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Owen Hatherley – These Glory Days - Edition Tiamat

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mit ihren Vorgängern nicht scheuen. Roxy Music entwickelten<br />

nicht einmal in ihren unterkühltesten Helmut-<br />

Newton-Zeiten eine derart zwingende Vision von Erfolg<br />

und Opulenz, um sie dann in Anomie und Psychose<br />

münden zu lassen <strong>–</strong> wie Pulp in dem Song »This is<br />

Hardcore«. Selbst Morrissey hat keinen so perfekten<br />

Rundumschlag wie »Common People« hinbekommen.<br />

Die Welt, die sie auf den Alben aus der Zeit von 1990 bis<br />

1994 heraufbeschwören, ist ähnlich obsessiv, sprachlich<br />

kompakt und inspiriert wie die von The Fall in ihren besten<br />

Zeiten. Besonders unter den in den siebziger und<br />

achtziger Jahren sozialisierten Kritikern besteht ein Konsens,<br />

dass sich The Smiths und vielleicht noch die späten<br />

My Bloody Valentine in die oben genannte Ahnenreihe<br />

stellen dürfen. Dabei wird ganz und gar außer Acht gelassen,<br />

dass Pulp es 1995 fertig brachten, ein Krautrock-<br />

Epos über den Klassenkampf an zweiter Stelle in der<br />

Hitparade zu platzieren. Zudem nutzen sie das öffentliche<br />

Wohlwollen drei Jahre später dafür, Zehntausende Leute<br />

dazu zu bringen, sich mit »This is Hardcore« einen<br />

sechsminütigen Grabgesang auf die Amateurpornografie<br />

zuzulegen.<br />

Einige der Gründe für diese ängstliche Kritik sind absolut<br />

verständlich: Pulps zweifellos vollführter Zusammengang<br />

mit diesem schrecklichen Britpop-Spektakel,<br />

ihre Retro-Referenzen und Jarvis Cockers doppelbödige<br />

Pop-Berühmtheit. Cockers Texte sind komplex und gut<br />

recherchiert, er lässt sich dabei von seinen ausgefallenen<br />

Vorlieben treiben. Er reimt niemals abstrakt, sondern<br />

stets realistisch, wie unversöhnlich dieser Realismus auch<br />

sein mag. Es ist kaum vorstellbar, dass Cocker einen<br />

Sprung vom Alltäglichen hin zu den wortkargen, bruchstückhaften<br />

Schrecknissen vollführt, wie es sein Idol und<br />

späterer Produzent Scott Walker auf dem Album Tilt<br />

getan hat. Trotz alledem ist Pulp eine Band, die sehr ernst<br />

genommen werden muss. Deswegen werde ich mich in<br />

diesem Buch mit den drei Themen befassen, die sich wie<br />

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