Ein gerechtes Selbstbild - Deutschland Journal
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Rußland angeht, ist es nicht viel anders. Im „Kalten Krieg“ hat die Sowjetunion<br />
immer wieder versucht, die Europäer gegeneinander auszuspielen;<br />
diese Politik ist noch nicht ganz vorbei.<br />
Anders als vor dem Jahre 2000 hat Europa heute ein Symbol: den Euro,<br />
der zugleich zum gemeinsamen Nenner des vereinten Europas geworden<br />
ist. Deswegen ist eine Rückkehr zum Status quo ante undenkbar. <strong>Ein</strong> Europa<br />
ohne Euro wäre heute sowohl im Inneren als auch nach außen nicht<br />
mehr funktionsfähig, weil man das Rad der Geschichte nicht zurückdrehen<br />
kann. Die Eurogegner wissen das und wollen den Euro als Hebel benutzen,<br />
um Europa auseinanderzubrechen, weil sie als Nationalisten immer gegen<br />
Europa gewesen sind. Der erste Denkfehler liegt bei ihnen im Glauben, daß<br />
die europäischen Vaterländer durch die <strong>Ein</strong>igung Europas geschwächt würden.<br />
Zwar werden wichtige Attribute der Souveränität an Europa delegiert<br />
bzw. mit den Partnern geteilt, aber gerade die europäische <strong>Ein</strong>igung hat die<br />
Identität der Nationen, woraus Europa besteht, verstärkt. Es ist heute von<br />
einer „Renationalisierung“ in Europa die Rede. Im engeren Vergleich, im<br />
Wettbewerb und in der Auseinandersetzung mit den Nachbarn wird man<br />
sich seiner selbst bewußt. Europa muß damit leben und dafür Lösungen<br />
finden, damit sich dieser Trend nicht zentrifugal sondern konstruktiv<br />
auswirkt. Der zweite Denkfehler liegt in dem Glauben begründet, daß<br />
<strong>Deutschland</strong> oder Frankreich von den Schwellenstaaten, von Rußland und<br />
von Amerika als ebenbürtiger Partner betrachtet werden könnten.<br />
<strong>Ein</strong> Beweis, daß die Häme der Nicht-Euro-Mächte gegen die gemeinsame<br />
europäische Währung sich nicht verflüchtigt hat, zeigte die Ablehnung<br />
Großbritanniens, am 9. Dezember 2011 seine Unterschrift unter den<br />
europäischen Fiskalpakt zu setzen. Das zeigen auch die Sirenengesänge<br />
einzelner britischer und amerikanischer Wirtschaftsstrategen, wie z. B. Paul<br />
Krugman, die uns eine hemmungslose und ruinöse Ausgabenpolitik empfehlen.<br />
Es ist ihr gutes Recht, das zu empfehlen, damit wir amerikanische<br />
Produkte kaufen und uns nicht weiterentwickeln, aber bedauerlich ist es,<br />
daß die europäischen Euroskeptiker diese Taktik nicht durchschauen. Vor<br />
lauter nationalistischer Verblendung sehen sie die neuen Risiken draußen<br />
in der Welt nicht und überschätzen das Potential des Staates, in welchem<br />
sie leben. Im Übrigen ist es in der neueren Geschichte oftmals passiert,<br />
daß <strong>Deutschland</strong> sich überschätzt hat. Es nahm jedes Mal ein böses Ende.<br />
Außerhalb Europas gibt es keine Rettung mehr. Ob man es mag oder nicht,<br />
so sind heute die Verhältnisse.<br />
Auf diese Krise, die von draußen auf uns zukam, waren wir nicht gefaßt.<br />
Die europäischen <strong>Ein</strong>richtungen waren als Schönwetterinstitutionen nicht<br />
dagegen gerüstet. Sie haben sogar teilweise kontraproduktiv und verschlimmernd<br />
gewirkt. Es fehlte außerdem an politischem Willen, weil in Brüssel<br />
nur Leichtgewichte schalten und walten. Das Reaktionsvermögen der<br />
supranationalen <strong>Ein</strong>richtungen war gleich null. Sarkozy und Merkel haben<br />
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