38. Sitzung - Bayerischer Landtag
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politisch Andersdenkender von Haus aus abgelehnt werden<br />
müssen, sind wir als aufrechte Demokraten in der<br />
Lage, Ihren Anträgen zuzustimmen. So haben wir zum<br />
Beispiel nichts dagegen, daß Sie bessere Informationsblätter<br />
wollen, daß es eine bestmögliche Koordinierung<br />
der Opferhilfe geben soll, daß das Adhäsionsverfahren<br />
verstärkt angewandt werden oder daß es verstärkte<br />
Informationen in den Schulen geben soll. Trotzdem sollten<br />
Sie sich bei einigen der Anträge mehr Mühe machen und<br />
über Formulierungen von nur vier Zeilen hinauskommen.<br />
Es geht auch nicht an, das Problem einfach der<br />
Staatsregierung zuzuschieben.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)<br />
Nicht mitmachen können wir jedoch, wenn im Antragspaket<br />
ganz geschickt Strafrechtsverschärfungen eingebaut<br />
werden, zum Beispiel eine Einschränkung des<br />
Jugendstrafrechs auf Ausnahmefälle. Nicht zustimmen<br />
können wir auch dem Antrag, daß die Opfer von Sexualstraftaten<br />
allein durch den vorsitzenden Richter vernommen<br />
werden. Das ist, wie man bei uns in der Oberpfalz<br />
sagt, nichts Halbes und nichts Ganzes; das bringt nichts<br />
voran und löst das Grundproblem nicht.<br />
Zusammenfassend möchte ich klarstellen, daß es an der<br />
Zeit ist, ernsthaft darüber nachzudenken, wie die Situation<br />
von Opfern von Straftaten verbessert werden kann. Wer<br />
dies wirklich will, muß Entscheidendes verändern, muß an<br />
die Situation im Gerichtssaal herangehen und nicht nur im<br />
Vorfeld tätig werden. Die von der CSU vorgeschlagenen<br />
Kleinigkeiten füllen zwar das Papier und die Archive -<br />
natürlich auch die Zeitungen - und vermitteln das Gefühl,<br />
daß etwas getan worden ist. In der Sache wird aber nichts<br />
vorangebracht.<br />
Deshalb bitte ich Sie, den Anträgen der SPD zuzustimmen,<br />
weil sie konkrete Änderungsvorschläge enthalten,<br />
die nicht nur von uns, sondern auch von den Justizministern<br />
gefordert werden. Ich bin gespannt darauf, wie viele<br />
unserer Vorschläge heute abgelehnt werden und ob es so<br />
wie beim Mutterschutzantrag läuft. Da haben wir in den<br />
Folgemonaten auch einiges wiedergefunden. Ich bitte Sie<br />
auch, den CSU-Anträgen, die wir für sinnvoll halten,<br />
zuzustimmen.<br />
Trotzdem sollten Sie darüber nachdenken, ob Sie sich<br />
beim Antrag unter Tagesordnungspunkt 17, der wieder nur<br />
allgemeine Formulierungen enthält, und hinsichtlich der<br />
Ausweitung der Nebenklage für das Jugendstrafrecht nicht<br />
der Stimme enthalten könnten. Wir sollten nicht die<br />
Chance vertun, in der Sachfrage weiterzukommen. Wir<br />
werden jedenfalls auf diesem Gebiet weiter aktiv bleiben;<br />
denn die Situation der Zeugen vor Gericht zeigt, daß es<br />
dringend einer Änderung bedarf und daß wir alles<br />
daransetzen müssen, sie möglichst schnell zu erreichen.<br />
(Beifall bei der SPD und beim BÜND-NIS<br />
90/DIE GRÜNEN)<br />
Erster Vizepräsident Hiersemann: Das Wort hat nun<br />
Frau Abgeordnete Dr. Fickler.<br />
<strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> · 13. Wahlperiode Plenarprotokoll 13/38 v. 30.01.96<br />
Frau Dr. Fickler (CSU): Herr Präsident, meine sehr<br />
geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, daß<br />
das Thema endlich auf der Tagesordnung des Plenums<br />
steht. Da die Zeit schon fortgeschritten ist, werde ich mich<br />
kurz fassen. Einige Minuten Ihrer Aufmerksamkeit dürfte<br />
das Thema schon wert sein. Vor nicht allzu langer Zeit<br />
gab es für die Opfer von Kriminalität und Gewalt nur<br />
geringes Interesse; heute ist das anders. Das zeigen die<br />
Aktivitäten von SPD und CSU, die sich auf diesem Gebiet<br />
viel Mühe gegeben haben. Frau Schieder, Sie sagten, es<br />
sollten endlich Taten folgen. Ich glaube, unsere Anträge<br />
sind durchaus geeignet, daß Taten folgen. Beim Stichwort<br />
Opferanwalt werde ich noch näher darauf eingehen.<br />
Persönlich bedauere ich, daß wir Ihren Anträgen - bis auf<br />
einen - nicht zustimmen können. Im Ausschuß haben wir<br />
darüber ausführlich diskutiert. Zu allen Ihren Anträgen<br />
wurden unsererseits Umformulierungsvorschläge<br />
eingebracht. Diese konnten von Ihnen in der<br />
vorgeschlagenen Form leider nicht akzeptiert werden.<br />
Deshalb mußten wir die Anträge im Ausschuß ablehnen.<br />
Auf den CSU-Antrag betreffend Einführung eines Opferanwalts<br />
möchte ich nun ausführlich eingehen. Dabei<br />
handelt es sich ursprünglich um eine Forderung des<br />
Weißen Ringes und der Opferschutzverbände. Vielen<br />
Dank für Ihr Kompliment, Frau Schieder, aber die CSU-<br />
Fraktion steht inzwischen voll hinter der Forderung nach<br />
einem Opferanwalt. Sie wissen, wie es in der Politik ist:<br />
Verbände können jahrzehntelang Forderungen erheben;<br />
solange die Politik diese Forderungen nicht aufgreift, wird<br />
nichts in die Tat umgesetzt. Die CSU hat entsprechende<br />
Forderungen nunmehr aber aufgegriffen. Die Einführung<br />
des Opferanwalts habe ich als das Herzstück unserer<br />
Anträge bezeichnet, auch wenn dies beim Bundestag, der<br />
die Entscheidung darüber letztlich zu treffen hat, nicht auf<br />
ungeteilte Zustimmung stoßen wird. Trotzdem sind wir der<br />
Meinung, daß die Forderung mit Nachdruck verfolgt<br />
werden muß. Zur Wahrnehmung ihrer Interessen soll<br />
Verbrechensopfern künftig von Amts wegen ein Anwalt zur<br />
Seite gestellt werden. Die Opfer schwerer Straftaten, zum<br />
Beispiel von Vergewaltigung, Geiselnahme oder schwerer<br />
Körperverletzung, bedürfen der Hilfe. Sie können diese<br />
Hilfe nur dann in ausreichendem Umfang bekommen,<br />
wenn ihnen ein Anwalt zur Seite steht; denn wirksamer<br />
Opferschutz setzt in der Regel eine anwaltliche Vertretung<br />
voraus.<br />
Nach der jetzigen Rechtslage trägt das Verbrechensopfer<br />
das Risiko, die Kosten für einen von ihm beauftragten<br />
Anwalt selbst dann zahlen zu müssen, wenn der Täter<br />
verurteilt wird; denn in der Regel ist vom Täter nichts zu<br />
holen. Heute wird Prozeßkostenhilfe nur unter der Voraussetzung<br />
gewährt, daß das Opfer besonders bedürftig<br />
ist. So darf zum Beispiel ein Alleinstehender nicht mehr<br />
als 850 DM netto im Monat verdienen. Das Gericht muß<br />
zusätzlich der Auffassung sein, daß eine anwaltliche<br />
Vertretung erforderlich ist.<br />
Zwar entstehen Kosten für die Länder, aber ich halte sie<br />
angesichts der Notlage und der besonderen Situation von<br />
Opfern von Gewalttaten im Gerichtsverfahren für<br />
vertretbar. Ich möchte mich daher beim Haushaltsausschuß<br />
dafür bedanken, daß er bereit war, unseren Antrag