Jesaja 57,14-21 - Gott will seinem Volke Heil geben - Diakonissen ...
Jesaja 57,14-21 - Gott will seinem Volke Heil geben - Diakonissen ...
Jesaja 57,14-21 - Gott will seinem Volke Heil geben - Diakonissen ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Morgenandacht am Mittwoch, 28. November 2012<br />
in der Mutterhauskapelle der <strong>Diakonissen</strong> Speyer-Mannheim<br />
<strong>Jesaja</strong> <strong>57</strong>,<strong>14</strong>-<strong>21</strong> – <strong>Gott</strong> <strong>will</strong> <strong>seinem</strong> <strong>Volke</strong> <strong>Heil</strong> <strong>geben</strong><br />
<strong>14</strong> Und er spricht: Machet Bahn, machet Bahn!<br />
Bereitet den Weg, räumt die Anstöße aus dem Weg<br />
meines Volks!<br />
15 Denn so spricht der Hohe und Erhabene, der<br />
ewig wohnt, dessen Name heilig ist: Ich wohne in der<br />
Höhe und im <strong>Heil</strong>igtum und bei denen, die<br />
zerschlagenen und demütigen Geistes sind, auf<br />
dass ich erquicke den Geist der Gedemütigten und<br />
das Herz der Zerschlagenen.<br />
16 Denn ich <strong>will</strong> nicht immerdar hadern und nicht<br />
ewiglich zürnen; sonst würde ihr Geist vor mir<br />
verschmachten und der Lebensodem, den ich<br />
geschaffen habe.<br />
17 Ich war zornig über die Sünde ihrer Habgier und<br />
schlug sie, verbarg mich und zürnte. Aber sie gingen<br />
treulos die Wege ihres Herzens.<br />
18 Ihre Wege habe ich gesehen, aber ich <strong>will</strong> sie<br />
heilen und sie leiten und ihnen wieder Trost <strong>geben</strong>;<br />
und denen, die da Leid tragen,<br />
19 <strong>will</strong> ich Frucht der Lippen schaffen. Friede, Friede<br />
denen in der Ferne und denen in der Nähe, spricht<br />
der HERR; ich <strong>will</strong> sie heilen.<br />
20 Aber die <strong>Gott</strong>losen sind wie das ungestüme Meer,<br />
das nicht still sein kann und dessen Wellen Schlamm<br />
und Unrat auswerfen.<br />
<strong>21</strong> Die <strong>Gott</strong>losen haben keinen Frieden, spricht mein<br />
<strong>Gott</strong>.<br />
Ein Trostlied in dem Buch des Propheten <strong>Jesaja</strong>, in<br />
dem Anhang, von Kap. 55 an, eine Sammlung von<br />
unterschiedlichen Prophetensprüchen, allesamt wohl<br />
in der Zeit entstanden, als das Volk lange wieder aus<br />
der Gefangenschaft in Babylon zurückgekehrt und<br />
damit beschäftigt war, das Land wieder aufzubauen.<br />
Kein Wunder, dass da Motive wieder aufgenommen<br />
sind, die früher schon im Buch des <strong>Jesaja</strong> eine Rolle<br />
spielten. Machet Bahn, machet Bahn! etwa, Bereitet<br />
den Weg, räumt die Anstöße aus dem Weg meines<br />
<strong>Volke</strong>s.<br />
Das Volk soll Trost finden, Zuversicht gewinnen, Mut<br />
erhalten, die Zukunft in den Blick zu nehmen. Sie<br />
sollen ermutigt werden, ihr Land aufzubauen, für<br />
sich und die kommenden Generationen zu sorgen<br />
und eine lebenswerte Zukunft zu gestalten.<br />
2<br />
So viel, so gut. Da könnte nun der Hinweis folgen,<br />
dass der große <strong>Gott</strong> sich ihrer annimmt und sie mit<br />
der Kraft ausstattet, die sie brauchen, diesen Aufbau<br />
zu bewerkstelligen, einfach die Arbeit zu tun, die<br />
ihnen vor den Füßen liegt. Dieser Hinweis könnte<br />
folgen, folgt aber nicht.<br />
Stattdessen folgt eine überraschende<br />
Selbstdarstellung <strong>Gott</strong>es. <strong>Gott</strong>, der Hohe und<br />
Erhabene, der ewig wohnt und dessen Name heilig<br />
ist, spricht zum Volk. Aber er betont gerade nicht<br />
seine Größe, seine Allmacht, seine Erhabenheit. Es<br />
folgt kein donnerndes Orgelgebraus, es steht kein<br />
glitzerndes Gold oder Silber auf dem Altar, es<br />
erscheinen keine Priester in prächtigen Gewändern.<br />
Der große <strong>Gott</strong> macht sich klein, der erhabene <strong>Gott</strong><br />
kommt auf die Erde, der ferne <strong>Gott</strong> erscheint ganz<br />
nah.<br />
Die Religion des Tempelkults, der Hohenpriester und<br />
Priester ist nicht alles, die Religion des Erhabenen<br />
und Fernen. Es gilt nicht nur: Großer <strong>Gott</strong>, wir loben<br />
dich, Herr, wir preisen deine Stärke. <strong>Gott</strong> zeigt sich<br />
anders, kleiner, näher bei den Menschen. Ich wohne<br />
in der Höhe und im <strong>Heil</strong>igtum und bei denen, die<br />
zerschlagenen und demütigen Geistes sind.<br />
<strong>Gott</strong> kommt zu den Menschen in ihrer Schwachheit,<br />
in ihrer Gebrechlichkeit, in ihrer Einschränkung, ihrer<br />
Demütigung und – erquickt sie. <strong>Gott</strong> geht zu den<br />
Kleinen, den Kranken, den Hilfsbedürftigen, den<br />
Niedergedrückten, den Gequälten und richtet sie auf,<br />
lässt sie den Kopf wieder heben und holt sie zurück<br />
ins Leben.<br />
3<br />
Sie spüren: Da zeichnet sich längst im Alten<br />
Testament, in der Hebräischen Bibel der Weg Jesu<br />
ab. Der jüdische <strong>Gott</strong> ist der erbarmende <strong>Gott</strong>, der<br />
<strong>Gott</strong>, der Leben <strong>will</strong> dort, wo der Tod und die<br />
Krankheit das Leben verderben.<br />
Er <strong>will</strong>, dass Menschen empfindsam sind, sensibel,<br />
dass sie spüren, wie es um sie steht. Weil das die<br />
Voraussetzung ist, dass sie sich helfen lassen. Denn<br />
wer sich selbst nur als groß sieht, als einen, der alles<br />
kann, der wird sich nicht helfen lassen. Der wird<br />
weiter in seine Richtung laufen, und wenn die ins<br />
Elend führt. Er wird weiter wissen, dass er immer<br />
recht hat, dass er alles richtig macht, dass nur sein<br />
Weg der gute ist, und das wird ihn vermutlich immer<br />
weiter in seine Ausweglosigkeit verstricken.<br />
Fallen uns nicht Bezüge zu unserer Gegenwart ein,<br />
wenn wir hören: Ich war zornig über die Sünde ihrer<br />
Habgier und schlug sie, verbarg mich und zürnte.<br />
Aber sie gingen treulos die Wege ihres Herzens. So<br />
laufen Menschen offenbar schon, solange sie auf<br />
dieser Erde leben.<br />
Ob Eva und Adam nun Erkenntnis haben wollten<br />
oder Kain das Wohlgefallen <strong>Gott</strong>es oder die<br />
Zeitgenossen Noahs die ganze Erde oder die Leute<br />
von Babel den Turm, der bis zum Himmel reicht: Das<br />
Haben, das Habenwollen verdirbt den Charakter und
die Sitten und das Zusammenleben von Menschen.<br />
So erzählt die Bibel schon auf den ersten Seiten.<br />
Menschen haben sich von <strong>Gott</strong> losgesagt, wollen<br />
selber <strong>Gott</strong> sein, haben die Beziehung zu <strong>Gott</strong><br />
aufgekündigt, die ihnen heilsam sein kann, weil sie<br />
ihnen ihr Maß zumisst, das ihnen guttut. Sie gehen<br />
treulos die Wege ihres Herzens.<br />
4<br />
Und <strong>Gott</strong> sieht diese Wege, und die Menschen tun<br />
ihm leid. Er lässt sich anrühren von ihrem Elend, in<br />
das sie stolpern, weil sie kleine Götter sein wollen,<br />
jede und jeder für sich, und er <strong>will</strong> sie heilen und sie<br />
leiten und ihnen wieder Trost <strong>geben</strong>.<br />
So ist <strong>Gott</strong>. Er ist der <strong>Heil</strong>and. So heißt es wiederholt<br />
beim Propheten <strong>Jesaja</strong>: Ich bin der <strong>Heil</strong>ige in Israel,<br />
dein <strong>Heil</strong>and, <strong>Jesaja</strong> 43,3. Ich bin der Herr, und<br />
außer mir ist kein <strong>Heil</strong>and, <strong>Jesaja</strong> 43,11. Und dieser<br />
Titel ist für Jesus im Neuen Testament<br />
aufgenommen worden: Euch ist heute der <strong>Heil</strong>and<br />
geboren, Lukas 2,11. Dieser ist wahrlich Christus,<br />
der Welt <strong>Heil</strong>and, Johannes 4,42.<br />
<strong>Gott</strong> heilt, was Menschen verdorben haben, was sie<br />
haben schief laufen lassen in ihrem Leben. <strong>Gott</strong><br />
bringt zurecht, was in falsche Bahnen gelaufen ist.<br />
Ihre Wege habe ich gesehen, aber ich <strong>will</strong> sie heilen<br />
und sie leiten und ihnen wieder Trost <strong>geben</strong>; und<br />
denen, die da Leid tragen, <strong>will</strong> ich Frucht der Lippen<br />
schaffen, Lob auf den Lippen für die, die trauern.<br />
So <strong>will</strong> <strong>Gott</strong> sich einsetzen für die Menschen. Weil er<br />
sie geschaffen hat, weil sonst ihr Geist vor ihm<br />
verschmachten würde und der Lebensodem, den er<br />
geschaffen hat. <strong>Gott</strong> steht zu den Menschen, die er<br />
geschaffen hat, hält fest an ihnen, wie immer sie<br />
auch ihre Wege wählen.<br />
5<br />
Alles soll gut werden, ganz und heil. Wie <strong>Gott</strong> seine<br />
Schöpfung im Anfang geschaffen hat. So <strong>will</strong> er sie<br />
vollenden. Friede, Friede denen in der Ferne und<br />
denen in der Nähe, spricht der HERR; ich <strong>will</strong> sie<br />
heilen.<br />
Alles soll gut werden. Wirklich alles? Wieso dann<br />
diese Verurteilung der <strong>Gott</strong>losen am Ende dieses<br />
Abschnitts? Aber die <strong>Gott</strong>losen sind wie das<br />
ungestüme Meer, das nicht still sein kann und<br />
dessen Wellen Schlamm und Unrat auswerfen. Die<br />
<strong>Gott</strong>losen haben keinen Frieden, spricht mein <strong>Gott</strong>.<br />
Ich bin überzeugt, dies soll wie sonst in der Bibel<br />
keine Drohung sein: Entweder ihr glaubt an <strong>Gott</strong>,<br />
oder ihr geht zum Teufel, ihr kommt in die Hölle.<br />
Auch wenn es Zeiten ge<strong>geben</strong> hat in der Kirche, wo<br />
dies so weiterge<strong>geben</strong> wurde.<br />
Es soll eine Einladung sein, davon bin ich fest<br />
überzeugt. Eine Einladung, sich auf <strong>Gott</strong><br />
einzulassen. Weil so, in der Beziehung zu <strong>Gott</strong>, der<br />
Mensch sein Leben findet. Wo ich <strong>Gott</strong> über mir<br />
weiß, kann ich meinen Weg, den ich gehe,<br />
überdenken, mich, wenn es sein soll, auch neu<br />
orientieren, und erfahren, dass dies mir gut tut.<br />
Da zerbricht mir nichts, wenn ich etwas aus der<br />
Hand gebe, wenn ich mir eingestehe, dass ich nicht<br />
gottgleich bin, sondern angewiesen darauf, dass<br />
<strong>Gott</strong> mir mein Maß gibt. Da zerbricht mir auch nichts,<br />
wenn ich das Spiel aufgebe, mich vor anderen als<br />
gottgleich darzustellen. Das kann ich einfach sein<br />
lassen. Da kann ich einfach ich sein, und darüber<br />
werde ich heil.<br />
Das ist der Hintergrund, auf dem die Sätze über die<br />
<strong>Gott</strong>losen zu hören sind. Sie haben keinen Frieden.<br />
Sie finden den Frieden nicht, den <strong>Gott</strong> schenkt,<br />
einen Frieden denen in der Ferne und denen in der<br />
Nähe. Einen Frieden, den <strong>Gott</strong> denen gibt, die nicht<br />
größer sein müssen und größer sein wollen, als sie<br />
sind. Einen Frieden, den ich finde, wenn ich mein<br />
menschliches Maß entdecke und mich damit<br />
bescheide. Weil <strong>Gott</strong> mir und den anderen gibt, was<br />
wir brauchen.<br />
Ein Trostlied, das Mut macht, Zuversicht schenkt –<br />
damals den zurückgekehrten Exulanten, heute uns<br />
in der Zerbrechlichkeit unseres Lebens. <strong>Gott</strong> <strong>will</strong><br />
unser <strong>Heil</strong>and sein. Wir können demütig sein und<br />
darüber heil werden.<br />
Werner Schwartz,<br />
<strong>Diakonissen</strong> Speyer-Mannheim