Repetitorium Erbrecht - Studentenverbindung Concordia Bern

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Seite 14 von 19 aufgestellt und entsprechend kehrt ZGB 556 II die Regeln um, die Erben müssen die Annahme erklären, sofern die Überschuldung schon beim Tod manifest war. Die Ausschlagung geschieht durch mündliche oder schriftliche Erklärung an die nach kantonalem Recht zuständige Behörde. Für die Annahmeerklärung nach ZGB 556 II ist keine Form vorgeschrieben. Aus Rechtssicherheitsgründen ist aber zu fordern, dass auch die Annahme (Verzicht der Ausschlagungsbefugnis, Annahme bei Überschuldung) nur verbindlich gegenüber der Behörde erklärt werden kann. Die Frist für die Erklärung beträgt nach ZGB 567 I drei Monate, um die Lähmung der Erbschaft während der Ungewissheit so kurz als möglich zu beschränken. Sie läuft i.d.R. ab Kenntnis des Erbfalls, ZGB 567 II, eine Verlängerung oder Wiederherstellung nach ZGB 577 ist möglich. Die gleiche Frist soll für die Annahmeerklärung gelten. Wichtige Gründe i.S.v. ZGB 577 sind etwa Unklarheit über die Entscheidungsgrundlagen (Übersicht über Vermögen, Landesabwesenheit) aber auch wenn ein entschuldbarer Irrtum etwa über bestehende Schulden zur Unterlassung der Ausschlagung führte. Rechtsunkenntnis, insbesondere über die 3 Monate, ist aber ausgeschlossen. Für Erbeserben läuft die Frist neu, mindestens so lange, wie für ihren eigenen Erbgang, sofern der erste Erbe nicht schon durch Handeln oder Nicht-Handeln präjudiziert hat, ZGB 569 I und II. „Annahme“ ist keine Willenserklärung, sondern Willenshandlung, Verzicht auf Ausübung des Gestaltungsrechts. Entsprechend ZGB 570 I ist dieser verbindliche Verzicht bei der Behörde zu erklären. Die Ausschlagungsbefugnis ist verwirkt, wenn die Ausschlagung nicht frist- und formgerecht erklärt wurde. Wer sich über unumgängliche Erhaltungshandlungen des Nachlasses hinaus, als Erbe betätigt, pro herede gestio – verliert sein Ausschlagungsrecht. (§ 15 N 34 Beispiele) Streitig ist, ob die Einmischung nur dann zur Verwirkung des Ausschlagungsrechts führen soll, wenn sie nach den Umständen als stillschweigende Willenserklärung dieses Inhalts verstanden werden kann oder muss; alternativ wird erläutert, es handle sich um eine vom Erklärungsinhalt der Verhaltensweise unabhängige Rechtsfolge, eben im Sinne der Verwirkung. Für erbunwürdiges Verhalten droht das Gesetz somit zwei konträre Sanktionen an: Richtet es sich gegen den Erblasser, so wird ihm das Erbe entzogen, ZGB 540, richtet es sich gegen den Nachlass, so wird er ihm aufgezwungen, ZGB 571 I. Die Verwirkung betrifft nicht nur die Möglichkeit der Ausschlagung sondern nach allgemeiner Lehre auch die Vermutung, wonach bei Überschuldung die Erbschaft ausgeschlagen wird. Die Ausschlagung, Annahmeerklärung oder Annahmehandlungen sind unwiderruflich. Die Lehre neigt dazu, auf die Ausschlagung und Annahme die allgemeinen Grundsätze der Rechtsgeschäftslehre anzuwenden, d.h. die Unwirksamkeit entsprechend OR 23 – 31 zuzulassen. Je nach Qualifikation der Einmischung fällt auch diese, weil Erklärung und damit Rechtsgeschäft, darunter. Mit der Ausschlagung entfällt die Erbenstellung des Ausschlagenden. Dies gilt rückwirkend auf den Erbgang. Nicht betroffen sind daher die anderen Zuwendungen des Erblassers; Vorempfänge, Legate, Versicherungsansprüche. Der Ausschlagende wird behandelt, wie wenn er vorverstorben wäre, ZGB 572. Es gilt das Eintritts- und Anwachsungsprinzip, wenn er gesetzlicher Erbe war. Bei eingesetzten Erben oder zusätzlich zugewendeten Quoten an gesetzliche Erben fällt die Verfügung bezüglich der betreffenden Portion ersatzlos dahin, falls keine gegenteiligte Disposition des Erblassers (Einsetzung eines Ersatzerben, ZGB 487) vorliegt. Sind Erben eingesetzt worden, so ergeben sich auch so mindestens zwei Stufen, indem nach Ausschlagung die nächsten gesetzlichen Erben zum Zug kommen. Öffentliches Inventar Die Ausschlagung ist für die Erben oft eine unbefriedigende, übers Ziel hinausschiessende Schutzmassnahme, weil sie vorsichtigerweise auch ausschlagen, wenn die Überschuldung nur eine Möglichkeit darstellt, und ebenso denkbar wäre, dass der Fall gar nicht eintritt. Dabei widerspricht den meisten die Ausschlagung gefühlsmässig, insbesondere wenn es um das elterliche Erbe geht. Demgegenüber stehen die Erbschaftsgläubiger, denen das eigene Vermögen der Erben als Haftungssubstrat entgeht, denn die konkursamtliche Liquidation ist nicht geeignet, ihnen eine optimale Verwertung des Nachlasses zu gewährleisten. Mit einem öffentlichen Inventar wird vom kantonal zuständigen Amt ein Inventar errichtet. Nimmt ein Erbe die Erbschaft unter öffentlichem Inventar an, so haftet er nur für inventarisierte Erbschaftsschulden, bzw. nur mit dem Nachlassvermögen. Die erben erhalten das Vermögen in natura und erwerben doch kein Danaer-Geschenk. Anders als das amtliche Inventar nach ZGB 553 und das Inventar im Hinblick auf die amtliche Liquidation nach ZGB 595 II hat das öffentliche Inventar nicht bloss informative Funktion. Vielmehr ist es mit Rechtsfolgen ausgestattet, bestehend im Hinfall für gewisse Erbschaftsschulden. Zudem kann es die Frist über die Annahme der Erbschaft hinausschieben. Das Verfahren wird ausgelöst durch das Begehren eines Erben, sofern dieser noch zur Ausschlagung befugt ist (weder bis dato Annahme noch Ausschlagung noch Befugnis verwirkt noch amtliche Liquidation begehrt) Die Frist beginnt analog der Ausschlagung, ZGB 567, kann nach Weimar analog zu 576 verlängert werden. Die Kosten werden primär durch den Nachlass, subsidiär durch den beantragenden Erben getragen, ZGB 584 II. (580 III ??) Aktiven und Passiven sind aufzulisten, anders als beim Sicherungsinventar, ZGB 553, sind die Aktiven zu bewerten. Passiven sollen so vollständig wie möglich aufgenommen werden, auch Ersatzforderungen des anderen Ehegatten. Der Rechnungsruf findet in den lokalen und regionalen Amtsblättern statt. Die Gefahr besteht, dass ein Gläubiger diese kurze Frist Repetitorium © by Sandro Rossi

Seite 15 von 19 deshalb verpasst. Ist die Forderung aus öffentlichen Büchern (Grundpfandschulden, Steuerregister) ersichtlich oder aus den eigenen Dossiers des Erblassers, wird sie von Amtes wegen aufgenommen, ZGB 583 I; selbst vermutete Gläubiger sollen angeschrieben werden, BGE 79 II 362. Aufgrund des Inventars hat jeder Erbe die Wahl, sich binnen (verlängerbarer) Monatsfrist für eine der Möglichkeiten zu entscheiden: • Annahme der Erbschaft • Ausschlagung (auch wenn die Frist nach ZGB 567 bereits abgelaufen ist) • Amtliche Liquidation (unter Vorbehalt von ZGB 593 II) • Annahme unter öffentlichem Inventar; welche mangels anderweitiger Erklärung gilt, ZGB 588 I. Diese Option hat jeder Erbe, unabhängig davon, ob er selber Antrag für das öffentliche Inventar gestellt hat. Erklärt ein Erbe Annahme unter öffentlichem Inventar, so haftet er voll (mit Nachlass und eigenem Vermögen) nur für die inventarisierten Schulden. Unterblieb die Anmeldung aus entschuldbaren 1 Gründen, so haften die Erben immerhin im Rahmen der Bereicherung aus dem Nachlass, ZGB 590 II. Eine entsprechende Kompromisslösung – Haftung der Erben nur im Rahmen der Bereicherung - sieht das Gesetz auch für Bürgschaften vor, ZGB 591. Im Augenblick, wo der Erbe sich entscheiden muss, kann noch sehr ungewiss sein, ob die Verpflichtung des Bürgen zum Tragen kommt. Bsp: Bürgschaft von CHF 300'000 Nachlass von CHF 100'000 Gesamtpassiven betragen 300'000 CHF, Nachlass CHF 100‘000. Verwertungsquote beträgt also 33.3%; also kann die Bürgschaft mit CHF 100'000 geltend gemacht werden. Die Annahme unter öffentlichem Inventar verhindert nicht vollständig, dass der Erbe auf eigene Mittel für die Tilgung von Erbschaftsschulden greifen muss. • Nachlassobjekte können überbewertet sein und für die Bezahlung der Schulden nicht ausreichen • Die Bereicherung aus dem Nachlass, auf welche die Haftung für nichtinventarisierte Forderungen nach ZGB 590 II beschränkt ist, bezieht sich auf den Todestag. Nehmen diese Werte später ab, so kann eine Haftung mit eigenem Vermögen auch für entschuldbar nicht inventarisierte Forderungen eintreten. Bereicherung ist nur ein rechnerischer Masstab. • Steuerausstände sind allenfalls noch nicht erfasst Amtliche Liquidation Der Nachlass wird versilbert, soweit es zur Deckung der Erbschaftsschulden erforderlich ist; die Erbschafts- und Erbganggläubiger werden primär daraus befriedigt, dafür entfällt jede weitere Haftung der Erben ihnen gegenüber. Die amtliche Liquidation ist also die radikalere Massnahme. Die Abwendung der Gefahr für das Erbenvermögen wird erkauft mit der Preisgabe der Erbobjekte in natura, wobei die Liquidation auch der Einflussnahme durch die Erben entzogen ist. Der Unterschied zur Ausschlagung ist nicht gross. Schlagen nicht alle berufenen Erben aus, so entfällt für den Ausschlagenden im so entfällt für den Ausschlagenden im Gegensatz zur amtlichen Liquidation, ZGB 596 III, jede Beteiligung am Wertsubstrat des Nachlasses. Schlagen hingegen alle Erbe aus, so ist ihre Stellung doch ähnlich derjenigen bei amtlicher Liquidation. Bei der Liquidation behalten die Erben formell Erbenstellung, darum haben sie rechtlich eine etwas andere Position (Naturalanspruch auf die für die Schulden und Legate nicht erforderlichen Objekte). Der Nachlass wird, sofern nicht überschuldet, nicht durch das Konkursamt (ZGB 573), sondern durch einen speziell bestimmten Verwalter liquidiert, der eine liebevolle Veräusserung der Objekte garantieren kann. Der Grundgedanke der amtlichen Liquidation liegt darin, dass der Nachlass und das Erbenvermögen getrennt bleiben sollen, bis die Nachlasschulden getilgt sind. Jedes Verschmelzen der beiden Vermögensmassen soll verhindert werden. Den Erben wird die Verfügungsmacht über den Nachlass entzogen, er wird von einem Erbschaftsverwalter inventarisiert und bis zur Schuldentilgung betreut. Antragsberechtigt für dieses Verfahren sind • Jeder Erbe, sofern seine Stellungnahme für eine der anderen Optionen nicht schon präjudiziert ist, jeder Miterbe kann aber die Liquidation verhindern, indem er die Erbschaft annimmt (vorbehaltlos oder unter öffentlichem Inventar), ZGB 593 I und II. • Jeder Erbschaftsgläubiger, ZGB 594. Eigentliche Erbgangsschulden sind ausgeschlossen, ausser eigentliche Massenschulden, die bei der Liquidation selber anfallen. 1 I.d.R. recht grosszügige Praxis. Wohnte der Erblasser nahe der Kantonsgrenze, durfte der Gläubiger im Nachbarskanton annehmen, dass man auch dort publiziert. Repetitorium © by Sandro Rossi

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deshalb verpasst. Ist die Forderung aus öffentlichen Büchern (Grundpfandschulden, Steuerregister) ersichtlich oder aus den<br />

eigenen Dossiers des Erblassers, wird sie von Amtes wegen aufgenommen, ZGB 583 I; selbst vermutete Gläubiger sollen<br />

angeschrieben werden, BGE 79 II 362.<br />

Aufgrund des Inventars hat jeder Erbe die Wahl, sich binnen (verlängerbarer) Monatsfrist für eine der Möglichkeiten zu<br />

entscheiden:<br />

• Annahme der Erbschaft<br />

• Ausschlagung (auch wenn die Frist nach ZGB 567 bereits abgelaufen ist)<br />

• Amtliche Liquidation (unter Vorbehalt von ZGB 593 II)<br />

• Annahme unter öffentlichem Inventar; welche mangels anderweitiger Erklärung gilt, ZGB 588 I.<br />

Diese Option hat jeder Erbe, unabhängig davon, ob er selber Antrag für das öffentliche Inventar gestellt hat. Erklärt ein Erbe<br />

Annahme unter öffentlichem Inventar, so haftet er voll (mit Nachlass und eigenem Vermögen) nur für die inventarisierten Schulden.<br />

Unterblieb die Anmeldung aus entschuldbaren 1 Gründen, so haften die Erben immerhin im Rahmen der Bereicherung aus dem<br />

Nachlass, ZGB 590 II.<br />

Eine entsprechende Kompromisslösung – Haftung der Erben nur im Rahmen der Bereicherung - sieht das Gesetz auch für<br />

Bürgschaften vor, ZGB 591. Im Augenblick, wo der Erbe sich entscheiden muss, kann noch sehr ungewiss sein, ob die<br />

Verpflichtung des Bürgen zum Tragen kommt.<br />

Bsp: Bürgschaft von CHF 300'000<br />

Nachlass von CHF 100'000<br />

Gesamtpassiven betragen 300'000 CHF, Nachlass CHF 100‘000. Verwertungsquote beträgt also 33.3%; also kann<br />

die Bürgschaft mit CHF 100'000 geltend gemacht werden.<br />

Die Annahme unter öffentlichem Inventar verhindert nicht vollständig, dass der Erbe auf eigene Mittel für die Tilgung von<br />

Erbschaftsschulden greifen muss.<br />

• Nachlassobjekte können überbewertet sein und für die Bezahlung der Schulden nicht ausreichen<br />

• Die Bereicherung aus dem Nachlass, auf welche die Haftung für nichtinventarisierte Forderungen nach ZGB 590 II<br />

beschränkt ist, bezieht sich auf den Todestag. Nehmen diese Werte später ab, so kann eine Haftung mit eigenem<br />

Vermögen auch für entschuldbar nicht inventarisierte Forderungen eintreten.<br />

Bereicherung ist nur ein rechnerischer Masstab.<br />

• Steuerausstände sind allenfalls noch nicht erfasst<br />

Amtliche Liquidation<br />

Der Nachlass wird versilbert, soweit es zur Deckung der Erbschaftsschulden erforderlich ist; die Erbschafts- und Erbganggläubiger<br />

werden primär daraus befriedigt, dafür entfällt jede weitere Haftung der Erben ihnen gegenüber.<br />

Die amtliche Liquidation ist also die radikalere Massnahme. Die Abwendung der Gefahr für das Erbenvermögen wird erkauft mit der<br />

Preisgabe der Erbobjekte in natura, wobei die Liquidation auch der Einflussnahme durch die Erben entzogen ist.<br />

Der Unterschied zur Ausschlagung ist nicht gross. Schlagen nicht alle berufenen Erben aus, so entfällt für den Ausschlagenden im<br />

so entfällt für den Ausschlagenden im Gegensatz zur amtlichen Liquidation, ZGB 596 III, jede Beteiligung am Wertsubstrat des<br />

Nachlasses. Schlagen hingegen alle Erbe aus, so ist ihre Stellung doch ähnlich derjenigen bei amtlicher Liquidation.<br />

Bei der Liquidation behalten die Erben formell Erbenstellung, darum haben sie rechtlich eine etwas andere Position<br />

(Naturalanspruch auf die für die Schulden und Legate nicht erforderlichen Objekte).<br />

Der Nachlass wird, sofern nicht überschuldet, nicht durch das Konkursamt (ZGB 573), sondern durch einen speziell bestimmten<br />

Verwalter liquidiert, der eine liebevolle Veräusserung der Objekte garantieren kann.<br />

Der Grundgedanke der amtlichen Liquidation liegt darin, dass der Nachlass und das Erbenvermögen getrennt bleiben sollen, bis<br />

die Nachlasschulden getilgt sind. Jedes Verschmelzen der beiden Vermögensmassen soll verhindert werden. Den Erben wird die<br />

Verfügungsmacht über den Nachlass entzogen, er wird von einem Erbschaftsverwalter inventarisiert und bis zur Schuldentilgung<br />

betreut.<br />

Antragsberechtigt für dieses Verfahren sind<br />

• Jeder Erbe, sofern seine Stellungnahme für eine der anderen Optionen nicht schon präjudiziert ist, jeder Miterbe kann<br />

aber die Liquidation verhindern, indem er die Erbschaft annimmt (vorbehaltlos oder unter öffentlichem Inventar), ZGB 593<br />

I und II.<br />

• Jeder Erbschaftsgläubiger, ZGB 594. Eigentliche Erbgangsschulden sind ausgeschlossen, ausser eigentliche<br />

Massenschulden, die bei der Liquidation selber anfallen.<br />

1 I.d.R. recht grosszügige Praxis. Wohnte der Erblasser nahe der Kantonsgrenze, durfte der Gläubiger im Nachbarskanton annehmen, dass man auch<br />

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