39. nah dran 03-03 081003 - B. Braun Melsungen AG
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Ein Gespräch mit Prim. Univ.-Doz. Dr. Heinrich Magometschnigg und Christian Potsch<br />
Herr Dr. Magometschnigg,<br />
was gibt es an Kongressveranstaltungen<br />
auszusetzen?<br />
Ich habe in letzter Zeit festgestellt,<br />
dass Tagungen zunehmend<br />
zum Selbstzweck<br />
werden und sich mehr und<br />
mehr von dem entfernen, was<br />
sie doch eigentlich sein<br />
sollten: wesentliche Plattform<br />
der medizinischen sowie<br />
gesellschaftlichen und standespolitischen<br />
Verständigung.<br />
Kongresse werden "durchgepeitscht",<br />
statt als Meinungsbildner,<br />
Zündfunke und<br />
Korrektiv wissenschaftlicher<br />
Aktivitäten zu fungieren.<br />
Notwendige Diskussionen<br />
werden abgewürgt und man<br />
gewinnt den Eindruck, die<br />
Durchführung einer Tagung<br />
sei wichtiger als ihr Inhalt. Ein<br />
weiterer bedeutsamer Ansatzpunkt<br />
war die Verbesserung<br />
der Kommunikationsstrukturen<br />
zwischen Ärzten<br />
und den Vertretern der Medizinprodukte-Industrie;<br />
auch<br />
hier fallen m. E. wertvolle Synergie-Effekte<br />
einer schlechten<br />
räumlichen Planung und<br />
einem unangemessenen Zeitkorsett<br />
zum Opfer.<br />
Wie stellen Sie sich den<br />
"idealen Kongress" vor?<br />
Kongresse sollten den wissenschaftlichen<br />
Zeitgeist verbreiten,<br />
einen Anstoß zu kreativem<br />
Denken geben und eine<br />
Atmosphäre schaffen, die das<br />
persönliche Gespräch und den<br />
Austausch untereinander<br />
nicht behindert, sondern fördert.<br />
Wie sonst kann Konsens<br />
gefunden, kann Wissen erworben<br />
und nutzbar werden,<br />
können hilfreiche Anregungen<br />
zum Wohl der Patienten konstruktiv<br />
diskutiert und weitergegeben<br />
werden? Auf Kongressen<br />
sieht man mittlerweile<br />
nur noch gestresste<br />
Ärzte von einem Vortrag zum<br />
anderen hetzen, von Diskurs<br />
und Austausch keine Spur.<br />
Welche Konsequenzen haben<br />
Sie aus dieser Erkenntnis<br />
gezogen?<br />
Wir haben in Herrn Potsch<br />
einen kreativen Ideengeber<br />
gefunden, der als Werbegrafiker<br />
einerseits den nötigen<br />
Abstand zur gängigen<br />
chirurgischen Kongresspraxis<br />
hat sowie andererseits das<br />
nötige Potential mitbringt,<br />
ungewöhnliche Ideen zu entwickeln<br />
und konzeptionell<br />
umzusetzen. Wir wollten mit<br />
unserer Veranstaltung keine<br />
Demonstration hehrer Wissenschaft<br />
geben, sondern<br />
vielmehr den Versuch unternehmen,<br />
die "multifunktionale<br />
Kommunikationsinsel"<br />
Kongress wieder zum Leben<br />
zu erwecken. Ihre Reanimation<br />
sollte in einer Art<br />
"Entschleunigung" und im<br />
"kreativen Müßiggang" erfol-<br />
gen, um damit den Kongress<br />
wieder mit mehr Leben zu<br />
füllen. Dass das neue Konzept<br />
MEET – TALK + :-) den Nerv<br />
der Gäste getroffen hat, lässt<br />
sich an dem durchweg positiven<br />
Feedback der Teilnehmer<br />
sehr gut ablesen.<br />
Herr Potsch, Sie hatten mit<br />
der Entwicklung eines neuen<br />
Kongress-Konzeptes eine<br />
nicht ganz einfache Aufgabe<br />
zu erfüllen. Wie sind Sie<br />
vorgegangen?<br />
Ich musste mir zunächst eine<br />
zuverlässige Ausgangsbasis<br />
schaffen. Es lag also <strong>nah</strong>e,<br />
Ärzte mittels Fragebögen und<br />
in Einzelgesprächen zum Thema<br />
"Tagung" zu interviewen.<br />
Ich habe die Ärzte gefragt,<br />
warum sie Tagungen besuchen,<br />
welche Erwartungen sie<br />
an eine solche Veranstaltung<br />
haben und was sie sich in<br />
Zukunft hinsichtlich der Kongressorganisation<br />
wünschen.<br />
Die Ergebnisse der Interviews<br />
waren erstaunlich homogen<br />
und ließen einen ganz<br />
bestimmten "Trend" erkennen.<br />
"Die Realität bleibt hinter den<br />
Wünschen zurück ..."<br />
Die Ärzte besuchen Tagungen,<br />
um Neues zu hören und<br />
Erfahrungen auszutauschen<br />
aber auch, um Kollegen zu<br />
treffen sowie Kontakte zu<br />
knüpfen und zu vertiefen. Bei<br />
den Erwartungen zeigte sich,<br />
dass neben aktuellen Fachinformationen<br />
eine gute<br />
Organisation mit moderner<br />
Technik und ein angenehmes<br />
Ambiente eine große Rolle<br />
spielen. Die Mehrzahl der<br />
Befragten wünschte sich,<br />
mehr Zeit zu haben, in<br />
ungezwungener Atmosphäre<br />
zu kommunizieren, sich wohl<br />
zu fühlen und etwas zu<br />
erleben sowie den Kongress<br />
mit Lösungen, Antworten und<br />
Anregungen, sowohl aus dem<br />
Kollegenkreis als auch aus der<br />
Industrie, zu verlassen. Es hat<br />
sich herausgestellt, dass die<br />
Realität hinter den Wünschen<br />
weit zurück bleibt und die<br />
Bezeichnung "Tagung" durchweg<br />
negativ besetzt ist.<br />
Immer wieder tauchten<br />
Begriffe auf wie: zu viel,<br />
zu anstrengend, ermüdend,<br />
gezwungen, das Programm<br />
durchpeitschen, Zeitdruck,<br />
zuviel Information in zu<br />
kurzer Zeit etc. Im Anschluss<br />
habe ich den Vertretern der<br />
Industrie die gleichen Fragen<br />
gestellt und erhielt fast<br />
identische Antworten, wobei<br />
die Industrie zudem eine<br />
Plattform vermisste, um Innovationen<br />
und Lösungsmöglichkeiten<br />
zu präsentieren und<br />
die mangelhaften Kommunikationsmöglichkeiten<br />
sowie<br />
das Fehlen moderner Präsentationstechnik<br />
beklagte.<br />
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