Lösung - CF Müller Campus
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Prof. Dr. Heintzen<br />
Universität Berlin<br />
Frage 1:<br />
Klausur im Öffentlichen Recht<br />
für Examinanden<br />
Musterlösung<br />
Das BVerfG wird Ms Antrag stattgeben, wenn er zulässig und begründet ist.<br />
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A. Zulässigkeit<br />
Vorliegend könnten ein Organstreitverfahren nach Art. 93 I Nr. 1 GG iVm §§ 13 Nr. 5,<br />
63 ff. BVerfGG oder eine abstrakte Normenkontrolle nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG<br />
iVm §§ 13 Nr. 6, 76 ff. BVerfGG zulässig sein.<br />
I. Zuständigkeit des BVerfG<br />
Das BVerfG ist nach Art. 93 I Nr. 1 GG für die Entscheidung im Organstreitverfahren<br />
und nach § 93 Abs. 1 Nr. 2 GG für eine abstrakte Normenkontrolle zuständig.<br />
II. Antragsberechtigung<br />
1. Neben den in § 63 BVerfGG genannten obersten Bundesorganen – darunter der<br />
Bundesregierung - sind auch die im Grundgesetz mit eigenen Rechten<br />
ausgestatteten Teile dieser Organe antragsberechtigt.<br />
Als Bundesminister und damit als Mitglied der Bundesregierung ist M zumindest<br />
insoweit mit eigenen Wahrnehmungsberechtigungen ausgestattet, als eine nach Art.<br />
80 Abs. 1 S. 1 GG iVm dem in Art. 62, 65 GG niedergelegten Kabinetts- bzw.<br />
Kollegialprinzip von der Bundesregierung zu erlassende Rechtsverordnung<br />
grundsätzlich nur unter seiner Mitwirkung beschlossen werden darf (vgl. Herzog, in:<br />
Maunz/ Dürig, GG, 34. Lfg. 6/98, Rn. 14 zu Art. 62). M ist demnach als Antragsteller<br />
und die Bundesregierung als Antragsgegener antragsberechtigt.<br />
2. Nach § 76 BVerfGG ist bei einem abstrakten Normenkontrollverfahren nur die<br />
Bundesregierung als solche, nicht auch der einzelne Bundesminister<br />
antragsberechtigt. Ein abstraktes Normenkontrollverfahren wäre demnach vorliegend<br />
mangels Antragsberechtigung des M unzulässig.<br />
III. Streitgegenstand<br />
Tauglicher Streitgegenstand eines Organstreitverfahrens kann angesichts des<br />
insofern offenen Wortlauts der Art. 93 Abs. 1 Nr. 1, §§ 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG - § 64<br />
Abs. 1 BVerfGG spricht nur von Maßnahme oder Unterlassung - jedes rechtlich<br />
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erhebliche Verhalten des Antragsgegners sein. Demnach können auch Normen<br />
Gegenstand eines Organstreitverfahrens sein (BVerfGE 73, 40, 65). Danach ist der<br />
Erlaß der AWG-VO tauglicher Streitgegenstand des vorliegenden<br />
Organstreitverfahrens.<br />
IV. Antragsbefugnis<br />
Nach § 64 Abs. 1 BVerfGG muß B geltend machen, in seinen durch das GG<br />
übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet zu sein.<br />
Hierfür reicht es aus, daß sich aus dem Vortrag des Antragstellers die Möglichkeit<br />
einer Verletzung oder unmittelbaren Gefährdung ergibt (Pestalozza,<br />
Verfassungsprozeßrecht, 3. Aufl. 1991, § 7 II Rn. 35).<br />
Vorliegend ist nicht von vornherein auszuschließen, daß M durch den Erlaß der<br />
AWG-VO im Umlaufverfahren in seinen Mitwirkungsrechten aus Art. 80 Abs. 1 S. 1<br />
iVm Art. 62 GG verletzt ist, weil die AWG-VO ohne seine aktive Mitwirkung zustande<br />
kam.<br />
V. Zwischenergebnis<br />
Ms Antrag ist als Antrag auf Herbeiführung einer bundesverfassungsgerichtlichen<br />
Entscheidung im Rahmen eines Organstreitverfahrens zulässig.<br />
B. Begründetheit<br />
Ms Antrag ist begründet, wenn der Erlaß der AWG-VO gegen Bestimmungen des<br />
GG in einer Weise verstößt, daß ein Kompetenzverstoß vorliegt. In diesem Fall wird<br />
das BVerfG in seiner Entscheidung den Verstoß unter Bezeichnung der<br />
grundgesetzlichen Bestimmungen feststellen, § 67 S. 1 und 2 BVerfGG. Anderenfalls<br />
wird das BVerfG den Antrag zurückweisen (vgl. Pestalozza, a.a.O., § 8 I Rn. 45).<br />
I. Verfassungsmäßigkeit der Ermächtigungsnormen des AWG<br />
Zunächst ist zu prüfen, ob die der AWG-VO zugrundeliegenden Vorschriften des<br />
AWG, namentlich § 27 Abs. 1 S. 1 und 2 iVm §§ 2 Abs. 1, 7 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AWG,<br />
verfassungsgemäß sind. Wäre dies nicht der Fall, so wäre die AWG-VO schon in<br />
Ermangelung einer verfassungsgemäßen Ermächtigung verfassungswidrig.<br />
1. Formelle Verfassungsmäßigkeit<br />
Mangels entsprechender Hinweise im Sachverhalt zum Zustandekommen des AWG<br />
ist von seiner formellen Verfassungsmäßigkeit auszugehen. Der Bund hat nach Art.<br />
Art. 71, 73 Nr. 1 ("die auswärtigen Angelegenheiten") bzw. Nr. 5 GG ("Waren- und<br />
Zahlungsverkehr mit dem Auslande") die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz.<br />
2. Materielle Verfassungsmäßigkeit<br />
Hinsichtlich der nun folgenden <strong>Lösung</strong>shinweise wird maßgeblich auf BVerfGE 91,<br />
148 abgestellt. Die Entscheidung vermittelt die bei der Problematik des<br />
Umlaufverfahrens heranzuziehenden verfassungsrechtlichen Bewertungsmaßstäbe<br />
zwar in einer umfassenden Weise, wie sie von den Bearbeitern dieser Klausur nicht<br />
erwartet werden kann. Der Fall bietet jedoch die Möglichkeit, ausgehend von den zur<br />
Verfügung stehenden grundgesetzlichen Vorschriften und in Kenntnis der<br />
Strukturprinzipien der Verfassung, namentlich der Rechtsstaatlichkeit und<br />
Demokratie, sowie unter Beachtung der herkömmlichen Auslegungsregeln zu einem<br />
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vertretbaren, d.h. sorgfältig begründeten Ergebnis zu gelangen, ohne daß ein<br />
solches in der einen oder anderen Richtung hiermit vorgegeben werden soll.<br />
a. Beachtung des Parlamentsvorbehalts<br />
Es könnte in der Verordnungsermächtigung ein Verstoß gegen den aus dem<br />
Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 2 GG) abzuleitenden Parlamentsvorbehalt enthalten<br />
sein. Da das Demokratiegebot jedoch keinen Totalvorbehalt für den<br />
parlamentarischen Gesetzgeber begründet, wäre jedoch nur dann eine Verletzung<br />
des Parlamentsvorbehalts anzunehmen, wenn sich der Gesetzgeber mit der<br />
Verordnungsermächtigung der Regelung wesentlicher Fragen, d.h. solcher, die für<br />
das Gemeinwesen von maßgeblicher Bedeutung sind, begeben hat (etwa BVerfGE<br />
68, 1, 109).<br />
Der Gesetzgeber müßte mit §§ 2 Abs. 1 und 7 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AWG die<br />
wesentlichen Regelungen selbst getroffen und nicht an den Verordnungsgeber<br />
delegiert haben (BVerfGE 91, 148, 162 f.):<br />
"Als wesentlich ist im Bereich der Exportkontrolle die Entscheidung anzusehen, daß<br />
Beschränkungen vorgenommen werden dürfen, welche Art von Beschränkungen in<br />
Frage kommt und aus welchen Gründen sie angeordnet werden dürfen. Dagegen<br />
können die Art und Weise der Exportkontrolle und die Auswahl der betroffenen<br />
Warengattungen und Länder wegen der Verwaltungsnähe und der<br />
Situationsgebundenheit dieser Entscheidungen der Exekutive überlassen werden.<br />
Dem tragen die §§ 2 Abs. 1 und 7 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AWG ausreichend Rechnung. §<br />
7 Abs. 1 AWG erlaubt in Konkretisierung von § 1 Abs. 1 Satz 2 AWG<br />
Beschränkungen im Außenwirtschaftsverkehr zum Schutz der Sicherheit und der<br />
auswärtigen Interessen der Bundesrepublik Deutschland, die in den Nummern 1 bis<br />
3 näher umschrieben sind. § 7 Abs. 2 AWG führt beispielhaft an, welche<br />
Gegenstände und Rechtsgeschäfte den Beschränkungen unterworfen sind. § 2 Abs.<br />
1 AWG konkretisiert den Begriff der Beschränkung, indem er Verbote und<br />
Genehmigungsvorbehalte zuläßt. (...) Überdies verpflichtet § 3 AWG dazu, von dem<br />
Genehmigungsvorbehalt in schonender Weise Gebrauch zu machen. Dem<br />
Verordnungsgeber bleibt danach nur noch die Bestimmung, wann die einzelnen<br />
gesetzlich zugelassenen Beschränkungen eingreifen und für welche Waren,<br />
Rechtsgeschäfte und Länder sie gelten sollen."<br />
b. Anforderungen nach Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG<br />
Fraglich ist, ob die vorgenannten Regelungen des AWG auch den Anforderungen an<br />
die Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen aus Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG genügen,<br />
wonach Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung in der<br />
Verordnungermächtigung zu bestimmen sind. Auch insoweit dürften keine<br />
verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (BVerfG, a.a.O., 163 f.):<br />
"Die Zwecke, zu denen der Verordnungsgeber Regelungen treffen darf, sind in § 7<br />
Abs. 1 AWG im einzelnen dargelegt. Diese Vorschrift enthält aber auch Aussagen zu<br />
Inhalt und Ausmaß der Ermächtigung, indem sie deren Gebrauch von einer<br />
‚erheblichen‘ Störung und dem Erfordernis einer objektiven Notwendigkeit von<br />
Ausfuhrbeschränkungen abhängig macht. Was Inhalt der Regelung durch die<br />
Verordnung sein kann, ergibt sich ferner aus § 2 Abs. 1 AWG hinsichtlich der<br />
rechtlichen Instrumente und aus § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 AWG<br />
hinsichtlich der betroffenen Gegenstände. Das Ausmaß der Regelung wird in § 2<br />
Abs. 2 und 3 und § 3 AWG festgelegt."<br />
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3. Zwischenergebnis<br />
Danach bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken<br />
gegenüber dem AWG.<br />
II. Verfassungsmäßigkeit der AWG-VO<br />
Die AWG–VO ist verfassungsgemäß, wenn sie im Einklang mit der im AWG<br />
enthaltenen Verordnungsermächtigung zustande gekommen ist. Wäre nämlich die<br />
AWG-VO nicht von der einfachgesetzlichen Ermächtigung gedeckt, so würde es<br />
unter Verstoß gegen Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG für die AWG-VO an einer für die<br />
Delegation von Gesetzgebungsbefugnissen erforderlichen Ermächtigung fehlen.<br />
1. Formelle Rechtmäßigkeit<br />
a. Zuständigkeit<br />
Die Bundesregierung war nach § 27 Abs. 1 S. 1 AWG zuständig zum<br />
Verordnungserlaß.<br />
b. Form<br />
Mangels anderslautender Sachverhaltshinweise ist auch davon auszugehen, daß die<br />
AWG-VO der nach Art. 80 Abs. 1 S. 3, 82 Abs. 1 S. 2 und 82 Abs. 2 S. 1 GG<br />
erforderlichen Form entspricht.<br />
c. Verfahren<br />
Fraglich ist, ob die nach Art. 80 Abs. 1 S. 1 iVm § 27 AWG zum Verordnungserlaß<br />
ermächtigte Bundesregierung die AWG-VO in einer Weise erlassen hat, daß die<br />
AWG-VO ihr als Kollegialorgan zuzurechnen ist. Wäre dies nicht der Fall, so läge ein<br />
Verstoß gegen Art. 80 Abs. 1 S. 1 vor. Denn soweit Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG den<br />
Gesetzgeber ermächtigt, etwa der Bundesregierung die Befugnis zum<br />
Verordnungserlaß erteilen und der Gesetzgeber von dieser Ermächtigung in § 27<br />
Abs. 1 S. 1 AWG Gebrauch macht, kann der Verordnungsgeber hiervon nicht<br />
abweichen, ohne gegen den aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG: "an<br />
Gesetz und Recht gebunden") abzuleitenden Gesetzesvorrang zu verstoßen.<br />
aa. Anforderungen an die Zurechenbarkeit des Verordnungsbeschlusses<br />
(BVerfG, a.a.O., 165 f.)<br />
"Anders als das Gesetzgebungsverfahren ist das Verordnungsverfahren im<br />
Grundgesetz nicht im einzelnen geregelt. Art. 80 Abs. 1 GG beschränkt sich auf die<br />
Festlegung der Organe, die zum Erlaß von Rechtsverordnungen ermächtigt werden<br />
dürfen. Art. 80 Abs. 2 GG betrifft die Mitwirkung des Bundesrats an der<br />
Verordnungsgebung. Art. 82 Abs. 1 Satz 2 GG regelt Ausfertigung und Verkündung<br />
von Rechtsverordnungen. Dagegen ist das Vorgehen der ermächtigten Organe beim<br />
Erlaß von Rechtsverordnungen verfassungsrechtlich nicht näher festgelegt. Es bleibt<br />
ihrer eigenen Bestimmung überlassen. Dabei sind sie jedoch an den Rahmen<br />
gebunden, den das Grundgesetz ihnen zieht. Sie müssen insbesondere<br />
sicherstellen, daß Verordnungen von demjenigen Organ erlassen werden, dem das<br />
Parlament gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG die Rechtssetzungsbefugnis übertragen<br />
hat. Diese Parlamentsentscheidung ist für das ermächtigte Organ verbindlich. Das<br />
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bedeutet nicht nur, daß die Befugnis keinem anderen Organ überlassen werden darf.<br />
Verlangt wird vielmehr auch, daß das ermächtigte Organ in einer Weise tätig wird,<br />
die es erlaubt, ihm den Verordnungsbeschluß zuzurechnen. Ein Beschluß, der dem<br />
nicht entspricht, verstößt gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG.<br />
Die Kompetenz zum Erlaß von Verordnungen aufgrund des<br />
Außenwirtschaftsgesetzes besitzt gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AWG die<br />
Bundesregierung. Diese besteht nach Art. 62 GG aus dem Bundeskanzler und den<br />
Bundesministern. Sie ist Kollegialorgan. Ist die Normsetzungsbefugnis der<br />
Bundesregierung übertragen worden, verlangt Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG folglich<br />
einen Beschluß des Kollegiums (vgl. BVerfGE 11, 77 ). Diesem Erfordernis ist<br />
nicht schon Genüge getan, wenn der Beschluß die Bundesregierung formell als<br />
Urheber ausweist, er muß ihr auch materiell zugerechnet werden können.<br />
Zurechenbarkeit verlangt allerdings weder, daß das Kollegium vollzählig war, noch<br />
daß es den Beschluß einstimmig gefaßt hat. Das wird auch sonst im demokratischen<br />
Entscheidungsprozeß nicht gefordert. Zurechenbarkeit setzt jedoch voraus, daß<br />
sämtliche Mitglieder der Bundesregierung von der anstehenden Entscheidung und<br />
ihrem Gegenstand in Kenntnis gesetzt werden und Gelegenheit erhalten, an der<br />
Entscheidung mitzuwirken (Information). Des weiteren müssen sich an der<br />
Entscheidung so viele Mitglieder der Bundesregierung beteiligen, daß noch von<br />
einem Handeln des Kollegiums gesprochen werden kann (Quorum). Schließlich muß<br />
von den Beteiligten eine Mehrheit die Entscheidung befürworten (Majorität)."<br />
bb. Einhaltung der Zurechnungsanforderungen beim Erlaß der AWG-VO<br />
Fraglich ist, ob der vorliegende Verordnungserlaß diesen Anforderungen genügt.<br />
Dies ist der Fall, wenn das in der GOBReg geregelte Umlaufverfahren den<br />
vorgenannten verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt und das an der AWG-<br />
VO praktizierte Umlaufverfahren mit der GOBReg im Einklang steht.<br />
(1) Regelung in der GOBReg<br />
(a) Anwendbarkeit der GOBReg (Diskontinuität?)<br />
Fraglich ist zunächst, ob die GOBReg bei Erlaß der AWG-VO überhaupt in Geltung<br />
stand. Dies hängt davon ab, ob die GOBReg dem Grundsatz der Diskontinuität<br />
unterliegt. Dazu das BVerfG (a.a.O., 167 f.):<br />
"Die Geschäftsordnung, nach der die Bundesregierung beim Erlaß der<br />
Änderungsverordnungen verfuhr, war nicht außer Kraft getreten. Zwar hatte die<br />
damalige Bundesregierung die Übernahme der Geschäftsordnung vom 11. Mai 1951<br />
mit den inzwischen erfolgten Änderungen nicht eigens beschlossen; ihre Anwendung<br />
durch diese Bundesregierung war auch vom Bundespräsidenten nicht ausdrücklich<br />
gemäß Art. 65 Satz 4 GG genehmigt worden. Eines solchen Beschlusses und einer<br />
Genehmigung bedurfte es aber nicht. Denn die Geschäftsordnung der<br />
Bundesregierung unterliegt nicht dem Grundsatz der Diskontinuität. Dieser bezieht<br />
sich in seiner ursprünglichen Form auf das Parlament und betrifft hier alle bei Ende<br />
einer Legislaturperiode noch nicht erledigten Gesetzesvorlagen, Anträge und<br />
Anfragen, nicht dagegen die vom Parlament verabschiedeten Gesetze. Ob er die<br />
Geschäftsordnung des Bundestags erfaßt oder nicht (vgl. BVerfGE 1, 144 ),<br />
bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls gilt der Grundsatz nicht für die<br />
Geschäftsordnung der Bundesregierung. Im Unterschied zum Parlament ist diese<br />
kein sich selbst konstituierendes Organ. Dem Grundsatz, daß kein Organ hinsichtlich<br />
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seines Innenrechts seine Nachfolger binden könne, ist ausreichend Rechnung<br />
getragen, wenn die Bundesregierung das Recht hat, ihre Geschäftsordnung jederzeit<br />
zu ändern. Dieses Recht ist aber unbestritten. Es folgt aus Art. 65 Satz 4 GG. Es ist<br />
nicht ersichtlich, daß die Weitergeltung einer gemäß Art. 65 Satz 4 GG einmal<br />
beschlossenen und genehmigten Geschäftsordnung bei voller Änderungsfreiheit<br />
Grundsätze der Demokratie und des Rechtsstaats oder Funktionsbedingungen der<br />
Bundesregierung und Rechte ihrer Mitglieder beeinträchtigen könnte. Der Fiktion,<br />
eine neue Bundesregierung beschließe die alte Geschäftsordnung durch<br />
stillschweigende Anwendung neu, und ebenso stillschweigend erkläre der<br />
Bundespräsident seine Genehmigung (vgl. etwa Achterberg, Handbuch des<br />
Staatsrechts, Band II, 1987, § 52 Rdnr. 90; Herzog, in: Maunz-Dürig, Grundgesetz,<br />
Art. 65 Rdnr. 111, 115), bedarf es daher nicht."<br />
(b) Vereinbarkeit mit den sich aus Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG ergebenden<br />
Anforderungen<br />
Die Regelung des Umlaufverfahrens in der GOBReg müßte den Anforderungen des<br />
Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG an Information, Quorum und Majorität genügen. Hierzu das<br />
BVerfG (a.a.O., 168-171):<br />
"Die Regelung des Beschlußverfahrens in der Geschäftsordnung der<br />
Bundesregierung ist mit den Anforderungen, die sich aus Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG<br />
ergeben, vereinbar.<br />
Nach § 15 Abs. 1 Buchstabe b GOBReg sind der Bundesregierung zur Beratung und<br />
Beschlußfassung alle Entwürfe von Verordnungen der Bundesregierung zu<br />
unterbreiten. § 20 Abs. 1 GOBReg legt fest, daß die Bundesregierung ihre<br />
Beschlüsse in der Regel "in gemeinschaftlicher Sitzung" faßt. Das Verfahren zur<br />
Vorbereitung und Einberufung der Sitzung regelt § 21 GOBReg. In Absatz 2 dieser<br />
Vorschrift ist die Unterrichtung sämtlicher Regierungsmitglieder vorgesehen; nach<br />
Absatz 3 müssen Kabinettsvorlagen so zeitig erfolgen, daß für eine Prüfung<br />
genügend Zeit bleibt, in der Regel eine Woche vor der Sitzung. Nach § 24 Abs. 1<br />
GOBReg ist die Bundesregierung beschlußfähig, wenn einschließlich des<br />
Vorsitzenden die Hälfte der Bundesminister anwesend ist. Für die Beschlußfassung<br />
gilt nach § 24 Abs. 2 GOBReg Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit entscheidet<br />
die Stimme des Vorsitzenden. Eine förmliche Abstimmung wird nicht verlangt. Doch<br />
hat der Vorsitzende gemäß § 25 GOBReg den Wortlaut von Beschlüssen der<br />
Bundesregierung jeweils im Anschluß an die mündliche Beratung eines<br />
Gegenstandes festzulegen. Verordnungen der Bundesregierung werden gemäß § 30<br />
nach Gegenzeichnung durch den zuständigen Fachminister vom Bundeskanzleramt<br />
gezeichnet.<br />
Das Regelverfahren erfüllt die Anforderungen, die daran zu stellen sind, daß ein<br />
Beschluß der Bundesregierung zugerechnet werden kann. Die Unterrichtung aller<br />
Regierungsmitglieder gibt jedem die Möglichkeit, sich an der Beschlußfassung zu<br />
beteiligen. Die Mehrheitsregel gewährleistet, daß jedenfalls die Zahl der<br />
Zustimmenden größer ist als die Zahl der Ablehnenden. Daß diese Mehrheit auf die<br />
Zahl der Anwesenden und nicht auf die Mitgliederzahl bezogen wird, ruft keine<br />
Bedenken hervor. Das Anwesenheitsquorum des § 24 Abs. 1 GOBReg verhindert<br />
Beschlüsse, die unter so geringer Beteiligung fallen, daß sie nicht mehr als<br />
Beschlüsse der Bundesregierung gelten können. Daß eine förmliche Abstimmung<br />
nicht zwingend vorgeschrieben ist, begründet wegen der Anwesenheit der<br />
Regierungsmitglieder keinen Mangel. Zudem ist der Wortlaut von Beschlüssen<br />
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sogleich vom Vorsitzenden festzustellen. Täuscht er sich dabei, kann die<br />
Feststellung auf Hinweis der Sitzungsteilnehmer korrigiert werden.<br />
Bei verfassungskonformer Auslegung von § 20 Abs. 2 GOBReg genügt auch das<br />
Umlaufverfahren den Anforderungen, die sich aus Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG an<br />
Verordnungen der Bundesregierung ergeben.<br />
Das Umlaufverfahren ist als Ausnahme von der Regel vorgesehen. Es findet seinen<br />
Grund darin, daß "die mündliche Beratung einer Angelegenheit nicht erforderlich ist"<br />
(§ 20 Abs. 2 GOBReg). Unter dieser Voraussetzung ist es berechtigt. Es bleibt aber<br />
Beschlußverfahren, und zwar auch für Rechtsnormen mit Außenwirkung.<br />
Abweichungen vom Regelverfahren sind daher nur insoweit gerechtfertigt, als sie auf<br />
dem fehlenden Beratungsbedarf beruhen. Dieser kann jedoch keinen Verzicht auf die<br />
Minimalerfordernisse begründen, die es erlauben, einen Beschluß der<br />
Bundesregierung zuzurechnen. Das sind Information, Quorum und Majorität.<br />
Den Erfordernissen von Information und Majorität ist durch § 15 Abs. 1 und § 24 Abs.<br />
2 GOBReg, die auch für das Umlaufverfahren Geltung beanspruchen, Genüge<br />
getan. Dagegen bezieht sich § 24 Abs. 1 GOBReg, der das Quorum festlegt, seinem<br />
Wortlaut nach nur auf die Beschlußfassung in der Kabinettssitzung, denn er verlangt,<br />
daß einschließlich des Vorsitzenden mindestens die Hälfte der Bundesminister<br />
"anwesend" ist. Dem Erfordernis einer Mindestbeteiligung, ohne die ein Beschluß<br />
nicht der Bundesregierung zugerechnet werden kann, läßt sich daher nur Rechnung<br />
tragen, wenn § 24 Abs. 1 GOBReg sinngemäß auch im Umlaufverfahren Anwendung<br />
findet. An die Stelle der Anwesenheit tritt in diesem Fall die Mitwirkung am<br />
Umlaufverfahren. Darunter ist die Willensbekundung der Mitglieder der<br />
Bundesregierung hinsichtlich des Beschlußgegenstandes zu verstehen. Diese kann<br />
in Zustimmung, Ablehnung oder Stimmenthaltung bestehen. Wer dagegen keinen<br />
Willen bekundet, beteiligt sich nicht am Umlaufverfahren.<br />
Die Feststellung der Willensbekundung im Umlaufverfahren regelt § 20 Abs. 2<br />
GOBReg. Danach soll "der Staatssekretär des Bundeskanzleramtes die Zustimmung<br />
der Mitglieder der Bundesregierung auf schriftlichem Wege einholen". Wie das<br />
Bundesverwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung zu Recht festgestellt<br />
hat, ist diese Vorschrift sprachlich nicht eindeutig. Das Erfordernis der Schriftlichkeit<br />
kann sich entweder auf die Einholung durch den Staatssekretär oder auf die<br />
Zustimmung durch die Regierungsmitglieder oder auf beides beziehen.<br />
Jedenfalls im letzteren Verständnis begegnet die Vorschrift keinen<br />
verfassungsrechtlichen Bedenken. Dagegen wäre, wenn die Einholung nicht der<br />
Schriftform bedürfte, keine ausreichende Gewißheit über den<br />
Abstimmungsgegenstand, und wenn die Zustimmung nicht erklärt werden müßte,<br />
keine ausreichende Gewißheit über die Teilnahme zu erzielen. Es ließe sich folglich<br />
auch nicht mit Sicherheit feststellen, ob eine Beschlußvorlage die Zustimmung der<br />
Mehrheit der Abstimmungsteilnehmer erreicht hat. Insofern kann das Schweigen in<br />
gemeinschaftlicher Sitzung nicht mit dem Schweigen im Umlaufverfahren<br />
gleichgesetzt werden. Während in jenem eine stillschweigende Zustimmung oder<br />
eine Stimmenthaltung liegt, kann dieses auch die Folge einer Nichtbeteiligung am<br />
Verfahren sein.<br />
Ob das Erfordernis des Quorums und das davon abhängige der Mehrheit gewahrt<br />
sind, läßt sich unter diesen Umständen nur feststellen, wenn die Zustimmung im Fall<br />
des Schweigens nicht unterstellt oder gar fingiert wird, sondern der Erklärung bedarf.<br />
Diesem Erfordernis wäre Rechnung getragen, wenn die Schriftform, die § 20 Abs. 2<br />
Satz 1 GOBReg vorsieht, nicht nur für die Einholung, sondern auch für die<br />
Übermittlung der Zustimmung gälte. Jedenfalls muß die Einhaltung des Quorums<br />
und der Mehrheitsregel festgestellt werden. Im Regelverfahren wird dies durch die<br />
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Vorschriften der §§ 24, 25 GOBReg gewährleistet. Für das Umlaufverfahren ist eine<br />
entsprechende Feststellung ebenfalls erforderlich. Diese muß bereits im Zeitpunkt<br />
der Verkündung der Verordnung getroffen sein. Das ergibt sich aus Art. 82 Abs. 1<br />
GG. Danach bedürfen nicht nur Gesetze, sondern auch Verordnungen der<br />
Ausfertigung, und ausgefertigt werden darf nur eine Verordnung, deren<br />
vorschriftsmäßiges Zustandekommen geprüft worden ist. Die Einhaltung der<br />
Vorschriften ist folglich von der ausfertigenden Stelle festzustellen."<br />
(2) Beachtung der Zurechnungsvoraussetzungen beim Erlaß der AWG-VO<br />
Fraglich ist nunmehr, ob das von der Bundesregierung beim Erlaß der AWG-VO<br />
praktizierte Umlaufverfahren mit den vorgenannten Anforderungen in Einklang stand.<br />
(a) Verstoß gegen §§ 24, 25 GOBReg<br />
Fraglich ist, ob mit dem praktizierten Umlaufverfahren die von §§ 24 und 25 GOBReg<br />
in Ausgestaltung des Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG Quorum und Mehrheitsregel eingehalten<br />
wurden (BVerfG, a.a.O., 171 f.).<br />
"Die Bundesregierung ging seinerzeit und geht bis heute in ständiger Praxis davon<br />
aus, daß im Umlaufverfahren ein Beschluß der Bundesregierung zustande<br />
gekommen ist, wenn innerhalb der gesetzten Frist von keinem Mitglied Widerspruch<br />
erhoben wurde. Nur das ist Gegenstand der Nachprüfung durch das<br />
Bundeskanzleramt. Zwischen Nichtteilnahme an der Abstimmung, Stimmenthaltung<br />
und Zustimmung ist bei diesem Verfahren keine Unterscheidung möglich. Alle<br />
Verhaltensweisen werden vielmehr unterschiedslos als Zustimmung gewertet.<br />
Dadurch ist es im Extremfall möglich, daß eine Rechtsverordnung, die gemäß dem<br />
ermächtigenden Gesetz die Bundesregierung zu beschließen hat, in Wahrheit allein<br />
von dem zuständigen Fachminister getragen wird.<br />
Der Umstand, daß nach der Praxis der Bundesregierung das Umlaufverfahren<br />
bereits am Widerspruch eines einzigen Ministers scheitert, kann diesen Mangel nicht<br />
ausgleichen. Auf diese Weise wird zwar einem Einsatz des Umlaufverfahrens trotz<br />
Beratungsbedarfs weiter als in § 20 Abs. 2 Satz 2 GOBReg vorgesehen<br />
entgegengewirkt. Das ändert aber nichts daran, daß die bisherige Praxis die<br />
Einhaltung von § 24 GOBReg, der gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG auch auf das<br />
Umlaufverfahren anzuwenden ist, nicht sicherstellt.<br />
Die Staatspraxis kann ein solches Verfahren nicht legitimieren. Die Staatspraxis ist<br />
Gegenstand, nicht Maßstab verfassungsrechtlicher Beurteilung von Akten der<br />
öffentlichen Gewalt. Zwar sind bei der Auslegung von Geschäftsordnungen Tradition<br />
und Praxis mit heranzuziehen, wie sie sich durch die historische und politische<br />
Entwicklung geformt haben (vgl. BVerfGE 1, 144 , unter Berufung auf RStGH,<br />
RGZ 139, Anhang, S. 5 und 15). Das kann aber nur bedeuten, daß eine<br />
Staatspraxis, die sich im Auslegungsrahmen der Verfassung hält, nicht durch die<br />
Interpretation eines Gerichts ersetzt werden darf, selbst wenn es diese für<br />
vorzugswürdig hält. Ferner ist es geboten, bei Zweifeln über den Sinn einer Norm der<br />
Staatspraxis Rechnung zu tragen. Dagegen kann die Staatspraxis nicht die<br />
eindeutigen oder durch Auslegung ermittelten Anforderungen einer Verfassungsnorm<br />
verdrängen. Das hat auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur<br />
Bundestagsauflösung, das der Staatspraxis große Bedeutung beimißt, nicht in Frage<br />
gestellt (vgl. BVerfGE 62, 1 )."<br />
Damit wurden beim Erlaß der AWG-VO Quorum und Mehrheitsregel entgegen §§ 24,<br />
25 GOBReg und Art. 80 Abs. S. 1 GG nicht eingehalten.<br />
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(b) Verstoß gegen Art. 21 Abs. 3 GOBReg<br />
Demgegenüber ist die AWG-VO nicht wegen einer unangemessen kurzen Frist<br />
entgegen § 21 Abs. 3 GOBReg fehlerhaft zustande gekommen (BVerfG, a.a.O., 171<br />
ff.).<br />
"Die Frist für Kabinettsvorlagen ist in § 21 Abs. 3 GOBReg geregelt. Nach Satz 1<br />
dieser Vorschrift muß die Vorlage so zeitig übersandt werden, daß für eine sachliche<br />
Prüfung vor der Beratung noch ausreichend Zeit bleibt. Satz 2 gibt dafür als<br />
Regelfrist eine Woche an. Wird diese Frist bei umfangreicheren Gesetzesvorlagen<br />
oder sonstigen Vorlagen von weittragender Bedeutung nicht eingehalten, so ist die<br />
Angelegenheit nach Satz 3 auf Antrag von zwei Bundesministern von der<br />
Tagesordnung abzusetzen, falls nicht der Bundeskanzler die sofortige Beratung für<br />
nötig hält. Diese Vorschrift gilt nach ihrem Wortlaut allerdings nur für das<br />
Regelverfahren der Kabinettsberatung. Eine besondere Fristbestimmung für das<br />
Umlaufverfahren fehlt.<br />
Der in § 21 Abs. 3 Satz 1 GOBReg formulierte Grundsatz ausreichender<br />
Prüfungszeit beansprucht auch im Umlaufverfahren Geltung. Das Verfahren zielt auf<br />
einen Beschluß der Bundesregierung. Der Beschluß setzt eine vorgängige<br />
Meinungs- und Willensbildung der Regierungsmitglieder voraus. Die Möglichkeit<br />
dazu hängt auch von der zur Verfügung stehenden Zeit ab. Sie muß, wie im<br />
Regelverfahren, "ausreichend" sein. Das ist im Umlaufverfahren sogar von<br />
gesteigerter Bedeutung, weil hier das Korrektiv gemeinsamer Beratung entfällt.<br />
Wie die Frist im einzelnen zu bemessen ist, läßt sich nicht aus höherrangigem Recht<br />
ableiten. Anders als bei § 24 GOBReg, der lediglich Anforderungen formuliert, die<br />
bereits aus der Verfassung folgen, ist die Bundesregierung hier in ihrer Entscheidung<br />
frei, solange sie das unerläßliche Minimum für eine verantwortliche Meinungs- und<br />
Willensbildung nicht unterschreitet. Dabei kommt gerade in denjenigen Bereichen,<br />
die keine ausdrückliche Regelung in der Geschäftsordnung gefunden haben und für<br />
die sich auch keine zwingenden Anforderungen aus höherrangigem Recht ergeben,<br />
der Staatspraxis rechtsbildende Kraft zu.<br />
Für das Umlaufverfahren hat sich eine Frist von drei Tagen eingespielt. Im<br />
vorliegenden Fall, in dem die Vorlage freitags mittags in Umlauf gesetzt worden war<br />
und die Frist am folgenden Montag um 17.00 Uhr ablief, ist die übliche Frist<br />
allerdings nur eingehalten worden, wenn man das Wochenende in die Berechnung<br />
einbezieht. Bei realistischer Betrachtung stand dagegen für das Umlaufverfahren<br />
nicht wesentlich mehr als ein Arbeitstag zur Verfügung. Das führt aber nicht zur<br />
Fehlerhaftigkeit des Beschlusses.<br />
Weder die Frist des § 21 Abs. 3 Satz 2 GOBReg noch die im Umlaufverfahren<br />
üblicherweise eingehaltene Frist sind als starre Fristen anzusehen. Wie § 21 Abs. 3<br />
Satz 3 GOBReg zeigt, soll es möglich sein, sie je nach den besonderen<br />
Gegebenheiten sowohl auszuweiten als auch abzukürzen. Zwingend ist nur der in §<br />
21 Abs. 3 Satz 1 GOBReg zum Ausdruck gekommene Grundsatz, daß für eine<br />
sachliche Prüfung ausreichend Zeit bleiben muß. Was in diesem Sinn als<br />
ausreichend anzusehen ist, läßt sich aber nicht generell und abstrakt bestimmen,<br />
sondern hängt von den Umständen des jeweiligen Falles ab. Welche Umstände<br />
dabei eine Rolle spielen können, gibt § 21 Abs. 3 Satz 3 GOBReg zu erkennen, der<br />
als rechtfertigende Gründe für eine Abweichung von der Regelfrist Umfang,<br />
Bedeutung ("weittragend") und Dringlichkeit einer Sache nennt.<br />
Die hier in Rede stehenden Änderungen der Außenwirtschaftsverordnung und der<br />
Ausfuhrliste waren dem Umfang nach gering und in der Sache überschaubar. Auch<br />
besaßen sie, gemessen an den bereits früher geregelten Exportbeschränkungen,<br />
© C. F. <strong>Müller</strong> Verlag Klausur im Öffentlichen Recht für Examinanden, Nr. 13
Seite 10 von 14<br />
keine derart weittragende Bedeutung, daß die Folgen nur schwer überblickbar<br />
gewesen wären und deswegen gründlicher Ermittlung bedurft hätten. Schließlich<br />
durfte die Entscheidung auch als dringlich angesehen werden, weil die Abwicklung<br />
bereits laufender Exportgeschäfte unterbunden werden sollte. Unter diesen<br />
Umständen kann die abgekürzte Frist noch als ausreichend gelten."<br />
d. Zwischenergebnis<br />
Damit ist die AWG-VO wegen Verstoßes gegen §§ 24, 25 GOBReg und gegen Art.<br />
80 Abs. 1 S. 1 GG formell rechts- und verfassungswidrig zustande gekommen.<br />
2. Materielle Rechtmäßigkeit<br />
Bedenken hinsichtlich der materiellen, an § 7 AWG zu messenden Rechtmäßigkeit<br />
bestehen nicht (vgl. BVerfG, a.a.O., 174 f.), weil die AWG-VO bezweckt, eine<br />
Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 2 AWG) und<br />
eine erhebliche Störung der auswärtigen Beziehungen Deutschlands (vgl. § 7 Abs. 1<br />
Nr. 3 AWG) zu verhüten.<br />
a. Verordnungsermessen<br />
Fehler in Ausübung des durch § 2 Abs. 1 AWG eingeräumten<br />
Verordnungsermessens sind nicht ersichtlich.<br />
b. Fehlerfolge<br />
Fraglich bleibt, ob der festgestellte Verstoß gegen Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG zur<br />
Nichtigkeit der AWG-VO führt. Aus Gründen der Rechtssicherheit führen<br />
Verfahrensfehler wie der vorliegende nur dann zur Nichtigkeit der jeweiligen Norm,<br />
wenn sie offensichtlich sind (BVerfG, a.a.O., 175). Geht man – angesichts der Fiktion<br />
des vorliegenden Falls - davon aus, daß die vorliegende Problematik des<br />
Umlaufverfahrens zum Verordnungserlaß noch nicht Gegenstand einer<br />
bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung war, so gilt folgendes (BVerfG, a.a.O.,<br />
175 f.):<br />
"Der Verfahrensfehler, der beim Erlaß der Verordnungen vorgekommen ist, war nicht<br />
evident. Die Bundesregierung verfuhr vielmehr gemäß einer ständigen Staatspraxis.<br />
Diese war, soweit ersichtlich, bis zu dem Ausgangsverfahren in dieser Sache nicht<br />
beanstandet worden. Die so beschlossenen Normen wurden allgemein als gültig<br />
angesehen und bildeten die Rechtsgrundlage für zahlreiche Anwendungsakte.<br />
Verwaltung und Adressaten haben auf ihre Gültigkeit vertraut. Wären die im<br />
Umlaufverfahren zustande gekommenen Rechtsverordnungen auch nur<br />
vorübergehend unanwendbar, so müßte das zu einer Lage führen, die mit der<br />
Verfassungsordnung noch weniger in Einklang stünde als die Hinnahme der<br />
verfassungswidrigen Staatspraxis für die Vergangenheit. Einer rückwirkenden<br />
Behebung dieses Mangels, wie sie das Bundesverfassungsgericht in anderem<br />
Zusammenhang (vgl. BVerfGE 34, 9 ) verlangt und wie sie der Bundestag in<br />
dem Gesetz zur Bereinigung von Verfahrensmängeln beim Erlaß einiger Gesetze<br />
vom 25. März 1974 (BGBl. I S. 769) vorgenommen hat, bedarf es hier nicht. Mit der<br />
Klarstellung der Rechtslage durch diese Entscheidung ist der verfassungsrechtliche<br />
Mangel jedoch für die Zukunft evident. Künftig wäre eine im Umlaufverfahren nach<br />
der bisher geübten Praxis beschlossene Rechtsverordnung nichtig."<br />
© C. F. <strong>Müller</strong> Verlag Klausur im Öffentlichen Recht für Examinanden, Nr. 13
Seite 11 von 14<br />
Legen die Bearbeiter ihrer Argumentation die Existenz der bereits ergangenen<br />
Entscheidung des BVerfG (E 91, 148) zugrunde, so ist es vertretbar von einem<br />
evidenten Verfahrensfehler mit der Folge der Verfassungswidrigkeit der AWG-VO<br />
auszugehen. Die vorbeschriebene Verfassungswidrigkeit enthielte dann gleichzeitig<br />
einen Verstoß gegen die aus Art. 80 Abs. S. 1 GG folgende Kompetenzordnung, auf<br />
die sich M berufen kann.<br />
C. Ergebnis (bei angenommener fehlender Evidenz des Verfahrensfehlers)<br />
Ms Antrag ist unbegründet und hat demnach keine Aussicht auf Erfolg.<br />
Frage 2:<br />
A. Formelle Verfassungsmäßigkeit<br />
Das BBG unterliegt in formellrechtlicher Hinsicht – schon in Ermangelung<br />
entsprechender Sachverhaltshinweise – keinen verfassungsrechtlichen Zweifeln.<br />
Diesbezügliche Ausführungen sind von daher – soweit überhaupt vonnöten – kurz zu<br />
fassen.<br />
I. Zuständigkeit<br />
Mangels ausdrücklichen Kompetenztitels in Art. 73 und 74 GG verbleibt es<br />
hinsichtlich der Sitzbestimmung der Bundesregierung nicht etwa nach Art. 70 Abs. 1<br />
GG bei einer Gesetzgebungszuständigkeit der Länder, sondern es ist vielmehr von<br />
einer ungeschriebenen ausschließlichen Kompetenz des Bundes kraft Natur der<br />
Sache auszugehen, weil die Sitzbestimmung der Bundesregierung begriffsnotwendig<br />
nur durch ein Bundesgesetz geregelt werden kann, es sich also um ein Sachgebiet<br />
handelt, das nach seiner Natur eine eigenste, der partikularen<br />
Gesetzgebungszuständigkeit a priori entrückte Angelegenheit des Bundes darstellt<br />
(vgl. BVerfGE 11, 89, 98 f., 12, 205, 251).<br />
Entsprechendes gilt auch für die Verwaltungskompetenz der Bundesregierung<br />
bezüglich der Umsetzung des BBG. Wenn auch nach Art. 83 GG die Ausführung von<br />
Bundesgesetzen grundsätzlich Sache der Länder ist, soweit das GG nichts anderes<br />
bestimmt, muß in Bereichen, in denen sich Gesetze nur sinnvoll von Bundesorganen<br />
ausführen lassen, eine ungeschriebene Kompetenz herleitbar sein (vgl. BVerfGE 22,<br />
180, 216 f.; Lerche, in: Maunz/ Dürig u.a., 34. Lfg. 6/98, Rn. 39 ff. zu Art. 83 GG).<br />
Deshalb läßt sich der Ausführung des BBG durch die Bundesregierung eine<br />
Verwaltungskompetenz kraft Natur der Sache zugrunde legen (vgl. Lerche, a.a.O.,<br />
Rn. 43 und 46).<br />
II. Verfahren<br />
Sofern der im Sachverhalt mitgeteilte Umstand, daß das BBG nicht auf eine<br />
Gesetzesinitiative der Bundesregierung zurückging, Anlaß zu gutachterlicher<br />
Stellungnahme gibt, so sollte es unter Hinweis auf Art. 76 Abs. 1 GG bei der<br />
Feststellung bewenden, daß neben der Bundesregierung auch Bundestag und<br />
Bundesrat initiativberechtigt sind und das BBG insofern keinen ernsthaften<br />
verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt.<br />
Mangels entsprechender Sachverhaltsangaben ist die formelle<br />
Verfassungsmäßigkeit des BBG i.ü. nicht zu problematisieren.<br />
© C. F. <strong>Müller</strong> Verlag Klausur im Öffentlichen Recht für Examinanden, Nr. 13
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B. Materielle Verfassungsmäßigkeit<br />
Angesichts der im Sachverhalt gegebenen Anhaltspunkte ist die Begutachtung der<br />
Verfassungsmäßigkeit des BBG auf die Frage zu konzentrieren, ob die im BBG<br />
enthaltenen Vorschriften über die Sitzbestimmung der Bundesregierung einen<br />
verfassungswidrigen Eingriff in deren Organisationsgewalt darstellen.<br />
Hierbei sollen die Bearbeiter möglichst normgeleitet prüfen und den vorgegebenen<br />
Gesetzestext des BBG einschlägigen verfassungsrechtlichen Bewertungsmaßstäben<br />
gegenüberstellen. Unter entsprechender Argumentation ist jede <strong>Lösung</strong> vertretbar.<br />
I. Eingriff in die Organisationsgewalt der Bundesregierung<br />
Zunächst bedarf der Klärung, inwieweit durch das BBG in die Organisationsgewalt<br />
der Bundesregierung eingegriffen wird.<br />
Zwar räumt das BBG dem Bundeskanzler und den Bundesministern in § 4 Abs. 1 S.<br />
2 und Abs. 3 S. 2 BBG eine weitgehende Organisationskompetenz ein. Aber zum<br />
einen durch die Auflistung in § 1 Abs. 2 Nr. 3 BBG und andererseits durch § 4 Abs. 4<br />
BBG wird die Entscheidungskompetenz der Bundesregierung hinsichtlich ihrer<br />
Sitzbestimmung beschränkt: Nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 lit. e) BBG muß zum Beispiel das<br />
Bundesverteidigungsministerium überwiegend in Bonn bleiben. § 4 Abs. 2 BBG<br />
ordnet etwa für diesen Fall eines in Bonn verbleibenden Bundesministeriums<br />
lediglich die Einrichtung eines Dienstsitzes in Berlin an.- Nach § 4 Abs. 4 BBG soll<br />
der größte Teil der Ministerialarbeitsplätze in Bonn verbleiben, auch wenn die<br />
Behördenspitze etlicher Bundesministerien in Berlin eingerichtet wird, so daß sich die<br />
einzelnen Bundesministerien hinsichtlich der Frage abstimmen müssen, wieviele<br />
Mitarbeiter jedes einzelne Ministerium nach Berlin verlagern darf, ohne die Mehrzahl<br />
der gesamten Ministerialarbeitsplätze aus Bonn abzuziehen.<br />
II. Verfassungsmäßigkeit des Eingriffs<br />
Fraglich ist, ob der Bundestag in der zuvor beschriebenen Weise in die<br />
Organisationsgewalt der Bundesregierung eingreifen durfte.<br />
1. Selbstorganisationsrecht der Bundesregierung<br />
a. Zunächst läßt sich vertreten, daß jedes Verfassungsorgan solange Träger seiner<br />
Organisationsgewalt und demnach auch zu seiner Sitzbestimmung befugt ist, als<br />
nicht das GG ausdrücklich dem Gesetzgeber ein besonderes Zugriffsrecht einräumt<br />
(Herzog, in: Maunz/ Dürig u.a., GG, 34. Lfg. 6/98, Rn. 35 zu Art. 22; vgl. auch Lerche<br />
ZG 1991, 95, 96), vgl. für die Bundesversammlung Art. 54 Abs. 7 GG und für das<br />
Bundesverfassungsgericht Art. 94 Abs. 2 S. 1 GG ("Verfassung"). Da es für die<br />
Bundesregierung keine entsprechende Bestimmung gibt, könnte dies für ein<br />
alleiniges Sitzbestimmungsrecht der Bundesregierung sprechen. Diesen Befund<br />
könnte ein Umkehrschluß aus Art. 86 S. 2 GG erhärten, wonach die<br />
Bundesregierung, soweit ein (Bundes-) Gesetz nichts anderes bestimmt, die<br />
Einrichtung ihr nachgeordneter Bundesbehörden regelt.<br />
b. Auch kann gegen eine Regelungskompetenz des Bundestags angeführt werden,<br />
daß Art. 63 bis 65 GG der Bundesregierung ausdrücklich ein auch gegenüber<br />
anderen Verfassungsorganen wirkendes Selbstorganisationsrecht gewährten.<br />
2. Regelungskompetenz des Bundestages<br />
Demgegenüber dürften die besseren Gründe für eine Regelungskompetenz des<br />
Bundestages sprechen.<br />
© C. F. <strong>Müller</strong> Verlag Klausur im Öffentlichen Recht für Examinanden, Nr. 13
Seite 13 von 14<br />
a. Insbesondere aus der höchsten demokratischen Legitimation des Bundestages<br />
(vgl. Art. 20 Abs. 2 GG) könnte sich eine umfassende Entscheidungskompetenz des<br />
Bundestages hinsichtlich der Sitzbestimmung der Bundesregierung ergeben. Das<br />
Demokratieprinzip begründet zwar keinen Totalvorbehalt zugunsten des Parlaments,<br />
jedoch die Verpflichtung des Gesetzgebers, in grundlegenden normativen Bereichen<br />
alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen (etwa BVerfGE 49, 89, 126 f.; 68,<br />
1, 109). Hiernach ist es vertretbar, auch die Frage der Sitzbestimmung der<br />
Bundesregierung als wesentlich und insofern eine Entscheidung des Gesetzgebers<br />
als notwendig anzusehen.<br />
b. Desweiteren läßt sich auf das Abhängigkeitsverhältnis der Bundesregierung vom<br />
Bundestag verweisen: Der Bundeskanzler wird nach Art. 63 Abs. 1 GG vom<br />
Bundestag gewählt; die Bundesminister werden erst auf Vorschlag des<br />
Bundeskanzlers ernannt, Art. 64 Abs. 1 GG. Ferner kann der Bundestag nach Art. 67<br />
Abs. 1 GG dem Bundeskanzler durch Wahl eines Nachfolgers das Mißtrauen<br />
aussprechen. Aus dieser politischen Verantwortlichkeit der Bundesregierung<br />
gegenüber dem Bundestag läßt sich folgern, daß zumindest hinsichtlich des<br />
Kernbereichs, also der Ministerialebene der Bundesregierung, deren<br />
Organisationsgewalt an Sitzentscheidungen des Parlaments gebunden ist. Dies<br />
erlaubt wiederum den Erst-recht-Schluß, daß das Sitzbestimmungsrecht des<br />
Bundestages auch die Nichtkernbereichsfunktionen der Bundesregierung erfaßt, mit<br />
der Folge, daß der Bundestag hinsichtlich der Sitzbestimmung der Bundesregierung<br />
eine umfassende Regelungskompetenz hat. Dies gilt um so mehr, als bei<br />
Beschränkung des Sitzbestimmungsrechts des Bundestags auf die Kernbereiche der<br />
Bundesregierung die Gefahr besteht, daß aus organisatorischen Gründen der<br />
Arbeitserleichterung weitere, nicht dem Kernbereich der Bundesregierung<br />
zuzurechnende Bereiche – womöglich entgegen einer differenzierten, bewußt nur<br />
ausgewählte Kernbereiche der Bundesregierung betreffende Sitzbestimmung des<br />
Bundestages, vgl. § 1 Abs. 1 BBG - nach Berlin verlegt werden könnten.<br />
Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß bei einer umfassenden<br />
Sitzbestimmungskompetenz des Bundestages gegenüber der Bundesregierung<br />
diese jenem schutzlos ausgeliefert wäre, weil sie mit ihrer Sitzaufteilung<br />
verbundenen organisatorischen Erschwernissen nicht selbst begegnen könnte. Denn<br />
soweit derartige Erschwernisse ein verfassungsrechtlich relevantes Maß erreichen,<br />
hat die Bundesregierung gegenüber dem Gesetzgeber einen<br />
Nachbesserungsanspruch aus dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue, einer<br />
ungeschriebenen Verpflichtung der Verfassungsorgane, in ihrem Verhältnis<br />
zueinander über die positiv festgelegten Befugnisse hinaus sich von wechselseitiger<br />
Rücksicht leiten zu lassen (vgl. Degenhart, Staatsrecht I, 14. Aufl. 1999, Rn. 396 und<br />
459). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, daß das BBG den Zugriff auf die<br />
Organisationsgewalt der Bundesregierung begrenzt, indem es nur Politikbereiche<br />
nennt, die in Bonn erhalten bleiben oder gefördert werden sollen, während die<br />
Auswahl dafür bestimmter Bundesministerien nach § 4 Abs. 1 BBG der<br />
Bundeskanzler zu treffen hat. Auch verbleibt es nach § 4 Abs. 3 S. 2 BBG in<br />
Übereinstimmung mit Art. 65 S. 2 GG hinsichtlich der ins einzelne gehenden<br />
Organisation innerhalb der Ministerien bei der Verantwortung des jeweiligen<br />
Ministers. Damit werden die Nichtkernbereichsfunktionen der Bundesregierung nur<br />
zum Teil durch das BBG berührt.<br />
© C. F. <strong>Müller</strong> Verlag Klausur im Öffentlichen Recht für Examinanden, Nr. 13
Seite 14 von 14<br />
C. Ergebnis<br />
Nach der hier gewählten <strong>Lösung</strong> ist von der Verfassungsmäßigkeit des BBG<br />
auszugehen.<br />
© C. F. <strong>Müller</strong> Verlag Klausur im Öffentlichen Recht für Examinanden, Nr. 13