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(MfS) der DDR - Deutscher Bundestag

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cken“ neben Merker auch auf an<strong>der</strong>e Personen angesetzt war, während in den Akten festgehalten<br />

ist, dass „Brocken“ insbeson<strong>der</strong>e auch mit dem nordrhein-westfälischen FDP-Landtagsabgeordneten<br />

von 1975 bis 1980, Jürgen Hinrichs, Kontakte pflegen sollte. 581 Insgesamt zeigen<br />

die Akten des IMA-Vorgangs „Brocken“, dass die Erfassungen in den „Rosenholz“-Karteien nicht<br />

grundlos erfolgten, sie jedoch nur einen begrenzten Ausschnitt des betreffenden Vorgangs wi<strong>der</strong>spiegeln.<br />

Im Falle des SPD-Abgeordneten Erich Meyer können die „Rosenholz“-Eintragungen ebenfalls<br />

anhand überlieferter Akten genauer interpretiert werden. Meyer, <strong>der</strong> dem <strong>Bundestag</strong> von 1949<br />

bis 1965 angehörte und in <strong>der</strong> Bundesrepublik wegen seines sozialpolitischen Engagements auch<br />

den Beinamen „Renten-Meyer“ trug, wurde am 24. Oktober 1957 von <strong>der</strong> HV A namentlich erfasst.<br />

Bereits ein Jahr zuvor, am 24. September 1956, hatte die HV A seinen in Ostberlin lebenden<br />

Schwager Erich May erfasst. Weitere Personen kommen laut „Rosenholz“ in diesem Vorgang<br />

nicht vor. 582 Die zeitliche Abfolge <strong>der</strong> beiden Karteierfassungen lässt die Schlussfolgerung zu,<br />

dass May die Hauptperson des Vorgangs ist und auf seinen Schwager angesetzt werden sollte.<br />

Wie aus <strong>der</strong> überlieferten Akte hervorgeht, wurde May jedoch erstmals am 9. Oktober 1957 vom<br />

<strong>MfS</strong> in diese Richtung angesprochen. Dem <strong>MfS</strong> war bekannt geworden, dass Meyer demnächst<br />

nach Berlin kommen würde. In Westberlin hatte er Termine als Parlamentarier, in Ostberlin bezog<br />

er Quartier bei seinem Schwager Erich May. Das SED-Mitglied May erhielt nun am 9. Oktober<br />

1957 vom <strong>MfS</strong> den Auftrag, Meyer während seines Besuchs in Ostberlin mit zwei <strong>MfS</strong>-<br />

Mitarbeitern zusammenzubringen. Dabei sollte er die <strong>MfS</strong>-Mitarbeiter bei seinem Schwager als<br />

SED-Genossen einführen. 583 So kam es zu ersten politischen Gesprächen, die Meyer fortführte,<br />

als er ziemlich genau ein Jahr später wie<strong>der</strong> in Berlin war. Dabei erfolgte jedoch schon <strong>der</strong> politische<br />

Bruch: Denn die SED-Propaganda hatte in ihren Zeitungen Neues Deutschland und Berliner<br />

Zeitung in großen Artikeln behauptet, Abgeordnete hätten die jüngste <strong>Bundestag</strong>ssitzung in<br />

Westberlin dazu genutzt, sich nebenbei in zweifelhaften Etablissements zu vergnügen. Auch<br />

Erich Meyer wurde in diesen Artikeln namentlich unterstellt, sich mehr für das Westberliner<br />

Rotlichtmilieu als für seine parlamentarischen Aufgaben zu interessieren. 584 Da Meyer jedoch die<br />

Abende nachweislich immer mit seiner Frau zugebracht hatte und häufig auch mit <strong>der</strong> Familie<br />

seines Schwagers, war offenkundig, dass er nicht in dem genannten Westberliner Nachtlokal<br />

gewesen sein konnte. Meyer schickte einen bitterbösen Brief an Hermann Axen, den damaligen<br />

Chefredakteur des Neuen Deutschland. Er führte aus, dass er sich solche verleum<strong>der</strong>ischen Artikel<br />

verbitte und seine Gespräche mit <strong>DDR</strong>-Politikern nicht fortführen werde. 585 Der Versuch <strong>der</strong><br />

581 BStU, <strong>MfS</strong>, BV Leipzig, AIM 2323/91, grüne Mappe mit aufgeklebter Archivsignatur, Bl. 17, 42 f. u. 70 f.;<br />

Hinrichs wurde demnach ohne sein Wissen mit dem Decknamen „Saturn“ versehen. Eine nähere Verbindung<br />

zu „Brocken“ kam nie zustande. Eine einzige Abschöpf-Information von „Saturn“ betreffend<br />

die „Stabilität <strong>der</strong> Bonner Regierungskoalition“ vom 24.6.1981 ist nachgewiesen in: BStU, <strong>MfS</strong>,<br />

HV A/MD/3, SIRA-TDB 12, SE8105779. In einer Notiz <strong>der</strong> Abteilung XV <strong>der</strong> BVfS Leipzig vom 2.9.1981<br />

heißt es, Hinrichs und Merker hätten Ende <strong>der</strong> 1960er Jahre an einer innerdeutschen Begegnung in Eisenach<br />

teilgenommen, bei <strong>der</strong> auch Stein anwesend gewesen sei. Danach habe die FDP Hinrichs und<br />

Merker mit einem Parteiausschlussverfahren gedroht, weil FDP-Mitglie<strong>der</strong>n solche Kontakte verboten<br />

gewesen seien. Ebenda, Bl. 42 f.<br />

582 BStU, <strong>MfS</strong>, Bestand Rosenholz sowie BStU, <strong>MfS</strong>, HV A/MD/6, SIRA-TDB 21, jeweils Recherche zu Reg.-<br />

Nr. XV/11230/60. Der IMA-Vorgang lief unter dem Decknamen „Rentner“, womit die HV A offenbar<br />

auf Meyers Beinamen „Renten-Meyer“ anspielte. Die Karteikarte F 16 zu May wurde von <strong>der</strong> Hauptabteilung<br />

II/1 <strong>der</strong> HV A angelegt, die Karteikarte F 16 zu Meyer von <strong>der</strong> Hauptabteilung I/3 <strong>der</strong> HV A.<br />

Nach <strong>der</strong> HVA-internen Umstrukturierung wurde <strong>der</strong> gesamte Vorgang bei <strong>der</strong> HVA-Abteilung II geführt.<br />

Zuständig war von 1958 bis 1962 <strong>der</strong> SPD-Experten <strong>der</strong> HV A, Kurt Gailat. Zu Gailat siehe auch<br />

S. 20.<br />

583 BStU, <strong>MfS</strong>, AIM 8653/68, Bl. 34–36.<br />

584 Neues Deutschland v. 3.10.1958, S. 8: Hetzer, Schlemmer, Lüstlinge. <strong>Bundestag</strong>sabgeordnete waten im<br />

Frontstadtsumpf. Ähnlich in <strong>der</strong> (Ost-)„Berliner Zeitung“ v. 3.10.1958, S. 2: Sitzung bei nackten Tatsachen.<br />

Im „Dorett“ wurde <strong>der</strong> <strong>Bundestag</strong> aktiv; vorhanden in: BStU, <strong>MfS</strong>, AIM 8653/68, Bl. 70 f. Siehe<br />

auch Kapitel 5.1., S. 299.<br />

585 BStU, <strong>MfS</strong>, AIM 8653/68, Bl. 68 f.; ähnlich Bl. 40 f., 65–67.<br />

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