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(MfS) der DDR - Deutscher Bundestag

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Atombewaffnung <strong>der</strong> Bundeswehr ab und hielt eine Anerkennung <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> für denkbar, sofern<br />

bestimmte Voraussetzungen erfüllt seien und die östliche Seite Gegenleistungen erbringe – etwa<br />

die Freizügigkeit im innerdeutschen Reiseverkehr. 1189 Gegenüber Delenschke zeigte sich Kiep<br />

sehr daran interessiert, das Gespräch fortzusetzen. 1190 Doch als Kiep in den beiden folgenden<br />

Jahren konkrete Gesprächstermine vorschlug, sagte Delenschke ab. Im Juni 1967 gab er Terminschwierigkeiten<br />

an, im März 1968 sah er „gegenwärtig keine gemeinsame Basis“ für ein Gespräch.<br />

Diese Absagen erfolgten nach Absprachen mit dem <strong>MfS</strong>, das seit Sommer 1966 über diese Verbindung<br />

informiert war, sowie in Abstimmung mit dem Vizepräsidenten des Nationalrats <strong>der</strong><br />

Nationalen Front <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, Gerhard Dengler. 1191 Das <strong>MfS</strong> blockierte in diesem Falle einen interessanten<br />

Gesprächskontakt. Eine Ursache für dieses Verhalten könnte gewesen sein, dass sich<br />

das <strong>MfS</strong> unsicher darüber war, ob Kiep aus eigener Initiative heraus das Gespräch suchte, o<strong>der</strong> ob<br />

er von einer bestimmten politischen Gruppierung geschickt worden war. 1192 Möglicherweise<br />

folgte das <strong>MfS</strong> aber auch einer Weisung des SED-Zentralkomitees, das ebenfalls über den Inhalt<br />

des Gesprächs Kieps am 3. Dezember 1966 in Erfurt informiert wurde. 1193<br />

Kiep gehörte in <strong>der</strong> CDU seit den späten sechziger Jahren zu den Wegbereitern einer neuen<br />

Ostpolitik. In seinen Erinnerungen schreibt er, dass er spätestens seit 1968 die These vertreten<br />

habe, „dass eine deutsche Ostpolitik weltpolitisch und deutschlandpolitisch notwendig sei“. 1194<br />

Über seine politischen Gespräche 1966 in <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> und seine folgenden Gesprächsangebote berichtet<br />

Kiep in seinen Erinnerungen nicht. 1195 1975 führte Kiep dann in Absprache mit CDU-<br />

Generalsekretär Kurt Biedenkopf ein erstes Gespräch mit dem Leiter <strong>der</strong> Westabteilung im SED-<br />

Zentralkomitee, Herbert Häber. 1196 Daraus erwuchs, schließlich auch mit Rückendeckung <strong>der</strong><br />

CDU-Spitze, ein beständiger und vertrauensvoller Gesprächskontakt. Wie Kiep sich erinnert, traf<br />

er sich mit Häber zwischen 1975 und 1985 etwa 20-mal, und man habe auch Themen besprechen<br />

können, „die auf ‚offizieller’ Ebene tabu waren“. 1197<br />

An<strong>der</strong>s als bei Kiep ging die HV A rund 20 Jahre später bei dem CDU-Abgeordneten Michael Jung<br />

vor, als dieser in den Bezirk Erfurt einreiste. Bei Jung, <strong>der</strong> dem <strong>Bundestag</strong> von 1987 bis 1998 angehörte,<br />

legen die Rosenholz-Karteikarten die Schlussfolgerung nahe, dass die HV A seine Einreisen<br />

in den Bezirk Erfurt zu dort lebenden Verwandten dazu nutzen wollte, einen Kontakt zu ihm<br />

herzustellen. Nachdem er in den <strong>Bundestag</strong> eingezogen war, begann die HVA-Dependance im<br />

Bezirk Erfurt (Abteilung XV <strong>der</strong> <strong>MfS</strong>-Bezirksverwaltung Erfurt), sich für ihn zu interessieren. Am<br />

1189 Über das Gespräch fertigte Delenschke am 5.12.1966 einen als „Entwurf“ gekennzeichneten, neunseitigen<br />

„Bericht über das Gespräch mit dem <strong>Bundestag</strong>sabgeordneten <strong>der</strong> CDU Walther Leisler Kiep am<br />

3.12.1966 im Hotel ‚Erfurter Hof’ in Erfurt“ an. BStU, <strong>MfS</strong>, HA XX, 7602, Bl. 12–20.<br />

1190 Ebenda, Bl. 18 u. 20.<br />

1191 Siehe Vermerke von <strong>MfS</strong>-Mitarbeitern und kopierte Briefe Kieps in: ebenda, Bl. 1–3, 6–10 u. 31.<br />

1192 In seinem Gesprächsbericht vom 5.12.1966 schreibt Delenschke: „Kiep gehört offensichtlich zu einer<br />

Gruppe christlicher Politiker, die in einer Reihe von Punkten zu realistischeren Einschätzungen gekommen<br />

sind. Es ist möglich, dass er als ein Abgesandter solcher Gruppen bei uns Kontakte sucht. An<strong>der</strong>erseits<br />

sprechen [!] seine hier gezeigte Haltung [...] dafür, dass Kiep auch starke Eigeninitiative entwickelt.“.<br />

Ebenda, Bl. 20.<br />

1193 Vermerk vom 17.1.1967 über die Weitergabe eines Gesprächsberichts von <strong>der</strong> <strong>MfS</strong>-HA XX an das ZK<br />

<strong>der</strong> SED und die HV A; ebenda, Bl. 11. In den Rosenholz-Unterlagen ist Kiep seit dem 9.8.1965 für den<br />

Objektvorgang zur CDU/CSU, Reg.-Nr. XV/9826/60, erfasst.<br />

1194 Kiep, Walther Leisler: Was bleibt ist große Zuversicht. Berlin, Wien 1999, S. 37 u. a.<br />

1195 Kiep erwähnt in seinen Erinnerungen lediglich den Erfurter Arzt Winfried Müller, den er als seinen<br />

„engen Freund und ständigen Gesprächspartner [...] in <strong>DDR</strong>-Angelegenheiten“ vorstellt. Ebenda, S. 431.<br />

1196 Ebenda, S. 98–101, sowie Kiep, Walther Leisler: Brücken meines Lebens. Die Erinnerungen. München<br />

2006, insbes. S. 162–165. Siehe auch Potthoff: Die „Koalition <strong>der</strong> Vernunft“, 1995, S. 16 f.<br />

1197 Kiep: Brücken meines Lebens, 2006, insbes. S. 160–166 u. 173–176, Zitat 162. Das erste Treffen Kieps mit<br />

Häber war in <strong>der</strong> CDU-Führung noch auf starke Vorbehalte gestoßen. Ebenda, S. 165.<br />

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