AUS- UND WEITERBILDUNG - Wirtschaftszeitung
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WIRTSCHAFTSZEITUNG<br />
REGENSBURG. Ganz bewusst zum „Tag<br />
des Handwerks“ hat sich dieser Tage<br />
der Bayerische Handwerkstag stellvertretend<br />
für seine 194 000 Betriebe und<br />
850000 Beschäftigten mit der künftigenEntwicklungbefasst,ohnefreilich<br />
seine Wurzeln zu verleugnen. Die Allerheiligen-Hofkirche<br />
in der Münchner<br />
Residenz, wo dieser Tag begangen<br />
wurde, ist denn auch keineswegs ein<br />
Gegensatzzu„GoogleundFacebook“–<br />
jenem Aspekt also, der ohne Zweifel<br />
längst zum Handwerkszeug auch und<br />
gerade kleiner und mittlerer Betriebe<br />
gehört.<br />
Neue Medien, also die Instrumente<br />
in modernen Unternehmen, sind das<br />
eine. Als viel wichtiger aber sollte die<br />
Aus- und Weiterbildung eingestuft<br />
werden, zumalauchdie Oberpfalz vor<br />
sinkenden Schülerzahlen nicht gefeit<br />
zu sein scheint. Umso positiver ist es,<br />
dass speziell beim Handwerk die Zahl<br />
der abgeschlossenen AusbildungsverträgeindenerstenachtMonaten2011<br />
bayernweit um nicht weniger als 4,25<br />
Prozentzunahm.InNiederbayernund<br />
der Oberpfalz, so erläutert Hans<br />
Schmidt als Bereichsleiter „Aus- und<br />
Weiterbildung“ der Handwerkskammer,<br />
bedeuten die derzeit registrierten<br />
mehr als 5200 Verträge ein Plus von<br />
über1,5Prozent.DochdieHandwerks-<br />
kammer verlässt sich nicht auf die<br />
Ausbildung allein,sondernist sich bewusst,<br />
dass die Betriebe besonders vor<br />
dem Hintergrund der demographischenEntwicklungnurmiteinerkonsequenten<br />
Weiterbildung ihrer Mit-<br />
<strong>AUS</strong>- <strong>UND</strong> <strong>WEITERBILDUNG</strong><br />
EineWeiterbildungganznachMaß<br />
IndenArbeitsagenturenSchwandorfundRegensburgkommenQualifizierungsverbündezumEinsatz<br />
VON GERD OTTO<br />
SCHWANDORF/REGENSBURG. Die InitiativezurFlankierungdesStrukturwandels<br />
(IFlaS) ist der Beitrag der Bundesagentur<br />
für Arbeit zur Bekämpfung<br />
des Facharbeitermangels in Deutschland.<br />
Wie die Chefs der drei OberpfälzerAgentureninWeiden,Schwandorf<br />
und Regensburg übereinstimmend erläutern,<br />
sei es das Ziel dieses Sonderprogrammes,<br />
Arbeitslosen, die über<br />
keinen Berufsabschluss verfügen,<br />
durch gezielte Weiterbildungsmaßnahmenentwederdirektzueinemsolchen<br />
Abschluss zu verhelfen, oder zumindest<br />
zu einer Teilqualifizierung,<br />
dievollständigaufeinespätereBerufsausbildunganrechenbarist.<br />
Gleiches gilt für Arbeitslose, die<br />
zwar über einen Berufsabschluss verfügen,<br />
in den letzten vier Jahren aber<br />
nicht in diesem Beruf, sondern in<br />
einer Anlerntätigkeit beschäftigt waren.<br />
Im Bezirk der Agentur für Arbeit<br />
Weiden zum Beispiel wurden in diesem<br />
Zusammenhang die unterschiedlichsten<br />
Maßnahmen durchgeführt,<br />
etwa „Maschinen- und Anlagenführer“<br />
mit der Möglichkeit der WeiterqualifizierungzumIndustriemechaniker.<br />
270 Millionen für Fortbildung<br />
Zur Qualifizierungs-Palette 2011 gehört<br />
vonseiten der Arbeitsagentur<br />
auch das Programm „WeGebAU“,<br />
einem Kürzel, in dem sich die Weiterbildung<br />
Geringqualifizierter und beschäftigter<br />
älterer Arbeitnehmer in<br />
Unternehmenverbirgt.Gefördertwerden<br />
dabei Personen, die von ihren<br />
Arbeitgebern für die Dauer einer Qualifizierung<br />
unter Fortzahlung des<br />
Arbeitsentgelts freigestellt werden.<br />
Von den Arbeitsagenturen werden die<br />
Weiterbildungskosten übernommen,<br />
unter bestimmten Voraussetzungen<br />
kann dem Arbeitgeber ein Arbeitsentgeltzuschussgewährtwerden.<br />
Im vergangenen Jahr wurden aus<br />
diesem Topf über 270 Millionen Euro<br />
eingesetzt. Speziell für die nördliche<br />
Oberpfalz hat die Agentur Weiden im<br />
Rahmen des transnationalen ESF-Programms<br />
einen Projektverbund „Integration<br />
durch Austausch“ (IdA) konzipiert,<br />
das jungen Erwerbslosen das Erlernen<br />
der tschechischen Sprache er-<br />
Unternehmen der Pflegebranche sehen in der Mitarbeiter-Qualifizierung<br />
einenentscheidendenAnsatz. Foto:DöpferSchulen<br />
möglicht, um ihnen dadurch einen<br />
Wettbewerbsvorteil für den Start ins<br />
Berufsleben zu bieten. Schließlich, so<br />
der Vorsitzende der Geschäftsleitung<br />
der Weidener Agentur, Siegfried Bühner,<br />
sei Tschechien „unser nächstes<br />
EU-Partnerland“ und für die Region<br />
Weiden ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt.<br />
Neue Wege in der Arbeitsmarktpolitik<br />
hat aber auch die Agentur für<br />
Arbeit Schwandorf beschritten, etwa<br />
mit dem Aufbau eines Qualifizie-<br />
rungsverbundes, dessen oberstes Ziel<br />
Joachim Ossmann als Leiter der Agentur<br />
folgendermaßen beschreibt: „Es<br />
geht darum, das Know-how und die<br />
Wettbewerbsfähigkeit der Arbeitnehmer<br />
zu erhalten beziehungsweise zu<br />
erweitern und sie entsprechend dem<br />
technischenWandelzuqualifizieren.“<br />
Den Anfang machte man mit dem<br />
Bauneben- und Ausbaugewerbe, wobeideutlichwurde,welchenormesInteressegeradekleineundmittelständische<br />
Unternehmen an diesem Qualifi-<br />
AuchinZukunft:„DemMeisterstehenalleWegeoffen“<br />
WeiterbildungzumMeistergiltimostbayerischenHandwerkweiterhinalsKernstück/ZwölfBildungszentreninNiederbayernundderOberpfalz<br />
WeiterbildungimHandwerk:DasBlockmodellwird immerwichtiger. Foto:HWK<br />
arbeiter wettbewerbsfähig bleiben<br />
können. Gerade in Ostbayern aber sei<br />
man für diese Herausforderung gut<br />
aufgestellt. Mit einer modernen Bildungsinfrastruktur<br />
sowie durchgängigenKonzeptenbietedasHandwerkat-<br />
zierungsthema haben. Häufig, so JoachimOssmann,lassendieKapazitäten<br />
der Betriebe es aber nicht zu, die Weiterbildung<br />
der Mitarbeiter voranzutreiben.GenauhiersetzedeshalbderQualifizierungsverbundein,beidemessich<br />
um ein Netzwerk aus zumeist 30 Betrieben<br />
der selben Branche handelt,<br />
heuer aus dem Metallgewerbe. Die<br />
Vorteile für die Mitgliedsbetriebe<br />
einessolchenVerbundssindeinemaßgeschneiderte<br />
Weiterbildung der Mitarbeiter,<br />
die Erarbeitung eines betriebsbezogenen<br />
Bildungsplanes oder<br />
auchdieUnterstützungbeiderUmsetzungderQualifizierung.<br />
300 verschiedene Maßnahmen<br />
Außer Schwandorf und Würzburg erprobt<br />
auch die Agentur für Arbeit Regensburg<br />
das Instrument des Qualifizierungsverbunds.<br />
Ebenfalls in Zusammenarbeit<br />
mit der österreichischen<br />
ÖSB Consulting GmbH wagen<br />
sich die Regensburger an eine besonders<br />
schwierige Branche. Wie Johann<br />
Götz, Geschäftsführer Operativ, erläutert,<br />
haben es die Betriebe der Pflegebranche<br />
grundsätzlich schwer, Mitarbeiter<br />
zu gewinnen, aktuell komme<br />
auch noch der Wegfall des Zivildienstesdazu.<br />
Gerade deshalb aber möchte die<br />
ArbeitsagenturdieArbeitgeberwiedie<br />
Mitarbeiter unterstützen, „wohlwissend,<br />
dass Mitarbeiterqualifizierung<br />
die Betriebe stärkt, zur Personalbindung<br />
beiträgt und den Beschäftigten<br />
guten Schutz vor Arbeitslosigkeit bietet“.<br />
Mitarbeiterqualifizierung exakt<br />
planen, den Qualifizierungsbedarf ermitteln,<br />
Bildungsangebote vergleichen,<br />
Kosten berechnen und Fördermöglichkeiten<br />
recherchieren – dieser<br />
zusätzliche Kraftakt sei von kleinen<br />
Betrieben nur schwer zu erbringen.<br />
„Genau an diesem Punkt setzen wir<br />
an, um gemeinsam mit Partnerfirmen<br />
wie dem Institut B.A.S.I.C. die Durchführung<br />
organisierter Mitarbeiterqualifizierungzuerleichtern.“<br />
ImRahmendesgeradebegonnenen<br />
„QualifizierungsverbundsPflege“wurden<br />
mehr als 300 unterschiedlichste<br />
Weiterbildungsmaßnahmen angemeldet–vomEintagesseminarbiszuQualifizierungenvondreiJahrenDauer.<br />
traktive Karrierewege. Nicht weniger<br />
als zwölf Bildungszentren in Niederbayern<br />
und der Oberpfalz, also durchaus<br />
über die gesamte Region verteilt,<br />
bieten neben dem herkömmlichen<br />
Programm immer wieder von Neuem<br />
wahre Spezialitäten an, wobei der<br />
Meistertitel weiterhin als Kernstück<br />
derWeiterbildunggilt.<br />
Wie Hans Schmidt betont, sei der<br />
„Meister“ nach wie vor heiß begehrt,<br />
undzwargleichgültig,obmansichanschließend<br />
selbstständig machen<br />
möchte(in 41Berufenist diesPflicht),<br />
als leitender Mitarbeiter im Betrieb<br />
bleibt oder dies als Eintrittskarte zum<br />
Studiumbetrachtet:„DemMeisterstehenalleWegeoffen.“<br />
In Weiden wurde heuer von der<br />
Kammer ein neuer Kfz-Meisterkurs<br />
angeboten. Während die Nordoberpfälzer<br />
bisher den theoretischen Teil<br />
an anderen Standorten, etwa in Regensburg,<br />
absolvieren mussten, könnenseitMai2011allePrüfungsteilein<br />
Weidenabgelegtwerden.<br />
Ein „bundesweit einzigartiges<br />
Blockmodell“ ist in diesen Tagen vom<br />
Bildungszentrum Schwandorf, besser<br />
bekannt als CMT Charlottenhof, gestartet<br />
worden. Diese Weiterbildung<br />
inFormeinesMeisterkurses„Automatisierungstechnik<br />
und Systemsteue-<br />
NOVEMBER 2011 | SEITE 13<br />
„bamBIOni“<br />
holtExperten<br />
KitaimBioparkRegensburg<br />
REGENSBURG. Im BioPark Regensburg<br />
wurde die Kindertagesstätte<br />
„bamBIOni“ offiziell eingeweiht. Es<br />
ist die40.KindereinrichtungderJohanniter<br />
im Regionalverband Oberpfalz<br />
und eine wichtige Erweiterung<br />
der Infrastruktur in den drei<br />
BioParkGebäudenaufdemWegder<br />
besseren Vereinbarkeit von Beruf<br />
undFamilie.<br />
Es brauchte den dritten Bauabschnitt,<br />
bevor ein von den Firmen<br />
lang ersehnter Wunsch in Erfüllunggehenkonnte,abernunwares<br />
soweit: Die neue Kinderkrippe im<br />
Neubau BioPark III wurde offiziell<br />
eingeweiht. Kinder im Alter von<br />
nullbisdreiJahrenkönnendorttäglich<br />
von 7 bis 17 Uhr betreut werden.DieKrippebietetPlatzfürzwei<br />
Gruppen mit je zwölf Kindern. Im<br />
Vorfeld konnten Mitarbeiter des<br />
BioParks Namensvorschläge abgebenundeineJuryprämiertedenNamen<br />
„bamBIOni“ als Sieger-Namen<br />
der Einrichtung vor „ZwerGENland“<br />
auf Platz 2 und „Bio-Fankerl“<br />
auf Platz 3. In seiner Begrüßung<br />
freute sich Johanniter-Regionalvorstand<br />
Martin Steinkirchner die 40.<br />
Kindereinrichtung auf den Weg gebrachtzuhaben.<br />
Außerdem sind die Johanniter<br />
Kooperationspartner an zehn offenen<br />
und gebundenen Ganztagsschulen,<br />
bieten drei Mittagsbetreuungen<br />
an Grundschulen, Jugendsozial-arbeit<br />
an einer Hauptschule<br />
und zwei Schulbegleitungen. Die<br />
Einrichtung wird durch die Stadt<br />
Regensburg und die BioPark RegensburgGmbHgefördert.<br />
Bürgermeister Joachim Wolbergs,<br />
auch Mitglied des Aufsichtsrates<br />
der BioPark Regensburg<br />
GmbH, sieht das Geld gut angelegt.<br />
Gerade in den sich sehr schnell entwickelnden<br />
Lebenswissenschaften<br />
gilt es die Vereinbarkeit von Beruf<br />
und Familie zu fördern, um qualifizierteFachkräfteimBioParkzuhalten<br />
und den Standort im zukünftigen<br />
Wettbewerb um die besten<br />
Köpfe attraktiv zu halten. Die neue<br />
Einrichtungsleiterin Dortje Rieken<br />
sieht in der bestmöglichen individuellen<br />
Förderung der Kinder eine<br />
Hauptaufgabevon„bamBIOni“.<br />
rung“ wendet sich an Gesellen und<br />
Facharbeiter der Elektrotechnik und<br />
Mechatronik, die insbesondere als<br />
Fachkräfte im Bereich Montage, im<br />
Service oder im Schichtbetrieb eingesetzt<br />
werden und deshalb berufsbegleitende<br />
Wochenendkurse häufig<br />
nichtnutzenkönnen.<br />
Die Blockform der Weiterbildung<br />
biete den Arbeitnehmern den Vorteil,<br />
dasssiedieAusbildunginzweiJahren<br />
quasi ohne Verdienstausfall absolvierenkönnen.ImGegensatzzudenVollzeitkursen,<br />
so der Leiter des Schwandorfer<br />
Bildungszentrums, Josef Bierer,<br />
müssten die Beschäftigten ihr Arbeitsverhältnis<br />
nicht unterbrechen. Und<br />
Hans Schmidt ergänzt: „Schon bei der<br />
Lehrlingsakquise können die Unternehmen<br />
interessante Entwicklungsperspektiven<br />
offerieren und die Mitarbeiterfrühansichbinden“.<br />
Die Betriebe sehen diese Chancen<br />
offenbar genauso, ja Firmen wie WI-<br />
TRON in Parkstein oder die Spangler<br />
GmbH in Dietfurt haben an diesem<br />
Modell sogar aktiv mitgewirkt. Hannelore<br />
Spangler sieht ihre Mitarbeiter<br />
durch das aktuelle „Projektgeschäft“<br />
zumeist derart belastet, dass Abendund<br />
Wochenendkurse kaum realisierbarerscheinen:„Siesindpermanentin<br />
derWeltunterwegs.“(go)