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Dezember 2006 - Der Fels

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DER FELS 4215<br />

PVSt/Entgelt bezahlt/DPAG<br />

<strong>Fels</strong>-Verein e.V., Auslieferung<br />

Postfach 11 16<br />

86912 Kaufering<br />

Apor Vilmos – ein furchtloser Bischof<br />

Anderen in Not zu helfen,<br />

gilt weithin als selbstverständliche<br />

Menschenpflicht.<br />

Diese Hilfe aber auch dann noch zu<br />

leisten, wenn man dafür sein Leben<br />

aufs Spiel setzen muss, gilt vor den<br />

Menschen als heldenhaft und vor<br />

Gott als heilig.<br />

In den Wirren des Krieges 1945<br />

leistete der ungarische Bischof Apor<br />

Vilmos solche Hilfe und bezahlte<br />

mit seinem Leben dafür. Er wurde<br />

am 29.02.1892 als sechstes Kind<br />

adeliger Eltern in Segesvar, Ungarn,<br />

geboren. Nach dem Besuch des Jesuitengymnasiums<br />

studierte er in Innsbruck<br />

und kehrte 1915 als Doktor der<br />

Theologie nach Ungarn zurück.<br />

Dort wurde er Seelsorger in<br />

verschiedenen Gemeinden und<br />

schließlich Pfarrer in Gyula. Weil er<br />

selbst im katholischen Glauben fest<br />

verankert war, konnte er mit Pfarrern<br />

anderer Konfessionen eine fruchtbare<br />

Zusammenarbeit aufbauen, wo<br />

gemeinsame Interessen in der Caritas<br />

und in der Schulpolitik bestanden.<br />

1941 wurde er von Papst Pius<br />

XII. zum Bischof von Györ berufen.<br />

Sein Wahlspruch lautete: „Das Kreuz<br />

stärkt den Schwachen und macht<br />

den Starken demütig.“ Ungarn war<br />

damals mit dem Deutschen Reich<br />

Hitlers verbündet. Deshalb setzte<br />

auch in Ungarn eine folgenschwere<br />

Verfolgung der Juden ein. Bischof<br />

Vilmos protestierte offen gegen die<br />

Rassenpolitik der Regierung und<br />

half Juden beim Untertauchen. Da<br />

seine Schwester Gisela Oberin der<br />

Rotkreuzschwestern und sein Bruder<br />

Gabor ungarischer Gesandter beim<br />

Vatikan war, verfügte er über mehr<br />

Möglichkeiten als andere. In Györ<br />

(Raab) ist seine Pfingstpredigt von<br />

1944 unvergessen. „Wer das erste<br />

und wichtigste Gebot der Christenheit,<br />

das Gebot der Liebe, leugnet<br />

und behauptet, es gäbe Menschen,<br />

Gruppen und Rassen, die zu hassen<br />

erlaubt sei – , wer sagt, dass man<br />

Menschen foltern dürfe, wenn sie<br />

Neger oder Juden sind, den müssen<br />

wir als Heiden betrachten …“<br />

Seine schriftlichen Eingaben hatten<br />

großenteils keinen Erfolg, so dass<br />

ihm nur heimliche Hilfen für die Verfolgten<br />

übrig blieben.<br />

Während des Krieges wurde auch<br />

Györ bombardiert. Bischof Vilmos<br />

half den Obdachlosen sofort und<br />

nahm viele in kirchliche Häuser auf.<br />

Als im Frühjahr 1945 die Front die<br />

Diözese Gyor erreichte, flohen viele<br />

Ungarn vor den sowjetrussischen<br />

Truppen in Richtung Westen. Wie<br />

andere Städte war auch Györ bald<br />

überfüllt. Bischof Vilmos öffnete<br />

sofort seinen Bischofspalast für die<br />

Flüchtlinge und zog selbst in eine<br />

Kleinwohnung. Aber die Sowjetrussen<br />

folgten rasch in die Stadt. Viele<br />

Frauen wurden brutal vergewaltigt.<br />

Da erklärte der Bischof, dass er die in<br />

seinem Palais versteckten Frauen auch<br />

unter Lebensgefahr verteidigen wolle.<br />

Ende März 1945 drangen betrunkene<br />

Sowjets in das Haus ein, um die Frauen<br />

zu suchen. Bischof Vilmos stellte<br />

sich diesen Soldaten mutig entgegen<br />

und versuchte, sie wieder hinauszudrängen.<br />

Schließlich gab ein Offizier<br />

mehrere Schüsse auf den Bischof ab.<br />

Dieser stürzte mit blutenden Wunden<br />

an Kopf, Hand und Bauch zu Boden.<br />

Daraufhin verließen die Soldaten das<br />

Haus. Unter schwierigen Bedingungen<br />

konnte der Bischof ins nahe Krankenhaus<br />

getragen und notdürftig operiert<br />

werden. Es fehlte an Fachärzten und<br />

Medikamenten. Als der Bischof für<br />

kurze Zeit das Bewusstsein wieder<br />

erlangt hatte und erfuhr, dass alle<br />

Frauen im Haus verschont geblieben<br />

waren, sagte er: „Dann hat es sich<br />

gelohnt. Gott hat mein Opfer angenommen!“<br />

Nach wenigen Tagen, am<br />

2. April 1945, starb Bischof Vilmos<br />

unter schrecklichen Qualen. Sein<br />

Wissen, richtig gehandelt zu haben,<br />

empfand er als tiefen Trost. Aus dieser<br />

Gewissheit heraus konnte er wie<br />

Christus seinen Feinden verzeihen.<br />

Er war ein furchtloser, guter Hirte.<br />

Das bestätigte die katholische Kirche<br />

durch seine Seligsprechung als<br />

Märtyrer, die Papst Johannes Paul II.<br />

am 9. November 1997 vorgenommen<br />

hat. Eduard Werner<br />

368 DER FELS 12/<strong>2006</strong>

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