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Christophorus-Kirche in Essen-Kray<br />
Altenwohnungen einrichten mit<br />
einer Kapelle im dann ehemaligen<br />
Chorraum. Die Heilig-Geist-Kapelle<br />
in Kampen am Niederrhein ist<br />
jetzt schon eine Buchhandlung für<br />
religiöse Literatur, die Münsteraner<br />
Bonifatiuskirche beherbergt jetzt<br />
die Redaktion der Kirchenzeitung,<br />
wobei mancher hofft, dass auch der<br />
apostolische Geist des Patrons auf<br />
die Redakteure übergehe. Die vor<br />
knapp drei Jahren profanierte Kirche<br />
St. Knud im schleswig-holsteinischen<br />
Friedrichstadt gehört ebenfalls<br />
zu jenen Projekten, die als „kirchennah“<br />
gelten und entsprechend umgewidmet<br />
werden. St. Knud soll in ihrem<br />
Inneren dank des künstlerischen<br />
Einflusses von Otmar Alt zu einer<br />
„Kulturkirche“ umgestaltet werden.<br />
<strong>Der</strong> Künstler will durch seine Gestaltung<br />
dafür sorgen, dass der neue<br />
Raum einen inspirierenden Rahmen<br />
für vielfältige künstlerische Aktivitäten,<br />
Workshops und gar Konzertaufführungen<br />
bietet und gleichzeitig für<br />
pastorale Erfordernisse und religiöse<br />
Meditationen weiter genutzt werden<br />
kann. „Doppelnutzung“ heißt das<br />
Zauberwort, mit dem das Kuratorium<br />
in Friedrichstatt ans Werk geht<br />
und in dem Künstler auch einen geeigneten<br />
Partner gefunden hat. Damit<br />
möchte man das Gebäude weiterhin<br />
für Wort-Gottesdienste und pastorale<br />
Aufgaben nutzen und gleichzeitig<br />
mit einem welt-offenen Angebot<br />
den Brückenschlag in die Gemeinde<br />
versuchen.<br />
Schon 2003 machte die Deutsche<br />
Bischofskonferenz Vorgaben,<br />
welcher neuen Nutzung die leeren<br />
Kirchengebäude zugeführt werden<br />
sollten oder könnten. Ein Bistumssprecher<br />
brachte es auf die Drei-S-<br />
Formel: „Kein Sonnenstudio, kein<br />
Sexshop, kein Supermarkt“. Natürlich<br />
stehen auch Diskotheken auf<br />
der Nein-Liste und tabu ist auch die<br />
Umwidmung in eine Moschee. Das<br />
Kirchenrecht schreibt vor, dass ein<br />
Gotteshaus zwar einem profanen,<br />
nicht aber einem „unwürdigen“<br />
Zweck und Gebrauch zugeführt werden<br />
dürfe. Dennoch bleibt es nicht<br />
aus, dass auch mal hier und da die<br />
Grünes Licht für den Islam? Die Yavuz-Sultan-Selim-Moschee gegenüber der<br />
Liebfrauenkirche in Mannheim.<br />
Kriterien weiter ausgelegt werden.<br />
So wurde ein Kloster nahe bei Köln<br />
verkauft, und die frühere Kirche<br />
dient nun als „Wellness-Tempel“.<br />
Bei den protestantischen Kirchen<br />
gibt es kaum Beschränkungen, seit<br />
die EKD sich nicht auf einen Kriterienkatalog<br />
festlegen konnte. Deshalb<br />
finden sich auch Angebote beim<br />
Internet-Aktionshaus Ebay (die Martini-Kirche<br />
in Moringen, angeboten<br />
für 480.000 Euro), wurde die Lutherkirche<br />
in Spandau zu Wohnungen<br />
umgebaut, finden in der St.Johannis<br />
Evangelist-Kirche in Berlin Modeschauen<br />
statt, wurde das Gotteshaus<br />
in Milow (Brandenburg) zu einer<br />
Sparkassenfiliale, das in Willingen<br />
zu einem „Speiselokal mit Tanz“,<br />
die Eliaskirche auf dem Prenzlauer<br />
Berg zu einem Kindermuseum und<br />
St.Martini in Bielefeld zu einem<br />
Restaurant mit dem sinnigen Namen<br />
„Glückundseligkeit“. Schlimmer ist<br />
es noch im Ausland: In den Niederlanden<br />
werden jedes Jahr ein halbes<br />
Hundert Kirchen einer weltlichen<br />
Nutzung übergeben, rund sechzig<br />
Prozent aller Sakralbauten dienen<br />
dort bereits einem profanen Zweck,<br />
der durchaus auch eine Diskothek<br />
sein kann mit dem Diskjockey auf<br />
der Kanzel.<br />
Das sind Auflösungserscheinungen.<br />
Richtig bedrohlich wird es,<br />
wenn eine Alternative auf den Plan<br />
tritt. Und die gibt es. In Frankreich<br />
wurden in den letzten dreißig Jahren<br />
zweitausend neue Moscheen gebaut,<br />
soviel wie christliche Kirchen im<br />
ganzen 20. Jahrhundert. Allerdings<br />
sind seit 1976 auch rund tausend<br />
neue evangelische Kirchen entstanden.<br />
Das macht gegenüber den etwa<br />
45.000 katholischen Kirchen immer<br />
noch eine kleine Minderheit aus,<br />
aber das ist keine „quantité negligeable“,<br />
denn der Trend ist in seiner<br />
Gegenläufigkeit (starker Anstieg<br />
der Nichtkatholiken, starker Abfall<br />
der Katholiken) keineswegs zu vernachlässigen.<br />
Dieser Trend ist auch<br />
in Deutschland zu beobachten. Auch<br />
hier sind in den letzten Jahrzehnten,<br />
vor allem seit acht, neun Jahren,<br />
Hunderte von Moscheen gegründet,<br />
eingerichtet und neu gebaut worden,<br />
insgesamt zählt man 2600 Gebetsund<br />
Versammlungsräume in Garagen,<br />
Hinterhöfen, Fabrikhallen. Und<br />
bei den Neubauten handelt es sich<br />
nicht um kleine Gebäude. Die bisher<br />
358 DER FELS 12/<strong>2006</strong>