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(MfS) der DDR - Deutscher Bundestag

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U-Boot-Untersuchungsausschuss<br />

Der 10. Deutsche <strong>Bundestag</strong> setzte am 10. Dezember 1986, nur zwei Monate vor dem Ende <strong>der</strong><br />

Legislaturperiode, einen Untersuchungsausschuss ein. Sein Auftrag lautete, er solle aufklären,<br />

wie es zur rechtswidrigen Lieferung von Konstruktionsplänen für den U-Boot-Bau durch bundesdeutsche<br />

Unternehmen an Südafrika gekommen sei, und inwieweit Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Bundesregierung<br />

davon gewusst o<strong>der</strong> daran mitgewirkt hätten. In <strong>der</strong> 11. Legislaturperiode führte <strong>der</strong> am<br />

20. Mai 1987 konstituierte Ausschuss die Untersuchungstätigkeit fort. Am 26. Oktober 1990 legte<br />

er seinen Abschlussbericht vor. 221<br />

Ein Bericht <strong>der</strong> Kieler Nachrichten vom 26. November 1986 enthüllte, dass die Howaldtswerke-Deutsche<br />

Werft AG (HDW) 1983 damit begonnen hatte, Konstruktionszeichnungen für U-<br />

Boote an Südafrika zu liefern. Dies lief dem Waffenembargo gegen Südafrika zuwi<strong>der</strong>, das die<br />

UNO im November 1977 verhängt hatte. 222 Wie Der Spiegel 1990 berichtete, seien „nach Erkenntnissen<br />

<strong>der</strong> Staatsanwälte Schmiergel<strong>der</strong> und Provisionen in Millionenhöhe“ geflossen. Das<br />

Geschäft sei maßgeblich von dem bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß initiiert<br />

worden, wobei führende Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Bundesregierung darüber informiert waren. 223 Der Spiegel<br />

zitierte den SPD-Obmann im Untersuchungsausschuss Norbert Gansel mit den Worten, bei<br />

<strong>der</strong> U-Boot-Affäre handele es sich um den „schwersten Rüstungsskandal in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong><br />

Bundesrepublik“. 224<br />

Trotz <strong>der</strong> Bedeutung dieser Angelegenheit finden sich in <strong>der</strong> SIRA-Datenbank keine Hinweise<br />

auf Hintergrundkenntnisse <strong>der</strong> HV A. Vor Bekanntwerden <strong>der</strong> U-Boot-Affäre im Spätherbst 1986<br />

verzeichnete die HV A nur zwei nennenswerte Informationslieferungen zu Waffengeschäften <strong>der</strong><br />

Bundesrepublik mit Südafrika. Im April 1971 lag ihr eine Information über die „Bestrebungen<br />

westdeutscher Konzerne zur rüstungswirtschaftl[ichen] Zusammenarbeit mit Südafrika“ vor. 225<br />

Im Sommer 1974 traf bei <strong>der</strong> HV A ein Dokument mit dem Titel „Entwicklung von U-Booten in<br />

<strong>der</strong> BRD“ ein. Darin ging es auch um Verhandlungen über die Ausfuhr von U-Booten aus <strong>der</strong><br />

Bundesrepublik nach Südafrika. 226 Die HV A verfasste auf dieser Grundlage im Juli 1974 einen<br />

Informationsbericht für die Partei- und Staatsführung mit dem Titel „Verhandlungen <strong>der</strong> BRD<br />

mit Südafrika zur Lieferung von Kleinst-U-Booten“. 227<br />

Im April 1983 erhielt die HV A von dem Journalisten und schleswig-holsteinischen SPD-<br />

Referenten Bernd Michels eine 62-seitige „Interne Vorlage für die Aufsichtsratssitzung <strong>der</strong> Ho-<br />

221 Schindler: Datenhandbuch, Bd. 2, 1999, S. 2196 f. Der Abschlussbericht wurde als <strong>Bundestag</strong>sdrucksache<br />

11/8109 vorgelegt.<br />

222 <strong>Bundestag</strong>sdrucksache 11/8109 (wie Anm. 221), S. 4 u. 50.<br />

223 Der Spiegel 44(1990)14 v. 2.4.1990, S. 29 f.: Waffenexporte: Gestochene Handschrift. In <strong>der</strong> Affäre um U-<br />

Boote für Südafrika ermitteln die Staatsanwälte nun auch gegen Politiker und hohe Beamte. Der Spiegel<br />

44(1990)38 v. 17.9.1990, S. 34 f.: U-Boot-Affäre: Eleganteste Lösung. Neue Dokumente belegen, dass<br />

<strong>der</strong> Kanzler und seine Vertrauten viel tiefer in das illegale Südafrika-Geschäft verwickelt waren, als sie<br />

zugeben wollen.<br />

224 Der Spiegel 44(1990)14 (wie Anm. 223), S. 29.<br />

225 BStU, <strong>MfS</strong>, HV A/MD/3, SIRA-TDB 12, SE7100685, Eingangsdatum bei <strong>der</strong> HV A: 16.4.1971, keine Benotung<br />

vermerkt. Die Information basierte auf Zuarbeiten dreier IM: des Mitarbeiters im Auswärtigen<br />

Amt Ludwig Pauli (IM „Adler“, Reg.-Nr. XV/15905/60), <strong>der</strong> Münchner Sekretärin mit dem Decknamen<br />

„Ilona“ (Reg.-Nr. XV/3980/63), die in <strong>der</strong> bayerischen Rüstungsindustrie arbeitete sowie <strong>der</strong> Agentin<br />

„Claus“, Reg.-Nr. XV/990/60. Zu „Ilona“ und „Claus“ siehe Müller-Enbergs, Helmut: Hauptverwaltung<br />

A: Aufgaben – Strukturen – Quellen. Hg. BStU (<strong>MfS</strong>-Handbuch). Berlin 2011, S. 227 u. 284.<br />

226 BStU, <strong>MfS</strong>, HV A/MD/3, SIRA-TDB 12, SE7402851, Note 3. Als Eingangsdatum ist <strong>der</strong> 26.10.1974 vermerkt,<br />

die Information kam jedoch früher bei <strong>der</strong> HV A an und floss in den Informationsbericht<br />

SA7402036 (siehe Anm. 227) ein, <strong>der</strong> vom 6.7.1974 datiert. Die Quelle war IM „Hafen“, ein Ingenieur <strong>der</strong><br />

HDW-Tochter IKL (Ingenieurkontor Lübeck). „Hafen“ wurde 1971 als knapp 61-Jähriger von <strong>der</strong> HV A<br />

angeworben. Zwischen 1973 und 1977 lieferte er 136 Informationen, zumeist über U-Boot-Technik<br />

und U-Boot-Entwicklung. BStU, <strong>MfS</strong>, HV A/MD/2, 3 u. 6, SIRA-TDB 11, 12 u. 21 sowie BStU, <strong>MfS</strong>, Bestand<br />

Rosenholz, jeweils Recherche zu Reg.-Nr. XV/354/71.<br />

227 BStU, <strong>MfS</strong>, HV A/MD/3, SIRA-TDB 12, SA7402036. Der Bericht ist im Archiv des BStU nicht überliefert.<br />

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