38. Sitzung - Bayerischer Landtag
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ordnete Dr. Matschl bestellt. Der Gegenantrag von seiten<br />
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD: Der<br />
Bayerische <strong>Landtag</strong> beteiligt sich am Verfahren. Die Klage<br />
ist zulässig und begründet. Als Vertreterin des <strong>Landtag</strong>s<br />
wird die Abgeordnete Sophie Rieger bestellt. Er fand keine<br />
Mehrheit. Soweit die Berichterstattung.<br />
Frau Zweite Vizepräsidentin Fischer: Frau Kollegin, Sie<br />
haben sich in der Aussprache zu Wort gemeldet. Die<br />
Redezeit pro Fraktion beträgt 5 Minuten. Bitte, Sie haben<br />
das Wort.<br />
Frau Rieger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin,<br />
meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, wie oft<br />
ich hier schon gestanden habe, um gegen die restriktiven<br />
und übertriebenen Einschränkungen des Wahlrechts von<br />
EU-Bürgerinnen und -Bürgern mit nichtdeutschem Paß<br />
durch die Staatsregierung im Verbund mit der CSU-<br />
Fraktion zu protestieren. Es überstieg meine<br />
Vorstellungskraft, welche Schikanen und Abwehrmaßnahmen<br />
gegen die politische Mitsprache von europäischen<br />
Landsleuten sich aus dem klaren Artikel 8 b des<br />
Maastrichter Vertrages ableiten ließen. Dieser Artikel<br />
lautet:<br />
Jeder Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat,<br />
dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, hat in<br />
dem Mitgliedstaat, in dem er seinen Wohnsitz hat, das<br />
aktive und das passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen,<br />
wobei für ihn dieselben Bedingungen gelten<br />
wie für die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaates.<br />
Die Zögerlichkeit, mit der die Staatsregierung an die<br />
Sache heranging, wird dadurch dokumentiert, daß die<br />
Richtlinie längst veröffentlicht war und seit Wochen vorlag,<br />
die Staatsregierung sich aber noch immer hinstellte und<br />
behauptete, die Richtlinie sei noch nicht veröffentlicht.<br />
Dann wurde über Monate hinweg nach allen Möglichkeiten<br />
gesucht, den EU-Bürgerinnen und -Bürgern die<br />
Wahlbeteiligung zu vermiesen. Mit der drastischen<br />
Einschränkung des passiven Wahlrechts und der Schikane<br />
der persönlichen Eintragung in die Wählerliste, verbunden<br />
mit einer überflüssigen erneuten eidesstattlichen<br />
Erklärung - diese müssen die EU-Bürgerinnen und -Bürger<br />
bereits abgeben, wenn sie sich anmelden -, ergänzt um<br />
eine schriftliche Strafandrohung, meinten wir, daß das Faß<br />
der Erniedrigungen ausgeschöpft sei.<br />
(Widerspruch bei der CSU)<br />
Mit der Forderung, sich dieser unnützen und entwürdigenden<br />
Prozedur vor jeder Wahl erneut unterwerfen zu<br />
müssen, wurde aber unfaßbarerweise noch eins draufgesetzt.<br />
Ich bin immer wieder erstaunt darüber, wie klare<br />
Aussagen juristisch ins Gegenteil verdreht werden können.<br />
Die nun geschaffene Wahlungleichheit widerspricht nicht<br />
nur dem Artikel 8 b des Maastrichter Vertrages, und zwar<br />
nach Wort und Inhalt, sondern verstößt auch gegen Artikel<br />
14 in Verbindung mit Artikel 12 der Bayerischen Verfassung,<br />
in denen die Gleichbehandlung bei Wahlen<br />
festgelegt ist. Diese erstreckt sich auch auf die Wahlvor-<br />
<strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> · 13. Wahlperiode Plenarprotokoll 13/38 v. 30.01.96<br />
bereitung. Die Popularklage der Antragsteller bezieht sich<br />
auf den Verstoß gegen ein Grundrecht der Bayerischen<br />
Verfassung, nämlich das der Wahlgleichheit.<br />
Ich darf bemerken, daß BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN versucht<br />
hat, durch einen Gesetzesänderungsantrag vom<br />
14.11.1995 zur Änderung des Gesetzes über die Wahl der<br />
Gemeinderäte, der Bürgermeister, der Kreistage und der<br />
Landräte eine Popularklage abzuwenden. Nun ist sie<br />
jedoch notwendig geworden, und wir sind guter Hoffnung,<br />
daß sich sogar der Bayerische Verfassungsgerichtshof<br />
unserer Meinung anschließt.<br />
(Widerspruch bei der CSU)<br />
Da wir vorsichtig geworden sind, haben wir in der Popularklage<br />
jedoch noch zusätzlich beantragt, daß die Angelegenheit<br />
dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt werden<br />
soll, wenn der Klage nicht stattgegeben wird.<br />
(Welnhofer (CSU): Donnerwetter!)<br />
Wir sind ganz sicher, dort recht zu bekommen.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -<br />
Dr. Weiß (CSU): Die haben schon über mehr<br />
Mist entschieden da oben, das stimmt!)<br />
Unser Antrag lautet deshalb: Erstens. Der Bayerische<br />
<strong>Landtag</strong> beteiligt sich am Verfahren.<br />
(Dr. Weiß (CSU): Punkt! Da haben Sie noch<br />
recht!)<br />
Zweitens. Die Klage ist zulässig und begründet.<br />
(Dr. Weiß (CSU): Jetzt kriegen wir allmählich<br />
Schwierigkeiten!)<br />
Drittens. Als Vertreterin des <strong>Landtag</strong>s wird die Abgeordnete<br />
Sophie Rieger bestellt.<br />
(Widerspruch bei der CSU - Welnhofer<br />
(CSU): Und da wollt ihr gewinnen?)<br />
- Jawohl, mit mir gewinnt man.<br />
(Welnhofer (CSU): Gut, daß es den Amtsermittlungsgrundsatz<br />
gibt!)<br />
Viertens. Um die Terminierung einer mündlichen Verhandlung<br />
wird gebeten.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
Frau Zweite Vizepräsidentin Fischer: Als nächstem<br />
Redner erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Matschl das<br />
Wort. Bitte, Herr Kollege.<br />
Dr. Matschl (CSU): Frau Präsidentin, meine sehr verehrten<br />
Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Rieger,<br />
daß Sie sich, wie immer, redlich Mühe gegeben haben,<br />
das müssen wir wirklich anerkennen. Nur können wir Ihren<br />
Bemühungen nicht zum Erfolg verhelfen; denn Sie über-