entwicklung<br />
Parlamentarierinnen bilden die Schnittstelle zwischen Politik und Bürgerinnen.<br />
in Zukunft sollen sie noch stärker in entwicklungsprozesse eingebunden werden<br />
und für Transparenz und Kontrolle sorgen.<br />
als Vorsitzende der aWEPa sektion Österreich hat Petra bayr (bildmitte) einen besonderen bezug zu afrika.<br />
aktionismus in busan:<br />
bringt die neue<br />
globale Partnerschaft<br />
ordnung in die<br />
<strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong>?<br />
s<br />
eit Langem fordern Abgeordnete, dass VolksvertreterInnen<br />
– im Süden wie im Norden – stärker in die Planung,<br />
Umsetzung und das Monitoring von Entwicklungskooperation<br />
involviert werden. Nun ist es der Vereinigung<br />
europäischer ParlamentarierInnen mit Afrika<br />
(AWEPA), der Interparlamentarischen Union und anderen<br />
parlamentarischen Netzwerken gelungen, die Rolle von<br />
Parlamenten gleich mehrfach im Abschlussdokument von<br />
Busan zu verankern. Demnach vermitteln Parlamente zwischen<br />
BürgerInnen und Regierungen und garantieren dadurch<br />
eine breite und demokratische Eigenverantwortung<br />
auch bei den Entwicklungsaktivitäten.<br />
Damit die ParlamentarierInnen ihre vielfältigen und verantwortungsvollen<br />
Aufgaben bewältigen können, benötigen<br />
sie entsprechendes Know-how und zusätzliche<br />
8 weltnachrichten 1/12 | www.entwicklung.at<br />
© kepary/flickr © ADA/Heidi Liedler-Frank<br />
Ressourcen. Schließlich führen die VolksvertreterInnen die<br />
Aufsicht über den Entwicklungsprozess ihres Landes und<br />
müssen die Umsetzung der Aktionspläne begleiten und<br />
kontrollieren können.<br />
Große Verantwortung …<br />
Abgeordnete können sich auf unterschiedlichen politischen<br />
Ebenen in einen verantwortungsvoll geführten<br />
Entwicklungsprozess einbringen. Das Abschlussdokument<br />
von Busan zeigt verschiedenste Möglichkeiten auf: ParlamentarierInnen<br />
können zur Vertiefung und Verbreiterung<br />
der Zusammenarbeit beitragen, für Transparenz und<br />
die Übernahme von Verantwortung sorgen, neue Player<br />
einbeziehen, über ein transparentes öffentliches Finanzmanagement<br />
informieren und die Diversifizierung und<br />
Arbeitsteilung der Akteure unterstützen. Auch für den<br />
Aufbau fragiler Staaten und die Stärkung demokratischer<br />
Strukturen für wirksame Entwicklung sind VolksvertreterInnen<br />
unerlässlich. Darüber hinaus spielen Parlamente<br />
eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, effektive Institutionen<br />
und Politiken für nachhaltige Entwicklung zu<br />
etablieren. In den Hohen Häusern werden gesetzliche<br />
Rahmenbedingungen für den Privatsektor beschlossen<br />
und neue Finanzierungsmechanismen für Entwicklung<br />
verhandelt. Schlussendlich sind sie auch zuständig für die<br />
Bekämpfung von Korruption, Geldwäsche und Steuerflucht.<br />
… braucht starke Strukturen<br />
Bis die Parlamente all diese Aufgaben wirklich erfüllen<br />
können, ist es noch ein langer Weg. Dies gilt nicht nur für<br />
die Volksvertretungen des Südens. Auch die parlamentarischen<br />
Strukturen von reichen Ländern sind in deren Realverfassungen<br />
oft schwach und werden von den Regierungen<br />
häufig bloß als „Abnick-Mechanismus“ verstanden.<br />
Um all die Voraussetzungen zu erfüllen, die wir in den<br />
Partnerländern für die Einbeziehung von Parlamenten in<br />
den Entwicklungsprozess fordern und fördern, haben wir<br />
auch in Österreich selbst noch einiges zu erarbeiten und<br />
zu erstreiten. Dies wird allerdings nur mit einem erklecklichen<br />
Mehr an Ressourcen und Kompetenzen, aber auch<br />
parlamentarischem Selbstbewusstsein möglich sein. ■<br />
.<br />
Petra Bayr<br />
Abgeordnete der SPÖ zum Nationalrat, Vorsitzende des<br />
entwicklungspolitischen Unterausschusses im<br />
Nationalrat sowie der AWEPA Sektion Österreich
© ADA/Heidi Liedler-Frank<br />
die Gleichberechtigung geht in fast allen ländern noch viel zu langsam voran.<br />
budget als hebel für Gleichstellung<br />
Weltweit sind Frauen männern gegenüber noch immer massiv benachteiligt. US-außenministerin<br />
hillary clinton und michelle Bachelet, Leiterin von UN Women, forderten in<br />
Busan mehr engagement in der Gleichstellungspolitik. Gender Budgeting ist ein Weg,<br />
um Gendergerechtigkeit über den Staatshaushalt zu fördern.<br />
d<br />
ie Entscheidung, wofür die Haushaltsgelder eines<br />
Staates ausgegeben werden, ist ein politisches Statement<br />
einer Regierung und hat großen Einfluss darauf,<br />
wie sich eine Gesellschaft entwickelt. Die Budgetgestaltung<br />
kann dazu beitragen, dass bestehende geschlechtsspezifische<br />
Unterschiede verstärkt, verringert oder abgebaut<br />
werden. Länder wie Ecuador und Nepal haben<br />
gendergerechte Budgetierung bereits als verpflichtenden<br />
Grundsatz in ihre haushaltsrechtlichen Regelungen aufgenommen.<br />
In Österreich bestimmt die Bundesverfassung,<br />
dass „Bund, Länder und Gemeinden bei der Haushaltsführung<br />
die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern<br />
anzustreben haben“. Im jährlichen Bundesfinanzgesetz<br />
hat jedes Ministerium auf jeder Budgetebene und damit<br />
für jede Verwaltungsebene zumindest ein – in seinen<br />
Auswirkungen auf die Gesellschaft sichtbares – Genderziel<br />
zu definieren. Dadurch wird Gender Budgeting zum allgemeinen<br />
Verwaltungsprinzip.<br />
Strategisch zu gerechter Verteilung<br />
Für diesen Weg setzt sich Österreich auch in der <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
ein – zum Beispiel über ein Projekt<br />
in Zusammenarbeit mit UN Women in Albanien, Bosnien<br />
und Herzegowina, Mazedonien und Moldau. Dieses unterstützt<br />
die Länder bei demokratischer Regierungsführung<br />
und fördert die Einbeziehung der Genderperspektive<br />
in Strategien und Budgetplanungen in so unterschiedlichen<br />
Bereichen wie ländlicher Entwicklung, Arbeit und<br />
Beschäftigung oder sozialer Sicherheit. Besonders geachtet<br />
wird dabei auf die Teilnahme von Frauen und der Zivilgesellschaft.<br />
Genaue Daten für gute ergebnisse<br />
Viel vehementer als die Erklärung von Paris 2005 und<br />
der Accra Aktionsplan 2008 widmet sich das Schlussdokument<br />
von Busan dem Thema Gender und Entwicklung.<br />
Ein eigener Aktionsplan soll dafür sorgen, dass Gleichstellung<br />
und das Empowerment von Frauen mit Nachdruck<br />
als entscheidende Voraussetzungen für die nachhaltige<br />
Entwicklung eines Landes verfolgt werden.<br />
Nach dem Motto „Nur was gemessen werden kann, bekommt<br />
auch Aufmerksamkeit“ werden in Zukunft stärker<br />
nach Geschlechtern getrennte Datenerhebungen gefördert.<br />
Dies erleichtert die Rechenschaftslegung über die<br />
Verwendung der öffentlichen Ausgaben und Entwicklungsgelder.<br />
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />
und Entwicklung (OECD) hat bereits 14 spezielle<br />
Indikatoren erarbeitet. Mithilfe detaillierter Daten lässt<br />
sich rascher feststellen, welche Ressourcen Frauen und<br />
Männern in den einzelnen Ländern zur Verfügung stehen<br />
und welcher speziellen Förderungen es noch bedarf. Auch<br />
ein internationaler Vergleich sollte möglich sein.<br />
Jetzt gilt es, die auf der Konferenz von Busan beschlossenen<br />
Übereinkommen auch umzusetzen und mit entsprechenden<br />
Maßnahmen zügig zu guten Ergebnissen zu<br />
kommen. ■<br />
Friederike Schwarzendorfer<br />
Budgetsektion im Bundesministerium für Finanzen<br />
Sonja Grabner<br />
Gender und Entwicklung in der ADA<br />
weltnachrichten 1/12 | www.entwicklung.at<br />
thEMa<br />
9
thEMa<br />
stimmen für Gerechtigkeit<br />
Für die Organisationen der Zivilgesellschaft (cSO) fiel das high Level Forum in Busan enttäuschend aus.<br />
auf dem Weg dorthin gelang es ihnen allerdings, in einem beeindruckenden Diskussionsprozess zu einem<br />
gemeinsamen Selbstverständnis zu finden. Rund 20.000 cSO weltweit sprechen nun mit einer Stimme.<br />
seit dem High Level Forum 2008 in Accra arbeiteten die<br />
unterschiedlichsten Nichtregierungsorganisationen in<br />
mehr als 90 Ländern intensiv an gemeinsamen Visionen,<br />
Prinzipien und Forderungen. Das Ergebnis: ein klar<br />
definiertes Selbstbild und ein umfassendes Verständnis<br />
von Entwicklung. CSO sehen sich nicht als Anhängsel oder<br />
Umsetzer von Regierungen, sondern als eigenständige,<br />
dynamische und unerlässliche Kräfte, die den Entwicklungsprozess<br />
wesentlich unterstützen. Ihr Ansatz basiert auf der<br />
Umsetzung der Menschenrechte, der Konventionen der<br />
Internationalen Arbeitsorganisation, auf Armutsminderung,<br />
der Schaffung von Geschlechter- und sozialer Gerechtigkeit<br />
sowie der nachhaltigen Nutzung von Ressourcen. Die Berücksichtigung<br />
all dieser Kriterien ermöglicht, dass die Menschen<br />
in Frieden und Sicherheit leben und sich an politischen<br />
Entscheidungen beteiligen können.<br />
Neue Player – andere interessen<br />
Es war ein ambitioniertes, aber keineswegs utopisches<br />
Programm, das die 300 CSO-VertreterInnen beim 4. High<br />
Level Forum in Busan einbrachten. Das Ergebnis fiel jedoch<br />
ernüchternd aus. Ihre Forderungen finden sich nur<br />
ansatzweise in wenigen Punkten des Schlussdokuments<br />
wieder. Dennoch: Die Zivilgesellschaft konnte sich als eigenständiger<br />
Entwicklungsakteur positionieren.<br />
Die kleinen Erfolge werden überschattet von der Sorge,<br />
dass etwa keine verbindliche Auflagen für die neuen Player<br />
festgelegt wurden. Diese aber mischen die eingefahrenen<br />
Nord-Süd-Beziehungen auf und lassen sich nicht in ihren<br />
Handlungsspielräumen einschränken: Schwellenländer<br />
wie China, Indien und Brasilien haben massive Interessen<br />
an den Ressourcen der ärmeren Länder, Wirtschaftsunternehmen<br />
sind auf der Suche nach neuen Absatzmärkten.<br />
Und dennoch setzen die Regierungen der OECD-Staaten<br />
den Sparstift bei den Entwicklungshilfeleistungen an und<br />
delegieren die Verantwortung sukzessive an diese neuen<br />
Geber.<br />
Zivilgesellschaft redet mit<br />
Als wirksame <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong>, die von umfassender<br />
und sozialer Entwicklung getragen ist, kann die<br />
Busan-Partnerschaft nur dann funktionieren, wenn alle<br />
Partner dieselben Werte vertreten und dieselben Ziele anstreben.<br />
Das ist angesichts der beträchtlichen Eigeninter-<br />
10 weltnachrichten 1/12 | www.entwicklung.at<br />
essen der neuen Geber allerdings fragwürdig. Deren Ziel<br />
ist Wachstum. Doch das entspricht nicht dem Verständnis,<br />
das die Zivilgesellschaften rund um den Globus von Entwicklung<br />
haben.<br />
Jetzt gilt es, Beharrlichkeit und Präsenz an den Tag zu legen.<br />
„Nothing about us without us“: Die CSO werden<br />
sich in Entscheidungs- und Abstimmungsprozessen weiterhin<br />
mit einer gemeinsamen Stimme für die Anliegen der<br />
Zivilgesellschaft stark machen, vor allem für jene besonders<br />
benachteiligter Gruppen wie Frauen, Kinder, Minderheiten,<br />
Indigene oder Behinderte. ■<br />
Petra Navara-Unterluggauer<br />
Geschäftsführerin AG Globale Verantwortung<br />
www.globaleveranwortung.at<br />
die VertreterInnen der Zivilgesellschaft forderten auch in busan: „Nothing about us without us“.<br />
© kepary/flickr
Eu-Entwicklungspolitik setzt neue Prioritäten<br />
mit der „agenda für den Wandel“ reagiert<br />
die eU auf die globalen Veränderungen.<br />
ab 2014 setzt die europäische Kommission<br />
neue Prioritäten, um die entwicklungszusammenarbeit<br />
noch stärker auf die<br />
minderung der armut und die<br />
Verwirklichung der millenniumsentwicklungsziele<br />
auszurichten.<br />
Die Partnerländer mit dem größten<br />
Bedarf bekommen Vorrang.<br />
der „Agenda für den Wandel“, veröffentlicht im Oktober<br />
2011, ging ein breit angelegter Diskussionsprozess<br />
voraus. Auf Basis eines Grünbuchs startete im<br />
November 2010 eine öffentliche Befragung via Internet,<br />
an der sich Nichtregierungsorganisationen (NRO), Interessenvertretungen,<br />
lokale Behörden, Partnerländer und Privatpersonen<br />
sehr aktiv beteiligten. Alle EU-Mitgliedsstaaten<br />
wirkten intensiv an der Vorbereitung der Mitteilung mit. Die<br />
österreichische Position zum Grünbuch wurde unter Einbindung<br />
unterschiedlicher entwicklungspolitischer Akteure erstellt.<br />
Nachhaltiges Wachstum<br />
Die EU-Entwicklungspolitik will sich in Zukunft auf zwei<br />
Themenbereiche konzentrieren. Der erste Schwerpunkt<br />
„Menschenrechte, Demokratie und gute Regierungsführung“<br />
bestätigt die im Europäischen Konsens definierten<br />
gemeinsamen Ziele und Werte der EU. Neu hingegen ist<br />
der zweite Kernbereich, mit dem die EU wesentlich stärkeres<br />
Augenmerk auf „breitenwirksames und nachhaltiges<br />
Wachstum für menschliche Entwicklung“ legen will. Um<br />
die Armut nachhaltig zu reduzieren, ist Wachstum erforderlich,<br />
das Arbeitsplätze schafft und insbesondere die<br />
armen Bevölkerungsschichten am Wohlstandszuwachs<br />
teilhaben lässt. Damit dies auch tatsächlich gelingen kann,<br />
wird der Verteilung ebenso hohe Bedeutung beigemessen<br />
wie der Wachstumsrate.<br />
Durch „differenzierte Entwicklungspartnerschaften“ will<br />
die EU die begrenzten finanziellen Mittel auf jene Länder<br />
konzentrieren, die den größten Bedarf haben. Die Kooperation<br />
mit stärker entwickelten Ländern wird nicht mehr<br />
in Form der „klassischen <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong>“<br />
erfolgen, sie wird sich vielmehr auf Themen beschränken,<br />
die in gegenseitigem Interesse liegen.<br />
Die Koordination zwischen Europäischer Kommission und<br />
Mitgliedsstaaten soll durch konkrete Maßnahmen, wie<br />
© Europäische Kommission<br />
PaNoRaMa<br />
die Europäische kommission fokussiert ihr entwicklungspolitisches Engagement in Zukunft auf die<br />
ärmsten länder der Welt – wie etwa Guinea.<br />
zum Beispiel die gemeinsame EU-Programmierung, verbessert werden. Durch<br />
mehr „Politikkohärenz für Entwicklung“ soll verhindert werden, dass sich Maßnahmen<br />
anderer Politikbereiche negativ auf die Ziele der <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
auswirken. Um hier tatsächliche Fortschritte zu erzielen, gilt es nun,<br />
die politischen Vorgaben der Ratsschlussfolgerungen aus dem Jahr 2009 in die<br />
Praxis umzusetzen.<br />
Gelungener Konsens<br />
Der breit angelegte Diskussionsprozess bildet eine gute Grundlage für die<br />
Entscheidungsfindung über die künftige strategische Ausrichtung der EU-<br />
Entwicklungspolitik. Ohne deren grundlegende Werte infrage zu stellen, ist<br />
es gelungen, breitenwirksames und nachhaltiges Wachstum zur dauerhaften<br />
Armutsreduktion stärker ins Zentrum zu stellen. Es bedarf spezifischer Maßnahmen,<br />
damit die ärmsten und marginalisierten Bevölkerungsschichten auch<br />
davon profitieren können. Die Konzentration der knappen Mittel auf die Länder<br />
mit dem größten Bedarf ist absolut notwendig. Wie sich gezeigt hat, sind<br />
stärker entwickelte Länder selbst in der Lage, durch entsprechende Politik die<br />
Armut erfolgreich zu reduzieren.<br />
Es ist an der Zeit, dass die Entwicklungspolitik der EU den veränderten globalen<br />
Rahmenbedingungen Rechnung trägt. Die „Agenda für den Wandel“ ist ein<br />
wichtiger Schritt dorthin. ■<br />
michaela ellmeier<br />
Leiterin EU-Koordination der<br />
<strong>Österreichische</strong>n <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> im Außenministerium<br />
weltnachrichten 1/12 | www.entwicklung.at<br />
11
PaNoRaMa<br />
Nach zähem Ringen gelang<br />
unter dem Vorsitz der<br />
südafrikanischen außenministerin<br />
Maite Nkoana-<br />
Mashabane (in Rot) doch<br />
noch der abschluss der<br />
klimakonferenz.<br />
auftakt zu neuem klimaschutzabkommen<br />
Die erwartungen an die UNO-Klimakonferenz in Durban, Südafrika, waren gering. Umso erstaunlicher<br />
waren die gemeinsamen anstrengungen, in letzter minute doch noch zu einem ergebnis zu kommen.<br />
Dieses trägt die handschrift der europäischen Union.<br />
bis zum letzten Verhandlungstag hatte niemand damit<br />
gerechnet: Die Konferenz in Durban, die Ende November<br />
2011 mit bescheidenen Erwartungen begonnen<br />
hatte, wurde zu einem Überraschungserfolg. In einem<br />
Verhandlungsmarathon von zwei Tagen und zwei Nächten<br />
am Ende der Konferenz – dem längsten in der Geschichte<br />
des UNO-Klimaprozesses – einigten sich die UmweltministerInnen<br />
von mehr als 190 Staaten auf ein Paket an Maßnahmen,<br />
die gemeinsam ein neues Bild für den internationalen<br />
Klimaschutz zeichnen.<br />
allianz mit kleinen inselstaaten<br />
Zentrales Ergebnis war die Einigung auf einen Fahrplan<br />
für ein neues, globales Klimaschutzabkommen, das spätestens<br />
2015 beschlossen werden und fünf Jahre später in<br />
Kraft treten soll. Es soll rechtsverbindlich sein und für alle<br />
Länder – also auch für den Kyoto-Verweigerer USA und<br />
Schwellenländer wie Brasilien, China und Indien – verstärkte<br />
Klimaschutzmaßnahmen vorsehen. Für die Ausarbeitung<br />
wurde eigens eine neue Arbeitsgruppe eingerichtet.<br />
Diese soll ab 2013 den Prozess unter dem bisherigen<br />
„Bali Action Plan“ ersetzen.<br />
Ein ambitionierter Fahrplan für ein neues globales Abkommen<br />
war eine Kernforderung der EU. Letztlich konnte sich<br />
eine starke Allianz zwischen Europa, den kleinen Inselstaaten<br />
(AOSIS) und den am wenigsten entwickelten Ländern<br />
(LDCs) gegenüber jenen Ländern (USA, China, Indien)<br />
behaupten, die vor allem bei Rechtsverbindlichkeit und<br />
Zeitplan „bremsen“ wollten. Wesentlich zum Verhandlungserfolg<br />
beigetragen hat die in Durban ebenfalls erzielte<br />
12 weltnachrichten 1/12 | www.entwicklung.at<br />
grundsätzliche Verständigung auf eine zweite Verpflichtungsperiode<br />
unter dem Kyoto-Protokoll, an der sich die EU<br />
– im Gegensatz zu Japan und Russland – beteiligen wird.<br />
mehr Geld für Klimaschutz<br />
Neben der großen „politischen“ Einigung brachte Durban<br />
gegen Ende der Konferenz aber auch noch Fortschritte in<br />
zahlreichen Detailbereichen. Zur für Entwicklungsländer<br />
wichtigen internationalen Finanzierung des Klimaschutzes<br />
wurde der neue Klimafonds (Green Climate Fund)<br />
eingerichtet und ein Arbeitsprogramm zur Identifikation<br />
von langfristigen Finanzierungsquellen verabschiedet. Ziel<br />
bleibt weiterhin, bis 2020 aus privaten und öffentlichen<br />
Mitteln 100 Milliarden US-Dollar für angemessene Klimaschutzmaßnahmen<br />
der Entwicklungs- und Schwellenländer<br />
aufzustellen. Außerdem einigte man sich auf die Arbeitsweise<br />
eines neuen Anpassungskomitees, verbesserte<br />
Berichtspflichten für Industrie- und Entwicklungsländer,<br />
Anrechnungsregeln für die Waldbewirtschaftung unter<br />
dem Kyoto-Protokoll sowie auf die Definition eines neuen<br />
Marktmechanismus und vieles andere mehr.<br />
Erst das Gesamtpaket mit dem politischen Fahrplan und<br />
den Einigungen in vielen Detailbereichen macht den Erfolg<br />
von Durban aus – ein überraschender, aber auch notwendiger<br />
Erfolg für den internationalen Klimaschutz. Mögen<br />
viele weitere folgen. ■<br />
manfred Kohlbach<br />
Abteilung Immissions- und Klimaschutz<br />
im Lebensministerium<br />
© Leila Mead/IISD, 2011
© Oikocredit (2)<br />
Viel mehr als ein kredit<br />
mikrofinanz schafft in ausweglosen Situationen oft neue<br />
Perspektiven. Die philippinische Organisation aSKi setzt<br />
sich nachhaltig für ihre Kreditnehmerinnen ein. Sie begleitet<br />
ihre Kundinnen und achtet auf die soziale Wirksamkeit der<br />
investitionen. mit erfolg.<br />
125 Bevölkerung kann sich das Leben kaum leisten. In diesem Fall steht<br />
Kilometer nördlich der philippinischen Hauptstadt Manila liegt Cabanatuan<br />
City. Dort mangelt es an wichtiger Infrastruktur, und die<br />
die Mikrofinanzorganisation ASKI hilfreich zur Seite. Sie vergibt Kredite und bietet<br />
dort Versicherungen an, wo die Menschen keinen Zugang zu diesen Dienstleistungen<br />
haben. Zur Kreditvergabe gehören auch Trainings und Beratung: „Wir<br />
stärken das Wissen unserer KundInnen im Umgang mit Finanzen. Wir helfen<br />
auch bei der Verbesserung der Produktion oder vermitteln Kontakte zu Abnehmerfirmen“,<br />
erklärt ASKI-Geschäftsführer Rolando Victoria.<br />
Beratung und Versicherungen<br />
In einem kleinen Dorf, nur eine Stunde von Cabanatuan City entfernt, trifft sich<br />
eine Gruppe von KreditnehmerInnen. Die wöchentliche Zusammenkunft ist<br />
Pflicht, um mögliche Probleme zu besprechen und Kreditraten zurückzuzahlen.<br />
In jedem Darlehen ist eine Lebensversicherung inkludiert, in landwirtschaftlichen<br />
Krediten auch eine Ernteversicherung. „ASKI hilft uns auch dabei, weitere Einkommensquellen<br />
zu erschließen“, sagt die Gruppenleiterin Shirley Villa.<br />
Den ersten Schritt aus der Armut haben die DorfbewohnerInnen bereits geschafft.<br />
ASKI unterstützt sie dabei, Anträge an die lokale Regierung zu stellen,<br />
um Brücken und Verbindungsstraßen bauen zu können. Die Organisation hilft<br />
auch bei der Suche nach neuen AbnehmerInnen für die Ernte.<br />
shirley Villa: „der kredit für die büffel hat sich gelohnt. der Milchverkauf bringt zusätzliches Einkommen.“<br />
Über den kredit ist Myra buncheys Ernte auch versichert.<br />
Nachhaltige Darlehen<br />
Mikrofinanzinstitutionen wie ASKI mangelt es oft an Eigenkapital,<br />
um die hohe Nachfrage in ihrem Umkreis<br />
befriedigen zu können. Die 1975 vom ökumenischen<br />
Weltkirchenrat gegründete Entwicklungsgenossenschaft<br />
OIKOCREDIT engagiert sich deshalb weltweit für eine<br />
sozial nachhaltige Vergabe von Darlehen. „OIKOCREDIT<br />
unterstützte uns auch dabei, die soziale Wirkungsmessung<br />
durchzuführen. Seit 2011 sind wir in der Anwendung des<br />
‚Progress out of Poverty Index‘ zertifiziert: Anhand der<br />
Antworten auf zehn einfache Fragen können wir das Armutsniveau<br />
unserer KundInnen messen. Dadurch sehen<br />
wir, ob sich unsere Arbeit positiv auf deren Leben auswirkt<br />
oder ob wir uns verbessern müssen“, so der ASKI-<br />
Geschäftsführer. Das Darlehen, das ASKI von OIKOCRE-<br />
DIT erhalten hat, dient der Refinanzierung zusätzlicher<br />
Filialen. Das Kapital stammt vor allem von europäischen<br />
AnlegerInnen, die mit einer Geldanlage ab 200 Euro realwirtschaftliche<br />
Projekte ermöglichen.<br />
Bereits rund 3.000 ÖsterreicherInnen investieren in die<br />
Idee von OIKOCREDIT. Die Gelder werden von OIKO-<br />
CREDIT Austria über eine zentrale Koordinierungsstelle in<br />
den Niederlanden an 35 Regionalbüros in Afrika, Asien,<br />
Lateinamerika und Osteuropa geleitet, die vor Ort mit<br />
Partnerorganisationen wie ASKI in Kontakt stehen. Die<br />
Dividende beträgt im Jahr in der Regel zwei Prozent. In<br />
der 36-jährigen Geschichte OIKOCREDITs hat noch nie<br />
ein Anleger auch nur einen Cent verloren, viele Menschen<br />
aber haben neue Perspektiven und die Hoffnung auf ein<br />
besseres Leben gewonnen. ■<br />
www.oikocredit.at<br />
Birgit entner<br />
OIKOCREDIT Austria<br />
weltnachrichten 1/12 | www.entwicklung.at<br />
foRuM<br />
13
foRuM<br />
<strong>Österreichische</strong> spuren in Nicaragua<br />
ein Unternehmen zu gründen ist mit viel persönlichem Risiko verbunden. im Departement masaya in<br />
einer der autonomen Regionen Nicaraguas haben dennoch viele Frauen und männer den Sprung in die<br />
Selbstständigkeit geschafft. Österreich unterstützt die Regierung beim aufbau der lokalen Wirtschaft<br />
und fördert die regionale entwicklung.<br />
Von nirgendwo hat man einen besseren Blick auf die Laguna<br />
de Apoyo, einen imposanten Kratersee zwischen<br />
den Städten Masaya und Granada, als vom Rand der<br />
Ortschaft Nandasmo. Die neue Aussichtsplattform ist der<br />
ganze Stolz der BewohnerInnen der kleinen Gemeinde. Kleine<br />
Imbiss-Stände und ein Schwimmbecken schaffen einen Erholungsraum<br />
für Einheimische und BesucherInnen. „Diese<br />
wunderbare Plattform haben wir der <strong>Österreichische</strong>n <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
zu verdanken“, schwärmt die<br />
Tischlerin Nohemí Cuevas. Die Regierung habe zwar auch ihren<br />
Beitrag geleistet, doch ohne Österreich wäre dieses<br />
Schmuckstück nie zustande gekommen.<br />
Starthilfen<br />
Die Kleinunternehmerin hat aus ihrem Geschäft – ebenfalls<br />
mit österreichischer Hilfe – das Beste gemacht. Für den<br />
Ausbau ihrer Werkstatt nahm sie über den Kleinunternehmerverband<br />
CIDEL in Masaya zunächst einen Kredit über<br />
5.000 Córdobas – das sind etwa 250 US-Dollar – auf, zuletzt<br />
einen in der Höhe von 5.000 US-Dollar. Ohne technische<br />
Unterstützung wäre das Geld verloren gewesen.<br />
Eine Expertin lehrte die Tischlerin und ihre Söhne, wie man<br />
Holz trocknen muss, damit es sich nicht verzieht. „Früher<br />
nahmen wir frische Bretter und verarbeiteten sie, solange<br />
sie noch feucht waren. So kann man natürlich keine Qualitätsmöbel<br />
herstellen“, erzählt Cuevas. Inzwischen sind<br />
ihre Schaukelstühle international gefragt. Sie exportiert<br />
nach Mexiko, Panama und selbst in die Niederlande. 17<br />
Angestellte hämmern und sägen für sie. Die Kredite sind<br />
bis auf einen kleinen Rest bereits zurückgezahlt.<br />
14 weltnachrichten 1/12 | www.entwicklung.at<br />
ideen umsetzen<br />
Auf eigenen Beinen steht auch Jairo Carballo in der Gemeinde<br />
Catarina. Seine Werkstatt für Kunsthandwerk liegt<br />
an der Landstraße, dadurch kann er die bunten Erzeugnisse<br />
direkt vermarkten. Fünf Angestellte arbeiten für ihn.<br />
Seine Ehefrau führt die Buchhaltung. Nicht ganz so erfolgreich<br />
ist der Herrgott-Schnitzer Pedro Alvarado, dessen<br />
Skulpturen von hoher Qualität sind und bereits auf mehreren<br />
Messen ausgestellt wurden. Doch das Geschäft mag<br />
nicht so recht anspringen, obwohl er dank österreichischer<br />
Anschubhilfe eine Website einrichten konnte.<br />
Marvin López vom Gemeindeverband CIDEL betreut<br />
1.200 Kleinst- und Ein-Personen-Unternehmen in den<br />
neun Kommunen von Masaya. Er ist sehr zufrieden mit<br />
der Kooperation mit Österreich. „Dieses Programm gehört<br />
zu den wenigen, die das Herz der KleinunternehmerInnen<br />
wirklich berühren.“ Immer wieder bekomme er begeisterte<br />
Rückmeldungen. Umso trauriger ist es für viele, dass<br />
die <strong>Österreichische</strong> <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> ihr Büro<br />
in Managua schließt und Nicaragua als Schwerpunktland<br />
aufgibt. Nohemí Cuevas beschreibt ihre Gefühle so: „Es ist<br />
wie ein Scheidungsbrief, der dich unerwartet erreicht.“ ■<br />
Ralf Leonhard<br />
freier Journalist, besuchte Projekte<br />
der <strong>Österreichische</strong>n <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
in Nicaragua.<br />
Jairo carballos kann von seinem kunsthandwerk mittlerweile sehr gut leben.<br />
© Ralf Leonhard (3)
kurznachrichten<br />
co 2-kompensation<br />
über boku Wien<br />
seit Kurzem bietet die Universität für Bodenkultur<br />
Wien die Möglichkeit, Flugemissionen durch Beiträge<br />
zu einem konkreten Klimaschutzprojekt in der<br />
Region Nord-Gondar in Äthiopien auszugleichen. Der<br />
Gegenwert des CO 2-Ausstoßes eines Fluges kann unkompliziert<br />
über die Website der BOKU Wien berechnet<br />
und in einem weiteren Schritt zweckgewidmet werden.<br />
Kompensiert wird durch Aufforstungen, die in Nord-<br />
Gondar CO 2 aus der Atmosphäre binden. Gleichzeitig<br />
verbessern Maßnahmen zu nachhaltiger Landnutzung<br />
und für Bodenschutz die Lebensbedingungen der Bevölkerung.<br />
Das Kompensationsprojekt stärkt dadurch auch ein äthiopisches<br />
Boden- und Wasserschutzprogramm in der Region,<br />
das durch die Austrian Development Agency (ADA), die<br />
Agentur der <strong>Österreichische</strong>n <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong>,<br />
seit vielen Jahren gefördert wird. Als Mitglied des wissenschaftlichen<br />
Beirats zum Kompensationssystem konnte die<br />
ADA ihre Umweltexpertise und praktischen Erfahrungen in<br />
der Projektregion einbringen.<br />
Die BOKU Wien arbeitet an der Erweiterung des Systems.<br />
In Zukunft sollen auch die Berechnung und Kompensierung<br />
der CO 2-Emissionen anderer Verkehrsmittel sowie des CO 2-<br />
Jahresausstoßes einer öffentlichen oder privaten Einrichtung<br />
bzw. eines Unternehmens möglich werden. ■<br />
www.boku.ac.at/co2-kompensation.html<br />
RIo+20: Mut zum Wandel<br />
Im Vorfeld der Weltkonferenz über nachhaltige Entwicklung im<br />
Juni in Brasilien bündelt die Initiative „RIO+20 – Gerechtigkeit in<br />
einer endlichen Welt“ die vielfältigen Aktivitäten von über 30<br />
österreichischen Umwelt- und Entwicklungsorganisationen. Rund<br />
40 Veranstaltungen zeigen von März bis Juni 2012 konkrete Wege<br />
in eine ökologisch nachhaltige und sozial gerechte Zukunft auf<br />
und wollen „Mut zum Wandel“ machen. Inhaltlich werden die<br />
Themen Umwelt, Ressourcen, Klima, Ernährung, Menschenrechte,<br />
Weltwirtschaft und Lebensstil aufgegriffen. Die Austrian<br />
Development Agency unterstützt die Initiative und fördert<br />
themenbezogene Projekte in einem Gesamtumfang von rund<br />
600.000 Euro. ■<br />
www.rioplus20.at<br />
J. baschinger (JuMP), J. ober (Vulkanland), d. bacher (dreikönigsaktion) und<br />
a. Egit (Greenpeace) (v.r.n.l.) stellten die österreichweite Initiative der Presse vor.<br />
Plattform<br />
für humanitäre hilfe<br />
seit 23. November 2011 wird die humanitäre Hilfe Österreichs<br />
neu koordiniert. Unter dem Vorsitz des Außenministeriums<br />
und der Dachorganisation „Globale Verantwortung“ schlossen<br />
sich 20 humanitäre Nichtregierungsorganisationen, die zuständigen<br />
Ressorts verschiedener Ministerien sowie die Austrian<br />
Development Agency zur „österreichischen humanitären Koordinationsplattform“<br />
zusammen. Die Plattform wird die Abstimmung<br />
zwischen den staatlichen Akteuren und den Hilfsorganisationen<br />
wesentlich verbessern. In den regelmäßigen Treffen werden die<br />
Mitglieder über aktuelle entwicklungspolitische Probleme diskutieren<br />
und sich mit effizienteren Strukturen der humanitären Hilfe<br />
in Österreich auseinandersetzen. ■<br />
weltnachrichten 1/12 | www.entwicklung.at<br />
sERVIcE<br />
© Fotodienst/Katharina Schiffl<br />
15
sERVIcE<br />
PERsoNalIa<br />
top Positionen<br />
© Frank Helmrich<br />
iReNe GiNeR-ReichL<br />
leitete von 2005 bis 2011 die Sektion <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
im Bundesministerium<br />
für europäische und internationale Angelegenheiten<br />
Seit Jänner 2012 ist sie Leiterin der <strong>Österreichische</strong>n<br />
Botschaft in Peking. 1982 trat die<br />
promovierte Juristin in den Diplomatischen Dienst Österreichs. In<br />
den vergangenen 15 Jahren hat Giner-Reichl vor allem in den Bereichen<br />
wirtschaftliche und soziale Entwicklung, Umwelt, Energie<br />
und Entwicklungskooperation gearbeitet und zahlreiche internationale<br />
Vorsitzfunktionen innegehabt. Von 1995 bis 1998 leitete<br />
sie die Internationale Abteilung im Umweltministerium, von 1998<br />
bis 2001 war sie die Ständige Vertreterin Österreichs bei den in<br />
Wien angesiedelten UN-Organisationen. Schließlich ging sie nach<br />
New York und stand bis 2005 als Assistant Director General dem<br />
dortigen UNIDO-Büro vor.<br />
© BMeiA<br />
impressum<br />
michaeL LiNhaRT<br />
folgte Botschafterin Giner-Reichl Mitte Jänner<br />
2012 als Leiter der Sektion VII – <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
im Außenministerium nach.<br />
Der promovierte Rechtswissenschafter aus Vorarlberg<br />
trat 1986 ins Außenministerium ein und<br />
16 weltnachrichten 1/12 | www.entwicklung.at<br />
durchlief verschiedene Abteilungen, bevor er seine diplomatische<br />
Karriere im Ausland startete. Erste Stationen waren Äthiopien, Syrien<br />
und Kroatien. Zurück in Wien, arbeitete er im Kabinett des<br />
Außenministers, kurze Zeit auch als außenpolitischer Berater des<br />
Bundeskanzlers. Nach drei Jahren als Leiter der <strong>Österreichische</strong>n<br />
Botschaft in Damaskus wurde Linhart 2004 erster Geschäftsführer<br />
der neu gegründeten Austrian Development Agency (ADA)<br />
in Wien, deren Gründung und Aufbau er auch leitete. Nach vier<br />
Jahren übernahm er die Leitung der <strong>Österreichische</strong>n Botschaft<br />
in Athen.<br />
BRiGiTTe ÖPPiNGeR-WaLchShOFeR<br />
wurde im Dezember 2011 zur Geschäftsführerin<br />
der Austrian Development Agency, der<br />
Agentur der <strong>Österreichische</strong>n <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong>,<br />
wiederbestellt. Seit 2007 managt<br />
sie erfolgreich die österreichische Entwicklungsagentur.<br />
Nach dem Studium der Handelswissenschaften<br />
absolvierte die Niederösterreicherin die Diplomatische Akademie<br />
Wien und arbeitete danach an den <strong>Österreichische</strong>n Botschaften<br />
in Ankara, Paris und Pretoria. Es folgten acht Jahre im Außenministerium,<br />
während derer sie unter anderem für Afrika südlich der<br />
Sahara zuständig war, bevor sie als Gesandte nach London zog.<br />
Von 2001 bis 2006 leitete Öppinger-Walchshofer die <strong>Österreichische</strong><br />
Botschaft in Addis Abeba und war zuständig für Äthiopien,<br />
Eritrea, Djibouti und Somalia. Zuletzt war sie auch als Ständige<br />
Vertreterin bei der Afrikanischen Union. Vor ihrer ersten Amtsperiode<br />
als ADA-Geschäftsführerin war sie zwei Jahre als Leiterin<br />
der Internen Revision (Generalinspektorat) im Bundesministerium<br />
für europäische und internationale Angelegenheiten tätig.<br />
medieninhaber, herausgeber und Verleger: Austrian Development Agency (ADA), die Agentur der <strong>Österreichische</strong>n <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong>,<br />
Zelinkagasse 2, 1010 Wien, Österreich, oeza.info@ada.gv.at, www.entwicklung.at, DVR 0000060. Konzept, Gestaltung und Produktion:<br />
Grayling Austria GmbH. Redaktion: Heidi Liedler-Frank (F.d.I.v.), Claudia Gruber, Sabine Krings, Birgit Brandner. Titelfoto: Christopher Meder/<br />
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sind kostenlos. Bestellung: oeza.info@ada.gv.at oder www.entwicklung.at (Newsletter abonnieren).<br />
Offenlegung gemäß § 25 mediengesetz: medieninhaber: Austrian Development Agency (ADA), Zelinkagasse 2, 1010 Wien • Geschäftsführerin: Mag. Brigitte Öppinger-Walchshofer • Gegenstand<br />
des Unternehmens: Die ADA ist durch das EZA-Gesetz 2002 (i.d.g.F.) mit der Erarbeitung und Abwicklung von Maßnahmen der staatlichen <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> betraut. Sie orientiert sich an<br />
den Zielen der Armutsminderung, der Friedenssicherung und der Erhaltung der Umwelt. Die ADA trägt damit zur Erfüllung des entwicklungspolitischen Auftrags Österreichs im Rahmen des Dreijahresprogramms<br />
und im Gleichklang mit der internationalen Gemeinschaft bei. • Gesellschafter: Republik Österreich 100 % • Offenlegung der Blattlinie gemäß § 25, abs. 4 mediengesetz: „Weltnachrichten.<br />
Informationen der <strong>Österreichische</strong>n <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong>“ vermitteln Informationen aus dem Bereich der <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> und der internationalen Entwicklungspolitik und<br />
richten sich an Personen, die in der <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> tätig und/oder daran interessiert sind. Die „Weltnachrichten“ erscheinen viermal jährlich.<br />
© Frank Helmrich