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Beschluss - Bundeskartellamt

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3. Vergabekammer des Bundes<br />

VK 3 - 119/11<br />

…,<br />

Verfahrensbevollmächtigte:<br />

…<br />

…<br />

gegen<br />

<strong>Beschluss</strong><br />

- Antragstellerin -<br />

- Antragsgegnerin -<br />

… - Beigeladene -<br />

wegen der Vergabe „Durchführung von Sicherheitsdienstleistungen für die …, hat<br />

die 3. Vergabekammer des Bundes durch die Vorsitzende Direktorin beim <strong>Bundeskartellamt</strong><br />

Dr. Herlemann, die hauptamtliche Beisitzerin Leitende Regierungsdirektorin Brauer und den<br />

ehrenamtlichen Beisitzer Erichsen auf die mündliche Verhandlung vom 20. September 2011 am<br />

27. September 2011 beschlossen:<br />

1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.<br />

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten (Gebühren und Auslagen) des<br />

Nachprüfungsverfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung<br />

notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin sowie der Beigeladenen.


- 2 -<br />

Gründe:<br />

I.<br />

1. Die Antragsgegnerin (Ag) machte auf der e-vergabe-Plattform des Bundes die beabsichtigte<br />

Vergabe „Durchführung von Sicherheitsdienstleistungen für die …“ bekannt. Der<br />

ausgeschriebene Vertrag hat eine Laufzeit von 4 Jahren; als Vertragsbeginn ist der 1.<br />

November 2011 vorgesehen.<br />

a. In der Vergabebekanntmachung teilte die Ag mit, dass der ausgeschriebene Auftrag der<br />

Dienstleistungskategorie 27 unterfalle. In Ziffer 9 waren die Mindestbedingungen zur<br />

Beurteilung der Eignung aufgelistet. Nach Ziffer 9.b)3) waren Referenzaufträge zu<br />

benennen.<br />

In den „Besonderen Bewerbungsbedingungen und Hinweisen“ war Folgendes geregelt:<br />

„A Angebotserstellung und Nachweise<br />

(...)<br />

Dem Angebot sind die im folgenden genannten Unterlagen und Nachweise beizufügen.<br />

Es ist wie hier dargestellt zu gliedern:<br />

(...)<br />

2. Eignungsnachweise<br />

Zur Feststellung Ihrer Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit werden von<br />

Ihnen die im Folgenden aufgeführten Erklärungen und Angaben gefordert.<br />

(...)<br />

2.2 Anbieterdarstellung<br />

(...)<br />

2.3 Referenzliste<br />

Bitte fügen Sie für jedes Los, auf das Sie bieten, die zur Verfügung gestellte<br />

elektronische Liste „Referenzaufträge“ (Dateiformat excel-Datei) mit drei<br />

Dienstleistungsaufträgen bei, in deren Rahmen Ihr Unternehmen in den letzten drei<br />

Jahren eine in Art und Umfang mit der hier zu vergebenden vergleichbaren Leistung<br />

erbracht hat bzw. gegenwärtig erbringt.<br />

Eine Vergleichbarkeit der drei einzutragenden Dienstleistungsaufträge im Hinblick auf<br />

die Art der Leistung ist nur gegeben, wenn die drei einzutragenden<br />

Dienstleistungsaufträge auch alle in der Leistungsbeschreibung des/der jeweiligen<br />

Lose/s geforderten Leistungsbestandteile enthält. D.h. beispielsweise, wenn in der<br />

Leistungsbeschreibung eines oder der Lose/s eine bestimmte Qualifikation oder eine<br />

Bewachung mit Bewaffnung gefordert wird, müssen die drei einzutragenden<br />

Dienstleistungsaufträge ebenfalls diese Qualifikation oder Leistungsbestandteile<br />

umfassen.


- 3 -<br />

Eine Vergleichbarkeit der drei einzutragenden Dienstleistungsaufträge im Hinblick auf<br />

den Umfang ist insgesamt nur gegeben, wenn:<br />

- ein Dienstleistungsauftrag mindestens 75% der Jahreswachstundenzahl des/r<br />

jeweiligen Lose/s umfasst oder<br />

- zwei Dienstleistungsaufträge jeweils mindestens 60% der Jahreswachstundenzahl<br />

des/r jeweiligen Lose/s umfasst und<br />

- alle drei einzutragenden Dienstleistungsaufträge zum Zeitpunkt des Ablaufs der<br />

Angebotsfrist mindestens ein Jahr angedauert haben.<br />

(...)<br />

(Ausschlusskriterium)<br />

(...)<br />

2.7 Waffenbesitzkarte und Waffenschein<br />

Nur sofern in der Leistungsbeschreibung gefordert:<br />

Nachweis einer Waffenbesitzkarte und eines Waffenscheins<br />

(Ausschlusskriterium)<br />

(...)<br />

4. Auftragsbezogene Angaben<br />

Zum Nachweis, dass die auftragsbezogenen qualitativen Anforderungen der/s<br />

Bedarfsträgers erfüllt werden können, sind die nachfolgend aufgeführten Angaben,<br />

Erklärungen erforderlich. (...)Bitte nehmen<br />

Sie für jedes Los, auf das Sie bieten, in der zur Verfügung gestellten Excel-Datei zu<br />

folgenden Fragen Stellung. Die Nichtbeantwortung von einer oder mehreren Fragen<br />

oder eine von der jeweiligen Fragestellung inhaltlich abweichende Antwort führt zum<br />

Ausschluss von der weiteren Bewertung.<br />

a) Wie organisieren Sie die inhaltlich rechtzeitige Bereitstellung des Wachpersonals bis<br />

zur Übernahme der Leistungserbringung im Vorfeld des Auftrags? Stellen Sie ggf. in<br />

einem zusätzlichen Dokument einen Projektplan/Balkenplan im Zusammenspiel<br />

der zeitlichen und sachlichen Faktoren Ihrer Ablauforganisation vom Zeitpunkt der<br />

Zuschlagserteilung bis zum Leistungsbeginn dar. (...)<br />

(Ausschlusskriterium)“<br />

Bestandteil der Vergabeunterlagen war ferner eine<br />

„Abschließende Liste der einzureichenden Angaben und Nachweise gem. § 9<br />

Abs. 4 EG VOL/A<br />

Bitte beachten Sie die Vorgaben zu Inhalt und Form der einzureichenden Nachweise<br />

und Angaben im Dokument „Besondere Bewerbungsbedingungen und Hinweise“<br />

I. Bieter reichen mit dem Angebot ein:<br />

(...)<br />

A.2.2.1 Organisatorischer/gesellschaftsrechtlicher Aufbau des Unternehmens, Sitz und<br />

Niederlassungen (Vorlage)<br />

A.2.2.2 Umsatz (Vorlage)<br />

A.2.2.3 Anzahl Mitarbeiter/innen (Vorlage)<br />

A.2.2.4 Anzahl der geeigneten Sicherheitskräfte (Qualifikation aus der<br />

Leistungsbeschreibung) bezogen auf das laufende Geschäftsjahr (Vorlage)<br />

A.2.3. Referenzliste mit drei Referenzen (Vorlage)<br />

(...)<br />

A.2.7. Nachweis einer Waffenbesitzkarte und eines Waffenscheins (Nur sofern in der<br />

Leistungsbeschreibung gefordert)*<br />

(...)


- 4 -<br />

* Diese Erklärungen, Nachweise und Angaben sind von dem jeweils Erklärenden<br />

(Bieter, Subunternehmer, Mitglied einer Bietergemeinschaft) ohne Vorlage durch das<br />

Beschaffungsamt des BMI selbständig zu erstellen oder beizubringen“<br />

Die für den ausgeschriebenen Auftrag vorgegebenen konkreten „Anforderungen an das<br />

Personal“ wurden in der Leistungsbeschreibung folgendermaßen vorgegeben:<br />

„2. Anforderungen an das Personal<br />

Die Sicherheitskräfte dürfen nicht vorbestraft sein.<br />

Darüber hinaus verpflichtet sich die Auftragnehmerin zur Erfüllung der Aufgaben nur<br />

Personen einzusetzen, die den nachfolgend aufgeführten Anforderungen entsprechen.<br />

Die eingesetzten Kräfte müssen:<br />

(....)<br />

- über eine mehrjährige Berufserfahrung in vergleichbarem Objektschutz verfügen<br />

- einen Nachweis über die Qualifizierung zur Handhabung der zur Ausstattung<br />

gehörenden sonstigen Einsatzmittel (Kommunikationsgeräte, Fahrzeuge, Schutzhund<br />

(Behördliche Sachkundenachweise im Sinne der Hundegesetze, z.B. für Nordrhein-<br />

Westfalen ein Sachkundenachweis für das Halten so genannter 20/40-Hunde und<br />

Hunde bestimmter Rassen)) vorlegen<br />

- einen Nachweis über die Qualifizierung im Umgang mit Handfeuerwaffen<br />

(Waffenbesitzkarte und eines Waffenscheins) und über eine regelmäßige<br />

Schießausbildung vorlegen<br />

- (...)<br />

Hinweis zur Qualifikation und Vergütung der Wachkräfte:<br />

Aufgrund der besonderen Sensibilität des zu bewachenden Objektes sind bei der<br />

Angebotskalkulation des Stundengrundlohns für die Pauschalvergütung der<br />

einzusetzenden Wachkräfte pro Mitarbeiter/in und geleisteter Stunde folgende<br />

Vorgaben zu berücksichtigen:<br />

Qualifikation<br />

Prüfung zur Werkschutzfachkraft gem. VO des Bundesministeriums für Bildung und<br />

Wirtschaft vom 20. August 1982 bzw. Fortbildungsprüfung zur „geprüften Schutz- und<br />

Sicherheitskraft“ gem. den besonderen Rechtsvorschriften für IHK-<br />

Weiterbildungsprüfungen.<br />

(...)<br />

3. Personalien<br />

Die Auftragnehmerin verpflichtet sich, für den Bedarfsträger grundsätzlich festes<br />

Personal bereit zustellen. Der Einsatz anderen Personals mit den gleichen<br />

Qualifikationen ist nur bei Ausfall durch Krankheit oder Urlaub zulässig. (...)“<br />

b. Die Antragstellerin (ASt) und die Beigeladene (Bg) gaben fristgerecht Angebote ab.


- 5 -<br />

Die Bg listete in ihrem Angebot mithilfe des Vordrucks zu Anlage 2.3 drei Referenzaufträge<br />

von Bewachungsleistungen auf. Sämtliche Referenzen beziehen sich auf zivile, also auf<br />

nicht-militärische Aufträge. Bei allen drei Referenzen hatte die Bg eingetragen, dass diese<br />

mit Bewaffnung erfolgt waren. Hinsichtlich der Qualifizierung des Personals war jeweils<br />

angegeben: „IHK-geprüfte Werkschutzfachkraft“. Im Rahmen der Anbieterdarstellung nach<br />

Ziffer 2.2 gab die Bg unter Ziffer 2.2.4 die Anzahl der zur Durchführung des Wachdienstes<br />

im Unternehmen vorhandenen geeigneten Sicherheitskräfte an. Die Zahl bewegte sich im<br />

dreistelligen Bereich. Die Bg hat ebenfalls die von der Ag vorgegebene Excel-Datei „4.<br />

Auftragsbezogenen Angaben“ einschließlich der lit. a) ausgefüllt, wo es um die Darstellung<br />

der rechtzeitigen Bereitstellung des Wachpersonals bis zur Übernahme der<br />

Leistungserbringung im Vorfeld des Auftrags ging. Die Bg hat an dieser Stelle u.a. auf die<br />

als Anlage beigefügte Datei „Anlage 4.a. Ablaufplan Auftragsübernahme“ verwiesen, in der<br />

die einzelnen Schritte bis zur Auftragsübernahme einschließlich des Schrittes<br />

„Personalgewinnung/Personalauswahl“ dargestellt sind.<br />

Die ASt führte in ihrem Angebot in Anlage 2.3 nur in einer von drei Referenzen eine<br />

Bewachungsdienstleistung mit Bewaffnung auf.<br />

Nach der Angebotswertung lag die ASt auf dem dritten Rang. Die Bg belegte den ersten<br />

Rang. In ihrem Vergabevermerk hielt die Ag unter Ziffer 3. fest: „Die erforderliche<br />

Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit ist bei den im Verfahren verbleibenden<br />

Bietern gegeben.“ Als Anhang zum Vergabevermerk findet sich eine detaillierte Tabelle<br />

„Angebotsbezogene Eignungsprüfung gem. § 16 (5) VOL/A“. In dieser Tabelle hat die Ag<br />

alle von ihr vorgegebenen Eignungsaspekte deckungsgleich mit den Vorgaben aufgelistet<br />

und für jeden einzelnen Bieter jeweils vermerkt „ja“ bzw. „nein“. Bei den Referenzaufträgen<br />

sind in der Liste u.a. die Art der erbrachten Dienstleistung, die Qualifizierung des Personals<br />

und der Umfang der erbrachten Leistungen im Hinblick auf die 75% bzw. 60%-Vorgabe<br />

hinsichtlich der Jahreswachstundenzahl aufgeführt. Sowohl bei der Bg als auch bei der ASt<br />

ist in jeder Rubrik „ja“ vermerkt. Sofern dies bei anderen Bietern nicht der Fall war, hat die<br />

Ag die entsprechenden Konsequenzen (Ausschluss) hieraus gezogen.<br />

c. Mit Schreiben vom 16. August 2011 informierte die Ag die ASt nach § 101 a GWB darüber,<br />

dass auf deren Angebot der Zuschlag aus preislichen Gründen nicht erteilt werden könne.<br />

Es sei beabsichtigt, den Zuschlag auf das Angebot der Bg zu erteilen.


- 6 -<br />

Die ASt wandte sich mit Schreiben vom 17. August 2011 gegen die getroffene<br />

Vergabeentscheidung und bat um Überprüfung und Korrektur, da es der Bg in<br />

Ermangelung von qualifiziertem Personal zum 1. November 2011 an der erforderlichen<br />

Eignung fehle. Die Bg sei nach Kenntnis der ASt weit überwiegend an<br />

Bundeswehrstandorten tätig, wo für das Tragen von Waffen grundsätzlich nur ein Sonder-<br />

und Waffenausweis in Verbindung mit dem Personalausweis ausreichend sei. Dies sei aus<br />

verschiedenen, von der ASt im Einzelnen dargelegten Gründen nicht vergleichbar mit dem<br />

in den Vergabeunterlagen als Ausschlusskriterium geforderten Eignungsnachweises der<br />

Waffenbesitzkarte und des Waffenscheins. Die Bg könne auch kein den Vorgaben<br />

entsprechendes Personal der ASt als der bisherigen Auftragnehmerin des<br />

streitgegenständlichen Auftrags übernehmen, da die ASt ihr Personal vollumfänglich in<br />

ihrer Unternehmensgruppe weiterbeschäftigen werde. Aufgrund der Ausbildungs- und<br />

Beantragungszeiträume von mehr als drei Monaten könne die Bg bis zum Leistungsbeginn<br />

am 1. November 2011 auch kein neues Personal rekrutieren.<br />

Dem Vorbringen entsprach die Ag jedoch nicht und teilte der ASt die Gründe hierfür durch<br />

Schreiben vom 18. August 2011 mit. Dort führte die Ag aus:<br />

„Das einzusetzende Sicherheitspersonal hat den Nachweis über die Qualifizierung im<br />

Umgang mit Handfeuerfallen (hier: Waffenbesitzkarte und eines Waffenscheins)<br />

beizubringen.<br />

Ein Ablaufplan für die Auftragsübernahme mit Darstellung der Organisation und<br />

rechtzeitigen Bereitstellung des geforderten Wachpersonals sowie der technischen<br />

Hilfsmittel und der Schulung und Ausbildung liegt vor.<br />

Der Personaleinsatz wird durch Personalübernahme nach Rücksprache, durch Kräfte<br />

aus dem Mitarbeiterpool ... sowie über den Arbeitsmarkt erfolgen.<br />

Nach der Isterfassung und vor Leistungsbeginn am 01.11.11 wird eine entsprechend<br />

qualifizierte Sicherungsmannschaft, auch durch den Rückgriff auf Stammpersonal,<br />

angeboten.“<br />

Mit Schreiben vom 26. August 2011 erbat die Ag unter Bezugnahme auf die Rüge und den<br />

zwischenzeitlich am 24. August 2011 anhängig gemachten Nachprüfungsantrag der ASt bei<br />

der Bg eine Stellungnahme dazu, wie sie auch ohne Personalübernahme von der ASt eine<br />

rechtzeitige Bereitstellung des Bewachungsteams zum 1. November 2011 sicherzustellen<br />

gedenke. Mit Schreiben vom 29. August 2011 reagierte die Bg hierauf und teilte mit, dass<br />

sie etwa 70 % des erforderlichen Personals aus dem vorhandenen Personalbestand<br />

decken werde und ca. 30 % des Personals aus anderen Regionen gewinnen werde, soweit<br />

dies nicht auf dem Arbeitsmarkt vor Ort verfügbar.


- 7 -<br />

2. Mit einem am 24. August 2011 bei der Vergabekammer des Bundes eingegangenen<br />

Schreiben stellte die ASt einen Antrag auf Nachprüfung. Diesen Antrag übermittelte die<br />

Vergabekammer der Ag am darauffolgenden Tag.<br />

a. Die ASt trägt vor, dass der Nachprüfungsantrag nicht dadurch unzulässig sei, weil die ASt<br />

nach der Angebotswertung lediglich Drittplatzierte sei. Bei der von der Ag vertretenen<br />

fehlerhaften Vorgehensweise im Rahmen der Wertung sei es nicht auszuschließen, dass<br />

auch bei dem zweitplatzierten Bieter die Wertungs- und Zuschlagskriterien falsch<br />

angewendet worden seien.<br />

Kern ihrer Beanstandung sei nicht die Vorlage von Waffenbesitzkarte/Waffenschein mit<br />

dem Angebot. Die ASt bestätigt in der mündlichen Verhandlung, dass auch aus ihrer Sicht<br />

unstreitig sei, dass die Ausschreibung nicht die Vorlage von<br />

Waffenbesitzkarte/Waffenschein für alle auftragsausführenden Mitarbeiter verlange. Die<br />

ASt stelle vielmehr die Vergleichbarkeit der von der Bg vorgelegten drei Referenzen in<br />

Frage sowie generell die Möglichkeit der Bg und damit deren Eignung, bis zum Beginn der<br />

Vertragsdurchführung tatsächlich die erforderliche Anzahl geeigneter Mitarbeiter mit<br />

Waffenbesitzkarte/Waffenschein und IHK-Prüfung stellen zu können.<br />

Im Einzelnen führt die ASt aus, dass die Bg keine den Verdingungsunterlagen<br />

entsprechenden Referenzen vorgelegt haben könne. Der Bieter habe im Rahmen der<br />

Eignungsprüfung Referenzen für vergleichbare Leistungen vorlegen und den<br />

entsprechenden Nachweis führen müssen, dass die Qualifikation der Mitarbeiter aus den<br />

Referenzobjekten der Qualifikation für den ausgeschriebenen Auftrag – also<br />

Waffenbesitzkarte und Waffenschein – entspreche. Die Bg sei jedoch überwiegend im<br />

Bereich der Überwachung von Bundeswehrobjekten tätig. Die dortigen Mitarbeiter erhielten<br />

für ihre Tätigkeit zwar einen Dienst- und Waffenausweis bzw. einen Sonder- und<br />

Waffenausweis. Die Voraussetzungen hierfür seien aber nicht mit den Voraussetzungen für<br />

die Erteilung einer Waffenbesitzkarte/Waffenschein nach § 4 Waffengesetz vergleichbar.<br />

Militärische Objekte seien daher als Referenzen nicht geeignet, weil die Ausweise nicht<br />

gleichgestellt seien. Ferner werde bezweifelt, ob die in Ziffer 2.3 der Besonderen<br />

Bewerbungsbedingungen genannten Jahresstundenzahlen eingehalten würden.<br />

Die ASt ist der Auffassung, dass die Bg derzeit nicht über die erforderliche Anzahl von<br />

Mitarbeitern mit Waffenbesitzkarte und Waffenschein verfüge. Die Ag habe dies selbst in<br />

ihrer Erwiderung auf den Nachprüfungsantrag bestätigt. Eine ordnungsgemäße<br />

Vertragsdurchführung durch die Bg sei davon abhängig, ob es ihr gelinge, bis zum


- 8 -<br />

Vertragsbeginn am 1. November 2011 entsprechend qualifiziertes Wachpersonal zu<br />

rekrutieren. Ob dies gelinge, sei aber völlig ungewiss. Die ASt werde ihr eignes Personal,<br />

das bislang für den streitgegenständlichen Auftrag eingesetzt wurde, vollumfänglich in ihrer<br />

Unternehmensgruppe weiterbeschäftigen, so dass die Bg nicht auf Personal der ASt<br />

zurückgreifen könne.<br />

Die ASt beantragt:<br />

1. Der Ag wird es untersagt, in dem Vergabeverfahren „Durchführung von<br />

Sicherheitsdienstleistungen für die …“, …“ den Zuschlag auf das Angebot der Bg zu<br />

erteilen.<br />

2. Die Ag wird verpflichtet, die Angebote unter Berücksichtigung der<br />

Rechtsauffassung der Vergabekammer neu zu werten.<br />

b. Die Ag beantragt,<br />

1. Der Nachprüfungsantrag wird wegen Unzulässigkeit verworfen,<br />

2. hilfsweise: Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen,<br />

3. der ASt werden die Kosten des Verfahrens auferlegt.<br />

Der Nachprüfungsantrag sei weder zulässig noch begründet.<br />

Die Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags ergebe sich aus der fehlenden<br />

Antragsbefugnis der ASt. Das Angebot belege in der Auswertung den dritten Platz. Damit<br />

habe die ASt keine Zuschlagschance, selbst wenn ihr Vorbringen vergaberechtlich<br />

stichhaltig wäre.<br />

Der Nachprüfungsantrag sei aber auch unbegründet, weil die Eignungsprüfung der Ag<br />

fehlerfrei sei. Die Ag habe die Eignungsprüfung gemäß den selbst aufgestellten Kriterien<br />

durchgeführt und keine Anhaltspunkte gefunden, die an der Eignung der Bg zweifeln<br />

ließen. Für die Eignungsprüfung sei kein Nachweis einer Waffenbesitzkarte und eines<br />

Waffenscheins im Hinblick auf das einzusetzende Personal gefordert gewesen. Die Ag<br />

weist insoweit darauf hin, dass aber nach § 28 WaffG Waffenscheine und<br />

Waffenbesitzkarten auch auf Bewachungsunternehmer und in diesem Zusammenhang<br />

auch auf juristischen Personen ausgestellt werden dürften. Aus der Leistungsbeschreibung<br />

ergebe sich lediglich, dass die eingesetzten Kräfte einen Nachweis im Umgang mit


- 9 -<br />

Handfeuerwaffen (Waffenbesitzkarte und Waffenschein) sowie einen Nachweis über eine<br />

regelmäßige Schießausbildung vorlegen müssten.<br />

Nach den Verdingungsunterlagen sei gerade nicht gefordert worden, dass schon zum<br />

gegenwärtigen Zeitpunkt sämtliche Bewachungspersonen im Zugriff und<br />

Verfügungsbereich der Bieter stehen müssten. Auf den Vortrag der ASt, sie werde eine<br />

Personalübernahme ihres derzeitigen Wachpersonals durch die Bg nicht zulassen, sei die<br />

Ag noch einmal auf die Bg zugegangen. Aus der Antwort der Bg ergebe sich, dass sie<br />

schon jetzt über einen erheblichen Anteil an genügend qualifiziertem Personal in ihrem<br />

vorhandenen Mitarbeiterstamm verfüge und nur noch ca. 10 Mitarbeiter am Markt<br />

akquirieren müsse. Nach allen Erfahrungen sei ihr dies in der zur Verfügung stehenden Zeit<br />

von 3 Monaten zuzutrauen, zumal sie im ganzen Bundesgebiet tätig sei und bundesweit<br />

Mitarbeiter gewinnen könne. Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass einzelne Mitarbeiter<br />

der ASt das Arbeitsverhältnis bei dieser kündigen würden, um ihre Tätigkeit als Mitarbeiter<br />

der Bg fortzuführen.<br />

c. Mit <strong>Beschluss</strong> vom 30. August 2011 ist die Bg zu dem Verfahren hinzugezogen worden.<br />

Die Bg hat keine eigenen Anträge gestellt. Sie hat sich schriftlich den Ausführungen der Ag<br />

angeschlossen. Der Nachprüfungsantrag sei wegen Unzulässigkeit zu verwerfen,<br />

wenigstens aber zurückzuweisen. In der mündlichen Verhandlung hat die Bg dargelegt, wie<br />

sie im Rahmen ihres bundesweiten Arbeitnehmerbestandes in der Lage sei, auch kurzfristig<br />

entsprechend den Vorgaben der Leistungsbeschreibung qualifiziertes Personal zu Beginn<br />

des Auftrags zu akquirieren. Sie akquiriere mit großem Erfolg Personal in den neuen<br />

Bundesländern, wo ein signifikant niedrigerer Tariflohn gezahlt werde, so dass<br />

Umzugsbereitschaft bestünde. Es lägen der Bg auch Bewerbungen von jetzigen<br />

Mitarbeitern der ASt vor, die aufgrund der Nähe zum Wohnort gerne auf der<br />

streitgegenständlichen Liegenschaft weiterarbeiten würden. Die Bg könne mitteilen, dass<br />

ihr bereits jetzt das erforderliche Personal vollumfänglich zur Verfügung stehe.<br />

Die Vergabekammer hat der ASt antragsgemäß Akteneinsicht in dem durch § 111 Abs. 2 GWB<br />

vorgegebenen Rahmen gewährt. In der mündlichen Verhandlung am 20. September 2011<br />

hatten die Beteiligten Gelegenheit, ihre Standpunkte zu erläutern und zu vertiefen.<br />

Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 21. September 2011 beantragt die ASt die<br />

Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, da die Ag gegen ihre Prozessförderungspflicht


- 10 -<br />

verstoßen habe, indem sie die Eignungsthematik bewusst auf die von der ASt angegriffene<br />

Fragestellung konzentriert habe, ob Waffenschein/Waffenbesitzkarte unternehmensbezogen<br />

oder mitarbeiterbezogen zu prüfen seien. Die ASt beantragt erneute Akteneinsicht,<br />

insbesondere in die laut Einlassung der Ag in der mündlichen Verhandlung vorgenommene<br />

Überprüfung der Referenzen der Bg.<br />

Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie auf die<br />

Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorlagen, wird ergänzend Bezug genommen.<br />

II.<br />

Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet. Die Entscheidung der Ag, den Zuschlag auf das<br />

Angebot der Bg zu erteilen, ist nicht zu beanstanden. Die Bg hat die geforderten Referenzen<br />

über nach Art und Umfang vergleichbare Leistungen vorgelegt. Ferner hat sie substantiiert<br />

nachgewiesen, dass sie zum Vertragsbeginn über die erforderliche Anzahl von entsprechend<br />

den Vorgaben qualifizierten Mitarbeitern verfügen wird.<br />

1. Im Hinblick auf die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags ist festzustellen, dass die ASt<br />

gemäß § 107 Abs. 3 GWB ihrer Rügeobliegenheit rechtzeitig nachgekommen ist. Der<br />

Nachprüfungsantrag wurde ferner binnen der Frist des § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB gestellt. Ob die<br />

ASt allerdings antragsbefugt gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist, könnte insoweit fraglich sein, als sie<br />

selbst einerseits lediglich an dritter Stelle platziert ist, sie anderseits aber ausschließlich die<br />

Eignung der Bg beanstandet. Selbst bei einem Erfolg des Nachprüfungsantrags in der Sache<br />

käme damit der zweitplatzierte Bieter für den Zuschlag in Betracht, so dass die<br />

Zuschlagschance der ASt auch in diesem Fall zunächst nicht gegeben wäre. Es ist aber zu<br />

bedenken, dass ein Bieter im VOL-Verfahren regelmäßig keine Kenntnis über die Identität der<br />

konkurrierenden Bieter hat; aufgrund der nach § 101 a GWB notwendigen Information besteht<br />

insoweit lediglich eine Ausnahme in Bezug auf den Zuschlagskandidaten. Es wäre der ASt<br />

daher gar nicht möglich, beispielsweise die Eignung des zweitplatzierten Bieters anzugreifen,<br />

so dass die Antragsbefugnis der ASt – an die keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen<br />

sind – zu bejahen ist. Die Tatsache, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Auftrag um<br />

eine sog. nachrangige Dienstleistung nach Ziff. 23 Anhang I B zur VOL/A-EG handelt, auf die<br />

nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 VgV i.V.m. § 1 Abs. 3 VOL/A-EG die europarechtlich verankerten<br />

Vergaberechtsvorschriften nur sehr eingeschränkt Anwendung finden, steht der Nachprüfbarkeit


- 11 -<br />

nicht entgegen, da § 100 GWB keine Ausnahme hinsichtlich der Überprüfbarkeit durch die<br />

Nachprüfungsinstanzen normiert.<br />

2. Der Nachprüfungsantrag ist in der Sache jedoch unbegründet. Die Ag hat die Eignung der Bg<br />

zu Recht bejaht. Soweit der ursprüngliche Vortrag der ASt dahin verstanden werden konnte,<br />

dass sie die Vorlage von Waffenschein/Waffenbesitzkarte für jeden einzelnen, zur<br />

Auftragsausführung vorgesehenen Mitarbeiter bereits mit dem Angebot für erforderlich hielt, so<br />

ist dem nicht mehr nachzugehen, da die ASt in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, dass<br />

dies auch aus ihrer Sicht nicht gefordert war. Es geht ausschließlich um die beiden<br />

Fragestellungen, ob die von der Bg benannten drei Referenzaufträge dem<br />

streitgegenständlichen Auftrag vergleichbar sind (hierzu sub a.) und ob die Ag zu Recht davon<br />

ausgehen durfte, dass die Bg zum Leistungsbeginn qualifiziertes Personal in ausreichender<br />

Anzahl werde stellen können (hierzu sub b.).<br />

a. Soweit es um die Vergleichbarkeit der Referenzen geht, ist im Ausgangspunkt festzuhalten,<br />

dass alle 27 Mitarbeiter, die auf dem Objekt zum Einsatz kommen (diese Anzahl ist aus der<br />

in den Vergabeunterlagen genannten Jahreswachstundenzahl zu errechnen), über einen<br />

Waffenschein und eine Waffenbesitzkarte verfügen müssen. Es ist unstreitig zwischen allen<br />

Verfahrensbeteiligten und auch aus Sicht der Vergabekammer notwendig, dass die<br />

Referenzaufträge ihrer Art nach nur dann als dem vorliegenden Auftrag vergleichbar<br />

eingestuft werden können, wenn auch dort Personal zum Einsatz kam, das über einen<br />

Waffenschein und eine Waffenbesitzkarte verfügte. Dieses Erfordernis ergibt sich aus der<br />

Zusammenschau der Anforderungen an den konkreten Auftrag<br />

(Waffenbesitzkarte/Waffenschein vorliegend notwendig) und dem Maßstab, den die Ag für<br />

die Vergleichbarkeit der Art nach vorgegeben hat: Diese ist nach Ziffer 2.3 der „Besonderen<br />

Bewerbungsbedingungen und Hinweise“ nur gegeben, wenn bei einer „Bewachung mit<br />

Bewaffnung“ auch die Referenzaufträge diese Qualifikation oder Leistungsbestandteile<br />

umfassen.<br />

Die ASt ist unter Berufung auf ihre Marktkenntnis der Auffassung, die Bg könne diesen<br />

unstreitigen Maßstab für die Vergleichbarkeit der Art nach nicht erfüllen, da sie weit<br />

überwiegend militärische Objekte bewache, für die gerade kein<br />

Waffenschein/Waffenbesitzkarte erforderlich sei, sondern ein – den hier geforderten<br />

Voraussetzungen nicht gleichzustellendes – Aliud in Gestalt eines Dienst- und<br />

Waffenausweises/Sonder- und Waffenausweis nach UZwGBw. Auch wenn der Dienst- und


- 12 -<br />

Waffenausweis/Sonder- und Waffenausweis nach UZwGBw eben gerade kein<br />

Waffenschein/Waffenbesitzkarte ist und damit, wie ausgeführt, die Vergleichbarkeit der<br />

Referenz tatsächlich in Frage stünde, so gibt es im Angebot der Bg keinen Anhaltspunkt für<br />

die Ausgangsprämisse der ASt. Entgegen der Annahme der ASt hat die Bg in ihrem<br />

Angebot drei (aus Gründen der Wahrung der Geschäftsgeheimnisse der Bg hier nicht zu<br />

benennende) Referenzen benannt, die eindeutig nicht militärische, sondern zivile, dem<br />

hiesigen Objekt der Sache nach durchaus vergleichbare Liegenschaften zum Gegenstand<br />

hatten. Nach den Eintragungen der Bg wurden bei allen drei Referenzen IHK-geprüfte<br />

Werkschutzfachkräfte eingesetzt, alle drei Referenzaufträge erfolgten nach den Angaben<br />

der Bg im Formblatt 2.3 zum Angebot bewaffnet. Ob die Marktkenntnis der ASt, auf die sie<br />

ihre Argumentation stützt, wonach nämlich die Bg vornehmlich militärische Objekte<br />

bewache, im Übrigen zutrifft, ist unerheblich, da nur drei vergleichbare Referenzen<br />

gefordert waren. Es wäre somit unschädlich, wenn bei allen anderen als den drei<br />

benannten Aufträgen aus der Vergangenheit keine Waffenbesitzkarte/Waffenschein des<br />

ausführenden Personals hätte vorliegen müssen.<br />

Nicht zu beanstanden wäre ebenfalls, wenn die Ag den Wahrheitsgehalt der Angaben nicht<br />

bei den im Formblatt namentlich benannten Ansprechpartnern beim jeweiligen<br />

Auftraggeber der Referenz überprüft hätte. Dies hat die Ag in der mündlichen Verhandlung<br />

zwar so vorgetragen, allerdings – jedenfalls in der Vergabeakte wie sie der<br />

Vergabekammer vorliegt – nicht dokumentiert. Ob eine Rückfrage tatsächlich erfolgt ist,<br />

lässt sich aus Sicht der Vergabekammer folglich nicht nachvollziehen. Mangels<br />

Entscheidungserheblichkeit stellt dies aber keinen Sachverhalt dar, der – wie von der ASt<br />

beantragt – einen erneuten Eintritt in die mündliche Verhandlung erforderlich machen<br />

würde. Es gab für die Ag weder in der Vergangenheit, noch gibt es heute unter dem<br />

Eindruck des Vortrags der ASt im vorliegenden Nachprüfungsverfahren eine<br />

vergaberechtlich zwingende Notwendigkeit, bei den Ansprechpartnern bezüglich der<br />

Referenzen der Bg zu ermitteln. Die Eintragungen der Bg belegen eine Vergleichbarkeit.<br />

Würde man am Wahrheitsgehalt zweifeln, so würde man der Bg einen Betrugsversuch<br />

unterstellen. Ein solches strafrechtlich relevantes Vorgehen ist in der Sache äußerst<br />

unwahrscheinlich und musste von der Ag keinesfalls unterstellt werden, zumal sich jeder<br />

Bieter aufgrund der erforderlichen Benennung von Ansprechpartnern bewusst sein musste,<br />

dass die Angabe wahrheitswidriger Referenzen jederzeit und mit Leichtigkeit durch einen<br />

Anruf beim benannten Ansprechpartner hätte aufgedeckt werden können. Eine<br />

vergaberechtliche Verdichtung zu einer Pflicht dahin, die Referenzen durch Rücksprache


- 13 -<br />

zu verifizieren, bestand vor diesem Hintergrund nicht, es wäre nicht ermessensfehlerhaft<br />

gewesen, wenn die Ag tatsächlich keine derartigen Recherchen durchgeführt hätte. Im<br />

Übrigen gäbe hier eher das Angebot der ASt selbst Anlass zu Rückfragen, da dort im<br />

Formblatt Anlage 2.3 zum Angebot nur bei einer der drei benannten Referenzen von<br />

Bewaffnung die Rede ist, bei zweien dieses Stichwort dagegen nicht auftaucht. Es würde<br />

sich daher eher die Frage nach der Vergleichbarkeit der Referenzen der ASt selbst stellen.<br />

Wenn die ASt des Weiteren – wie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen – meint,<br />

eine Vergleichbarkeit sei nur gegeben, wenn bei allen drei Referenzaufträgen auch wie im<br />

vorliegenden Auftrag 100 % des Personals über Waffenbesitzkarte/Waffenschein hätte<br />

verfügen müssen, so verschärft die ASt die Anforderungen gegenüber den bekannt<br />

gemachten Vorgaben der Ag. Die Ag hat einen Maßstab für die Vergleichbarkeit der<br />

Referenzen der Art nach und ein Maßstab für die Vergleichbarkeit dem Umfang nach<br />

vorgegeben; sie hat damit größtmögliche Transparenz hergestellt und Streitigkeiten über<br />

die konkrete Ausfüllung der Vergleichbarkeit bereits im Vorfeld den Boden entzogen. Beide<br />

Vergleichbarkeitsaspekte sehen isoliert nebeneinander; ein Konnex zwischen beiden wird<br />

nicht hergestellt. Es ist damit keine Vorgabe der Ag gewesen, dass die Referenzen in dem<br />

für die Vergleichbarkeit geforderten Umfang (also z.B. 75 % der hier ausgeschriebenen<br />

Jahreswachstundenzahl) vollständig der Vergleichbarkeit der Art (also<br />

Waffenbesitzkarte/Waffenschein) nach hätten genügen müssen. Es reicht vielmehr aus,<br />

wenn der Referenzauftrag dem zeitlichen Mindestumfang genügt und dort Personal mit<br />

Waffenschein/Waffenbesitzkarte zum Einsatz kam. Eine Vorgabe, wie viele von den<br />

Jahreswachstunden der Referenzaufträge bewaffnet sein mussten, gab es nicht. Wenn die<br />

ASt eine solche Vorgabe im Sinne einer aussagekräftigen Eignungsprüfung für erforderlich<br />

halten sollte, so hätte sie das Fehlen einer solchen Vorgabe auch rechtzeitig beanstanden<br />

müssen.<br />

b. Ebenso wenig ist die Eignung der Bg deswegen fraglich, weil sie möglicherweise zum<br />

Zeitpunkt des Leistungsbeginns am 1. November 2011 nicht über Personal in<br />

ausreichender Anzahl verfügen könnte. Die Bg hat in der mündlichen Verhandlung<br />

vorgetragen, dass sie mit Erfolg qualifizierte Mitarbeiter in den neuen Bundesländern<br />

akquiriere, das aufgrund der dortigen niedrigen Tariflöhne auch umzugsbereit sei. Diese<br />

Aussage deckt sich mit den Kenntnissen der Vergabekammer aus einem anderen<br />

Nachprüfungsverfahren, wo ein Auftragnehmer einen Bewachungsauftrag in einem neuen<br />

Bundesland vorzeitig kündigen musste, da er aufgrund des dortigen niedrigen Tariflohns


- 14 -<br />

kein qualifiziertes Personal finden konnte (Az.: VK 3 – 53/11). Auch ist durchaus vorstellbar,<br />

dass derzeit auf der Liegenschaft eingesetzte Mitarbeiter der ASt sich bei der Bg bewerben,<br />

um zwar bei einem neuen Arbeitgeber, aber weiter auf der bisherigen wohnortnahen<br />

Liegenschaft arbeiten zu können. Auch wenn die ASt vorträgt, alle bisher in … eingesetzten<br />

Mitarbeiter in der Unternehmensgruppe weiterbeschäftigen zu können, so muss dies nicht<br />

zwingend in derselben Region sein, so dass durchaus ein Wechselinteresse der Mitarbeiter<br />

bestehen kann. Es liegt nicht in der Hand der ASt, Kündigungen ihrer Mitarbeiter zu<br />

verhindern. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die Bg selbst nach ihrer<br />

Unternehmensdarstellung über eine große Anzahl an entsprechend qualifiziertem Personal<br />

verfügt. Eine Besorgnis dahin, die Bg könne zum 1. November 2011 möglicherweise kein<br />

ausreichendes Personal verfügbar haben, ist nicht begründet, die Ag hat die Eignung zu<br />

Recht bejaht.<br />

III.<br />

Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 Satz 1, 4 GWB i.V. m. § 80 Abs. 1<br />

Satz 3 VwVfG.<br />

Die ASt hat sich mit ihrem Nachprüfungsantrag ausdrücklich, bewusst und gewollt in einen<br />

Interessengegensatz zu der Bg gestellt. Die Bg hat sich schriftsätzlich geäußert und durch ihre<br />

Auskünfte in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage der Kammer das Verfahren wesentlich<br />

gefördert und damit ein Kostenrisiko auf sich genommen. Es entspricht daher der Billigkeit, der<br />

ASt die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Bg<br />

aufzuerlegen (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO analog).<br />

IV.<br />

Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist<br />

schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung be-<br />

ginnt, beim Oberlandesgericht Düsseldorf – Vergabesenat –, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf,<br />

einzulegen.<br />

Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebe-<br />

gründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer an-


- 15 -<br />

gefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und die Tatsachen und Be-<br />

weismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.<br />

Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für<br />

Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.<br />

Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Verga-<br />

bekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist.<br />

Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdege-<br />

richt auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über<br />

die Beschwerde verlängern.<br />

Dr. Herlemann<br />

Brauer

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