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(MfS) der DDR - Deutscher Bundestag

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Diese Fragenkataloge – Jahr für Jahr, wöchentlich und monatlich aktualisiert – gerieten in den<br />

achtziger Jahren zu regelrechten Konvoluten. Mit ihrer unerhörten Umfangserweiterung ging<br />

eine inhaltliche und psychologische Präzisierung und Vertiefung einher. Dies, kombiniert mit<br />

den technischen Möglichkeiten, versetzte die Funkaufklärung in die Lage, einen nennenswerten<br />

Beitrag zur geheimdienstlichen Informationsgewinnung zu erbringen. 1116<br />

Seit Ende <strong>der</strong> siebziger Jahre war das <strong>MfS</strong> in <strong>der</strong> Lage, westliche Telefon- und Faxanschlüsse<br />

halb- und vollautomatisch zu überwachen. Im Kern hieß das: Gespräche zu bestimmten Anschlüssen<br />

wurden automatisch aufgezeichnet, sobald die entsprechende Telefonnummer angewählt<br />

wurde. 1117 Allerdings waren dem <strong>MfS</strong> Grenzen gesetzt. Der kabelgebundene Telefonverkehr<br />

innerhalb Westdeutschlands und innerhalb Westberlins konnte – bis auf gezielte Einzelaktionen<br />

– nicht abgehört werden, son<strong>der</strong>n nur <strong>der</strong> kabelgebundene Telefonverkehr zwischen<br />

Westberlin und Westdeutschland, da er durch die <strong>DDR</strong> hindurch verlief. Telefonate, die von <strong>der</strong><br />

Deutschen Bundespost mittels Richtfunk übertragen wurden, hörte das <strong>MfS</strong> mehr o<strong>der</strong> weniger<br />

problemlos ab. Insbeson<strong>der</strong>e in die Richtfunkstrecken zwischen Westdeutschland und Westberlin<br />

konnte es sich von Stützpunkten im Innern <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> relativ leicht einschalten. Richtfunktrassen<br />

innerhalb <strong>der</strong> Bundesrepublik schöpfte das <strong>MfS</strong> mit Gerätetechnik auf diversen Funkaufklärungsstationen<br />

entlang <strong>der</strong> innerdeutschen Grenze ab. Auf diese Weise hörte das <strong>MfS</strong> beispielsweise<br />

Telefongespräche ab, die die Bundespost auf den Richtfunktrassen zwischen München im<br />

Süden und Hamburg und Hannover im Norden übertrug. 1118<br />

Das Abhören von Autotelefonen innerhalb <strong>der</strong> Bundesrepublik konnte das <strong>MfS</strong> unkompliziert<br />

bewerkstelligen. Allerdings mussten sich die Gesprächsteilnehmer in Regionen aufhalten,<br />

die von den Abhörstützpunkten des <strong>MfS</strong> an den Westgrenzen <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> und <strong>der</strong> Tschechoslowakei<br />

o<strong>der</strong> in Köln, Bonn und Düsseldorf abgedeckt werden konnten. 1119 Die <strong>MfS</strong>-Funkaufklärung<br />

war in <strong>der</strong> Lage, den Autotelefonverkehr in weiten Teilen <strong>der</strong> Bundeslän<strong>der</strong> Schleswig-Holstein,<br />

Hamburg, Nie<strong>der</strong>sachsen, Bremen, Hessen und Bayern sowie im Großraum Bonn–Köln–<br />

Düsseldorf zu erfassen. In einer Expertise aus dem Jahre 2010 heißt es dazu, dass die Autotelefone<br />

„alle[r] wichtigen Persönlichkeiten aus Politik, Militär und Wirtschaft“ in <strong>der</strong> Bundesrepublik <strong>der</strong><br />

funkelektronischen Aufklärung des <strong>MfS</strong> unterlagen. Und weiter:<br />

Phase. Alle in dieser Akte dokumentierten Telefonate wurden innerhalb Bayerns getätigt o<strong>der</strong> zumindest<br />

einer <strong>der</strong> Gesprächsteilnehmer befand sich in Bayern.<br />

1116 Siehe exemplarisch die Informationsschwerpunkte und Fragenkataloge, die für bestimmte Wochen<br />

und Monate in den Jahren 1985, 1986 und 1989 von <strong>der</strong> Hauptabteilung III formuliert wurden. Demnach<br />

sollten mittels Telefonabhören zahlreiche, konkret formulierte Fragen zu vielen Details <strong>der</strong> Bundespolitik<br />

beantwortet werden. BStU, <strong>MfS</strong>, HA III, 452, Bl. 207–353. Dasselbe für das Jahr 1987 in ebenda,<br />

HA III, 453, Bl. 1–168. Einen 186 Seiten langen, inhaltlich sehr weit gefassten Fragenkatalog von<br />

grundlegen<strong>der</strong> Bedeutung legte <strong>der</strong> Leiter <strong>der</strong> <strong>MfS</strong>-Hauptabteilung III, Horst Männchen, mit Datum<br />

vom 23.2.1983 vor. Er trug den Titel „Langfristiger Informationsbedarf für 1983 und den Zeitraum bis<br />

1985“ und deckt in 12 Kapiteln die Fragen zu etlichen Politikfel<strong>der</strong>n, zur Wirtschaft, westlichen Sicherheitsbehörden<br />

und militärischem Bereich ab. BStU, <strong>MfS</strong>, HA III, 287. Der <strong>Bundestag</strong> nimmt darin<br />

keine herausgehobene Stellung ein. Vgl. ebenda, z. B. Bl. 23 f. u. 26. Siehe auch das auf S. 292 ff. wie<strong>der</strong>gegebene<br />

Dokument „Langfristiger Informationsbedarf zum Auswertebereich ‚Politik’“.<br />

1117 Wenn ein bundesdeutscher Telefonanschluss unter <strong>der</strong> Zielkontrolle <strong>der</strong> <strong>MfS</strong>-Funküberwachung<br />

stand und von einem an<strong>der</strong>en Gesprächsteilnehmer (Gegenstelle) angerufen wurde, so hörte das <strong>MfS</strong><br />

das Telefonat in einem automatisierten Verfahren ab. Ging das Telefonat hingegen von dem zu überwachenden<br />

Anschluss aus, so wurde das Gespräch nur dann automatisch aufgezeichnet, wenn <strong>der</strong> angewählte<br />

Anschluss (Gegenstelle) ebenfalls unter Zielkontrolle stand – was häufig genug <strong>der</strong> Fall war.<br />

Das heißt, die automatische Überwachung setzte immer dann ein, wenn ein zu überwachen<strong>der</strong> Anschluss<br />

angerufen wurde.<br />

1118 Schmidt: Hauptabteilung III, 2010, S. 76–84.<br />

1119 Das <strong>MfS</strong> unterhielt seit etwa Mitte <strong>der</strong> 1970er Jahre Abhörstützpunkte in <strong>der</strong> Ständigen Vertretung <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> in Bonn („Steuerung 1“), in <strong>der</strong> sowjetischen Botschaft in Bonn („Steuerung 1a“), in <strong>der</strong> Handelspolitischen<br />

Abteilung <strong>der</strong> Sowjetunion in Köln („Steuerung 1b“) und in <strong>der</strong> Handelspolitischen Abteilung<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> in Düsseldorf („Steuerung 1c“); Schmidt: Hauptabteilung III, 2010, S. 19 f., 85 f. u. 106 f.<br />

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