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JAhRESTAGE<br />
Im Oktober letzten Jahres ers<strong>ch</strong>ütterte Philip<br />
Roth während eines Interviews mit einem<br />
französis<strong>ch</strong>en Kulturmagazin seine<br />
riesige Fangemeinde: Der 2010 veröffentli<strong>ch</strong>e<br />
Roman «Nemesis» sei sein letztes Werk,<br />
er ziehe si<strong>ch</strong> vom S<strong>ch</strong>reiben zurück. Man<br />
kann diesen S<strong>ch</strong>ritt viellei<strong>ch</strong>t besser verstehen,<br />
wenn man weiss, dass der US-Amerikaner<br />
am 19. März dieses Jahres seinen 80.<br />
Geburtstag feiert. Roths Verlag liess verlauten,<br />
der S<strong>ch</strong>riftsteller habe in den letzten<br />
Jahren no<strong>ch</strong> einmal alle seine eigenen Bü<strong>ch</strong>er<br />
sowie die Werke seiner Lieblingsautoren<br />
Hemingway, Conrad und Dostojewski<br />
ge<strong>lesen</strong> – und habe jetzt mit der Literatur<br />
abges<strong>ch</strong>lossen. Glückli<strong>ch</strong>erweise bedeutet<br />
das ni<strong>ch</strong>t, dass Roth au<strong>ch</strong> glei<strong>ch</strong> seine Bü<strong>ch</strong>er<br />
vom Markt nimmt. So können wir die<br />
zumeist eher s<strong>ch</strong>malen Werke des Meisters<br />
weiterhin geniessen – zu empfehlen sind vor<br />
allem «Das sterbende Tier», «Der mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e<br />
Makel» und «Amerikanis<strong>ch</strong>es Idyll».<br />
Während man beim stets jugendli<strong>ch</strong> wirkenden<br />
Philip Roth viellei<strong>ch</strong>t denkt: «Was, der<br />
ist s<strong>ch</strong>on 80?», staunt man bei Bob Woodward<br />
wohl in die umgekehrte Ri<strong>ch</strong>tung:<br />
«Was, der ist erst 70?» Woodwards Name<br />
bleibt untrennbar mit dem Watergate-Skandal<br />
verbunden, und der ist ja s<strong>ch</strong>on längst<br />
Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te. 1972 war Woodward Journalist<br />
bei der «Washington Post»; zusammen mit<br />
Carl Bernstein deckte er die Korruption der<br />
US-Regierung auf, was s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> zum<br />
Rücktritt von Präsident Nixon führte. Woodward<br />
wurde dur<strong>ch</strong> die gefährli<strong>ch</strong>en Enthüllungen<br />
zu einer Medien-Ikone, und bis heute<br />
zählt er zu den ganz Grossen seines Fa<strong>ch</strong>s.<br />
Dank seiner hervorragenden Kontakte ist<br />
fast jedes seiner Sa<strong>ch</strong>bü<strong>ch</strong>er ein Ereignis;<br />
zuletzt ers<strong>ch</strong>ien von ihm auf Deuts<strong>ch</strong> bei<br />
DVA der Insider-Beri<strong>ch</strong>t «Obamas Kriege»<br />
über die Aussenpolitik des US-Präsidenten.<br />
Glei<strong>ch</strong> alt – und glei<strong>ch</strong> jung – wie Bob Woodward<br />
ist eine ganze andere Figur, die si<strong>ch</strong><br />
tief in unser Bewusstsein eingegraben hat:<br />
«Der kleine Prinz». Am 6. April 1943, <strong>als</strong>o<br />
vor genau 70 Jahren, ers<strong>ch</strong>ien das Bu<strong>ch</strong> von<br />
Antoine de Saint-Exupéry zum ersten Mal.<br />
Veröffentli<strong>ch</strong>t wurde es in New York glei<strong>ch</strong>zeitig<br />
in einer englis<strong>ch</strong>en und einer französis<strong>ch</strong>en<br />
Version. Bis heute wurde das Plädoyer<br />
für Freunds<strong>ch</strong>aft und Mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>keit in<br />
180 Spra<strong>ch</strong>en und Dialekte übersetzt – sogar<br />
auf Lateinis<strong>ch</strong>. Momentan ist es auf<br />
Deuts<strong>ch</strong> in unzähligen Varianten erhältli<strong>ch</strong>;<br />
eben ers<strong>ch</strong>ien bei Ars Edition ein Ges<strong>ch</strong>enkbu<strong>ch</strong><br />
mit den s<strong>ch</strong>önsten Zitaten aus dem<br />
Originaltext, es gibt ein 3D-Mal- und Erlebnisbu<strong>ch</strong>,<br />
ein Babyalbum, eine Version für<br />
Erstleser, ein Ho<strong>ch</strong>zeitsbu<strong>ch</strong>, einen zehnteiligen<br />
Comic, einen Pop-up-Band und so weiter<br />
und so weiter. Der Autor hat den Riesenerfolg<br />
seines Mär<strong>ch</strong>ens ni<strong>ch</strong>t erleben<br />
können: 1944 stürzte er bei einem Aufklärungsflug<br />
ins Mittelmeer und vers<strong>ch</strong>wand<br />
für immer.<br />
Am 21. Mai wird einer der ganz grossen<br />
S<strong>ch</strong>weizer Autoren 75 Jahre alt: Urs Widmer.<br />
Der vielfa<strong>ch</strong> ausgezei<strong>ch</strong>nete Basler ist<br />
ein universeller Viels<strong>ch</strong>reiber; sein grosses<br />
Werk umfasst Romane, Erzählungen, Hörspiele<br />
und oft gespielte Theaterstücke. Der<br />
Grundton, den Widmer ans<strong>ch</strong>lägt, ist meist<br />
lei<strong>ch</strong>t ironis<strong>ch</strong> und ma<strong>ch</strong>t selbst sozialkritis<strong>ch</strong>e<br />
Inhalte erstaunli<strong>ch</strong> lei<strong>ch</strong>t lesbar. Um so<br />
s<strong>ch</strong>öner, dass Diogenes zum Geburtstag einen<br />
fast 800 Seiten dicken S<strong>ch</strong>möker veröffentli<strong>ch</strong>t:<br />
«Gesammelte Erzählungen»<br />
rei<strong>ch</strong>t von Widmers Erstling «Alois» aus<br />
dem Jahr 1968 bis zu aktuellen Werken.<br />
Die meisten Medien mö<strong>ch</strong>ten immer etwas<br />
s<strong>ch</strong>neller sein <strong>als</strong> alle anderen – deshalb<br />
ers<strong>ch</strong>einen Jahresrückblicke für gewöhnli<strong>ch</strong><br />
bereits Ende November. Und deshalb ist<br />
au<strong>ch</strong> ein Jahrestag meistens s<strong>ch</strong>on überall<br />
bis zum Abwinken abgehandelt, wenn er<br />
dann endli<strong>ch</strong> eintritt. So verhält es si<strong>ch</strong> zum<br />
Beispiel mit dem 200. Geburtstag von Ri<strong>ch</strong>ard<br />
Wagner am 22. Mai: Seit Monaten<br />
überquellen die Feuilletons von Würdigungen<br />
des Komponisten, und au<strong>ch</strong> der Bu<strong>ch</strong>markt<br />
versu<strong>ch</strong>t s<strong>ch</strong>on seit einiger Zeit, aus<br />
dem Jubiläum Kapital zu s<strong>ch</strong>lagen. Piper,<br />
dtv, Diogenes, Beltz & Gelberg, Reclam und<br />
viele andere publizieren neue oder neu aufbereitete<br />
Biografien, C.H.Beck wirft mit «Ri<strong>ch</strong>ard<br />
Wagner und die Deuts<strong>ch</strong>en» einen<br />
Blick auf eine «Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te von Hass und<br />
Hingabe», es gibt viel Neues über einzelne<br />
Werke, über Bayreuth und Wagners Familie.<br />
Unser vorläufiger Liebling unter all den<br />
Neuers<strong>ch</strong>einungen: «Ri<strong>ch</strong>ard Wagner mit<br />
den Augen seiner Hunde betra<strong>ch</strong>tet» von<br />
Kerstin Decker, ers<strong>ch</strong>ienen bei Berenberg.<br />
S<strong>ch</strong>on der Verlagstext ist hübs<strong>ch</strong>: «Kerstin<br />
Decker hat diesen Begleitern, die ihrem<br />
Herrn gewiss treuer ergeben waren <strong>als</strong> dieser<br />
den Frauen, ein Bu<strong>ch</strong> gewidmet.»<br />
© Isolde oHlbaum<br />
Leute, die das mögen, mögen au<strong>ch</strong> ...<br />
Oft ist die letzte Seite eines Bu<strong>ch</strong>s jene, die<br />
man am wenigsten mag – weil man ni<strong>ch</strong>t<br />
mö<strong>ch</strong>te, dass das Lesevergnügen s<strong>ch</strong>on zu<br />
Ende ist. Glückli<strong>ch</strong>erweise gibt es Fa<strong>ch</strong>leute,<br />
die einem in sol<strong>ch</strong>en Momenten Bü<strong>ch</strong>er<br />
mit verglei<strong>ch</strong>baren Qualitäten empfehlen<br />
können – Fa<strong>ch</strong>leute wie Désirée Stucki von<br />
Orell Füssli Frauenfeld. Die 29-Jährige ist<br />
begeisterte Bu<strong>ch</strong>händlerin. «Mir gefällt vor<br />
allem die Arbeit mit den<br />
Kundinnen und Kunden»,<br />
sagt sie. «Es ist eine tolle<br />
Herausforderung, auf die<br />
einzelnen Kundenwüns<strong>ch</strong>e<br />
einzugehen. Der Job<br />
ist zudem extrem abwe<strong>ch</strong>slungsrei<strong>ch</strong>.»<br />
Heute<br />
hat sie einen überras<strong>ch</strong>enden<br />
Tipp für alle, die<br />
«S<strong>ch</strong>iffbru<strong>ch</strong> mit Tiger»<br />
von Yann Martel liebten –<br />
das Bu<strong>ch</strong> kam ja kürzli<strong>ch</strong><br />
<strong>als</strong> «Life of Pi» in die Kinos.<br />
«Bei den Kinderbü<strong>ch</strong>ern<br />
habe i<strong>ch</strong> eine witzige Parallele dazu<br />
gefunden», sagt Désirée Stucki, «sie heisst<br />
‹Bär im Boot›, ges<strong>ch</strong>rieben und illustriert<br />
von Dave Shelton. S<strong>ch</strong>on das Cover, das<br />
sehr abgegriffen aussieht, gefiel mir, und<br />
der Klappentext überzeugte mi<strong>ch</strong> dann,<br />
das Bu<strong>ch</strong> zu <strong>lesen</strong> – er kündigt einen Buben,<br />
einen Bären und ein Boot an, dazu ein<br />
Seeungeheuer, drei S<strong>ch</strong>iffbrü<strong>ch</strong>e und ein<br />
gefährli<strong>ch</strong>es Sandwi<strong>ch</strong>. Tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> enthält<br />
das Bu<strong>ch</strong> genau diese Zutaten. Ein Bub<br />
steigt mit seinem Koffer in das Boot Harriet.<br />
Dessen Kapitän ist ein Bär, und der<br />
soll den Buben nun irgendwo hinbringen.<br />
Die Umstände werden ni<strong>ch</strong>t erläutert, und<br />
sie spielen au<strong>ch</strong> keine Rolle. Aufgrund ‹unvorhersehbarer<br />
Anomalien im Strömungsverlauf›<br />
kommt der Bär von der Route ab,<br />
und von da an paddeln die beiden verloren<br />
über den endlosen Ozean. Aus Langeweile<br />
spielen sie ‹i<strong>ch</strong> sehe was, was du ni<strong>ch</strong>t<br />
siehst›, und der Bär ist tief beeindruckt,<br />
wie s<strong>ch</strong>nell der Bub ‹etwas<br />
Blaues› identifizieren kann.<br />
Irgendwann kommt es zur<br />
Begegnung mit einem Seeungeheuer,<br />
die Harriet geht<br />
verloren, die beiden landen<br />
auf einer mysteriösen Insel,<br />
es gibt einen s<strong>ch</strong>weren<br />
Sturm, der so stolze Bär<br />
verliert den Mut und endgültig<br />
sein Boot – und am<br />
Ende paddelt der Bub auf<br />
dem Bären Ri<strong>ch</strong>tung Sonnenuntergang<br />
... Die Parallelen<br />
zu ‹S<strong>ch</strong>iffbru<strong>ch</strong> mit<br />
Tiger› sind offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>, hier wie dort<br />
geht es um eine Zweckgemeins<strong>ch</strong>aft zwis<strong>ch</strong>en<br />
einem Mens<strong>ch</strong>en und einem Tier auf<br />
kleinstem Raum, darum, wie si<strong>ch</strong> das Verhältnis<br />
zwis<strong>ch</strong>en den beiden entwickelt,<br />
wie die Hauptfiguren voneinander abhängig<br />
sind – und um ein gewaltiges und sehr<br />
unterhaltsames Abenteuer auf hoher See.<br />
Natürli<strong>ch</strong> ist ‹Bär im Boot› ein Kinderbu<strong>ch</strong>,<br />
aber Erwa<strong>ch</strong>sene können das ebenso gut<br />
<strong>lesen</strong>. I<strong>ch</strong> werde es jedenfalls allen zeigen,<br />
denen ‹S<strong>ch</strong>iffbru<strong>ch</strong> mit Tiger› gefallen<br />
hat!»<br />
© nancy cramPton 8 | nOtIzenbooks nr. 1/2013 alle bü<strong>ch</strong>er finden sie au<strong>ch</strong> auf nOtIzen | 9<br />
WettbeWerbs-GeWiNNer<br />
In der letzten Ausgabe von «<strong>Books</strong>» verlosten wir unter den Teilnehmenden unseres<br />
Kreuzworträtsel-Wettbewerbs drei Bü<strong>ch</strong>erguts<strong>ch</strong>eine. Gewonnen haben:<br />
1. Preis: Brigitte Boir, Wettingen<br />
2. Preis: Martina Kos<strong>ch</strong>enz, Winterthur<br />
3. Preis: Sandra S<strong>ch</strong>uhma<strong>ch</strong>er, Züri<strong>ch</strong><br />
Herzli<strong>ch</strong>e Gratulation!<br />
Das Lösungswort lautete übrigens «Kriminalges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te». Die Gewinnerinnen und Gewinner<br />
der Preise 4 bis 10 werden s<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong> bena<strong>ch</strong>ri<strong>ch</strong>tigt. Das aktuelle Kreuzworträtsel<br />
finden Sie in dieser Ausgabe auf Seite 48.<br />
Liebe<br />
ist<br />
ni<strong>ch</strong>t immer<br />
das, was man<br />
denkt.<br />
Louisa weiß, dass sie ihren Freund<br />
Patrick eigentli<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t liebt. Sie<br />
weiß ni<strong>ch</strong>t, dass sie s<strong>ch</strong>on bald<br />
ihren Job verlieren wird. Will<br />
weiß, dass es nie wieder so sein<br />
wird wie vor dem Unfall – und<br />
dass er dieses neue Leben ni<strong>ch</strong>t<br />
führen will. Er weiß ni<strong>ch</strong>t, dass er<br />
s<strong>ch</strong>on bald Lou begegnen wird …<br />
Eine Liebesges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te, anders <strong>als</strong><br />
alle anderen. Die Liebesges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te<br />
von Lou und Will.<br />
Mehr Infos: www.bu<strong>ch</strong>-boutique.de