Repetitorium Erbrecht - Studentenverbindung Concordia Bern
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§ 15<br />
Der Eintritt der Erben in ihre Stellung<br />
Seite 13 von 19<br />
Es besteht eine Unmittelbarkeit der Erbfolge; durch den Tod selber zieht der Tote seinen Rechtsnachfolger<br />
in seine bisherige Position nach. Die Erben treten, ohne eigenes Zutun, nahtlos – eo ipso – an die Stelle<br />
des Verstorbenen.<br />
1. Testamentseröffnung und Erbbescheinigung<br />
Zweck: Es soll überhaupt festgestellt werden, wer Erbe ist<br />
Findet sich nach dem Tod einer Person ein Dokument, das eine testamentarische Anordnung dieser Person enthält oder auch<br />
nur enthalten könnte, so ist der Aufbewahrer bzw. Finder verpflichtet, es bei der kt. Zuständigen Behörde im Original<br />
einzureichen, ZGB 556 I. Dasselbe gilt für Kopien, falls nicht sicher ist, dass das Original eingereicht wird.<br />
Unterlassung kann folgende Rechtsfolgen nach sich ziehen:<br />
• Schadenersatz, ZGB 556 II<br />
• Bestrafung wegen Unterdrückung von Urkunden unter den Voraussetzungen von StGB 254<br />
• Erbunwürdigkeit unter den Voraussetzungen von ZGB 540 Ziff. 4.<br />
Die Verfügung verliert durch Nicht-Einziehung nicht ihre Gültigkeit. Kommt sie später zum Vorschein, können sich die durch<br />
sie Begünstigten dennoch darauf berufen, sofern die darauf gestützte Erbschaftsklage nicht verjährt ist.<br />
Die Einreichungspflicht besteht auch für vermeintlich ungültige Verfügungen, da bis zur gerichtlichen Feststellung der<br />
Ungültigkeit die Verfügung ja wirksam ist, ZGB 519 f.<br />
Bei Erbverträgen ist die Einreichung nicht bundesrechtlich geregelt, etliche Kantone lassen die freiwillige Einreichung zu oder<br />
verpflichten im Sinne einer Ordnungsvorschrift dazu, wenn der Erbvertrag selber die Einreichung vorsieht.<br />
Die entgegengenommene Verfügung wird von der Behörde einem Verfahren unterzogen, das „Eröffnung“ genannt wird. Sie<br />
besteht in der Kenntnisnahme durch die Behörde selber und in der Kenntnisgabe an die Interessierten.<br />
Interessiert in diesem Sinn sind sowohl Personen, die aus dem Bestand wie diejenigen, die aus dem Nicht-Bestand der<br />
Verfügung Vorteile ziehen. Auf der einen Seite sind es also die darin Begünstigten (Erben und Vermächtnisnehmer, wegen des<br />
unbestimmten Kreises aber nicht Destinatäre von Stiftungen), auf der anderen Seite die gesetzlichen Erben.<br />
Die Erben beider Kategorien werden zur Eröffnung eingeladen, sie haben dort die Möglichkeit, ihren Standpunkt über die<br />
Gültigkeit und die Interpretation der eingereichten Dokumente geltend zu machen. Die Interessierten erhalten danach den<br />
Beschluss der Behörde über die Eröffnung sowie die Kopie der einschlägigen Texte des Erblassers.<br />
Die Behörde bildet sich eine unpräjudizielle Meinung i.S. dass die gerichtliche Austragung der betreffenden Fragen vorbehalten<br />
bleibt. Als provisorische Entscheidung hat sie aber dennoch grosse Tragweite, weil gestützt darauf die Erbbescheinigung<br />
erhältlich gemacht werden kann.<br />
Nach ZGB 559 I hat die eröffnende Behörde den eingesetzten Erben eine Bestätigung über ihre Erbberechtigung auszustellen.<br />
Die gesetzlichen Erben können aber die Ausstellung der Erbbescheinigung durch Einsprache verhindern; sie ist schriftlich oder<br />
mündlich innert Monatsfrist einzureichen und bedarf nicht einmal der Begründung. Nach Meinung von Druey müssen die<br />
gesetzlichen Erben dann fristgerecht, d.h. innerhalb eines Jahres, ZGB 521, die zur Ungültigkeitserklärung einer Verfügung<br />
von Todes wegen erforderlichen Verfahren einleiten.<br />
Auch der gesetzliche Erbe kann eine Erbbescheinigung erhalten. Selbst dann, wenn gegenteilige Verfügungen des Erblassers<br />
eröffnet werden, sofern die Behörde gute Gründe hat, die Verfügung z.B. als widerrufen zu betrachten, oder anzunehmen,<br />
dass sie erfolgreich angefochten werden wird.<br />
Die Erbbescheinigung beruht auf einem nichtgerichtlichen Verfahren; das Gerichtsverfahren über Gültigkeit, Herabsetzung<br />
oder Auslegung von Verfügungen von Todes wegen bleibt darum immer vorbehalten, sowohl bei Erteilung der Bescheinigung<br />
an die eingesetzten wie an die gesetzlichen Erben. Die Bescheinigung muss den Vorbehalt ausdrücklich enthalten, ZGB 559 I.<br />
Die Anerkennung als Erbe in der Bescheinigung will die jeweiligen Erben, in den Nachlass „einweisen“, d.h. ihnen den Besitz<br />
an den Nachlassgegenständen verschaffen. Analog muss dies bei Forderungen bedeuten, dass wenigstens der geschützte<br />
Anschein der Berechtigung besteht.<br />
Erben wollen auf einem Grundstück eine Hypothek begründen. Der Grundbuchverwalter darf nur die formelle Richtigkeit der<br />
Erbbescheinigung überprüfen, da die Erbbescheinigung ihre Verfügungsbefugnis ausdrückt.<br />
2. Ausschlagung<br />
Die Unmittelbarkeit vermeidet die Probleme, die ein Vermögen ohne Rechtsträger aufwerfen würde. Jedoch soll der Erbe zur<br />
Übernahme des Vermögens keinesfalls gezwungen werden; wie bei einer Schenkung oder einem Vermächtnis kann auch der<br />
Erbe auf seinen Erbteil verzichten.<br />
Er muss dafür selber tätig werden, er muss durch eigenen Akt die Erbschaft ausschlagen, ZGB 556 I. Ausschlagung des<br />
Legats in ZGB 557 ist dagegen keine Ausschlagung im technischen Sinn, sondern Forderungsverzicht obligationenrechtlicher<br />
Natur. Die Ausschlagung i.S.v. ZGB 556 I ist ein einseitiges, empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft.<br />
Die Ausschlagungsgründe sind vermehrt persönliche Gründe; jedoch ist auch die objektiv feststellbare Überschuldung möglich,<br />
welches nicht in den persönlichen Verhältnissen des Erben begründet ist. Das Gesetz hat deshalb eine allgemeine Vermutung<br />
<strong>Repetitorium</strong> © by Sandro Rossi