Der Weg zum Anschluss. Burgenlandschicksal 1928 ... - Burgenland.at
Der Weg zum Anschluss. Burgenlandschicksal 1928 ... - Burgenland.at
Der Weg zum Anschluss. Burgenlandschicksal 1928 ... - Burgenland.at
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
DIE MACHTERGREIFUNG DER NATIONALSOZIALISTEN<br />
galt, wer „durch wirtschaftswidriges, wenn<br />
auch nicht verbrecherisches Verhalten<br />
zeigt, daß er sich nicht in die Gemeinschaft<br />
einfügen will“. In polizeiliche Vorbeugehaft<br />
konnte aber auch jeder genommen werden<br />
der „ohne Berufs- und Gewohnheitsverbrecher<br />
zu sein, durch sein soziales Verhalten<br />
die Allgemeinheit gefährdet“.<br />
Diese Bestimmungen stellten in den ersten<br />
Jahren die rechtsta<strong>at</strong>liche Basis für die<br />
Internierung dar und waren nach Kriegsende<br />
dafür verantwortlich, dass die österreichischen<br />
Zigeuner lange nicht als Oper<br />
der NS-Verfolgung anerkannt wurden.<br />
Die ersten beiden großen Verhaftungswellen<br />
von burgenländischen Roma fanden<br />
im Mai und Juni 1938 st<strong>at</strong>t. Die Aktion<br />
wurde von der Kriminalpolizeistelle Eisenstadt<br />
koordiniert und fand zeitgleich im gesamten<br />
Land st<strong>at</strong>t. 232 <strong>Burgenland</strong>roma<br />
wurden in „polizeiliche Vorbeugehaft“ genommen,<br />
um präventiv sicherheitspolizeiliche<br />
Delikte wie „Betteln und Landstreicherei“<br />
zu verhindern. Bei der Auswahl der zu<br />
Verhaftenden wurde auf die „Zigeunerkarthotek“<br />
aus dem Jahr <strong>1928</strong> zurückgegriffen.<br />
Gegen diese Verfolgungsmaßnahmen verfasste<br />
eine Gruppe von sechs Roma aus<br />
Redlschlag einen mutigen Beschwerdebrief<br />
an die Reichsregierung. Darin wurde von<br />
der wirtschaftlichen Not der dortigen Zigeuner<br />
berichtet, die nunmehr ohne Arbeit und<br />
ohne sta<strong>at</strong>liche Unterstützung aufs Betteln<br />
angewiesen wären. Außerdem käme es<br />
nach der Aberkennung jeglicher Bürgerrechte<br />
wiederholt zu Übergriffen der hiesigen<br />
Gendarmerie. Das n<strong>at</strong>ionalsozialistische<br />
83<br />
Regime antwortete auf seine Art. Aus einem<br />
Bericht der Kriminalpolizeistelle Eisenstadt<br />
geht hervor, dass der Verfasser des Schreibens<br />
am 20. Juni 1938 verhaftet und ins KZ<br />
Dachau verschickt wurde. Gleichzeitig<br />
schrieb man die übrigen fünf Unterzeichner<br />
des Schreibens zur Fahndung aus.<br />
Ab August 1938 durften arbeitsfähige<br />
Roma zur Zwangsarbeit bei öffentlichen<br />
Bauten, für den Straßenbau und für die Arbeit<br />
in Steinbrüchen herangezogen werden.<br />
Im September wurden burgenländischen<br />
Roma-Kindern per Weisung des Landeshauptmannes<br />
der Besuch von Schulen verboten.<br />
Es folgte die Aberkennung des Wahlrechts<br />
und das Verbot von „Mischehen“.<br />
Begleitend dazu wurden zahlreiche diskriminierende<br />
Anordnungen erlassen, die sich<br />
auf die unmittelbare Lebenssitu<strong>at</strong>ion der<br />
burgenländischen Zigeuner auswirkten, wie<br />
das Verbot des öffentlichen Musizierens,<br />
Verbote betreffend des Erwerbs bestimmter<br />
Lebens- und Genussmittel oder das Verbot<br />
der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel.<br />
Die im <strong>Burgenland</strong> verordneten Maßnahmen<br />
griffen dem Verfolgungsprogramm<br />
der N<strong>at</strong>ionalsozialisten vor, sodass man<br />
festhalten kann, dass im <strong>Burgenland</strong> bezüglich<br />
der „Endlösung der Zigeunerfrage“<br />
erhebliche Vorarbeiten „geleistet“ wurden,<br />
was maßgeblich auf die Person Portschys<br />
zurückzuführen war.<br />
Im November 1940 wurde auf einem<br />
stillgelegten Gutshof der Familie Esterházy<br />
ein Zigeunerlager eingerichtet. Das „Anhaltelager“<br />
Lackenbach war das erste KZ-ähnli-