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(MfS) der DDR - Deutscher Bundestag

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Abteilungen“ verfügten, systematisch für die geheimdienstliche Tätigkeit gegen die Bundesrepublik<br />

zu nutzen. In großem Umfang habe die HV A beispielsweise inoffizielle Mitarbeiter in <strong>der</strong><br />

Ost-CDU, beginnend mit <strong>der</strong> Leitungsebene, angeworben, um sie für die Spionage gegen die<br />

westdeutsche CDU einzusetzen. Ebenso sollte die „Westabteilung <strong>der</strong> LDP“ zur Spionage gegen<br />

die FDP benutzt werden. Für die Spionage gegen die SPD nutze die HV A verschiedene <strong>DDR</strong>-<br />

Institutionen. 933<br />

Die Tätigkeit Max Heims und seines Referats gegen die CDU/CSU sowie gegen <strong>Bundestag</strong>sabgeordnete<br />

<strong>der</strong> Union kann anhand dreier Aktenüberlieferungen genauer nachvollzogen werden.<br />

Erstens liegen die „Rosenholz“-Karteikarten zu sieben <strong>Bundestag</strong>sabgeordneten vor, die sich<br />

auf Vorgänge beziehen, in denen Max Heim ausdrücklich als zuständiger Mitarbeiter genannt ist:<br />

zu den Abgeordneten Josef Baumgartner (Bayernpartei), Johannes Brockmann (Zentrum), Anton<br />

Donhauser (1949 Bayernpartei, 1952 CSU), Ernst Müller-Hermann (CDU), Hugo Scharnberg<br />

(CDU), Franz Josef Strauß (CSU) und Oskar Wacker (CDU). Bei diesen Abgeordneten kann man<br />

davon ausgehen, dass sich das CDU-Referat <strong>der</strong> HV A in den fünfziger Jahren mit ihnen befasst<br />

hatte.<br />

Zweitens existiert noch die Akte des <strong>DDR</strong>-IM Jost Bie<strong>der</strong>mann, <strong>der</strong> von Max Heim angeworben<br />

wurde und im Auftrag <strong>der</strong> HV A Kontakte zu mehreren <strong>Bundestag</strong>sabgeordneten <strong>der</strong> CDU<br />

und des Zentrums aufbaute und versuchte, sie „abzuschöpfen“. Im Einzelnen handelte es sich um<br />

Paul Bock (CDU), Ernst von Bodelschwingh (CDU), Hellmuth Heye (CDU), Anton Hilbert (CDU),<br />

Walter Kühlthau (CDU), Hugo Mayer (CDU), Robert Pferdmenges (CDU), Hermann Pün<strong>der</strong><br />

(CDU), Josef Rösing (Zentrum, seit 1954 CDU) und Rudolf Vogel (CDU).<br />

Drittens gibt es im Archiv des BStU den Operativen Vorgang (OV) „Gegenschlag“. In diesem<br />

Vorgang bearbeitete das <strong>MfS</strong> Max Heim. Der Vorgang wurde am 20. Mai 1959, vier Tage nach<br />

dessen Flucht, eröffnet und erst am 28. Januar 1988 geschlossen. 934 Heims Flucht beschäftigte das<br />

<strong>MfS</strong> fast 30 Jahre lang. Im OV „Gegenschlag“ befindet sich unter an<strong>der</strong>em eine Liste mit den Namen<br />

von 28 Personen, die Max Heim als IM des <strong>MfS</strong> in <strong>der</strong> Bundesrepublik enttarnte. 935 Unter<br />

diesen 28 Personen befand sich auch Anton Donhauser, <strong>der</strong> dem <strong>Bundestag</strong> von 1949 bis 1957<br />

angehörte. Bei einigen an<strong>der</strong>en dieser 28 Personen kann man mithilfe <strong>der</strong> „Rosenholz“-<br />

Unterlagen erkennen, dass die HV A sie mit bestimmten <strong>Bundestag</strong>sabgeordneten in Verbindung<br />

brachte. Die drei betroffenen CDU-Abgeordneten, an die die HV A offenbar Agenten heranschleusen<br />

wollte, waren Horst Haasler, Elfriede Hamelbeck (seit 1959 trug sie den Familiennamen<br />

Klemmert) und Heinrich Lübke.<br />

Die vorliegende Fallstudie führt die „Rosenholz“-Unterlagen mit den Akten des <strong>DDR</strong>-IM Jost<br />

Bie<strong>der</strong>mann und des OV „Gegenschlag“ zusammen. Sie schil<strong>der</strong>t nicht nur ein Kapitel innerdeutscher<br />

Spionagegeschichte, son<strong>der</strong>n bietet exemplarisch eine aktengestützte Interpretation <strong>der</strong><br />

frühen „Rosenholz“-Karteien.<br />

2.8.2. Die <strong>DDR</strong>-CDU als Instrument <strong>der</strong> HVA-Spionage: <strong>Bundestag</strong>sabgeordnete in <strong>der</strong><br />

IM-Akte Jost Bie<strong>der</strong>mann<br />

Jost Bie<strong>der</strong>mann, Funktionär <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>-CDU, wurde am 10. März 1954 von Max Heim und seinem<br />

Vorgesetzten, dem Leiter <strong>der</strong> Hauptabteilung I <strong>der</strong> HV A, Herbert Hentschke, als IM 936 angeworben.<br />

Er trug zunächst den Decknamen „Bin<strong>der</strong>“ und verpflichtete sich schriftlich und aus Überzeugung<br />

zur Zusammenarbeit. Zugleich gewährte ihm die HV A ein zusätzliches monatliches<br />

933 Bulletin des Presse- und Informationsamtes <strong>der</strong> Bundesregierung, 6.6.1959, Nr. 100, S. 981; vorhanden<br />

in: BStU, <strong>MfS</strong>, GH 7/88, Bd. 3, Bl. 237.<br />

934 BStU, <strong>MfS</strong>, GH 7/88, Bd. 1, Bl. 8–10, Bd. 2, Bl. 3 f. u. 220. Heim erlebte das Ende <strong>der</strong> HV A 1990 unversehrt.<br />

935 Abteilung II [<strong>der</strong> HV A], 18.12.1959: Übersicht über die Verhafteten und bisher abgeurteilten; BStU,<br />

<strong>MfS</strong>, GH 7/88, Bd. 3, Bl. 102–105. Im vorangestellten Inhaltsverzeichnis wird diese Liste bezeichnet als<br />

„Übersicht über verhaftete IM aufgrund des Verrats von Max Heim v. 18.12.59“; ebenda, Bl. 101.<br />

936 Damalige Bezeichnung: GM = Geheimer Mitarbeiter.<br />

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