39. nah dran 03-03 081003 - B. Braun Melsungen AG
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Diese mittel- bis langfristige<br />
Entwicklung einer Klinik ist<br />
unter Umständen schwer<br />
vorhersehbar, was wiederum<br />
mit einem wirtschaftlichen<br />
Risiko verbunden ist. Könnte<br />
dies ein "sachlicher Grund"<br />
für zunehmend befristete<br />
Verträge sein?<br />
Die wirtschaftlichen Unsicherheiten<br />
über die künftige<br />
Organisation und Struktur der<br />
jeweiligen Krankenhausabteilung<br />
sind nach herrschender<br />
Rechtsauffassung kein hinreichender<br />
Grund, den Chefarztvertrag<br />
unterhalb des<br />
Berufslebensalters zeitlich zu<br />
begrenzen, sei es durch<br />
Zweckbindung, sei es über<br />
einen echten Zeitvertrag, z. B.<br />
auf fünf oder acht Jahre. Seit<br />
dem grundlegenden Beschluss<br />
des B<strong>AG</strong> vom 12.10.1960 ist<br />
die Befristung eines Arbeitsvertrages<br />
nur dann rechtswirksam,<br />
wenn bei Abschluss<br />
des Vertrages ein sachlicher<br />
Grund für die Befristung und<br />
deren Dauer vorgelegen hat.<br />
Der sachliche Grund muss<br />
sich auf die Dauer der<br />
Befristung erstrecken. Da<br />
maßgeblicher Zeitpunkt der<br />
Vertragsschluss ist, scheiden<br />
künftige wirtschaftliche und<br />
organisatorische Unsicherheiten<br />
über den Bestand und<br />
das Funktionieren einer Abteilung<br />
als Befristungsgrund<br />
aus. Der Krankenhausträger<br />
muss solchen Risiken für den<br />
Bestand des Arbeitsplatzes<br />
mit der betriebsbedingten<br />
Kündigung begegnen.<br />
Risikoreich ist es deshalb<br />
auch, den Chefarzt mit dem<br />
Ziel der Befristungsmöglichkeit<br />
vertraglich zum leitenden<br />
Angestellten im Sinne des<br />
KSchG zu machen. Von einem<br />
leitenden Angestellten kann<br />
sich der Arbeitgeber selbst bei<br />
einer unwirksamen Kündi-<br />
20<br />
gung vor den Arbeitsgerichten<br />
leicht durch einen Auflösungsantrag,<br />
der keiner<br />
Begründung bedarf, gegen<br />
Zahlung einer Abfindung<br />
trennen. Ohne Umgehung des<br />
KSchG ist es bei einem<br />
leitenden Angestellten auch<br />
zulässig, die Abfindung gleich<br />
im Arbeitsvertrag festzuschreiben<br />
und den Vertrag<br />
nach Belieben zu befristen. Im<br />
Ergebnis muss der Mitarbeiter<br />
in beiden Fällen damit leben,<br />
dass er seinen Arbeitsplatz<br />
gegen Zahlung einer Abfindung<br />
verliert, wenn das<br />
Vertrauensverhältnis zum<br />
Arbeitgeber zerbrochen ist.<br />
Der Chefarzt ist aber in aller<br />
Regel kein leitender Angestellter<br />
im Sinne des KSchG.<br />
Dies hat das B<strong>AG</strong> mit Urteil<br />
vom 18.11.1999 festgestellt.<br />
Dazu müsste er nach § 14<br />
Abs. 1 Nr. 2 KSchG zur selbstständigen<br />
Einstellung oder<br />
Entlassung von Arbeitnehmern<br />
berechtigt sein. Eine<br />
solche "Personalhoheit" wird<br />
ihm nach den Regelungen des<br />
DKG-Musters gemäß § 7 Abs.<br />
2 nicht übertragen. Es würde<br />
auch nicht ausreichen, dass<br />
sich die Einstellungs- oder<br />
Entlassungsbefugnis auf<br />
einen kleineren Kreis von<br />
Mitarbeitern, z. B. die Oberärzte<br />
der Abteilung, beschränkt.<br />
Die Personalbefugnisse<br />
müssten den Aufgabenkreis<br />
des Chefarztes prägen,<br />
eine Voraussetzung, die<br />
jedenfalls derzeit kaum einmal<br />
erfüllt ist. Für Krankenhäuser<br />
in der Rechtsform<br />
der GmbH bleibt aber die<br />
Möglichkeit, den Chefarzt<br />
zum Mit-Geschäftsführer zu<br />
bestellen, um dadurch eine<br />
Befristung zu erreichen.<br />
Damit keine unüberschaubaren<br />
Risiken im Außenverhältnis<br />
eintreten, sollte<br />
zugleich im Gesellschafts-<br />
"Der Chefarzt ist in aller Regel kein<br />
leitender Angestellter im Sinne des KSchG."<br />
vertrag vorgesehen werden,<br />
dass der Chefarztgeschäftsführer<br />
durch das notwendige<br />
gemeinschaftliche Handeln<br />
mit dem selbst einzelvertretungsberechtigtenkaufmännischen<br />
Geschäftsführer<br />
in seinen Befugnissen beschränkt<br />
wird. In einem<br />
solchen Fall ist der Chefarzt<br />
leitender Angestellter kraft<br />
Gesetzes laut § 14 Abs. 1<br />
Nr. 1 KSchG.<br />
Wie schätzen Sie die zukünftigen<br />
Kooperationspflichten<br />
des Chefarztes ein?<br />
Die fallbezogene Betrachtungsweise<br />
des neuen Entgeltsystems<br />
wird die her-<br />
kömmliche Gliederung des<br />
Krankenhauses in Fachabteilungen<br />
nicht auflösen und<br />
durch interdisziplinäre Behandlungseinheiten<br />
ersetzen.<br />
Dies verhindern schon die<br />
nach der jeweiligen Weiterbildungsordnung<br />
gezogenen<br />
Fachgebietsgrenzen sowie das<br />
Haftungsrecht, das verlangt,<br />
dass die Verantwortungsbereiche<br />
im Krankenhaus klar<br />
definiert und abgegrenzt<br />
bleiben. Werden diese Grenzen<br />
nicht beachtet, haftet das<br />
Krankenhaus unter dem<br />
Gesichtspunkt des Organisationsverschuldens.<br />
Gleichwohl verlangt die fallbezogene<br />
Pauschalvergütung<br />
unter Kostengesichtspunkten,<br />
dass die Behandlungsabläufe<br />
innerhalb der Abteilung und<br />
in der Zusammenarbeit mit<br />
anderen Ärzten, dem sonstigen<br />
Personal und den<br />
Geräten der anderen Abteilung<br />
bei Durchführung diagnostischer,<br />
therapeutischer<br />
und operativer Maß<strong>nah</strong>men