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Freimut. - Christoph Fleischmann

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Lebenszeichen<br />

<strong>Freimut</strong> – Über eine vergessene Lebenshaltung<br />

von <strong>Christoph</strong> <strong>Fleischmann</strong><br />

08.01.2006<br />

andere einbeziehen können in ihre Form der Interaktion mit anderen<br />

Menschen.<br />

Sprecher<br />

Beide Bedeutungen von <strong>Freimut</strong> fließen in den Geschichten über Diogenes<br />

zusammen, dem Philosophen in der Tonne. Als gelegentlicher Berater von Alexander<br />

dem Großen sagte er dem Herrscher im persönlichen Gespräch unerschrocken die<br />

Wahrheit – und wurde dafür manchmal bedroht und manchmal geschätzt:<br />

Zitator<br />

Wie Diogenes so da saß, trat also der König zu ihm und begrüßte ihn.<br />

Diogenes aber warf ihm einen zornigen Blick zu, wie ein Löwe und<br />

forderte ihn auf, ein wenig beiseite zu treten, er sonnte sich nämlich<br />

gerade. Die Unerschrockenheit und Ruhe des Mannes, der sich durch<br />

seine Gegenwart keineswegs einschüchtern ließ, erregten sofort<br />

Alexanders Bewunderung. Denn es ist ganz natürlich, dass die Mutigen<br />

die Mutigen lieb gewinnen, während die Feigen sie argwöhnisch<br />

betrachten, sie als ihre Feinde hassen und nur die Niedrigen<br />

willkommen heißen und gern haben. Und so sind dem einen Wahrheit<br />

und <strong>Freimut</strong> am liebsten, dem anderen Schmeichelei und Lüge; die<br />

einen leihen denen gern ein Ohr, die im Umgang mit ihnen zu gefallen<br />

suchen, die anderen solchen, denen es dabei um die Wahrheit geht.<br />

O-Ton Hermann Steinkamp<br />

Eine alte Weisheit über diese Form des <strong>Freimut</strong>s sagt, es war auf der<br />

einen Seite abzugrenzen von Schmeichelei, was immer die Versuchung<br />

war und auf der anderen Seite von Rhetorik. Das heißt von der<br />

Redeform, die dem anderen etwas argumentativ rüberbringen will. Die<br />

Parrhesia liegt genau dazwischen, zwischen Schmeichelei und<br />

Rhetorik. Sie ist also ein Versuch, dem anderen zu spiegeln, wie ich ihn<br />

erlebe.<br />

© Westdeutscher Rundfunk Köln 2005<br />

Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen<br />

Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder<br />

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