(nicht) auf die Größe kommt es an - Filmspiegel
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Troja MEINE FRAU, MEIN BOOT, MEIN PFERD<br />
Wenn König Menelaos von Sparta (Brend<strong>an</strong> Gle<strong>es</strong>on) <strong>die</strong> Troj<strong>an</strong>er bewirtet, d<strong>an</strong>n ist das F<strong>es</strong>t all<strong>es</strong> <strong>an</strong>dere als spart<strong>an</strong>isch. Während <strong>die</strong><br />
harten Männer den Frieden begießen, schleicht sich der troj<strong>an</strong>ische Prinz Paris (Orl<strong>an</strong>do Bloom) in <strong>die</strong> Gemächer von Menelaos’<br />
liebreizender Braut Helena (Di<strong>an</strong>e Kruger).<br />
Die junge Frau verabscheut ihren Gatten,<br />
der sie wie eine Gef<strong>an</strong>gene hält.<br />
Paris muss wohl <strong>nicht</strong> l<strong>an</strong>g reden, um<br />
<strong>die</strong> Schöne zum Durchbrennen zu<br />
überreden. Als das troj<strong>an</strong>ische Schiff<br />
gen Heimat segelt, ist auch Helena mit<br />
von der Partie. Frauen <strong>an</strong> Bord bringen<br />
bek<strong>an</strong>ntlich Unglück, geklaute Königsbräute<br />
aber haben das Potential zur<br />
Zerstörung einer g<strong>an</strong>zen Nation.<br />
Menelaos macht mobil. Gemeinsam<br />
mit seinem Bruder Agamemnon (Bri<strong>an</strong><br />
Cox), einem notorischen Gierschlund,<br />
der schon längst ein Auge <strong>auf</strong> Troja<br />
geworfen hatte, vereinigt der Betrogene<br />
<strong>die</strong> griechischen Stämme zu<br />
einer mächtigen Armada. König Priamos<br />
von Troja (Peter O´Toole) empfängt<br />
seine Söhne Hektor (Eric B<strong>an</strong>a)<br />
und Paris gewohnt herzlich, auch<br />
wenn er sehr wohl weiß, dass <strong>die</strong><br />
Schwiegertochter aus zweiter H<strong>an</strong>d<br />
Ärger bringen wird. Der Monarch<br />
wähnt <strong>die</strong> Götter <strong>auf</strong> seiner Seite.<br />
Für <strong>die</strong> Konkurrenz arbeitet, wenn<br />
auch widerwillig, der Halbgott Achill<strong>es</strong><br />
(Brad Pitt). Er erreicht mit seiner verwegenen<br />
Crew als Erster troj<strong>an</strong>ische<br />
G<strong>es</strong>tade. Als <strong>die</strong> übrigen 999 Schiffe<br />
l<strong>an</strong>den, ist <strong>die</strong> Sache mit dem Zurückschlagen<br />
der ersten Verteidigungswelle<br />
bereits erledigt. Wenn der Krieger<br />
Achill<strong>es</strong> zum Sprung <strong>an</strong>setzt, d<strong>an</strong>n<br />
hat nämlich jeder Gegner sein Leben<br />
verwirkt. Un<strong>auf</strong>haltsam rollt <strong>die</strong> mächtige<br />
Streitmacht <strong>auf</strong> Trojas Tore zu.<br />
Doch <strong>die</strong> Stadt ist gerüstet und ihre Belagerer<br />
beißen sich <strong>die</strong> Zähne aus. Bis<br />
ein überdimensional<strong>es</strong> Pferd <strong>die</strong> Sachlage<br />
erheblich verändert.<br />
In Homers „Ilias“ haben <strong>die</strong> Götter ein<br />
gewaltig<strong>es</strong> Wörtchen mitzureden, in<br />
Petersens „Troja“ <strong>nicht</strong>. Der Emdener<br />
präsentiert in seinem Filmepos Menschen<br />
aus Fleisch und Blut, <strong>die</strong> sich<br />
wegen einer einzigen verhängnisvollen<br />
Affäre vieltausendfach <strong>die</strong> Köpfe<br />
einschlagen. Die Grenzen zwischen<br />
Gut und Böse verschwimmen und so<br />
m<strong>an</strong>che Heldenpose kaschiert nur<br />
mächtig schlotternde Knie. Überflüssig<br />
zu erwähnen, dass <strong>die</strong> Spezialeffekte<br />
d<strong>es</strong> Films perfekt und beeindruckend<br />
sind und dass <strong>die</strong> erl<strong>es</strong>ene Darstellerriege<br />
große Überzeugungskraft hat.<br />
Altstars wie Peter O´Toole und Julie<br />
Christie geben ebenso wunderbare historische<br />
Figuren ab wie der g<strong>es</strong>chichtlich<br />
vielfach erprobte Brend<strong>an</strong><br />
Gle<strong>es</strong>on und der großartige Bri<strong>an</strong> Cox.<br />
Die junge Garde schließlich sorgt für<br />
mehr als einen Hauch Sex-Appeal. Die<br />
Kleiderordnung der <strong>an</strong>tiken Zeiten gibt<br />
<strong>es</strong> schließlich her, Pitts Astralleib oder<br />
Orl<strong>an</strong>do Blooms Hühnerbrust immer<br />
wieder in Szene zu setzen. Petersen<br />
macht davon reichlich Gebrauch, um<br />
sich d<strong>es</strong> Inter<strong>es</strong>s<strong>es</strong> der großen weiblichen<br />
F<strong>an</strong>schar zu versichern. Gerüchten<br />
zum Trotz sind auch jene Einstellungen,<br />
<strong>die</strong> Brad Pitt gänzlich unverhüllt<br />
zeigen, von großer Zurückhaltung.<br />
Gleich<strong>es</strong> trifft übrigens im<br />
W<strong>es</strong>entlichen auch <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Schlachtszenen<br />
zu. Zwar geht <strong>es</strong> durchaus ordentlich<br />
zur Sache, aber <strong>auf</strong> den Splatter-Faktor<br />
wurde d<strong>an</strong>kenswerter<br />
Weise verzichte.<br />
„Troja“ ist ein Stück groß<strong>es</strong> Kino, das<br />
keine G<strong>es</strong>chichtsstunde sein will, aber<br />
gewiss auch niem<strong>an</strong>den dümmer<br />
macht. Wolfg<strong>an</strong>g Petersen krönt damit<br />
seine bisherige Hollywood-Arbeit.<br />
ROBERT LUCAS