Im Reich der Zahlenfüchse - Controller Institut
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ERFOLG controlling<br />
<strong>Im</strong> <strong>Reich</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Zahlenfüchse</strong><br />
Noch mehr Aufgaben für <strong>Controller</strong>: Neben Soll-Ist-Vergleich<br />
und strategischem Controlling rücken jetzt Grundwerte, Unternehmenskultur<br />
o<strong>der</strong> gar Gen<strong>der</strong>-Verhalten in den Blickpunkt.<br />
franz<br />
gritsch,<br />
cfo <strong>der</strong> sbo:<br />
„controller<br />
braucht<br />
Überblick<br />
über die<br />
gesamte<br />
geschäftsgebarung<br />
und<br />
muss Märkte<br />
kennen.“<br />
58 FORMAT 38 I 09<br />
<strong>Zahlenfüchse</strong> mit ausgeprägtem<br />
finanzwirtschaftlichem und<br />
buchhalterischem Verständnis<br />
müssen <strong>Controller</strong> natürlich<br />
immer noch sein. Aber<br />
das allein ist längst nicht mehr genug. Das<br />
Zerr- und Feindbild vom <strong>Controller</strong> – ein<br />
praxisfrem<strong>der</strong> Erbsenzähler, <strong>der</strong> im stillen<br />
Kämmerchen auf seinen langen Listen<br />
ohne Ahnung vom wirklichen Geschäftsleben<br />
an vermeintlich überflüssigen Kostenpositionen<br />
herumstreicht und damit<br />
den an <strong>der</strong> Kundenfront tätigen Mitarbeitern<br />
das Leben schwer macht – gehört <strong>der</strong><br />
Vergangenheit an. Zumindest in den meisten<br />
Unternehmen.<br />
„Schon in den letzten Jahren hat sich<br />
das Controlling vor allem in Europa von<br />
seinen stark am Rechnungswesen orientierten<br />
Wurzeln hin zur Begleitung strategischer<br />
Ziele entwickelt“, erklärt Rolf<br />
Eschenbach, als langjähriger WU-Professor<br />
und wissenschaftlicher Leiter des Österreichischen<br />
<strong>Controller</strong>-<strong>Institut</strong>s (ÖCI)<br />
<strong>der</strong> Doyen <strong>der</strong> heimischen Controlling-<br />
Szene. In seinem neuen Standardwerk<br />
(sie he oben), das er gemeinsam mit Helmut<br />
Siller, Fachbereichsleiter am <strong>Institut</strong><br />
für Unternehmensführung <strong>der</strong> FH Wien –<br />
Studiengänge <strong>der</strong> WKW, verfasst hat, geht<br />
er mit seiner Controlling-Konzeption sogar<br />
noch über die strategische Ebene hinaus.<br />
„Controlling ist überall dort unentbehrlich,<br />
wo es Ziele gibt“, so Eschenbach.<br />
Ihm geht es daher auch um das<br />
Controlling von normativen Zielen, also<br />
von Komponenten wie Visionen, Werten,<br />
Kultur und Mission, die entscheidend für<br />
die Identität von Unternehmen sind.<br />
Controlling für Normen und Werte. „Gute<br />
Unternehmen haben immer nach bestimmten<br />
Normen gehandelt. Jetzt ist es<br />
Zeit dafür, diese Normen und Ziele und<br />
das Controlling zu integrieren“, meint<br />
Eschenbach. Obwohl Social und Soft<br />
Skills schwer zu quantifizieren sind, ist<br />
Helmut Siller davon überzeugt, dass von<br />
ihnen letztlich auch die betriebswirtschaftlichen<br />
Ergebnisse abhängen: „Konflikte<br />
fotos: Corbis, Verlag, lukas beCk, beigestellt (2)
ControllIng proFessIonell.<br />
rolf eschenbach/helmut<br />
siller; Verlag schäfferpoeschel,<br />
stuttgart 2009;<br />
392 seiten, € 34,95<br />
und Unstimmigkeiten sind definitiv produktivitätshemmende<br />
Faktoren.“<br />
Normatives Controlling bezieht aber<br />
auch externe Normen wie Corporate-<br />
Governance-Vorschriften o<strong>der</strong> Gleichbehandlungsrichtlinien<br />
mit ein. „Die Zieldefinition<br />
ist dabei Sache des Managements.<br />
Der <strong>Controller</strong> checkt, wie diese<br />
Ziele erfüllt werden können, und sorgt<br />
für Transparenz“, sieht Eschenbach die<br />
Aufgabenteilung. „Dabei“, ergänzt Siller,<br />
„kann <strong>der</strong> <strong>Controller</strong> auf einer normativen<br />
Klausurtagung durchaus als Mo<strong>der</strong>ator<br />
auftreten, <strong>der</strong> Tabus hinterfragt, unangenehme<br />
Fragen stellt und unbewusste Problemfel<strong>der</strong><br />
entlarvt.“<br />
Um diese Aufgaben erfüllen zu können,<br />
muss das Controlling vom Topmanagement<br />
natürlich voll als Partner akzeptiert<br />
werden. „Dafür ist es notwendig, den<br />
Leiter des Controllings in <strong>der</strong> Hierarchie<br />
hoch anzusiedeln, mindestens auf <strong>der</strong><br />
zweiten Führungsebene“, sagt Eschenbach.<br />
Beim börsennotierten heimischen<br />
Ölfeldausrüster SBO ist Finanzvorstand<br />
Franz Gritsch Chef <strong>der</strong> <strong>Controller</strong>. „In <strong>der</strong><br />
Holding haben wir ein sehr schlankes strategisches<br />
und finanzielles Controlling.<br />
Das operative Controlling findet auf <strong>der</strong><br />
Ebene <strong>der</strong> Töchter statt. Dort hat <strong>der</strong> Controllingverantwortliche<br />
neben dem Geschäftsführer<br />
die wichtigste Funktion.“<br />
Daher, meint Gritsch, müsse <strong>der</strong> Control-<br />
autorenduo. rolf eschenbach (r.), wissenschaftlicher leiter des von<br />
ihm begründeten Österreichischen <strong>Controller</strong><strong>Institut</strong>s, und helmut siller<br />
(l.), Fachbereichsleiter Fh Wien – studiengänge <strong>der</strong> WkW.<br />
ler nicht nur ein Meister des Zahlenwerks<br />
sein, son<strong>der</strong>n vor allem den Überblick<br />
über die gesamte Geschäftsgebarung haben.<br />
„Er muss auch Marktentwicklungen<br />
kennen, damit er Entscheidungsgrundlagen<br />
auf ihre Plausibilität hin prüfen kann“,<br />
so <strong>der</strong> SBO-Finanzchef.<br />
Kein Job für Jasager. Die Rolle als Sparringpartner<br />
des Topmanagements stellt<br />
hohe Ansprüche. „Der <strong>Controller</strong> ist<br />
Bremser o<strong>der</strong> Treiber, das kommt ganz auf<br />
die Situation und auf die Person an, mit<br />
<strong>der</strong> er zu tun hat. Daher ist ein guter <strong>Controller</strong><br />
auch ein Psychologe. Und er benötigt<br />
Zivilcourage, weil er gegenüber<br />
Topmanagern auch manchmal nein sagen<br />
muss“, erklärt Eschenbach.<br />
Das Idealbild des <strong>Controller</strong>s stellt sich<br />
demnach so dar: ein Finanzmann mit<br />
Überblick über das Gesamtgeschäft und<br />
unternehmerischem Verständnis, <strong>der</strong> dem<br />
Vorstand auf Augenhöhe gegenübertritt,<br />
zudem auch noch über Courage und psychologisches<br />
Einfühlungsvermögen verfügt.<br />
Das lässt nur einen Schluss zu: Der<br />
<strong>Controller</strong> muss eigentlich <strong>der</strong> bessere Manager<br />
sein. „In vielen Unternehmen führt<br />
<strong>der</strong> Weg an die Spitze tatsächlich über das<br />
Controlling“, bestätigt Eschenbach, „denn<br />
kaum eine an<strong>der</strong>e Position verlangt so gebündelte<br />
Management-Skills.“<br />
– michael schmid<br />
praxisbeispiel<br />
Business-Partner <strong>der</strong><br />
Geschäftsführung<br />
Wie Ölfeldausrüster SBO sein<br />
Controlling organisiert hat.<br />
Beim Ölfeldausrüster sBO ist das<br />
Controlling dezentral und zweistufig<br />
organisiert: Auf Konzernebene ist das<br />
strategische und finanzielle Beteiligungscontrolling<br />
angesiedelt, operative<br />
<strong>Controller</strong> gibt es in den einzelnen<br />
Töchtern. „Dort ist <strong>der</strong> <strong>Controller</strong> oft<br />
zugleich Leiter <strong>der</strong> Buchhaltung“,<br />
erklärt SBO-Finanzvorstand Franz<br />
Gritsch. Diese <strong>Controller</strong>, so Gritsch,<br />
sind nach den Geschäftsführern<br />
die<br />
wichtigsten Leute in<br />
den Töchtern und<br />
berichten direkt an<br />
die <strong>Controller</strong> <strong>der</strong><br />
Holding, <strong>der</strong>en Chef<br />
CFO Gritsch ist.<br />
In Ternitz ist<br />
Thomas Salensky<br />
<strong>der</strong> operative <strong>Controller</strong>,<br />
zugleich<br />
thomas salensky,<br />
leiter Finanzen<br />
sBo ternitz.<br />
aber auch für die Finanz- und Logistikleitung<br />
zuständig. „Wir sehen uns<br />
nicht vorrangig als Zahlengenerator,<br />
son<strong>der</strong>n als Business-Partner <strong>der</strong> Geschäftsführung“,<br />
sagt er zum Selbstverständnis<br />
<strong>der</strong> <strong>Controller</strong> bei SBO.<br />
„Man darf sich nicht nur an einzelnen<br />
Kennziffern festbeißen, son<strong>der</strong>n muss<br />
die Plausibilität im gesamten Kontext<br />
beurteilen“, so Salensky. Der HAK-<br />
Absolvent mit MBA-Titel begann klassisch<br />
im Rechnungswesen und entwickelte<br />
in <strong>der</strong> Praxis rasch Technikaffinität.<br />
„Wenn man interne Prozesse<br />
gut kennt, hat man als <strong>Controller</strong> das<br />
bessere Standing“, ist er überzeugt.