BTI 2012 | Regionalbericht Östliches und südliches Afrika

BTI 2012 | Regionalbericht Östliches und südliches Afrika BTI 2012 | Regionalbericht Östliches und südliches Afrika

10.10.2013 Aufrufe

BTI 2012 | Regionalbericht Östliches und südliches Afrika Von Siegmar Schmidt * Überblick zu den Entwicklungs- und Transformationsprozessen in Angola, Äthiopien, Botswana, Burundi, Eritrea, Kenia, Lesotho, Madagaskar, Malawi, Mauritius, Mosambik, Namibia, Ruanda, Sambia, Simbabwe, Somalia, Südafrika, Tansania und Uganda Dieser Regionalbericht analysiert die Ergebnisse des Transformationsindex der Bertelsmann Stiftung (BTI) 2012. Weitere Informationen finden Sie unter www.bti-project.de Zitiervorschlag: Siegmar Schmidt, BTI 2012Regionalbericht Östliches und südliches Afrika, Gütersloh: Bertelsmann Stiftung 2012. * Prof. Dr. Siegmar Schmidt ist Leiter der Abteilung Politikwissenschaft an der Universität Koblenz-Landau und BTI- Regionalkoordinator Östliches und südliches Afrika.

<strong>BTI</strong> <strong>2012</strong> | <strong>Regionalbericht</strong><br />

<strong>Östliches</strong> <strong>und</strong> <strong>südliches</strong> <strong>Afrika</strong><br />

Von Siegmar Schmidt *<br />

Überblick zu den Entwicklungs- <strong>und</strong> Transformationsprozessen in Angola, Äthiopien, Botswana,<br />

Bur<strong>und</strong>i, Eritrea, Kenia, Lesotho, Madagaskar, Malawi, Mauritius, Mosambik, Namibia, Ruanda,<br />

Sambia, Simbabwe, Somalia, Südafrika, Tansania <strong>und</strong> Uganda<br />

Dieser <strong>Regionalbericht</strong> analysiert die Ergebnisse des Transformationsindex der Bertelsmann Stiftung (<strong>BTI</strong>)<br />

<strong>2012</strong>. Weitere Informationen finden Sie unter www.bti-project.de<br />

Zitiervorschlag: Siegmar Schmidt, <strong>BTI</strong> <strong>2012</strong> – <strong>Regionalbericht</strong> <strong>Östliches</strong> <strong>und</strong> <strong>südliches</strong> <strong>Afrika</strong>, Gütersloh:<br />

Bertelsmann Stiftung <strong>2012</strong>.<br />

* Prof. Dr. Siegmar Schmidt ist Leiter der Abteilung Politikwissenschaft an der Universität Koblenz-Landau <strong>und</strong> <strong>BTI</strong>-<br />

Regionalkoordinator <strong>Östliches</strong> <strong>und</strong> <strong>südliches</strong> <strong>Afrika</strong>.


<strong>BTI</strong> <strong>2012</strong> | <strong>Regionalbericht</strong> <strong>Östliches</strong> <strong>und</strong> <strong>südliches</strong> <strong>Afrika</strong> 2<br />

Die politische <strong>und</strong> wirtschaftliche Transformationsbilanz der Region <strong>Östliches</strong> <strong>und</strong> <strong>südliches</strong><br />

<strong>Afrika</strong> weist für den Zeitraum zwischen 2009 <strong>und</strong> 2011 auf den ersten Blick kaum Veränderungen<br />

gegenüber den Entwicklungen im Untersuchungszeitraum des <strong>BTI</strong> 2010 (2008–2010) auf. Im<br />

Vergleich zur vorhergehenden Zweijahresperiode sind die Werte für die politische Transformation<br />

im Durchschnitt um lediglich 0,09 Punkte gesunken. Während acht Länder leichte Verbesserungen<br />

aufweisen, ist die Demokratiequalität in elf Ländern gesunken, allerdings betragen viele der<br />

Veränderungen weniger als 0,2 Punkte.<br />

Keine gravierenden Veränderungen zeigen sich auch im Bereich der wirtschaftlichen<br />

Transformation: Neun Länder erreichen Fortschritte, neun weisen Rückschritte auf, die Bewertung<br />

Botswanas bleibt unverändert. Die Veränderung beträgt lediglich +0,03 Punkte für die<br />

Gesamtregion. Eine eindeutig negative Entwicklung lässt sich beim Management der<br />

Transformation beobachten. Hier sinkt der Durchschnittswert im Vergleich zur letzten<br />

Untersuchungsperiode um 0,16.<br />

Die Durchschnittswerte nivellieren die doch teilweise deutlichen Unterschiede zwischen den<br />

Entwicklungen einzelner Länder. Im Bereich der politischen Transformation weisen lediglich<br />

Kenia (+0,5 Punkte) <strong>und</strong> Simbabwe (+0,45 Punkte) eine klar positive Entwicklung auf. Trotz<br />

einiger Fortschritte bleibt Simbabwe aber ein autoritär regiertes Land mit einer katastrophalen<br />

wirtschaftlichen <strong>und</strong> sozialen Bilanz, <strong>und</strong> es ist keineswegs sicher, dass der positive Trend anhält.<br />

Verschlechtert haben sich besonders die Werte von Madagaskar, Eritrea, Ruanda, Somalia <strong>und</strong><br />

Mosambik.<br />

In Mosambik wird u. a. die Unabhängigkeit der Justiz schlechter bewertet als im <strong>BTI</strong> 2010, <strong>und</strong><br />

generell zeigt sich, dass die amtierende Regierung nicht an weitergehenden demokratischen<br />

Reformen interessiert ist. Die weitere Einschränkung der Versammlungs- <strong>und</strong> Meinungsfreiheit in<br />

Ruanda begründet die kritischere Einschätzung dieses autoritär regierten Staates, trotz der teilweise<br />

durchaus erfolgreichen wirtschaftlichen Modernisierung. In Eritrea verschärfte das diktatorische<br />

Regime unter Führung von Iasisas Afewerki noch die Repression gegenüber der eigenen<br />

Bevölkerung.<br />

Somalia ist weiterhin ein „failing state“ ohne Zentralregierung. Auch der Übergangsregierung<br />

(Transitional Federal Government of Somalia) ist es nicht gelungen, ein Mindestmaß an<br />

Staatlichkeit gegen die Milizen durchzusetzen. Ihr Überleben verdankt die Übergangsregierung der<br />

Interventionstruppe der <strong>Afrika</strong>nischen Union, der AMISOM (African Union Mission in Somalia).<br />

Trotz einiger Erfolge konnte die nicht ausreichend ausgestattete AMISOM, die maßgeblich von der<br />

EU finanziert <strong>und</strong> militärisch von ugandischen Truppen getragen wird, nicht die Gewalt beenden<br />

oder gar die islamistische al-Shabaab-Miliz entscheidend schwächen.<br />

Die internationale Finanz- <strong>und</strong> Wirtschaftskrise hat sich vergleichsweise moderat auf die<br />

Wirtschaft der Region ausgewirkt. Die United Nations Economic Commission for Africa gibt für<br />

2010 nach dem Krisenjahr 2009 wieder eine durchschnittliche Wachstumsrate von 4,7 Prozent an<br />

<strong>und</strong> prognostiziert für 2011 durchschnittlich fünf Prozent Wachstum. Dabei gilt es zwischen


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einzelnen Ländern zu differenzieren: Eindeutig negative Auswirkungen zeigten sich bei Staaten,<br />

die stark vom Rohstoffexport abhängen oder die relativ eng mit den internationalen Kapitalmärkten<br />

verflochten sind. Letzteres betraf vor allem Südafrika <strong>und</strong> indirekt die Ökonomien der<br />

Nachbarstaaten, die mit der südafrikanischen Ökonomie eng zusammenhängen (wie Lesotho <strong>und</strong><br />

Namibia). Einnahmeausfälle infolge sinkender Rohstoffpreise verzeichnete der Ölproduzent<br />

Angola: das BIP wuchs 2010 lediglich um vier Prozent, während es 2007 noch über 22 Prozent<br />

waren. Der Kupferexporteur Sambia litt zunächst unter dem Verfall des Kupferpreises auf den<br />

Weltmärkten, doch schon ab Mitte 2010 kam es wieder zu einem starken Anstieg um fast 30<br />

Prozent.<br />

Die weltweite Finanzkrise führte nach Angaben des Internationalen Währungsfonds kaum zu<br />

einem Rückgang der Überweisungen von <strong>Afrika</strong>nern, die im Ausland arbeiteten. Da die meisten<br />

afrikanischen Gastarbeiter in afrikanischen Ländern, zumeist Nachbarländern arbeiten, die nur<br />

wenig von der Finanz- <strong>und</strong> späteren Wirtschaftskrise betroffen waren, blieben die Auswirkungen<br />

(mit Ausnahme Südafrikas) gering. Stärkere Auswirkungen auf die Überweisungen von<br />

Gastarbeitern besitzen aber regionale Krisen wie z. B. in der Elfenbeinküste. Sollte die<br />

Wirtschaftskrise in Teilen Europas <strong>und</strong> in den USA anhalten <strong>und</strong> sollten sich die nordafrikanischen<br />

Staaten wirtschaftlich nicht erholen, wird dies die Herkunftsländer der Gastarbeiter treffen.<br />

Die Qualität des Transformationsmanagements ist im östlichen <strong>und</strong> südlichen <strong>Afrika</strong> insgesamt<br />

zurückgegangen (im Durchschnitt um 0,16 Punkte). Insgesamt liegt das durchschnittliche<br />

Transformationsmanagement im Vergleich noch im oberen Mittelfeld. Für dieses positive<br />

Abschneiden sorgt allerdings vor allem eine kleine Ländergruppe um Mauritius, Botswana,<br />

Namibia <strong>und</strong> Südafrika. In den übrigen Staaten bleibt die Qualität der Managementleistung seit<br />

Jahren schwach. Angesichts der normativen F<strong>und</strong>ierung des <strong>BTI</strong> – Marktwirtschaft mit sozialer<br />

Komponente <strong>und</strong> rechtsstaatliche Demokratie – weisen einige der autoritären Regime trotz<br />

Wachstums- <strong>und</strong> Modernisierungserfolgen (Ruanda, Angola) relativ geringe absolute Werte im<br />

Management auf.<br />

Politische Transformation<br />

In der Region zeigt sich eine Dominanz von defekten Demokratien. Die Bilanz fällt bei den jeweils<br />

19 untersuchten Staaten im Vergleich zur Nachbarregion West- <strong>und</strong> Zentralafrika leicht besser aus:<br />

zwei sich konsolidierende Demokratien (West- <strong>und</strong> Zentralafrika: eine), elf defekte oder stark<br />

defekte Demokratien (acht), sechs Autokratien (neun), darunter ein „failing state“ (zwei).<br />

Allerdings hat sich der Abstand zwischen den beiden afrikanischen <strong>BTI</strong>-Regionen verringert.<br />

Mauritius <strong>und</strong> Botswana, beides Staaten mit geringer Bevölkerungszahl, können als sich<br />

konsolidierende Demokratien eingestuft werden. Die Demokratiequalität in Mauritius verbesserte<br />

sich sogar leicht. Es folgen mit relativ geringem Abstand Südafrika <strong>und</strong> Namibia, wobei sich in


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Südafrika der Indexwert immerhin um 0,15 Punkte verbesserte, während sich Namibia leicht<br />

verschlechterte (–0,10 Punkte). Beide Staaten befinden sich dicht an der Schwelle zur Kategorie<br />

der sich konsolidierenden Demokratie. Leichte Verbesserungen in der Demokratiequalität erfolgten<br />

in Südafrika, nachdem der Politik <strong>und</strong> Gesellschaft polarisierende Wahlkampf im April 2009<br />

vorbei war, außerdem in Tansania <strong>und</strong>, wesentlich deutlicher, in Kenia.<br />

Tab. 1: Entwicklungsstand der politischen Transformation<br />

Die weiteren Staaten in der Kategorie der defekten Demokratie weisen demgegenüber deutlichere<br />

Defizite auf, häufig im Bereich der Rechtsstaatlichkeit. Während Kenia vor allem aufgr<strong>und</strong> der<br />

neuen Verfassung nicht mehr als stark defekte, sondern als defekte Demokratie eingeordnet werden<br />

kann, führte der „kalte Staatsstreich“ auf Madagaskar zur Herabstufung des Landes von einer<br />

defekten Demokratie zu einer gemäßigten Autokratie. Simbabwe kann aufgr<strong>und</strong> der Arbeit der<br />

Großen Koalition – trotz fortbestehender Defizite – in die Kategorie der gemäßigten Autokratien<br />

eingeordnet werden. Ruanda, im <strong>BTI</strong> 2010 bereits an der Grenze zur Autokratie, ist u. a. aufgr<strong>und</strong><br />

der <strong>und</strong>emokratischen Wahlen nun in dieser Kategorie eingeordnet.<br />

Verantwortlich für die etwas schlechtere Bewertung der Demokratiequalität Ugandas (–0,15<br />

Punkte) sind u. a. Einschränkungen in der Meinungsfreiheit während des politisch polarisierten<br />

Wahlkampfes. Bei zurückgehender Wahlbeteiligung gewann der amtierende Präsident Museveni,<br />

der das Land seit 1986 führt, klar mit über 68 Prozent der Stimmen. Da 71 Prozent der Stimmen<br />

auf die Regierungspartei National Resistance Movement (NRM) entfielen, verfügt der Präsident<br />

über eine komfortable Mehrheit.<br />

Kenia hat zwischen 2009 <strong>und</strong> 2011 die Weichen für einen politischen Neubeginn gestellt, die<br />

Demokratiequalität wird daher deutlich besser bewertet als im <strong>BTI</strong> 2010 (+0,50 Punkte). Anfang<br />

2008 stand Kenia am Abgr<strong>und</strong>. Nach den von der Regierung plump gefälschten Wahlen im<br />

Dezember 2007 brachen massive Gewalttätigkeiten zwischen Anhängern der Parteien aus, die


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unterschiedlichen Ethnien angehörten. Bei den von einigen Politikern geschürten Unruhen kamen<br />

über 1000 Menschen ums Leben, H<strong>und</strong>erttausende wurden vertrieben. Unter ausländischer<br />

Vermittlung gelang es, eine große Koalition zwischen dem von Raila Odinga geführten Orange<br />

Democratic Movement <strong>und</strong> der von Mwai Kibaki neu geformten Party of National Unity zu bilden.<br />

Ein erneuter Ausbruch an Gewalt konnte damit bisher vermieden werden. Im Unterschied zu<br />

Gewaltausbrüchen in der Vergangenheit hat der Internationale Strafgerichtshof Haftbefehl gegen<br />

sechs hochrangige kenianische Politiker beider Parteien erlassen, die beschuldigt werden, für die<br />

Unruhen verantwortlich zu sein. Gleichzeitig setzte die Regierung eine Wahrheits- <strong>und</strong><br />

Versöhnungskommission (Truth and Reconciliation Commission) ein. Die Regierung schien unter<br />

massivem Druck der Geberstaaten außerdem bereit, ernsthafter gegen die notorisch verbreitete<br />

Korruption vorzugehen. Einige Minister sind bereits wegen Korruptionsvorwürfen zurückgetreten.<br />

Inwieweit mit der Strafverfolgung von Gewalt <strong>und</strong> Korruption die traditionelle „Kultur der<br />

Straflosigkeit“ für Politiker <strong>und</strong> Beamte in Kenia zu Ende geht, wird sich zeigen.<br />

Die Verabschiedung einer neuen Verfassung im August 2010 ist der bislang wichtigste<br />

Reformschritt der neuen Regierung. Vor allem aus der Zivilgesellschaft wurden seit fast 20 Jahren<br />

Forderungen nach einer neuen Verfassung erhoben, die die umfassende Machtfülle des<br />

Präsidentenamtes beschneidet <strong>und</strong> den Gr<strong>und</strong>satz von „checks and balances“ stärkt. Die neue<br />

Verfassung, die in einem Referendum von 67 Prozent der Kenianer angenommen wurde, sieht die<br />

Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz, Dezentralisierung, ein neues Landgesetz, stärkere<br />

Kontrollmöglichkeiten der Legislative gegenüber der Exekutive <strong>und</strong> die Einrichtung eines<br />

Verfassungsgerichtes innerhalb eines Jahres vor. Es bleibt abzuwarten, inwieweit das Parlament in<br />

der Lage ist, die für die Implementierung der Verfassung erforderlichen Gesetze zügig zu<br />

verabschieden. Voraussetzung für die Fortsetzung des Reformprozesses ist ein Konsens zwischen<br />

den wichtigsten Politikern, die neue Verfassung zu respektieren <strong>und</strong> die Vielzahl an umstrittenen<br />

Fragen – u. a. in Bezug auf die Arbeit der Wahrheits- <strong>und</strong> Versöhnungskommission – im<br />

Kompromiss zu regeln.<br />

Ob die hoffnungsvollen Entwicklungen anhalten, wird sich im <strong>BTI</strong> 2014 zeigen. Eine politische<br />

Stabilisierung des Landes hätte auch positive Auswirkungen auf die Region, da Kenia das<br />

ökonomisch stärkste Land ist <strong>und</strong> erhebliches politisches Gewicht besitzt. Das politische Gewicht<br />

Kenias <strong>und</strong> die interessanten wirtschaftlichen Perspektiven – sollte das Land stabil bleiben –<br />

unterstreicht auch der Besuch von B<strong>und</strong>eskanzlerin Merkel im August 2011.<br />

Wie die Bewertungen von Ruanda (–0,22 Punkte) <strong>und</strong> Eritrea (–0,55 Punkte) zeigen, hat der Grad<br />

an Autoritarismus in beiden Ländern noch zugenommen. Auch Äthiopien wird weiterhin autoritär<br />

regiert. In Eritrea verstärkte sich der Druck auf die Bevölkerung noch, obwohl die Regierung<br />

ohnehin bereits die totale Kontrolle über alle Bereiche von Gesellschaft <strong>und</strong> Staat ausübt.<br />

Die Wahlen in Ruanda vom August 2010 zeigten erneut, dass die Bevölkerung keine Chance hat,<br />

einen Regierungswechsel an der Wahlurne zu erzwingen, da praktisch keine Oppositionellen an<br />

den Wahlen teilnehmen können <strong>und</strong> der Informationsstand der Bevölkerung aufgr<strong>und</strong> des<br />

Medienmonopols der Regierung gezielt gering gehalten wird. Die Wahlen waren daher lediglich


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formal frei, aber keinesfalls fair. Die durchaus existierenden demokratischen Institutionen sind eher<br />

Fassade, da die Macht im Lande völlig auf den Präsidenten <strong>und</strong> eine kleine Gruppe von Militärs<br />

<strong>und</strong> hohen Parteifunktionären konzentriert ist. Die Politik der Regierung Kagame orientiert sich in<br />

immer geringerem Ausmaß an demokratischen Prinzipien, auch weil der Regierung bewusst ist,<br />

dass dies von den Gebern weitestgehend toleriert wird.<br />

Dies gilt auch für Äthiopien unter der Herrschaft von Meles Zenawi, der das Land seit 1995 regiert.<br />

Die Wahlen vom Mai 2010 waren weder frei noch fair, da gegen Oppositionskandidaten <strong>und</strong> -<br />

anhänger massiv mit Gewalt vorgegangen wurde. Die Regierung verfügt nun über 99 Prozent der<br />

Sitze im Parlament. Auch nach den Wahlen hielt die Gewalt gegen Oppositionelle an, <strong>und</strong><br />

Gr<strong>und</strong>rechte wurden noch stärker als zuvor eingeschränkt.<br />

In den lusophonen Ländern Angola <strong>und</strong> Mosambik zeigen sich entgegengesetzte Trends. Während<br />

bei der politischen Transformation der Wert für Mosambik um 0,2 Punkte zurückging, verzeichnet<br />

Angola nur einen geringen Anstieg um 0,12 Punkte. Dabei floss die neue, in wichtigen Teilen<br />

weitaus weniger demokratische Verfassung vom Januar 2010 noch nicht vollständig in die<br />

Bewertung ein, da sie noch nicht angewendet wird. Die neue Verfassung sieht eine weitere<br />

Stärkung des das politische System ohnehin dominierenden Präsidentenamtes vor. Angolas neue<br />

Verfassung hebt in verschiedenen Bestimmungen praktisch die Gewaltenteilung auf.<br />

Präsidentenwahlen finden zukünftig nicht mehr statt, sondern der Parteivorsitzende der stärksten<br />

Partei im Parlament wird automatisch Präsident. Ob dieser Übergang vom präsidialen zum<br />

parlamentarischen System wirklich vollzogen wird, bleibt abzuwarten.<br />

Hinsichtlich der Klassifikation bleibt Angola ein Grenzfall zwischen einer gemäßigten Autokratie<br />

<strong>und</strong> einer stark defekten Demokratie. Bislang fanden lediglich 2008 Parlamentswahlen statt, die<br />

von den meisten externen Akteuren als gerade noch demokratisch bewertet wurden. Der Präsident<br />

ist entgegen der Verfassung nach wie vor nicht aus Wahlen hervorgegangen. Hinzu kommt, dass<br />

der gesamte politische Prozess unter strikter Kontrolle der Exekutive steht. Der erhebliche<br />

Ölreichtum des Landes wird ohne erforderliche Transparenz von einer kleinen Gruppe von<br />

Beratern <strong>und</strong> Würdenträgern aus Partei <strong>und</strong> Militär kontrolliert. Präsident dos Santos, der seit<br />

nunmehr 32 Jahren im Amt ist, hat angekündigt, bei den geplanten Wahlen <strong>2012</strong> nicht mehr<br />

anzutreten. Ob damit die weitgehende Transformationsblockade aufgelöst wird, ist fraglich.<br />

Die harten Repressionen in Eritrea, Äthiopien <strong>und</strong> Ruanda gegen eine insgesamt schwache<br />

Opposition <strong>und</strong> die Aversion gegen weiterreichende politische Reformen in Angola spiegeln die<br />

Angst der Herrschenden vor Machtverlust wider. Es gibt Anzeichen dafür, dass sie als übernervöse<br />

Reaktionen auf den aufziehenden „Arabischen Frühling“ interpretiert werden können. Dies gilt<br />

insbesondere für Angola, wo die Regierung selbst auf schwache Proteste im Internet sofort mit<br />

Gegenmaßnahmen <strong>und</strong> organisierten K<strong>und</strong>gebungen reagiert. Ein Überspringen der Rebellionen<br />

vom nordafrikanischen <strong>und</strong> arabischen Raum durch Massenmobilisierung ist aber zumindest in<br />

Ruanda <strong>und</strong> Angola kaum zu erwarten – zu tief ist dort die Erinnerung an gewaltsam ausgetragene<br />

Konflikte im kollektiven Gedächtnis verankert. Dies wird sich nur langfristig ändern können.


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Madagaskar weist innerhalb der Region die stärksten Verschlechterungen der Demokratiequalität<br />

auf (–1,55 Punkte). Die politische Entwicklung des Landes verlief im Untersuchungszeitraum<br />

turbulent: Im Januar 2009 erschossen Sicherheitskräfte bei Demonstrationen gegen den Präsidenten<br />

Marc Ravalomanana in der Hauptstadt Antanamarivo über 40 Menschen. Der Protest richtete sich<br />

zunächst gegen die Schließung eines Fernsehsenders <strong>und</strong> wurde zunehmend politisch. Gleichzeitig<br />

kam es zu Plünderungen. An die Spitze der Demonstranten stellte sich der erst 34-jährige<br />

Bürgermeister der Hauptstadt, Andry Rajoelina. Es gelang Rajoelina, die Unterstützung des<br />

Militärs zu gewinnen, <strong>und</strong> Präsident Ravalomanana wurde Ende März 2009 zum Rücktritt<br />

gezwungen. Die Militärs machten Rajoelina zum Regierungschef. Der Putsch verlief relativ<br />

gewaltlos. Anhänger des ehemaligen Präsidenten demonstrierten in der Folgezeit.<br />

Der Putsch wurde von der <strong>Afrika</strong>nischen Union <strong>und</strong> der internationalen Gemeinschaft als<br />

nichtverfassungsgemäßer Regierungswechsel verurteilt, die meisten Geber stellten ihre<br />

Unterstützung ein, <strong>und</strong> die <strong>Afrika</strong>nische Union verhängte Sanktionen. Seitdem fordern die<br />

madagassische Opposition, die <strong>Afrika</strong>nische Union, die Vereinten Nationen <strong>und</strong> internationale<br />

Geber gleichermaßen einen Zeitplan für die Rückkehr zu demokratischen Verhältnissen <strong>und</strong> faire<br />

Wahlen. Der Putsch auf Madagaskar hat bislang nur zu einer graduellen Verschlechterung der<br />

Freiheits- <strong>und</strong> Partizipationsrechte geführt, denn auch unter Ravalomanana waren die gesetzlich<br />

<strong>und</strong> verfassungsmäßig verbrieften demokratischen Rechte von Sicherheitskräften häufiger verletzt<br />

worden.<br />

Sowohl Aufstieg als auch Fall der Regierung Ravalomanana demonstrieren ein gr<strong>und</strong>sätzliches<br />

Problem in Madagaskar, das – in abgeschwächter Form – auch in anderen Staaten Subsahara-<br />

<strong>Afrika</strong>s besteht: Demokratische Institutionen werden von den Regierenden nicht respektiert <strong>und</strong><br />

sind zu schwach, um ein Gegengewicht zu politischen Führern zu bilden. Die Politik wird von<br />

Persönlichkeiten, den „big men“, bestimmt. Deswegen nimmt die Öffentlichkeit Politik als Kampf<br />

um die Macht Einzelner wahr. Nichtdemokratische Veto-Mächte wie Teile des Militärs können<br />

entscheidend im Kampf um die politische Macht sein.<br />

Zu Beginn seiner Amtszeit <strong>und</strong> bis zu seiner erneuten Wahl 2006 hatte Ravalomanana als<br />

Hoffnungsträger gegolten. Der Selfmade-Unternehmer präsentierte sich als unideologischer,<br />

technokratischer Modernisierer des Landes mit eindrucksvollen Plänen (z. B. Madagascar Action<br />

Plan). Hinzu kamen gekonnt inszenierte Auftritte auch auf internationaler Bühne. Vom Ausland<br />

wurde der populistische Präsident daraufhin massiv unterstützt. Wie der <strong>BTI</strong>-Länderbericht zu<br />

Madagaskar zeigt, erwiesen sich die Modernisierungspläne aber als zu ambitioniert, Reformen<br />

blieben in den Anfängen stecken, die Korruption konnte nicht eingedämmt werden, <strong>und</strong> die<br />

Lebensumstände der breiten Bevölkerung verbesserten sich nicht. Überdies verfolgte<br />

Ravalomanana aus seinem Amt weiterhin Geschäftsinteressen <strong>und</strong> vergrößerte während seiner<br />

Regierungszeit sein Firmenimperium. In der Folge verlor er die Unterstützung der Bevölkerung.<br />

Zum Bruch mit den Militärs <strong>und</strong> den Eliten kam es, als die Regierung 2008 erklärte, etwa ein<br />

Drittel des nutzbaren Landes an den südkoreanischen Daewoo-Konzern verpachten zu wollen.


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Die politischen Turbulenzen, deren Ende noch nicht absehbar ist, führen zu einer Stagnation der<br />

sozialen <strong>und</strong> teilweise auch der ökonomischen Entwicklung, nicht zuletzt, weil kaum noch<br />

Unterstützung von außen für das hochgradig davon abhängige Land geleistet wird. Die Zukunft des<br />

Landes bleibt unklar, da noch keine Einigung über einen Übergangsplan für die vom Präsidenten<br />

versprochene Rückkehr zur Demokratie besteht. Auch wenn die Bevölkerung zunehmend<br />

ungeduldig wird, so ist – gegenwärtig – noch kein Abgleiten des Landes in Anarchie oder<br />

Bürgerkrieg zu befürchten.<br />

Wirtschaftliche Transformation<br />

In der Region befinden sich zahlreiche der am wenigsten entwickelten Länder der Welt. Die<br />

meisten von ihnen sind als schlecht funktionierende oder sogar nur rudimentäre Marktwirtschaften<br />

zu bezeichnen. Die Wirtschaftssysteme weisen deutliche Schwächen bereits in ihrer Gr<strong>und</strong>struktur<br />

auf: Häufig spielt der informelle Sektor eine sehr wichtige Rolle, <strong>und</strong> Eingriffe des Staates in die<br />

Wirtschaft sind gang <strong>und</strong> gäbe. Dabei tritt die Regierung aber nicht als Regulativ von Marktkräften<br />

auf oder versucht durch Interventionen die Marktordnung zu stärken. Häufig dienen Interventionen<br />

persönlichen <strong>und</strong> Gruppeninteressen von politischen Eliten, die Patronage-Netzwerke alimentieren<br />

müssen. Durchaus vorhandene Wachstumserfolge kommen kaum der breiten Masse der<br />

Bevölkerung zugute. Ausländische Investitionen zielen primär auf den Rohstoffbereich. Trotz<br />

dieser problematischen Entwicklungen, die sich in den meisten Ländern finden (die Ausnahmen<br />

sind Botswana, Südafrika, Namibia <strong>und</strong> Mauritius), erreichten Angola, Simbabwe <strong>und</strong> Kenia im<br />

Vergleich zum <strong>BTI</strong> 2010 deutlich bessere Bewertungen. In etwas geringerem Maße gilt dies auch<br />

für Bur<strong>und</strong>i, Mauritius, Südafrika <strong>und</strong> Malawi.<br />

In Simbabwe gelange es der Regierung der nationalen Einheit, die Hyperinflation einzudämmen<br />

<strong>und</strong> ein moderates Wirtschaftswachstum zu erreichen. Allen drei Ländern ist gemeinsam, dass ein<br />

relativ niedriges Ausgangsniveau – in Kenia wirkten die gewalttätigen ethnischen<br />

Auseinandersetzungen von Anfang 2008 sich auf die Bewertungen im <strong>BTI</strong> 2010 aus – vorhanden<br />

war.<br />

Bur<strong>und</strong>is Einordnung veränderte sich positiv: Das Land wird im <strong>BTI</strong> <strong>2012</strong> in die Kategorie einer<br />

schlecht funktionierenden Marktwirtschaft eingeordnet. Dem zugr<strong>und</strong>e liegen bessere Bewertungen<br />

bei den Einzelwerten für Chancengleichheit, Bildung, aber auch makroökonomische Stabilität.<br />

Diese Veränderungen sind vor allem dem anhaltenden, dennoch fragilen Frieden in dem<br />

ehemaligen Bürgerkriegsland zu verdanken.<br />

Die positiven Entwicklungen in einer ganzen Reihe von Staaten im östlichen <strong>und</strong> südlichen <strong>Afrika</strong><br />

spiegeln aber auch die Tatsache wider, dass die Finanz- <strong>und</strong> Wirtschaftskrise dort keine<br />

gravierenden Spuren hinterließ.


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Trotz des forcierten Modernisierungskurses in Äthiopien <strong>und</strong> Ruanda ergaben sich im Vergleich<br />

zum <strong>BTI</strong> 2010 nur marginale Veränderungen. Auch in Nambia, Uganda, Sambia, Tansania <strong>und</strong><br />

Lesotho zeigten sich nur geringe positive oder negative Veränderungen; Botswanas Wert blieb<br />

vollkommen konstant auf hohem Niveau. In Äthiopien, Tansania <strong>und</strong> Lesotho bedingten schon<br />

geringe Veränderungen im Vergleich zum <strong>BTI</strong> 2010 eine Rückstufung in die Kategorie schlecht<br />

funktionierende bzw. rudimentäre Marktwirtschaft, da die Werte für diese Länder bereits im <strong>BTI</strong><br />

2010 an der Grenze zur nächstniedrigeren Kategorie lagen.<br />

In Somalia – dem Sonderfall eines „failing state“ bei den Bewertungen in allen drei<br />

Untersuchungsdimensionen – gibt es zwar wirtschaftliche Aktivitäten, doch fehlt jeder staatlicher<br />

Ordnungsrahmen. Die deutlichsten rückläufigen Tendenzen zeigen sich in Eritrea, Mosambik <strong>und</strong><br />

Madagaskar. Die Bilanz der wirtschaftlichen Transformation fällt in Madagaskar mit –0,29<br />

Punkten nach dem Staatsstreich relativ moderat aus. Ein Anhalten der politische Krise wird jedoch<br />

längerfristig gravierende Auswirkungen haben, insbesondere auf die soziale Lage der Bevölkerung<br />

<strong>und</strong> das Bildungswesen, denn die Geberstaaten, die in diese Bereiche massive Unterstützung<br />

leisten, sanktionieren die Putsch-Regierung mit der weitgehenden Einstellung der<br />

Entwicklungszusammenarbeit. Für die niedrigere Bewertung Mosambiks sind die Brotaufstände<br />

vom September 2010 <strong>und</strong> die ihnen zugr<strong>und</strong>eliegende Ungleichverteilung an Reichtum<br />

verantwortlich.<br />

Tab. 2: Entwicklungsstand der wirtschaftlichen Transformation<br />

Die sozioökonomische Situation in Eritrea hat sich katastrophal entwickelt. Wie bei den<br />

Bewertungen zur Qualität von politischer Transformation <strong>und</strong> Transformationsmanagement weisen<br />

auch im Bereich der wirtschaftlichen Transformation nahezu sämtliche Einzelwerte des wenig<br />

beachteten Landes eine negative Tendenz auf. Im Bereich der wirtschaftlichen Transformation<br />

betrug der Rückgang 1,18 Punkte. Eine wichtige Ursache für den ökonomischen Niedergang ist die


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Verschärfung der zeitlich unbegrenzten Zwangsrekrutierung der Bevölkerung für Militär- <strong>und</strong><br />

Arbeitsdienst im Rahmen des National Service. Hinzu kommt die nahezu totale Kontrolle der<br />

Wirtschaft durch die regierenden Militärs. Opposition ist angesichts des Ausmaßes der Repression<br />

kaum offen möglich, doch deuten Boykotte staatlicher Versammlungen darauf hin, dass die<br />

Bevölkerung die Verhältnisse nicht akzeptiert. H<strong>und</strong>erttausende vor allem junger Eritreer sehen in<br />

der Flucht ihre einzige Chance. Die Entwicklungsmöglichkeiten des Landes werden dadurch<br />

zusätzlich geschwächt.<br />

Auf den ersten Blick sind die Verbesserungen in Simbabwe beeindruckend (+0,71 Punkte). Doch<br />

eine genauere Analyse relativiert sie: Zum einen war das Ausgangsniveau angesichts der tiefen<br />

politisch-bedingten sozialen <strong>und</strong> ökonomischen Krise sehr niedrig. Zum anderen ist fraglich,<br />

inwieweit die Verbesserungen dauerhaft sind <strong>und</strong> ob eine weitere Stabilisierung der Wirtschaft<br />

gelingen kann. Nachdem das BIP zwischen 1998 <strong>und</strong> 2009 um schätzungsweise 40 Prozent<br />

zurückging, wuchs die simbabwische Wirtschaft 2010 erstmals wieder um 4,1 Prozent, andere<br />

Quellen gehen sogar von sieben Prozent aus, bei steigendem Pro-Kopf-Einkommen. Die<br />

Eindämmung der Inflation <strong>und</strong> das moderate Wirtschaftswachstum im Jahr 2010 waren dabei in<br />

erster Linie das Verdienst des simbabwischen Finanzministers Tendai Biti vom Movement for<br />

Democratic Change. Die Wirtschaft profitierte dabei von der Aufhebung der Preiskontrollen <strong>und</strong><br />

der Aussetzung der Landeswährung, des Zimbabwe-Dollar. Es wird allerdings noch dauern, bis<br />

sich die Wirtschaft wieder erholt, denn das BIP pro Kopf ging in Simbabwe im Langzeittrend um<br />

34 Prozent zurück.<br />

Die sozialen Indikatoren zeichnen ein katastrophales Bild: Die Lebenserwartung ging im gleichen<br />

Zeitraum um zwölf Jahre zurück, <strong>und</strong> insbesondere die Ndebele-Ethnie wird systematisch<br />

vernachlässigt, da sie im Verdacht steht, die politische Opposition zu unterstützen. Eine<br />

gr<strong>und</strong>legende Verbesserung der wirtschaftlichen <strong>und</strong> sozialen Lage des potenziell<br />

wirtschaftsstarken Landes kann nur durch politische Veränderungen erreicht werden, die bisher<br />

nicht in Sicht sind. Die Koalitionsregierung ist äußerst fragil, denn die beiden Parteien, die intern<br />

gespalten sind, bekämpfen sich; einen Konsens über Reformen (mit der Folge von politischen<br />

Veränderungen) gibt es nicht. Die für <strong>2012</strong> geplanten Wahlen könnten zu einer erneuten<br />

Polarisierung <strong>und</strong> Gewalt von Seiten der Regierung führen, denn wie die letzten Jahre gezeigt<br />

haben, klammert sich der 87-jährige Mugabe mit allen Mitteln an die Macht <strong>und</strong> nimmt dafür die<br />

Selbstzerstörung des Landes in Kauf. Für zusätzliche Spannungen sorgt die Frage, wer Nachfolger<br />

Mugabes werden könnte.<br />

Angola besitzt wie Libyen knapp zwei Prozent der Welterdölreserven <strong>und</strong> fördert täglich etwa 1,8<br />

Millionen Barrel, wodurch über 80 Prozent der Staatseinnahmen erwirtschaftet werden. Damit<br />

wäre eine ausreichende Gr<strong>und</strong>lage vorhanden, das kriegszerstörte Land wieder aufzubauen. Der<br />

Ölreichtum kommt der Mehrheit der Bevölkerung aber nicht zugute. Neuere Untersuchungen<br />

zeigen, dass fast 37 Prozent der Bevölkerung in absoluter Armut leben, die meisten davon in<br />

ländlichen Regionen, in denen nur wenig vom starken wirtschaftlichen Wachstum zu spüren ist.<br />

Auf der anderen Seite profitiert eine relative kleine Schicht der Bevölkerung von den Öleinnahmen<br />

<strong>und</strong> gelangt zu großem Reichtum. Die Regierung beginnt erst langsam damit, die extremen


<strong>BTI</strong> <strong>2012</strong> | <strong>Regionalbericht</strong> <strong>Östliches</strong> <strong>und</strong> <strong>südliches</strong> <strong>Afrika</strong> 11<br />

sozialen Ungleichheiten zu vermindern: Im Untersuchungszeitraum kam es zu einem klaren<br />

Anstieg von Investitionen im Bildungs- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsbereich. Gleichzeitig wird massiv in den<br />

Infrastrukturbereich investiert – mit China als dem wichtigsten Partner. Auch dadurch ist die<br />

Arbeitslosigkeit gesunken. Die höhere Bewertung Angolas im <strong>BTI</strong> <strong>2012</strong> (+0,71 Punkte) basiert vor<br />

allem auf dem verstärkten Engagement im Bildungs- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsbereich, daneben verbesserte<br />

sich die Situation im Bankensektor, <strong>und</strong> nach dem Krisenjahr 2009 gelang eine makroökonomische<br />

Stabilisierung. Die hohe Abhängigkeit vom Ölpreis birgt aufgr<strong>und</strong> der Preisschwankungen aber<br />

Risiken in der Zukunft.<br />

Transformationsmanagement<br />

Die im interregionalen Vergleich in der Gesamtschau leicht gesunkenen Managementleistungen in<br />

der Region (–0,16 Punkte) gehen auf zum Teil erhebliche Verschlechterungen des Managements in<br />

Madagaskar, Äthiopien, Mosambik, Eritrea, Somalia, Uganda <strong>und</strong> Sambia zurück. Positive<br />

Entwicklungen lassen sich für Simbabwe (von sehr niedrigem Niveau aus), Kenia, Malawi sowie<br />

begrenzt Angola <strong>und</strong> Ruanda konstatieren. In den beiden letztgenannten Ländern sind die<br />

Verbesserungen vor allem im Bereich des ökonomischen Managements <strong>und</strong> der nicht primär<br />

politischen Governance erzielt worden. Die Regierungen von Angola <strong>und</strong> Ruanda verfolgen eine<br />

autoritär angelegte Modernisierung ihrer Länder <strong>und</strong> stehen demokratischen Prinzipien eher<br />

ablehnend gegenüber.<br />

Tab. 3: Qualität des Transformationsmanagements<br />

In den ersten beiden Kategorien – sehr gutes Management <strong>und</strong> gutes Management – gab es keine<br />

Veränderungen im Vergleich zum <strong>BTI</strong> 2010. Botswana erreicht knapp die Einordnung in die


<strong>BTI</strong> <strong>2012</strong> | <strong>Regionalbericht</strong> <strong>Östliches</strong> <strong>und</strong> <strong>südliches</strong> <strong>Afrika</strong> 12<br />

höchste Kategorie, die von Mauritius wiederum nur knapp verfehlt wird. Sambia ist nun schlechter<br />

als zuvor in die Kategorie mit mäßigem Transformationsmanagement eingestuft worden. Das<br />

Transformationsmanagement Kenias wird aufgr<strong>und</strong> der eingeleiteten Reformen in Richtung einer<br />

rechtstaatlichen Demokratie im <strong>BTI</strong> <strong>2012</strong> wieder als mäßig eingestuft, nachdem es im <strong>BTI</strong> 2010 als<br />

„schwach“ eingeordnet worden war.<br />

Sambias Transformationsmanagement wird im <strong>BTI</strong> <strong>2012</strong> in die Kategorie „mäßig“ zurückgestuft.<br />

Eine wesentliche Ursache liegt darin, dass die Bereitschaft der Regierung, Reformen<br />

durchzuführen, nachgelassen hat: Prioritäten <strong>und</strong> Ziele werden eher halbherzig verfolgt. Die<br />

geringere, wenngleich noch deutlich über dem Durchschnitt der Teilregionen liegende Qualität des<br />

Transformationsmanagements in Uganda ergibt sich u. a. aus dem stark angewachsenen<br />

Haushaltsdefizit <strong>und</strong> der nach wie vor grassierenden Korruption, die auch zu Misswirtschaft bei<br />

Zuwendungen der Geber führt. Das Defizit des Haushaltes ist auch Ergebnis der<br />

Zweckentfremdung staatlicher Ressourcen für Wahlgeschenke (u. a. von Abgeordneten) <strong>und</strong> der<br />

Finanzierung der teuren Wahlkampagne mittels Zugriffs der Regierungspartei <strong>und</strong> des Präsidenten<br />

auf die Staatsfinanzen. Trotzdem besitzt Uganda sowohl im intra- als auch im interregionalen<br />

Vergleich noch ein relativ gutes Transformationsmanagement.<br />

Das Transformationsmanagement Angolas verbesserte sich nur geringfügig um 0,18 Punkte, gerade<br />

weil kaum Fortschritte im Hinblick auf das eine Leitbild des <strong>BTI</strong>, die rechtsstaatliche Demokratie<br />

erkennbar sind, sondern lediglich Fortschritte im Bereich der sozial abgestützten Marktwirtschaft.<br />

Ruanda wird vielfach von internationalen Organisationen wie z. B. der Weltbank attestiert,<br />

ernstzunehmende Anstrengungen für die Entwicklung des Landes zu unternehmen. Insbesondere<br />

Präsident Kagame, bereits seit 1994 im Amt, wird als die treibende Kraft für die teilweise<br />

erfolgreiche Modernisierung des Landes gesehen. Es ist das Verdienst der ruandischen Regierung,<br />

dass sich einige sozialen Indikatoren während der letzten Jahre verbessert haben. So ging<br />

beispielsweise die Kindersterblichkeit zurück, <strong>und</strong> der Kampf gegen Krankheiten wurde<br />

erfolgreich intensiviert. Hierbei konnte Ruanda die z. T. massive Unterstützung von internationalen<br />

öffentlichen Gebern <strong>und</strong> privaten Spendern gut nutzen. Die zumindest partiell erfolgreiche<br />

Modernisierung <strong>und</strong> die effektive Umsetzung der Maßnahmen geschieht allerdings unter<br />

autoritären Vorzeichen. Die Bewertung des Transformationsmanagements fällt daher zwiespältig<br />

aus, da einerseits ein wirtschaftlicher Liberalisierungskurs eingeschlagen wird <strong>und</strong><br />

Prioritätensetzung <strong>und</strong> Implementierung der Politik durchaus effektiv ist, andererseits die<br />

Demokratiequalität abgenommen hat.<br />

Die Regierung Äthiopiens verfolgt einen strikten <strong>und</strong> autoritären Modernisierungskurs,<br />

vergleichbar mit dem der Regierung Kagame in Ruanda. Die Zunahme an Repression <strong>und</strong> die<br />

widersprüchliche Implementierung von Reformen in Richtung Marktwirtschaft – die Regierung<br />

<strong>und</strong> die Regierungspartei wollen nicht die Kontrolle über weite Teile der Wirtschaft verlieren –<br />

führte zu einer klaren Abwertung beim Transformationsmanagement.


<strong>BTI</strong> <strong>2012</strong> | <strong>Regionalbericht</strong> <strong>Östliches</strong> <strong>und</strong> <strong>südliches</strong> <strong>Afrika</strong> 13<br />

Bis vor wenigen Jahren galt Mosambik als ein Modell für den erfolgreichen Wiederaufbau eines<br />

Bürgerkriegslandes mit hohen Wachstumsraten <strong>und</strong> einer politischen Aussöhnung zwischen den<br />

ehemaligen Bürgerkriegsparteien. In der Folge engagierten sich die Geberstaaten mit massiven<br />

Hilfen. Mittlerweile hat sich aufseiten der Geberstaaten Enttäuschung über ausbleibende<br />

Entwicklungsfortschritte breitgemacht. Die Entwicklungsblockaden des Landes sind zu einem<br />

guten Teil politischer Natur: Die Verquickung von Politik <strong>und</strong> Wirtschaft nahm unter dem 2009<br />

wiedergewählten Präsidenten Armando Emilio Guebuza zu. Dies stellte auch der African Peer<br />

Review Mechanism – ein freiwilliger Überprüfungsprozess der jeweiligen Regierungsführung<br />

durch andere afrikanische Staaten unter Einschluss der Zivilgesellschaft – fest. Der Präsident <strong>und</strong><br />

so gut wie alle führenden Frelimo-Politiker sind in der staatlichen <strong>und</strong> privaten Wirtschaft aktiv.<br />

Die Elite der Politik <strong>und</strong> Gesellschaft dominierenden Frelimo-Partei besitzt fast ungehinderten<br />

Zugriff auf die Ressourcen des Landes. Die starke Parteidisziplin innerhalb der Frelimo, die das<br />

Parlament dominiert, macht eine wirkungsvolle Kontrolle der Exekutive fast unmöglich.<br />

Im September 2010 brachen vor allem in der Hauptstadt Maputo Brotaufstände aus, bei denen über<br />

ein Dutzend Protestierer getötet wurden. Die Regierung entschloss sich später zur Rücknahme der<br />

Preiserhöhungen. Die Aufstände demonstrierten die Unzufriedenheit der Bevölkerung vor allem<br />

mit der sozialen Entwicklung. Trotz eindrucksvoller Wachstumsraten von 6,4 Prozent <strong>und</strong> 7<br />

Prozent in den Krisenjahren der Weltkonjunktur 2009 <strong>und</strong> 2010 ist der Anteil der Armen in<br />

Mosambik in den letzten Jahren gestiegen. Von 187 Ländern im Human Development Index (HDI)<br />

liegt Mosambik trotz starken Wachstums auf Rang 184.<br />

Mosambik hat an Ansehen <strong>und</strong> Glaubwürdigkeit bei den Geberstaaten verloren, die nach<br />

Schätzungen für 45 Prozent der Budgets aufkommen. Sie kritisieren die anhaltend hohe Korruption<br />

<strong>und</strong> Probleme in der Koordination <strong>und</strong> der Implementierung von Entwicklungshilfemaßnahmen.<br />

Sie scheitern oft an einer wenig effizienten Bürokratie, die mit der Umsetzung komplexer<br />

Programme häufig überfordert ist. Mosambik wird immer stärker zu einem Beispiel für den Mangel<br />

an guter Regierungsführung.<br />

Der herausragende Aspekt der Managementleistung Südafrikas bestand in der erfolgreichen<br />

Durchführung der ersten auf afrikanischem Boden ausgetragenen Fußball-Weltmeisterschaft in<br />

Südafrika. Der Mega-Event ging ohne größere Probleme über die Bühne, <strong>und</strong> die Befürchtungen,<br />

dass Kriminalität <strong>und</strong> Desorganisation zu einem Desaster führen würden, bewahrheiteten sich<br />

nicht. Die Hoffnungen, dass die WM die gemeinsame Identität der Südafrikaner stärken würde,<br />

waren allerdings übertrieben. Der Gr<strong>und</strong> dafür lag weniger im Ausscheiden der „Bafana, Bafana“<br />

(„Unsere Jungs“), wie die Südafrikaner ihr Team nennen, sondern in den kontroversen<br />

Diskussionen über Kosten <strong>und</strong> Nutzen der WM für die soziale <strong>und</strong> ökonomische Entwicklung des<br />

Landes. Die Regierung investierte massiv in den Aufbau neuer Stadien <strong>und</strong> die unzureichende<br />

Infrastruktur. Für Kritiker waren diese Milliardeninvestitionen eine falsche Prioritätensetzung. Sie<br />

verwiesen auf die akuten sozialen Probleme des Landes mit hoher Arbeitslosigkeit, Armut <strong>und</strong><br />

Engpässen bei Wohnungen. Auch wenn noch keine abschließende Bilanz der WM vorliegt, so<br />

halten sich die direkten positiven Effekte in Grenzen. Mittel- bis langfristig können sich


<strong>BTI</strong> <strong>2012</strong> | <strong>Regionalbericht</strong> <strong>Östliches</strong> <strong>und</strong> <strong>südliches</strong> <strong>Afrika</strong> 14<br />

Infrastrukturmaßnahmen <strong>und</strong> das verbesserte Image des Landes insbesondere für den Tourismus<br />

durchaus auszahlen.<br />

Ausblick<br />

Im Vergleich mit dem vorherigen Untersuchungszeitraum verschlechterten sich im <strong>BTI</strong> <strong>2012</strong> die<br />

Werte für die politische Transformation im östlichen <strong>und</strong> südlichen <strong>Afrika</strong> in geringem Maße <strong>und</strong><br />

für das Transformationsmanagement etwas stärker. Lediglich im Bereich der wirtschaftlichen<br />

Transformation überwogen die positiven Veränderungen. Der Reformeifer vieler Staats- <strong>und</strong><br />

Regierungschefs hat nachgelassen, <strong>und</strong> das Ziel des – mehr oder minder demokratisch legitimierten<br />

– Machterhalts besitzt Priorität. In dieser Situation könnten theoretisch externe Akteure Anstöße<br />

für weitergehende Reformen geben. Die Position westlicher Akteure, die im weitesten Sinne das<br />

normative Leitbild des <strong>BTI</strong> teilen, ist allerdings während der letzten Jahre schwächer geworden.<br />

Dies gilt insbesondere in der Zusammenarbeit mit afrikanischen Staaten, deren Abhängigkeit von<br />

Entwicklungshilfe relativ gering ist <strong>und</strong> die auf den Weltmärkten stark gefragte Rohstoffe<br />

verkaufen können, wie beispielsweise Angola.<br />

Doch auch Staaten, die hochgradig vom Zufluss ausländischer Hilfe abhängig sind – u. a. Ruanda,<br />

Uganda, Mosambik, Äthiopien, Madagaskar, Malawi – nehmen zwar Unterstützung an, richten ihre<br />

Politik aber nicht an den normativen Vorstellungen von Demokratie <strong>und</strong> Marktwirtschaft aus,<br />

sondern verstoßen sogar zum Teil offen dagegen, wie Ruanda, Äthiopien <strong>und</strong> Madagaskar. Häufig<br />

bleibt dies für die Länder folgenlos (Ausnahme Madagaskar). Dafür sind verschiedene Faktoren<br />

erklärungsrelevant: Zum einen ist eine gewisse Gebermüdigkeit in puncto <strong>Afrika</strong> zu erkennen, die<br />

zu Passivität <strong>und</strong> Desinteresse führt. Sie wird noch verstärkt durch eine an Vehemenz zunehmende<br />

F<strong>und</strong>amentalkritik an Entwicklungshilfe <strong>und</strong> Demokratieförderung insgesamt. Die Toleranz der<br />

Geber gegen Verletzungen demokratischer Prinzipien <strong>und</strong> Menschenrechte erklärt sich auch mit<br />

konkurrierenden Zielen <strong>und</strong> Prioritäten: Vor allem in ehemaligen Bürgerkriegsländern wie Ruanda<br />

überwiegt das Interesse an einer tatsächlichen oder vermeintlichen Stabilität. Äthiopien wird als<br />

regionaler Stabilitätsanker in einer fragilen Region <strong>und</strong> Bündnispartner im Kampf gegen den<br />

Terrorismus (zumindest von einigen Gebern wie den USA) betrachtet <strong>und</strong> daher nur verhalten<br />

wegen seines autoritären Charakters kritisiert.<br />

Zudem ist der politische Spielraum für afrikanische Staaten größer geworden, da zumindest im<br />

Wirtschaftsbereich (mit China, aber auch Indien <strong>und</strong> sogar Brasilien) alternative Partner<br />

bereitstehen. Weiterhin verliert das westliche Wirtschafts- <strong>und</strong> Gesellschafsmodell an Attraktivität.<br />

Einige afrikanische Regierungschefs (etwa in autoritären Staaten wie Ruanda <strong>und</strong> Äthiopien)<br />

betrachten eher die Modernisierungserfolge ostasiatischer Staaten <strong>und</strong> Chinas als Vorbild. Dies<br />

spiegelt sich beispielsweise in der südafrikanischen Diskussion über das Ziel des „developmental<br />

state“ wider. Hier wird vor allem auf Malaysia verwiesen.


<strong>BTI</strong> <strong>2012</strong> | <strong>Regionalbericht</strong> <strong>Östliches</strong> <strong>und</strong> <strong>südliches</strong> <strong>Afrika</strong> 15<br />

In den aktuellen afrikanischen Diskussionen erhält der Staat als Entwicklungsagentur eine zentrale<br />

Rolle zugewiesen. Der Verzicht nichtwestlicher Partner auf politische Konditionalitäten macht die<br />

Kooperation für afrikanische Regierungen <strong>und</strong> Bürokratien einfacher <strong>und</strong> vermittelt afrikanischen<br />

Führern den Eindruck, auf gleicher Augenhöhe mit diesen Gebern zu sein. Auch der symbolische<br />

Effekt, dass die neuen Geber teilweise selbst Opfer der Kolonialisierung waren <strong>und</strong> daher eben<br />

nicht ehemalige Kolonialmächte Ratschläge <strong>und</strong> Ermahnungen erteilen, sollte nicht unterschätzt<br />

werden. Verstärkt wird die Renaissance der Vorstellung des Staates als Entwicklungsmotor <strong>und</strong> das<br />

Interesse an autoritärer Modernisierung noch durch die aktuelle Wirtschafts- <strong>und</strong> Schuldenkrise in<br />

Europa <strong>und</strong> den USA. Das Umfeld für externe Unterstützung von westlicher Seite ist damit<br />

wesentlich ungünstiger als noch vor 20 Jahren. Sollten die neuen aufsteigenden Staaten stärker<br />

direkt in die Entwicklungsfinanzierung <strong>und</strong> Kreditvergabe einsteigen, wie dies China schon<br />

begonnen hat, so werden der westliche Einfluss <strong>und</strong> die Möglichkeiten, politische Reformen zu<br />

unterstützen, tendenziell weiter zurückgehen.


<strong>BTI</strong> <strong>2012</strong> | <strong>Regionalbericht</strong> <strong>Östliches</strong> <strong>und</strong> <strong>südliches</strong> <strong>Afrika</strong> 16<br />

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