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38. Sitzung - Bayerischer Landtag

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2682<br />

politisch Andersdenkender von Haus aus abgelehnt werden<br />

müssen, sind wir als aufrechte Demokraten in der<br />

Lage, Ihren Anträgen zuzustimmen. So haben wir zum<br />

Beispiel nichts dagegen, daß Sie bessere Informationsblätter<br />

wollen, daß es eine bestmögliche Koordinierung<br />

der Opferhilfe geben soll, daß das Adhäsionsverfahren<br />

verstärkt angewandt werden oder daß es verstärkte<br />

Informationen in den Schulen geben soll. Trotzdem sollten<br />

Sie sich bei einigen der Anträge mehr Mühe machen und<br />

über Formulierungen von nur vier Zeilen hinauskommen.<br />

Es geht auch nicht an, das Problem einfach der<br />

Staatsregierung zuzuschieben.<br />

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)<br />

Nicht mitmachen können wir jedoch, wenn im Antragspaket<br />

ganz geschickt Strafrechtsverschärfungen eingebaut<br />

werden, zum Beispiel eine Einschränkung des<br />

Jugendstrafrechs auf Ausnahmefälle. Nicht zustimmen<br />

können wir auch dem Antrag, daß die Opfer von Sexualstraftaten<br />

allein durch den vorsitzenden Richter vernommen<br />

werden. Das ist, wie man bei uns in der Oberpfalz<br />

sagt, nichts Halbes und nichts Ganzes; das bringt nichts<br />

voran und löst das Grundproblem nicht.<br />

Zusammenfassend möchte ich klarstellen, daß es an der<br />

Zeit ist, ernsthaft darüber nachzudenken, wie die Situation<br />

von Opfern von Straftaten verbessert werden kann. Wer<br />

dies wirklich will, muß Entscheidendes verändern, muß an<br />

die Situation im Gerichtssaal herangehen und nicht nur im<br />

Vorfeld tätig werden. Die von der CSU vorgeschlagenen<br />

Kleinigkeiten füllen zwar das Papier und die Archive -<br />

natürlich auch die Zeitungen - und vermitteln das Gefühl,<br />

daß etwas getan worden ist. In der Sache wird aber nichts<br />

vorangebracht.<br />

Deshalb bitte ich Sie, den Anträgen der SPD zuzustimmen,<br />

weil sie konkrete Änderungsvorschläge enthalten,<br />

die nicht nur von uns, sondern auch von den Justizministern<br />

gefordert werden. Ich bin gespannt darauf, wie viele<br />

unserer Vorschläge heute abgelehnt werden und ob es so<br />

wie beim Mutterschutzantrag läuft. Da haben wir in den<br />

Folgemonaten auch einiges wiedergefunden. Ich bitte Sie<br />

auch, den CSU-Anträgen, die wir für sinnvoll halten,<br />

zuzustimmen.<br />

Trotzdem sollten Sie darüber nachdenken, ob Sie sich<br />

beim Antrag unter Tagesordnungspunkt 17, der wieder nur<br />

allgemeine Formulierungen enthält, und hinsichtlich der<br />

Ausweitung der Nebenklage für das Jugendstrafrecht nicht<br />

der Stimme enthalten könnten. Wir sollten nicht die<br />

Chance vertun, in der Sachfrage weiterzukommen. Wir<br />

werden jedenfalls auf diesem Gebiet weiter aktiv bleiben;<br />

denn die Situation der Zeugen vor Gericht zeigt, daß es<br />

dringend einer Änderung bedarf und daß wir alles<br />

daransetzen müssen, sie möglichst schnell zu erreichen.<br />

(Beifall bei der SPD und beim BÜND-NIS<br />

90/DIE GRÜNEN)<br />

Erster Vizepräsident Hiersemann: Das Wort hat nun<br />

Frau Abgeordnete Dr. Fickler.<br />

<strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> · 13. Wahlperiode Plenarprotokoll 13/38 v. 30.01.96<br />

Frau Dr. Fickler (CSU): Herr Präsident, meine sehr<br />

geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, daß<br />

das Thema endlich auf der Tagesordnung des Plenums<br />

steht. Da die Zeit schon fortgeschritten ist, werde ich mich<br />

kurz fassen. Einige Minuten Ihrer Aufmerksamkeit dürfte<br />

das Thema schon wert sein. Vor nicht allzu langer Zeit<br />

gab es für die Opfer von Kriminalität und Gewalt nur<br />

geringes Interesse; heute ist das anders. Das zeigen die<br />

Aktivitäten von SPD und CSU, die sich auf diesem Gebiet<br />

viel Mühe gegeben haben. Frau Schieder, Sie sagten, es<br />

sollten endlich Taten folgen. Ich glaube, unsere Anträge<br />

sind durchaus geeignet, daß Taten folgen. Beim Stichwort<br />

Opferanwalt werde ich noch näher darauf eingehen.<br />

Persönlich bedauere ich, daß wir Ihren Anträgen - bis auf<br />

einen - nicht zustimmen können. Im Ausschuß haben wir<br />

darüber ausführlich diskutiert. Zu allen Ihren Anträgen<br />

wurden unsererseits Umformulierungsvorschläge<br />

eingebracht. Diese konnten von Ihnen in der<br />

vorgeschlagenen Form leider nicht akzeptiert werden.<br />

Deshalb mußten wir die Anträge im Ausschuß ablehnen.<br />

Auf den CSU-Antrag betreffend Einführung eines Opferanwalts<br />

möchte ich nun ausführlich eingehen. Dabei<br />

handelt es sich ursprünglich um eine Forderung des<br />

Weißen Ringes und der Opferschutzverbände. Vielen<br />

Dank für Ihr Kompliment, Frau Schieder, aber die CSU-<br />

Fraktion steht inzwischen voll hinter der Forderung nach<br />

einem Opferanwalt. Sie wissen, wie es in der Politik ist:<br />

Verbände können jahrzehntelang Forderungen erheben;<br />

solange die Politik diese Forderungen nicht aufgreift, wird<br />

nichts in die Tat umgesetzt. Die CSU hat entsprechende<br />

Forderungen nunmehr aber aufgegriffen. Die Einführung<br />

des Opferanwalts habe ich als das Herzstück unserer<br />

Anträge bezeichnet, auch wenn dies beim Bundestag, der<br />

die Entscheidung darüber letztlich zu treffen hat, nicht auf<br />

ungeteilte Zustimmung stoßen wird. Trotzdem sind wir der<br />

Meinung, daß die Forderung mit Nachdruck verfolgt<br />

werden muß. Zur Wahrnehmung ihrer Interessen soll<br />

Verbrechensopfern künftig von Amts wegen ein Anwalt zur<br />

Seite gestellt werden. Die Opfer schwerer Straftaten, zum<br />

Beispiel von Vergewaltigung, Geiselnahme oder schwerer<br />

Körperverletzung, bedürfen der Hilfe. Sie können diese<br />

Hilfe nur dann in ausreichendem Umfang bekommen,<br />

wenn ihnen ein Anwalt zur Seite steht; denn wirksamer<br />

Opferschutz setzt in der Regel eine anwaltliche Vertretung<br />

voraus.<br />

Nach der jetzigen Rechtslage trägt das Verbrechensopfer<br />

das Risiko, die Kosten für einen von ihm beauftragten<br />

Anwalt selbst dann zahlen zu müssen, wenn der Täter<br />

verurteilt wird; denn in der Regel ist vom Täter nichts zu<br />

holen. Heute wird Prozeßkostenhilfe nur unter der Voraussetzung<br />

gewährt, daß das Opfer besonders bedürftig<br />

ist. So darf zum Beispiel ein Alleinstehender nicht mehr<br />

als 850 DM netto im Monat verdienen. Das Gericht muß<br />

zusätzlich der Auffassung sein, daß eine anwaltliche<br />

Vertretung erforderlich ist.<br />

Zwar entstehen Kosten für die Länder, aber ich halte sie<br />

angesichts der Notlage und der besonderen Situation von<br />

Opfern von Gewalttaten im Gerichtsverfahren für<br />

vertretbar. Ich möchte mich daher beim Haushaltsausschuß<br />

dafür bedanken, daß er bereit war, unseren Antrag

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