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(MfS) der DDR - Deutscher Bundestag

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Doch über Donhauser weiß man mehr, weil Heim ihn gegenüber den bundesdeutschen Behörden<br />

1959 als HVA-Agenten enttarnte. 1960 verurteilte ihn <strong>der</strong> Bundesgerichtshof zu einer<br />

neunmonatigen Gefängnisstrafe, setzte sie aber zur Bewährung aus. 996 Donhauser, so ergaben die<br />

damaligen Ermittlungen, hatte sich für die Bayernpartei erheblich verschuldet, was die HV A<br />

1955 für eine geheimdienstliche Ansprache ausnutzte. Er verhielt sich angeblich jedoch zunächst<br />

ablehnend. Erst ab Herbst 1957, als sein <strong>Bundestag</strong>smandat gerade ausgelaufen war, will er demnach<br />

<strong>der</strong> HV A Informationen aus <strong>der</strong> Bayernpartei und <strong>der</strong> CSU geliefert und über einzelne Politiker<br />

wie den Finanz- bzw. Justizminister Fritz Schäffer und Verteidigungsminister Franz Josef<br />

Strauß berichtet haben. Als seinerzeitiges ordentliches Mitglied in den <strong>Bundestag</strong>sausschüssen<br />

für Verkehr sowie für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht verfügte er nicht über beson<strong>der</strong>s<br />

interessierende Informationszugänge. Sein Amt als stellvertretendes Mitglied des Innenausschusses<br />

legte er am 20. Januar 1956 nie<strong>der</strong>.<br />

Der Name Donhauser nebst seinem Decknamen „Döllinger“ findet sich auch in einer Übersicht<br />

vom 18. Dezember 1959, in <strong>der</strong> die HV A 28 ihrer Agenten auflistete, die infolge <strong>der</strong> Flucht<br />

Heims in <strong>der</strong> Bundesrepublik verhaftet wurden. 997 Nähere Angaben über Donhausers Tätigkeit<br />

für das <strong>MfS</strong> enthält die Akte zu Heim nicht.<br />

Der MdB Oskar Wacker ist bei <strong>der</strong> HV A in einem IMA-Vorgang mit <strong>der</strong> Registriernummer<br />

XV/18896/60 verzeichnet. Unter <strong>der</strong>selben Registriernummer wurde zuvor bereits Jost Bie<strong>der</strong>mann<br />

erfasst. Wacker wurde also lediglich hinzuregistriert, während Bie<strong>der</strong>mann <strong>der</strong> IM war.<br />

Soweit ist <strong>der</strong> Fall sowohl in <strong>der</strong> Karteikartenerfassung wie auch in <strong>der</strong> Aktenüberlieferung eindeutig.<br />

Die Namenskarteikarte zu Wacker vom 2. März 1956 führt Helmut Schwarz, einen Untergebenen<br />

Heims, als zuständigen HVA-Mitarbeiter an; die Namenskarteikarte zu Bie<strong>der</strong>mann<br />

vom 27. November 1953 hatte Heim selbst unterschrieben. 998<br />

Merkwürdig ist nur, dass Bie<strong>der</strong>mann in seinen Aktenaufzeichnungen keinerlei Kontakte zu<br />

Wacker erwähnt. Die Karteikartenerfassungen legen nahe, dass Bie<strong>der</strong>mann insbeson<strong>der</strong>e auf<br />

Wacker angesetzt war, weil beide im gleichen Aktenvorgang registriert waren. Die überlieferten<br />

Akten einschließlich <strong>der</strong> darin enthaltenen Aufzeichnungen Bie<strong>der</strong>manns belegen hingegen<br />

Kontakte zu mehreren Abgeordneten, nur nicht zu Wacker.<br />

Ebenso inkonsequent erscheint die Karteikartenerfassung jener Abgeordneten, zu denen Bie<strong>der</strong>mann<br />

nachweislich Gesprächskontakte aufbaute. Denn von diesen Abgeordneten ist, laut<br />

Karteikarte F 16, nur Hugo Mayer anfänglich im Vorgang Bie<strong>der</strong>manns erfasst. Diese Eigenheiten<br />

erschweren, zumindest für den Zeitraum <strong>der</strong> fünfziger Jahre, die Interpretation <strong>der</strong> Karteikartenerfassungen.<br />

Auf den Karteikarten F 16 wurde jeweils vermerkt, welcher hauptamtliche Mitarbeiter die Karteikarte<br />

anlegte bzw. den betreffenden Abgeordneten erfasste. Aber es ist nicht o<strong>der</strong> nur sehr<br />

eingeschränkt möglich, über den Namen eines hauptamtlichen Mitarbeiters Agentenringe o<strong>der</strong><br />

Vorgänge zusammenzustellen. So bildete zwar <strong>der</strong> gesamte Agentenring um Bie<strong>der</strong>mann und<br />

seine Mitarbeiter innerhalb des von Heim geleiteten Referats eine Einheit. Die Karteikarten F 16<br />

(Namenskartei) zu Bie<strong>der</strong>mann und fünf seiner Mitarbeiter wurden jedoch von unterschiedlichen<br />

HVA-Offizieren angelegt. Auf den Karteikarten von Bie<strong>der</strong>mann und Gorzynski erscheint<br />

Max Heim als zuständiger HVA-Mitarbeiter, bei drei an<strong>der</strong>en sind es Heims Mitarbeiter Helmut<br />

Schwarz und Heinz Lehmann und einmal Kurt Fricke, <strong>der</strong> als Abteilungsleiter <strong>der</strong> unmittelbare<br />

996 BGH, Urteil v. 21.9.1960 – Az. 6 St E 2/60, S. 3–9; BA Koblenz, B 362/5697, Bl. 265–272. Heim trat im<br />

Prozess gegen Donhauser als Zeuge auf. Vgl. ebenda, S. 9 bzw. Bl. 269. Zum Übertritt Heims vgl. auch<br />

Neubert: Ein politischer Zweikampf, 2002, S. 85–87, sowie Müller-Enbergs: IM in <strong>der</strong> Bundesrepublik,<br />

1998, S. 246, Anm. 1083. Zu Donhauser vgl. ferner Schumacher (Hg.): M.d.B., 2000, S. 77; Der Spiegel<br />

13(1959)25 v. 17.6.1959, S. 66: Personalien: Anton Donhauser; Munzinger-Archiv/Internationales Biographisches<br />

Archiv 12/61: Anton Donhauser, fr. Politiker.<br />

997 „Übersicht über die Verhafteten und bisher abgeurteilten“ (wie Anm. 935).<br />

998 BStU, <strong>MfS</strong>, Bestand Rosenholz, Recherche zu Reg.-Nr. XV/18896/60. Auf <strong>der</strong> Karteikarte F 16 zu Bie<strong>der</strong>mann<br />

sind noch die alten Vorgangsnummern 609 und 623 angeführt, auf <strong>der</strong> von Wacker noch die<br />

Vorgangsnummer 623.<br />

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