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(MfS) der DDR - Deutscher Bundestag

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IM gewesen, „son<strong>der</strong>n einer <strong>der</strong> zahlreichen politischen Kontaktpersonen des ZK <strong>der</strong> SED“. 896<br />

Gegen diese Behauptung sprechen neben den Erkenntnissen <strong>der</strong> Ermittlungsbehörden jedoch<br />

die Menge <strong>der</strong> von Flämig übergebenen Informationen, ihr Inhalt und ihre Art. Von den 957 verzeichneten<br />

Informationseingängen waren 482 dokumentarischer Art: Es handelte sich um ausgehändigte<br />

Schriftstücke. Darunter befand sich beispielsweise ein Brief des CSU-Abgeordneten<br />

und Mitglieds des Auswärtigen Ausschusses, Karl Theodor zu Guttenberg, an den Ausschussvorsitzenden<br />

Gerhard Schrö<strong>der</strong> vom 24. März 1970. Guttenberg äußerte sich darin zu den beginnenden<br />

Verhandlungen <strong>der</strong> Bundesrepublik mit <strong>der</strong> Sowjetunion. 897 Ferner befanden sich darunter<br />

zwischen 1976 und 1979 mehrere Sitzungsprotokolle des <strong>Bundestag</strong>sausschusses für Forschung<br />

und Technologie, dem Flämig angehörte. 898 Als „beson<strong>der</strong>s wertvoll“ (Note 1) schätzte die HV A<br />

im Dezember 1977 „Materialien des Innenausschusses des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es von September<br />

1977 zu Fragen <strong>der</strong> Entsorgung von Kernkraftwerken“ und im Mai 1978 „Material des Bundesministers<br />

des Innern vom 14.4.78 über Schutzmaßnahmen im Bereich kerntechnischer Sicherheit<br />

und Strahlenschutz gegen Terroranschläge“ ein. 899 Flämig lieferte nicht nur Dokumente<br />

aus dem <strong>Bundestag</strong>, son<strong>der</strong>n in noch größerem Umfang aus dem Bereich <strong>der</strong> Atomindustrie und<br />

aus dem Europaparlament. Außerdem berichtete er über Sitzungen <strong>der</strong> SPD-<strong>Bundestag</strong>sfraktion<br />

sowie <strong>der</strong>en Arbeitskreis I und SPD-Interna. 900<br />

Nur drei Jahre, von 1969 bis 1972, gehörte <strong>der</strong> baden-württembergische CDU-Politiker Julius<br />

Steiner dem <strong>Bundestag</strong> an. Man kann ihn als den bekanntesten und einflussreichsten Hinterbänkler<br />

bezeichnen, <strong>der</strong> bislang im <strong>Bundestag</strong> saß. Seit <strong>der</strong> Jahresmitte 1973 und seit Steiners<br />

damaliger Selbstbezichtigung geht man allgemein davon aus, dass er sich im April 1972 für<br />

50 000 DM vom <strong>MfS</strong> kaufen ließ, um das konstruktive Misstrauensvotum zu Fall zu bringen, mit<br />

dem <strong>der</strong> damalige CDU/CSU-Oppositionsführer Rainer Barzel Bundeskanzler Willy Brandt stürzen<br />

wollte. 901<br />

Die <strong>MfS</strong>-Unterlagen zu Julius Steiner geben keine Hinweise auf seine damalige Rolle. Die<br />

HV A erfasste Steiner erstmals um 1960 in dem IMA-Vorgang „Theodor“. 902 Hauptperson dieses<br />

Vorgangs war Gottfried Griesmayr, ein früherer Ideologe <strong>der</strong> NS-Reichsjugendführung. 903 Au-<br />

896 http://de.wikipedia.org/wiki/Gerhard_Fl%C3%A4mig (Stand: 27.12.2011).<br />

897 BStU, <strong>MfS</strong>, HV A/MD/3, SIRA-TDB 12, SE7003299 (Note 3). Flämig gehörte dem Auswärtigen Ausschuss<br />

von 1969 bis 1972 (mit einer kurzen Unterbrechung im Frühjahr 1972) als stellvertretendes Mitglied<br />

an. In dieser Eigenschaft nahm er an 26 <strong>der</strong> 66 Ausschusssitzungen teil. Siehe hierzu Der Auswärtige<br />

Ausschuß des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es. Sitzungsprotokolle 1969–1972. Eingeleitet von Wolfgang<br />

Hölscher, bearbeitet von Joachim Wintzer und Wolfgang Hölscher. Erster Halbband. Düsseldorf 2007,<br />

S. XXXI, CXXV.<br />

898 BStU, <strong>MfS</strong>, HV A/MD/3, SIRA-TDB 12, SE7602923 (Note 3), SE7602036 (Note 2), SE7605302 (Note 2),<br />

SE7721940, SE7721941, SE7905463. In den 3 zuletzt genannten Eingangsinformationen (jeweils Note 2)<br />

sind die übergebenen Protokolle von 11 Ausschusssitzungen <strong>der</strong> Jahre 1977 bis 1979 zusammengefasst.<br />

899 BStU, <strong>MfS</strong>, HV A/MD/3, SIRA-TDB 12, SE7722268, SE7804919.<br />

900 BStU, <strong>MfS</strong>, HV A/MD/2, 3 u. 5, SIRA-TDB 11, 12 u. 14, Einträge zu Reg.-Nr. XV/750/66. Nachdem Flämig<br />

im Herbst 1980 aus dem <strong>Bundestag</strong> ausschied, sank auch <strong>der</strong> Wert <strong>der</strong> von ihm gelieferten Informationen,<br />

sie erzielten fast nur noch die Noten 3 und 4. Siehe auch die in Kapitel C. 1. dieses Gutachtens<br />

erwähnten Informationslieferungen Flämigs bzw. „Walter“. Siehe ferner die kurze Erwähnung in<br />

Knabe, Hubertus: Die unterwan<strong>der</strong>te Republik, 1999, S. 48 f. und den dortigen Verweis auf die Darstellung<br />

in Markus Wolfs Erinnerungen.<br />

901 Ausführlicher hierzu im Kapitel C. 3. („Aktive Maßnahmen“) in diesem Gutachten.<br />

902 BStU, <strong>MfS</strong>, Bestand Rosenholz sowie BStU, <strong>MfS</strong>, HV A/MD/6, SIRA-TDB 21, Recherche zu Reg.-Nr.<br />

XV/2238/60. Steiner wird auf <strong>der</strong> Karteikarte F 16 als CDU-Mitglied und Vorsitzen<strong>der</strong> des Landesverbands<br />

Württemberg-Hohenzollern <strong>der</strong> Jungen Union geführt.<br />

903 In <strong>der</strong> Karteikarte F 16 trug die HV A Griesmayrs Funktion als Vorstandsmitglied des BHE und seinen<br />

Beruf als Außenmitarbeiter einer Versicherung in Stuttgart ein. Seine NS-Vergangenheit kam auf <strong>der</strong><br />

Karteikarte nicht vor. Tatsächlich war Griesmayr, Jahrgang 1912, führen<strong>der</strong> Funktionär in <strong>der</strong> Hitler-<br />

Jugend gewesen, zuletzt von 1942 bis 1945 Chef des Amtes für Weltanschauliche Schulung in <strong>der</strong> NS-<br />

Reichsjugendführung. Zur <strong>Bundestag</strong>swahl 1957 kandidierte er erfolglos für den BHE, 1972 trat er <strong>der</strong><br />

SPD bei. Zu Griesmayr siehe Becker, Alexan<strong>der</strong>; Kokhaviv, Baraq: Horst Lummert in kulikri 1973 bis<br />

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