Lars Wöhler - Convention-International
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INTERVIEW LARS WÖHLER<br />
Quelle: <strong>Wöhler</strong>/darmstadtium<br />
C.I.: Herr <strong>Wöhler</strong>, das darmstadtium war das<br />
einzige deutsche Kongresszentrum, das zur<br />
diesjährigen 4. Woche der Umwelt (5.–6. Juni<br />
2012) beim Bundespräsidenten eingeladen<br />
war. Worauf führen Sie diesen „Adelsschlag“<br />
zurück?<br />
L.W.: Die Kombination aus nachhal tigem<br />
Kongresszentrum und exzellenter IT-Infrastruktur<br />
wird unsere Arbeit maßgeblich<br />
weiter verändern. Mit dem darmstadtium<br />
wollen wir jedoch nicht „besserwisserisch“<br />
8<br />
„Kongressgeschäft ist Detailarbeit“<br />
■ Als das Haus gebaut wurde, standen Green Meetings noch nicht auf der allgemeinen Agenda:<br />
Dem darmstadtium im südhessischen Darmstadt kann daher ohne Zweifel eine Vorreiterrolle<br />
im Bereich nachhaltiges Tagen eingeräumt werden. Geschäftsführer <strong>Lars</strong> <strong>Wöhler</strong> amtiert seit knapp<br />
zwei Jahren und stellt sich im nachfolgenden CI-Interview einer umfangreichen Zwischenbilanz.<br />
ZUR PERSON<br />
<strong>Lars</strong> <strong>Wöhler</strong> ist Diplom-Geograph<br />
und fungiert seit Dezember 2010 als<br />
Geschäftsführer des, mit handelsregisterlich<br />
vollständigem Namen, „Wissenschafts-<br />
und Kongresszentrum Darmstadt<br />
Verwaltungs GmbH – darmstadtium“.<br />
Zuvor war der 39-Jährige<br />
u.a. als Leiter Kongress- und Touristikbetriebe<br />
der Stadt Aschaffenburg tätig,<br />
hat ein Evaluierungskonzept Regionalmanagement<br />
für das Bayerische<br />
Staatsministerium für Landesentwicklung<br />
und Umwelt erarbeitet und an<br />
einem Entwicklungshilfeprojekt in<br />
Kenia teilgenommen. <strong>Wöhler</strong> (Jahrgang<br />
1973) stammt aus Aschaffenburg,<br />
ist verheiratet und hat zwei Söhne.<br />
wirken, sondern Antworten auf Zukunftsfragen<br />
geben. Betrachtet man die Zeitschiene,<br />
so hat man bereits im Jahr 2001<br />
auf diese Zukunftsthemen gesetzt – aus<br />
der Retrospektive eine sehr mutige und<br />
gleichsam richtige Entscheidung. Dieser<br />
Weg wurde gezielt fortgesetzt und ausgebaut.<br />
So wurden u.a. neben der Verfeinerung<br />
des Reststoffmanagements eine Elektrotankstelle<br />
eingerichtet, auf 100 Prozent<br />
Ökostrom umgestellt, E-Bikes angeschafft<br />
sowie die stationären CO ² -Emissionen<br />
vollständig für 2012 kompensiert. Folglich<br />
möchte ich die Einladung des Bundes -<br />
präsidenten weniger als Adelsschlag und<br />
damit als Marketinginstrument verstanden<br />
wissen, sondern vielmehr als Bestä -<br />
tigung des Darmstädter Weges, den es<br />
jedoch kontinuierlich den sich verändernden<br />
Rahmenbedingungen anzupassen gilt.<br />
C.I.: Welche Alleinstellungsmerkmale realisieren<br />
Sie über die Positionierung „Wissenschaftsund<br />
Kongresszentrum“?<br />
L.W.: Klar das Thema IT. Mit einer 2 GB<br />
Standleitung und einem 10 GB Backbone<br />
direkt ins Hochschulrechenzentrum gilt<br />
das darmstadtium als eines der schnellsten<br />
Kongresszentren Deutschlands. Diesem<br />
Anspruch und damit der Erwartungshaltung<br />
als Hotspot für Kongresse ver -<br />
suchen wir durch Investitionen dauerhaft<br />
gerecht zu werden. Gleichzeitig spielt das<br />
Thema Nachhaltigkeit eine wesentliche<br />
Rolle. Dies jedoch weniger als Vermarktungsinstrument,<br />
sondern vielmehr als<br />
holistischer Ansatz, alle Facetten des<br />
Tagungswesens möglichst ressourcen -<br />
schonend zu betreiben. Die Wissenschaft,<br />
vertreten durch den damaligen TU-Präsidenten<br />
Wörner und -Kanzler Seidler, spielt<br />
hier quasi eine Geburtshelferrolle.<br />
C.I.: Die TU Darmstadt ist Ihr strategischer<br />
Partner. Auf welche Bereiche erstreckt sich die<br />
Zusammenarbeit, was sind die wichtigsten<br />
Resultate?<br />
L.W.: Zum einen auf die Arbeit innerhalb<br />
des Aufsichtsrates und damit auf die Weiterentwicklung<br />
der strategischen Ausrichtung<br />
des darmstadtiums. Zum anderen<br />
auf unterschiedliche Aufgaben wie etwa<br />
die Einrichtung des Wissenschafts-WLAN<br />
EDUROAM, die Beteiligung an einem Forschungsprojekt<br />
zwischen dem VDMA und<br />
der TU Darmstadt sowie die Zusammen -<br />
arbeit bei über 30 Veranstaltungen pro<br />
Jahr. Wir sind nämlich Teil des uni ver si -<br />
tären Campus und damit ein wesentlicher<br />
Bestandteil der Positionierung der „Wissenschaftsstadt<br />
Darmstadt“, die dieses<br />
Alleinstellungsmerkmal offiziell im Jahr<br />
1997 verliehen bekommen hat.<br />
C.I.: Wie stellen sich die aktuellen wirtschaft -<br />
lichen Parameter (Umsatzentwicklung, Aus -<br />
lastung, Mitarbeiterzahl, Betriebsergebnis) im<br />
darmstadtium dar und was streben Sie<br />
perspektivisch an?<br />
L.W.: Im ersten Halbjahr konnten wir<br />
ein Umsatzplus von fast 30 Prozent im<br />
Vergleich zum Vorjahr generieren und in<br />
den Monaten Februar, März, April und Juni<br />
jeweils Spitzenwerte erzielen. Dies entspricht<br />
einem Umsatzvolumen von 2,1<br />
Mio. Euro und damit einer Steigerung im<br />
Vergleich zum Vorjahreszeitraum von<br />
annähernd 500.000 Euro. Die Anzahl der<br />
Mitarbeiter ist weitgehend stabil und liegt<br />
aktuell bei 35 (davon 5 Ausbildungsverhältnisse).<br />
Somit werden wir im Rahmen<br />
der Möglichkeiten auch unserer gesellschaftlichen<br />
Rolle als Ausbildungsbetrieb<br />
und verlässlicher Arbeitgeber gerecht. Aktuell<br />
laufen zwei Stellenausschreibungen.<br />
Im ersten Halbjahr konnte auf der<br />
operativen Ebene ein fast ausgeglichenes<br />
Betriebsergebnis erzielt werden. Der<br />
Ausblick trübt sich nicht zuletzt aufgrund<br />
der gesamtwirtschaftlichen Situation<br />
im Moment ein wenig ein, sodass die<br />
Buchungslage des vergangenen Jahres<br />
bezogen auf die zweite Jahreshälfte wohl<br />
nicht ganz erreicht werden wird. Dennoch<br />
streben wir zum Stand heute eine weitere<br />
Ergebnisver besserung gegenüber 2011 an,<br />
als das darmstadtium den höchsten<br />
Umsatz bei niedrigsten Verbrauchswerten<br />
generieren konnte. Wir setzen in Zukunft<br />
weiter auf Expansion und Effizienzsteigerung<br />
und wollen mittelfristig ein Umsatzvolumen<br />
von 4 Mio. Euro übertreffen.
IN DEUTSCHLAND EINMALIG<br />
Das darmstadtium stellt eine IT-Infrastruktur<br />
zur Verfügung, wie sie sonst nur<br />
Großversorger unterhalten: Damit könnten<br />
z.B. 3.000 Personen gleichzeitig Internetvideos<br />
in bester Qualität betrachten.<br />
Auch die energetische Nachhaltigkeit ist<br />
visionär: An der Außenhülle sorgt die Neigung<br />
der Glasflächen für einen günstigeren<br />
Lichteinfallswinkel, sodass sich das<br />
Gebäude im Sommer weniger aufheizt.<br />
Die „Calla“, ein nach innen gestülptes<br />
Glasdach, sammelt Regenwasser als<br />
Brauchwasser und regelt zugleich die<br />
Frischluftzufuhr ins Innere. Angesaugte<br />
Luft wird in zwei großen Erdkanälen je<br />
nach Jahreszeit vorgewärmt bzw. -gekühlt.<br />
Ein weiterer wichtiger Bestandteil<br />
sind die DEC-Lüftungsgeräte, deren Energie<br />
durch einen Biomasse-Heizkessel erzeugt<br />
wird. Als Brennstoff dienen Holzhackschnitzel<br />
aus der Region, die per Traktor<br />
angeliefert werden – kurze Wege also<br />
auch beim Transport!<br />
C.I.: Sie sind seit Dezember 2010 im Amt,<br />
vor kurzem wurde ein neues Organigramm<br />
eingeführt. Welche Veränderungen in puncto<br />
maßgebliche Ansprechpartner/Zuständig -<br />
keiten muss man kennen?<br />
L.W.: Wir bemühen uns um eine flache<br />
Organisationsstruktur. Die neue kaufmännische<br />
Leitung wurde im Zuge der Altersnachfolge<br />
realisiert. Mit Korinna Ladusch<br />
haben wir die neue Leitung im Bereich<br />
Projektmanagement intern besetzt. Eine<br />
Neubesetzung gab es mit Michael Cordt,<br />
der den Bereich Sales/Marketing/Infopoint/Service<br />
jetzt führt.<br />
C.I.: Sie haben auch auf „noch erhebliche Einsparpotenziale“<br />
hingewiesen. Welche Effekte<br />
hat man hierbei im Visier, wo soll ggf. der Rotstift<br />
angesetzt werden?<br />
L.W.: Wichtig ist für uns das Inhousing<br />
von Leistungen im Zuge neu gewonnener<br />
Expertisen innerhalb der Belegschaft.<br />
Damit einher geht die Anpassung von Betriebsabläufen<br />
im Sinne einer Systematisierung,<br />
die mehr kreative Freiräume lässt.<br />
Wir schaffen zwar nicht alles an, aber<br />
schauen genau, wo eigenes Equipment<br />
besser ist als Fremdanmietung. Bei auslaufenden<br />
Verträgen, die in der Eröffnungsphase<br />
geschlossen wurden, wird in puncto<br />
Leistungs- bzw. Preisanpassung neu ver-<br />
handelt. Weitere Effizienzpotenziale liegen<br />
im geringeren Primärenergieverbrauch<br />
durch noch ressourcenschonendere<br />
Ersatzbeschaffungsmaßnahmen sowie<br />
in Schulungen des gesamten Teams in Bezug<br />
auf die Anpassung der bestehenden<br />
Verhaltensmuster.<br />
C.I.: Planen Sie in absehbarer Zeit substanzielle<br />
Investitionen und wenn ja, welche?<br />
L.W.: Grundsätzlich gilt es den Mehrwert<br />
für unsere Kunden zu erhöhen. Getreu<br />
dem Einzelhandelsansatz „retail is detail“<br />
ist auch die M.I.C.E-Branche in vielerlei<br />
Hinsicht intensive Detailarbeit! Zur Frage:<br />
In 2012 realisieren wir eine neue Eingangssituation<br />
im Außenbereich des Restaurants,<br />
Ersatzbeschaffungsmaßnahmen bei<br />
Projektions-, Licht- und Tontechnik im<br />
Zuge der Frequenzumstellung, den Einsatz<br />
einer neuen Pumpentechnologie – ein<br />
F orschungsprojekt mit der TU Darmstadt –<br />
sowie die weitere Verfeinerung des Wegleitsystems.<br />
Im kommenden Jahr startet<br />
dann als größeres Projekt der Ausbau<br />
des noch im Rohbau befindlichen Kleinen<br />
Saals (bis 2014). Dazu kommen Ersatz -<br />
beschaffungsmaßnahmen im Bereich<br />
Monitore, EDV.<br />
C.I.: Welche besonderen Benefits finden<br />
Veranstaltungskunden im darmstadtium vor,<br />
die woanders evtl. so nicht gegeben sind?<br />
L.W.: Erstens unsere IT-Infrastruktur<br />
mit eigener IT-Abteilung. Logistisch kennzeichnet<br />
uns ein Höchstmaß an Multifunktionalität<br />
mit guter Vernetzung und<br />
kurzen Wegen innerhalb der Stadt – Stichworte:<br />
Erreichbarkeit, Zugang zur Wissenschaft,<br />
Hotel. Außerdem bieten wir Rundumservice<br />
vom Transportwagen bis zum<br />
rund um die Uhr besetzten Infopoint. Und<br />
wir wollen mit Überraschungsmomenten<br />
unsere Gäste begeistern, sei es durch die<br />
kostenlose Elektrotankstelle, das Angebot<br />
ZUM STANDORT<br />
LARS WÖHLER INTERVIEW<br />
von E-Bikes oder kostenloses EDUROAM.<br />
Dazu kommt immer: ein Lächeln, schnelle<br />
Lösungen …<br />
C.I.: Auf der vergangenen IMEX und auf der<br />
MEXCON in Berlin war die Branchenzukunft<br />
in den nächsten beiden Dezennien das dominierende<br />
Thema. Mit welchen Entwicklungen<br />
rechnet man in Ihrem Haus und wie wollen<br />
Sie sich darauf einstellen?<br />
L.W.: Wir arbeiten ständig an uns. Nachhaltig<br />
zu sein bedeutet, sich dauernd<br />
anzupassen. Man befindet sich im Fluss.<br />
Denn es geht besonders um schnelle Reaktionsgeschwindigkeiten<br />
vor, während und<br />
nach der Veranstaltung – bei sich verändernden<br />
Rahmenbedingungen. Hier spielt<br />
der demographische Wandel eine große<br />
Rolle: Wir haben einen Maßnahmenkatalog<br />
erstellt, den wir Zug um Zug in den<br />
kommenden 18 bis 24 Monaten abarbeiten<br />
werden. Dazu gehören u. a. die Induktionsschleifenerweiterung<br />
wie auch das generelle<br />
Überdenken der Eingangssituation.<br />
C.I.: Im darmstadtium findet die nächste<br />
„greenmeetings und events Konferenz“<br />
(26.–27. Feb. 2013) statt. Sind dazu spezielle<br />
Impulse seitens der Location geplant?<br />
L.W.: Wir sind aktiver Partner des Fach -<br />
beirates und werden versuchen, greenmeeting<br />
nicht nur erlebbar, sondern<br />
„anfassbar“ zu machen – etwa durch das<br />
Angebot zu Führungen im Haus. Dabei soll<br />
die gesamte Kette des Veranstaltungs -<br />
wesens betrachtet werden. Wir möchten<br />
die Kolleginnen und Kollegen an unseren<br />
bisherigen Erfahrungen partizipieren<br />
lassen – und vielleicht wird das darmstadtium<br />
ja sogar an der einen oder anderen<br />
Stelle auch als „Blaupause“ zukünf -<br />
tiger Projekte fungieren …<br />
C.I.: Herr <strong>Wöhler</strong>, wir bedanken uns für<br />
das Gespräch.<br />
Darmstadts Oberbürgermeister Jochen Partsch (Grüne) ist AR-Vorsitzender des darmstadtiums,<br />
dessen Eigentümer mehrheitlich die Stadt und zu einem kleineren Teil die<br />
TU sind. Kongresszentrum wie Kommune unterliegen ehrgeizigen Vorgaben: Mittelfristig<br />
(ab 2014/15) soll das darmstadtium operativ mit einem Zuschuss von unter 1 Mio. Euro auskommen<br />
– dieses Ziel wurde 2011 bereits erreicht – und die Stadt selbst will „Green City<br />
2025“ werden. Auch die schöne Lage des Wissenschafts- und Kongresszentrums soll nicht<br />
verschwiegen werden: Direkt am Herrengarten, eingebettet in ein historisches Ensemble<br />
mit Moller-Bau (heute Stadt- und Staatsarchiv), Residenzschloss Landesmuseum und nur<br />
fünf Gehminuten von Darmstadts Jugendstil- Juwel, der Mathildenhöhe, entfernt.<br />
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