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(MfS) der DDR - Deutscher Bundestag

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1987/88 mindestens viermal in Ostberlin mit bekannten Oppositionellen. Die Bundesministerin<br />

für innerdeutsche Beziehungen, Dorothee Wilms, war seit 1986 viermal in die <strong>DDR</strong> gekommen.<br />

Der SPD-Abgeordnete Freimut Duve reiste nur im Jahre 1988 schon viermal in die <strong>DDR</strong>, wo er<br />

sich ebenfalls mit Oppositionellen traf. Bei den übrigen Abgeordneten verzeichnete das <strong>MfS</strong> weniger<br />

<strong>DDR</strong>-Reisen. 1172 Alle zwölf Abgeordneten protestierten damals gegen die Repressionen in<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong>. Das <strong>MfS</strong> empfahl als Reaktion hierauf, gegen sie alle, mit Ausnahme von Dorothee<br />

Wilms und Uwe Ronneburger, vorübergehende Einreisesperren zu verhängen. 1173<br />

Bereits im Mai 1988 war eine Einreise <strong>der</strong> Arbeitsgruppe „Deutschlandpolitik und Berlin-<br />

Fragen“ <strong>der</strong> CDU/CSU-Fraktion in die <strong>DDR</strong> abgelehnt worden, konnte aber Ende August 1988<br />

trotz Bedenken des <strong>MfS</strong> nachgeholt werden. In den <strong>MfS</strong>-Unterlagen liest sich das so:<br />

304<br />

„Die für Mai 1988 geplante Einreise von ‚Spinner VI’, [...] wurde vom Ministerium für Auswärtige<br />

Angelegenheiten wegen <strong>der</strong> zu erwartenden relevanten politischen Aktivitäten abgelehnt.<br />

Es muss davon ausgegangen werden, dass diese Zielstellung auch mit <strong>der</strong> jetzigen Reiseabsicht<br />

verfolgt wird.“ 1174<br />

Schon im Mai 1987 bereitete Eduard Lintner dem <strong>MfS</strong> Schwierigkeiten. Damals sollte <strong>der</strong><br />

Deutschlandfunk-Journalist Karl Wilhelm Fricke die Arbeitsgruppe „Deutschlandpolitik und<br />

Berlin-Fragen“ bei ihrer Reise durch die <strong>DDR</strong> begleiten. Fricke war wegen seiner <strong>DDR</strong>-kritischen<br />

Berichterstattung 1955 vom <strong>MfS</strong> aus Westberlin entführt worden und blieb bis 1959 in <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

inhaftiert. Noch in den achtziger Jahren galt er dem <strong>MfS</strong> als einer <strong>der</strong> „aggressivsten publizistischen<br />

[...] Vertreter <strong>der</strong> ideologischen Diversion gegen die <strong>DDR</strong>“. 1175 Das <strong>MfS</strong> hatte mit Frickes<br />

kritischer und zugleich fundierter und sachlicher <strong>DDR</strong>-Kritik große Probleme. Gegen ihn bestand<br />

eine ständige Einreisesperre in die <strong>DDR</strong>, die aber „auf zentrale Entscheidung“ hin von den<br />

<strong>DDR</strong>-Behörden seit 1976 häufig ausgesetzt wurde. So durfte Fricke schließlich auch mit Lintners<br />

Reisegruppe Ende Mai 1987 in die <strong>DDR</strong> einreisen, obwohl das <strong>MfS</strong> <strong>der</strong> Partei- und Staatsführung<br />

im Vorfeld empfohlen hatte, ihm die Einreise zu verweigern. 1176<br />

Am 4. Dezember 1987 beabsichtigten die SPD-Abgeordneten Jürgen Schmude, Horst Sielaff und<br />

Gert Weisskirchen, nach Ostberlin einzureisen und mit Manfred Stolpe, Rainer Eppelmann,<br />

Wolfgang Schnur und an<strong>der</strong>en über die aktuelle Lage <strong>der</strong> evangelischen Kirche in <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> sowie<br />

<strong>der</strong> oppositionellen Gruppen zu sprechen. Während Schmude und Sielaff einreisen durften, ver-<br />

1172 <strong>MfS</strong>, ohne Datum: Hinweis zum Auftreten von 12 Abgeordneten des <strong>Bundestag</strong>es <strong>der</strong> BRD in <strong>der</strong> auf<br />

Antrag <strong>der</strong> CDU/CSU-Fraktion am 13. Oktober 1988 im <strong>Bundestag</strong> stattgefundenen „Aktuellen Stunde“;<br />

BStU, <strong>MfS</strong>, ZAIG, 27818, Bl. 277–284. Bei den übrigen Rednern dieser „aktuellen Stunde“ handelte<br />

es sich um Wilfried Böhm (CDU), Dieter Haack (SPD; das <strong>MfS</strong> nannte statt Dieter Haack hier irrtümlich<br />

den SPD-Abgeordneten Karl Hermann Haack), Heinrich Lummer (CDU), Horst Niggemeier (SPD),<br />

Gerhard Reddemann (CDU), Herbert Werner (CDU).<br />

1173 BStU, <strong>MfS</strong>, ZAIG, 27818 (wie Anm. 1172), Bl. 284. In beson<strong>der</strong>en Fällen, etwa wenn die Genannten in<br />

Diplomatenfahrzeugen einreisten o<strong>der</strong> sie nur von Westberlin zum <strong>DDR</strong>-Flughafen Schönefeld fuhren,<br />

sollten Einreisen weiterhin möglich sein. Siehe hierzu die Festlegungen <strong>der</strong> HA VI, Abt. Objektsicherung<br />

und Tourismus, vom 21. und 24.10.1988 in: BStU, <strong>MfS</strong>, HA VI, 2675, Bl. 5–9. Da das <strong>MfS</strong> den<br />

SPD-Abgeordneten Dieter Haack, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> „Aktuellen Stunde“ sprach, mit seinem Fraktionskollegen<br />

Karl Hermann Haack verwechselte (siehe Anm. 1172), wurde Karl Hermann Haack auf die Liste <strong>der</strong>er<br />

gesetzt, die nicht o<strong>der</strong> nur in Ausnahmesituationen in die <strong>DDR</strong> einreisen durften; BStU, <strong>MfS</strong>, HA VI,<br />

2675, Bl. 7.<br />

1174 <strong>MfS</strong>, HA VI, 25.8.1988: Information über die beabsichtigte Einreise von Persönlichkeiten <strong>der</strong> Kategorie<br />

I gemäß <strong>der</strong> 2. Durchführungsbestimmung zur Dienstanweisung 3/75 des Genossen Minister; BStU,<br />

<strong>MfS</strong>, HA VI 3024, Bl. 8. Der abschließende <strong>MfS</strong>-Bericht über den Aufenthalt dieser Reisegruppe in:<br />

ebenda, Bl. 2–7.<br />

1175 <strong>MfS</strong>, 14.5.1987: Information [Nr. 192/87] über Pläne und Aktivitäten im Zusammenhang mit <strong>der</strong> vorgesehenen<br />

touristischen Einreise <strong>der</strong> Arbeitsgruppe „Deutschlandpolitik und Berlinfragen“ <strong>der</strong><br />

CDU/CSU-<strong>Bundestag</strong>sfraktion vom 25. bis 28. Mai 1987 in die <strong>DDR</strong>; BStU, <strong>MfS</strong>, ZAIG 3589, Bl. 1–3, hier<br />

2. Diese Information ging unter an<strong>der</strong>em an Erich Honecker und Egon Krenz.<br />

1176 Ebenda, Bl. 3. Siehe auch Fricke, Karl Wilhelm: Akten-Einsicht. Rekonstruktion einer politischen Verfolgung.<br />

Berlin 1995, darin S. 182–234 zu Frickes Einreisen in die <strong>DDR</strong>; Fricke reiste in den 1980er Jahren<br />

viermal mit <strong>der</strong> Arbeitsgruppe „Deutschlandpolitik und Berlin-Fragen“ in die <strong>DDR</strong>; ebenda, S. 206.

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