39. nah dran 03-03 081003 - B. Braun Melsungen AG

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09.10.2013 Aufrufe

Wie erfolgreich läuft die Umstellung auf das Fallpauschalensystem? Erste Einschätzungen aus Krankenkassensicht Die Redaktion im Gespräch mit Reinhold Löchel Herr Löchel, Kritiker des DRG-Systems – u. a. auch einige Kassen – sprechen vor dem Hintergrund der bislang gestellten DRG-Rechnungen von erheblichen Steigerungsraten gegenüber der im letzten Jahr angenommenen Fallkosten. Wird der Umstieg teurer als gedacht? Ich denke, zu verbindlichen Ergebnissen wird man erst dann kommen, wenn die Fälle des Optionsjahres 2003 vollständig abgerechnet sind. Nach dem derzeitigen Stand der Dinge ist es zwar so, dass die Fallschwere generell über den Werten liegt, von denen im letzten Jahr ausgegangen wurde. Das heißt mit anderen Worten, dass die zu hohen Basisfallwerte in 2003 tatsächlich zu einer erheblichen Steigerung der Ausgaben führen können. Diese Entwicklung lässt sich aber m. E. schon allein dadurch erklären, dass die Krankenhäuser im Vergleich zum Vorjahr in der Datenerfassung bemerkenswerte Fortschritte gemacht haben und bspw. auch 26 Nebendiagnosen letztlich wesentlich umfassender und genauer abgebildet werden, als dies noch im letzten Jahr bei Vertragsabschluss der Fall war. Wie wird man in der Zukunft mit den Ergebnissen unzureichender Kodierungen umgehen? Das Krankenhausrecht stellt eine Vielzahl von ausgleichenden Maßnahmen zur Verfügung, mit deren Hilfe immer dann gegengesteuert wird, wenn einem Krankenhaus durch falsche oder lückenhafte Kodierung zu viel oder zu wenig an Kosten erstattet wurden. Von tatsächlicher Budgetneutralität kann entsprechend erst Ende 2005 wirklich die Rede sein, denn fließt für ein Krankenhaus aufgrund unzureichender Kodierung 2003 mehr Geld, als bei Abschluss der Budgetverhandlungen vereinbart wurde, wird dies bei den Budgetverhandlungen in 2004 natürlich berücksichtigt und der Basisfallwert für 2005 entsprechend korrigiert. Grundsätzlich sollten wir den deutschen DRGs die Chance geben, sich auf den bisher vereinbarten Grundlagen zu etablieren. Die Umstellung auf das Fallpauschalensystem ist ein folgenreicher Schnitt für alle Beteiligten, aber ich hoffe sehr, dass die großzügige Konvergenzphase dazu beiträgt, dass Härten und ungewollte Effekte vermieden werden können. Werden die Fallpauschalen generell zu einer Kostensenkung im stationären Sektor führen? Kurzfristig werden hier aller Voraussicht nach keine Einsparungen erreicht. Aber aus der Sicht der Krankenkassen ist die Einführung des Fallpauschalensystems langfristig betrachtet dennoch positiv zu bewerten. DRGs werden zu einer Zusammenfassung und Bündelung der Patientenbehandlung und somit zu deutlich mehr Qualität in der "Die Umstellung auf das Fallpauschalensystem ist ein folgenreicher Schnitt für alle Beteiligten, aber ich hoffe sehr, dass die großzügige Konvergenzphase dazu beiträgt, dass Härten und ungewollte Effekte vermieden werden können."

stationären Behandlung führen. Sie könnten den Strukturwandel massiv beschleunigen und es werden sich so Auswirkungen auf andere sektorale Bereiche im Gesundheitswesen ergeben. Im Rehabilitationsbereich, aber auch in der ambulanten ärztlichen Versorgung wird das DRG-System Spuren hinterlassen. Sofern über das Jahr 2007 hinaus eine Angleichung erfolgt, könnte das DRG-System auch die gravierenden Unterschiede bei den Fallkosten nach altem Recht zwischen den einzelnen Bundesländern bereinigen. Allerdings muss zunächst jedes Bundesland die Herausforderungen für sich bewältigen. Selbstverständlich haben z. B. Krankenkassen in Baden-Württemberg kein Interesse daran, die hohen Fallkosten von Berlin in ihren Basisfallwert zu übernehmen. Bislang haben sich insbesondere die ambulanten Leistungen im stationären Budget und das so genannte "Fallsplitting" als problematisch bei der DRG-Abrechnung erwiesen. Wird der neue Vertrag zum ambulanten Operieren im Krankenhaus für mehr Transparenz sorgen? Durch die Vielzahl nicht vollstationärer Vergütungsformen, wie teilstationär, nachstationär, ambulantes Operieren etc., wählen die Krankenhäuser natürlich die für sie jeweils vorteilhafteste Variante aus. Auch die Regelung, dass Wiederaufnahmen bei Komplikationen bis zum Erreichen der oberen Grenzverweildauer nicht vergütet werden, unterbindet nicht das Vorgehen der Krankenhäuser, u. U. zunächst die Diagnostik vollstationär abzurechnen und in einem zweiten vollstationären Aufenthalt die Behandlung. Da sich diese Praxis für die Kliniken rechnet, würden die Fallzahlen erheblich steigen, wie es sich in anderen "DRG- Staaten" schon gezeigt hat. Es besteht also entsprechender Handlungsbedarf. Man erwartet m. E. zu Recht, dass der neue Vertrag zum ambulanten Operieren generell für mehr Klarheit sorgt und mit der Neuerung, dass im Krankenhaus wie auch im niedergelassenen Bereich grundsätzlich nach Fallpauschalen abgerechnet wird, eine Stärkung der integrierten Versorgung verbunden sein wird. In welchem Umfang können speziell die Krankenhäuser von der Einigung profitieren? Ambulante Operationen werden zunehmend von Patienten nachgefragt. Ein Krankenhaus, das die Möglichkeiten ab 2004 offensiv nutzt, kann seinen Bekanntheitsgrad erhöhen, sich quasi als "Spezialist" für ambulante Operationen profilieren. Dazu sollte betriebswirtschaftlich ein gesonderter Bereich "Ambulantes Operieren" kostenmäßig erfasst und aus der Kalkulationsschleife des stationären Bereiches herausgenommen werden. 27

Wie erfolgreich läuft die Umstellung auf das Fallpauschalensystem?<br />

Erste Einschätzungen aus Krankenkassensicht<br />

Die Redaktion im Gespräch mit Reinhold Löchel<br />

Herr Löchel, Kritiker des<br />

DRG-Systems – u. a. auch<br />

einige Kassen – sprechen vor<br />

dem Hintergrund der bislang<br />

gestellten DRG-Rechnungen<br />

von erheblichen Steigerungsraten<br />

gegenüber der im<br />

letzten Jahr angenommenen<br />

Fallkosten. Wird der Umstieg<br />

teurer als gedacht?<br />

Ich denke, zu verbindlichen<br />

Ergebnissen wird man erst<br />

dann kommen, wenn die Fälle<br />

des Optionsjahres 20<strong>03</strong> vollständig<br />

abgerechnet sind.<br />

Nach dem derzeitigen Stand<br />

der Dinge ist es zwar so, dass<br />

die Fallschwere generell über<br />

den Werten liegt, von denen<br />

im letzten Jahr ausgegangen<br />

wurde. Das heißt mit anderen<br />

Worten, dass die zu hohen<br />

Basisfallwerte in 20<strong>03</strong> tatsächlich<br />

zu einer erheblichen<br />

Steigerung der Ausgaben<br />

führen können. Diese Entwicklung<br />

lässt sich aber m. E.<br />

schon allein dadurch erklären,<br />

dass die Krankenhäuser im<br />

Vergleich zum Vorjahr in der<br />

Datenerfassung bemerkenswerte<br />

Fortschritte gemacht<br />

haben und bspw. auch<br />

26<br />

Nebendiagnosen letztlich wesentlich<br />

umfassender und genauer<br />

abgebildet werden, als<br />

dies noch im letzten Jahr bei<br />

Vertragsabschluss der Fall<br />

war.<br />

Wie wird man in der Zukunft<br />

mit den Ergebnissen<br />

unzureichender Kodierungen<br />

umgehen?<br />

Das Krankenhausrecht stellt<br />

eine Vielzahl von ausgleichenden<br />

Maß<strong>nah</strong>men zur<br />

Verfügung, mit deren Hilfe<br />

immer dann gegengesteuert<br />

wird, wenn einem Krankenhaus<br />

durch falsche oder<br />

lückenhafte Kodierung zu viel<br />

oder zu wenig an Kosten<br />

erstattet wurden.<br />

Von tatsächlicher Budgetneutralität<br />

kann entsprechend<br />

erst Ende 2005 wirklich<br />

die Rede sein, denn fließt<br />

für ein Krankenhaus aufgrund<br />

unzureichender Kodierung<br />

20<strong>03</strong> mehr Geld, als bei<br />

Abschluss der Budgetverhandlungen<br />

vereinbart wurde,<br />

wird dies bei den Budgetverhandlungen<br />

in 2004<br />

natürlich berücksichtigt und<br />

der Basisfallwert für 2005<br />

entsprechend korrigiert.<br />

Grundsätzlich sollten wir den<br />

deutschen DRGs die Chance<br />

geben, sich auf den bisher<br />

vereinbarten Grundlagen zu<br />

etablieren. Die Umstellung<br />

auf das Fallpauschalensystem<br />

ist ein folgenreicher Schnitt<br />

für alle Beteiligten, aber ich<br />

hoffe sehr, dass die großzügige<br />

Konvergenzphase dazu<br />

beiträgt, dass Härten und<br />

ungewollte Effekte vermieden<br />

werden können.<br />

Werden die Fallpauschalen<br />

generell zu einer Kostensenkung<br />

im stationären Sektor<br />

führen?<br />

Kurzfristig werden hier aller<br />

Voraussicht nach keine Einsparungen<br />

erreicht. Aber aus<br />

der Sicht der Krankenkassen<br />

ist die Einführung des Fallpauschalensystems<br />

langfristig<br />

betrachtet dennoch positiv zu<br />

bewerten. DRGs werden zu<br />

einer Zusammenfassung und<br />

Bündelung der Patientenbehandlung<br />

und somit zu deutlich<br />

mehr Qualität in der<br />

"Die Umstellung auf das Fallpauschalensystem<br />

ist ein folgenreicher<br />

Schnitt für alle Beteiligten, aber<br />

ich hoffe sehr, dass die großzügige<br />

Konvergenzphase dazu beiträgt, dass<br />

Härten und ungewollte Effekte vermieden<br />

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