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(MfS) der DDR - Deutscher Bundestag

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mokratischen Alternativpolitik zu kanalisieren. Die fortschrittlichen Kräfte, zu denen Verbindung<br />

besteht, werden darauf orientiert, innerhalb <strong>der</strong> Sozialdemokratie wirksam zu werden<br />

und sich nicht von <strong>der</strong> proimperialistischen Führung hinausdrängen zu lassen. [...] Es<br />

werden Maßnahmen zur Koordinierung <strong>der</strong> Möglichkeiten <strong>der</strong> in diesem Bereich wirkenden<br />

Linien <strong>der</strong> Aufklärung und offensiven Abwehr empfohlen. Der Katalog wurde vom Stellvertreter<br />

des Ministers, Gen. Generalleutnant Wolf, bestätigt.“ 64<br />

Ein Redemanuskript des Co-Autors Gailat bietet weitere Einblicke in den Inhalt dieses Katalogs.<br />

65 Er enthielt praktische Anregungen, wie eine Spaltung zwischen SPD-Führung und Basis<br />

herbeigeführt werden könnte. Die HV A strebte danach, mittels Desinformationen „Emotionen<br />

gegen die Parteiführung zu erzeugen“. 66 Hierfür war sie auf Insi<strong>der</strong>informationen aus <strong>der</strong> SPD<br />

angewiesen. Ferner zeigte <strong>der</strong> Katalog, wie die „fortschrittlichen Kräfte“ innerhalb <strong>der</strong> SPD offen<br />

o<strong>der</strong> verdeckt im Sinne <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> politisch beeinflusst werden sollten. Vereinzelt sollten IM als<br />

Einflussagenten wirken. In ihren öffentlichen Auftritten sollten diese Einflussagenten dahingehend<br />

argumentieren, dass sie sich „aus <strong>der</strong> Sorge um die Partei“ gegen die Führung stellten. Ferner<br />

empfahl <strong>der</strong> Katalog, die Möglichkeiten des Organisationsstatuts und des Parteiengesetzes<br />

auszunutzen. Der Katalog zielte offenbar auf die Schaffung einer „Plattform“, einer gezielten Zusammenführung<br />

<strong>der</strong> „fortschrittlichen“ Sozialdemokraten, die nach außen nicht als solche erkennbar<br />

sein durfte. Auch die Einflussagenten sollten „aus konspirativen Gründen [...] keine<br />

Kenntnis <strong>der</strong> gesamten Plattform [erhalten], son<strong>der</strong>n nur einzelner Abschnitte“. Dadurch sollte<br />

vermieden werden, „dass sie sich in ihrem politischen Auftreten erkennen und Querverbindungen<br />

herstellen“. 67 Der Katalog regte außerdem eine „effektive Öffentlichkeitsarbeit“ an, „um die<br />

politisch-ideologische Verwirrung unter den oppositionellen Kräften überwinden zu helfen und<br />

auch, um ihren organisatorischen Zusammenschluss zu för<strong>der</strong>n“. 68 Die Verfasser des Katalogs<br />

waren sich letztlich bewusst darüber, dass sie mit ihren verdeckten Mitteln und Methoden nur<br />

sehr begrenzt Einfluss nehmen konnten. In diesem Sinne notierte Co-Autor Gailat: „[Der] Erfolg<br />

<strong>der</strong> Maßnahmen hängt wesentlich davon ab, inwieweit es gelingt, profilierte Persönlichkeiten<br />

aus den Reihen <strong>der</strong> Sozialdemokratie für solche Initiativen zu gewinnen.“ 69<br />

Die „Rosenholz“-Unterlagen geben hier kaum weiteren Aufschluss. Sie zeigen, dass sich die HV A<br />

mit ihren speziellen Mitteln und Methoden allen drei Strömungen zuwandte. Fast alle <strong>der</strong> hier<br />

erwähnten Politiker waren in irgendeiner Weise bei <strong>der</strong> HV A registriert. 70<br />

Eine an<strong>der</strong>e <strong>MfS</strong>-Dissertation, in <strong>der</strong> eine HVA-Aktion („aktive Maßname“) gegen die Unionsparteien<br />

beschrieben wurde, fehlt in Gänze im Archivbestand des BStU. Diese Arbeit, 1976 von dem<br />

Lehrstuhlinhaber an <strong>der</strong> HVA-Schule Henri Weiße verfasst, hatte den Titel: „Die Entlarvung <strong>der</strong><br />

entspannungsfeindlichen antidemokratischen und sozialreaktionären Grundhaltung und Politik<br />

<strong>der</strong> CDU/CSU in <strong>der</strong> BRD durch eine aktive Maßnahme des <strong>MfS</strong>“. 71 An<strong>der</strong>s als Kurt Gailat konnte<br />

Henri Weiße nicht auf eigene einschlägige Erfahrungen zurückgreifen. Seit er 1958 zum <strong>MfS</strong><br />

kam, unterrichtete er bis 1989 fast durchgängig an <strong>der</strong> Schule <strong>der</strong> HV A. 72<br />

64 Ebenda, Bl. 408.<br />

65 Gailat, Kurt: Autorenreferat. Thema: Der Kampf um die Durchsetzung demokratischer Entwicklungsprozesse<br />

in Westdeutschland sowie die politisch-operativen Aufgaben zur För<strong>der</strong>ung und Formierung<br />

fortschrittlicher sozialer Kräfte und politischer Plattformen [1970]; BStU, <strong>MfS</strong>, JHS 94, Bl. 56–65. Es<br />

handelte sich hier vermutlich um den Vortrag Gailats anlässlich <strong>der</strong> Verteidigung seiner Dissertation<br />

an <strong>der</strong> <strong>MfS</strong>-Hochschule Potsdam am 23.1.1970.<br />

66 Ebenda, Bl. 58 f.<br />

67 Ebenda, Bl. 61 f.<br />

68 Ebenda, Bl. 63.<br />

69 Ebenda, Bl. 64.<br />

70 Siehe hierzu detailliert Kapitel C. 2. des vorliegenden Gutachtens, S. 162 ff.<br />

71 Der Titel <strong>der</strong> Dissertation ist nachgewiesen in: Förster: Die Dissertationen an <strong>der</strong> „Juristischen Hochschule“,<br />

S. 71. Nach Förster, S. 3 u. 45, sind von den 174 bekannten <strong>MfS</strong>-Dissertationen 155 im Archivbestand<br />

des BStU vorhanden.<br />

72 Selbst verfasster Lebenslauf des <strong>MfS</strong>-Oberstleutnants Henri Weiße, 1.11.1976, in: BStU, <strong>MfS</strong>, JHS MF<br />

940, S. 8 f. Siehe ferner BStU, <strong>MfS</strong>, HA KuSch/AKG-KA HM Henri Weiße (Ka<strong>der</strong>karteikarte). Nur von

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