09.10.2013 Aufrufe

38. Sitzung - Bayerischer Landtag

38. Sitzung - Bayerischer Landtag

38. Sitzung - Bayerischer Landtag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Plenarprotokoll 13/38 v. 30.01.96 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> · 13. Wahlperiode 2657<br />

daraus ihre Konsequenzen zu ziehen? Wir Sozialdemokraten<br />

wollen, daß Konflikte in den Schulen nicht unter<br />

den Teppich gekehrt werden,<br />

(Beifall bei der SPD)<br />

egal, ob sie den innerschulischen Bereich betreffen oder<br />

ob sie von außen in die Schulen hineingetragen werden.<br />

Konflikte müssen aufgegriffen und offen diskutiert werden;<br />

denn sonst darf man sich nicht wundern, wenn junge<br />

Menschen Vorurteile entwickeln und sich extremen<br />

politischen Gruppierungen anschließen oder sich zum<br />

Beispiel an Sekten orientieren.<br />

(Beifall bei der SPD)<br />

Mit dem immer wieder aufgeführten Hinweis auf das Recht<br />

der persönlichen Ehre, so meinen wir, ist letztlich eine<br />

Klausel geschaffen worden, unliebsame Kritik in der<br />

Schülerzeitung zu verhindern. In einer Schülerzeitung<br />

sollten jedoch die unterschiedlichsten Meinungen zum<br />

Ausdruck kommen. Darin sollte man Schülerinnen und<br />

Schüler gewähren lassen, da die pressegesetzlichen<br />

Grenzen sowieso beachtlich sind.<br />

Betrachtet man die Praxis an den Schulen, wird ein weiteres<br />

Argument - Schüler seien davor zu schützen, daß<br />

aufgrund von Veröffentlichungen bestimmter Artikel gegen<br />

sie Anklage erhoben werden könnte - haltlos. Bei exakt<br />

recherchierten Artikeln lassen sich derartige Probleme<br />

vermeiden.<br />

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): So ist<br />

es!)<br />

Kurz gesagt, eine Schülerzeitung muß ein Instrument von<br />

Schülerinnen und Schülern für Schülerinnen und Schüler<br />

und nicht ein Instrument einer Schule sein.<br />

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)<br />

Deshalb ist der vorliegende Entwurf vom BÜNDNIS<br />

90/DIE GRÜNEN eine vernünftige Lösung und ein positives<br />

Signal. Das jetzige Gesetz ist verstaubt, es paßt<br />

nicht mehr zu einer modernen Informations- und Kommunikationsgesellschaft.<br />

Es steht im Kontrast zu dem,<br />

was der bayerische Ministerpräsident unter dem Motto<br />

„Mut zu Neuem“ verkauft. Wir hoffen auf diesen Mut, auf<br />

eine intensive Diskussion im Ausschuß und letztlich auf<br />

Ihre Zustimmung zu diesem Entwurf.<br />

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS<br />

90/DIE GRÜNEN)<br />

Frau Zweite Vizepräsidentin Fischer: Gibt es weitere<br />

Wortmeldungen? - Herr Kollege Spänle, ich erteile Ihnen<br />

das Wort.<br />

Dr. Spänle (CSU): Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen<br />

und Herren! Zur angeblichen Schülerzeitungs-zensur<br />

durch die Regelung im Erziehungs- und Unter-richtsgesetz<br />

bzw. früher in der Allgemeinen Schulordnung kann ich nur<br />

sagen: The same procedure as every year. Frau Kollegin<br />

Goertz, die bewährte Regelung, die das<br />

Erziehungs- und Unterrichtsgesetz enthält, ist wesentlich<br />

älter als 14 Jahre. Sie war auch bereits in der früheren<br />

Allgemeinen Schulordnung verankert.<br />

Frau Kollegin Sie haben das Wort Zensur Gott sei Dank<br />

auch in Anführungszeichen gesetzt, denn es geht nur um<br />

eine sogenannte Zensur. Die pädagogische Begleitung<br />

einer Schülerzeitung, das redaktionelle Handeln, das<br />

Miteinander von schulischen Gruppen und die Auseinandersetzung<br />

im Schriftlichen können gar nicht mit<br />

einer Zensur belegt werden, weil die Schülerzeitungen<br />

eine ganz andere Qualität haben als freies journalistisches<br />

Arbeiten. Es besteht ein erheblicher Unterschied zwischen<br />

Schülerzeitungen und Jugendzeitungen, die<br />

selbstverständlich nach den Maßgaben des Presserechts<br />

möglich sind und an einer Vielzahl bayerischer Schulen<br />

erfolgreich herausgegeben werden. Sie, Frau Goertz,<br />

haben selbst angemahnt, daß das kritische Miteinander<br />

der Gruppen an einer Schule eingeübt wird. Genau darum<br />

geht es.<br />

Mit dem Instrument der Schülerzeitung soll jungen Menschen<br />

die Chance eröffnet werden, sich unter Anleitung<br />

von Pädagogen schriftlich und redaktionell mit Vorgängen<br />

nicht nur an der Schule, sondern auch im gesellschaftlichen<br />

Bereich auseinanderzusetzen. Dieses<br />

Instrument ermöglicht es den jungen Menschen, sich<br />

wesentlich kritischer und bewußter mit dem auseinanderzusetzen,<br />

was Sie als Herausforderungen einer<br />

modernen Mediengesellschaft bezeichnen.<br />

Wir haben uns in den letzten Monaten intensiv mit den<br />

Folgen dieser modernen Kommunikations- und Mediengesellschaft<br />

auseinanderzusetzen gehabt. Sie haben zu<br />

keiner Zeit eine ähnlich offensive Haltung zu erkennen<br />

gegeben, wie wir sie heute im Zusammenhang mit Ihrer<br />

Stellungnahme zum Gesetzentwurf vom BÜNDNIS 90/DIE<br />

GRÜNEN erleben durften.<br />

Frau Kollegin Goertz spricht mit einem Male davon, daß<br />

wir uns progressiv und offensiv mit den Folgen der<br />

Mediengesellschaft in der Schule auseinandersetzen<br />

sollen. Auf der anderen Seite gehen Sie mit der Medienerziehung,<br />

die die jungen Menschen dazu befähigen soll,<br />

die Angebote der modernen Kommunikations- und<br />

Mediengesellschaft zu nutzen, sehr restriktiv um.<br />

Die Regelung hat sich bewährt. Eine Schülerzeitung ist<br />

keine Schulzeitung in dem Sinne, daß die Schule als<br />

Institution eine Zeitung für alle Beteiligten herausgibt, in<br />

der über den Preis für die Milchtüten wie auch über die<br />

Farbe in der neuen Turnhalle berichtet wird. Bei der<br />

Schülerzeitung geht es um das Einüben gesellschaftlicher<br />

Praktiken und demokratischen Verständnisses unter<br />

pädagogischer Anleitung.<br />

Ich war selbst in der Lage, eine ganze Reihe jugendeigener<br />

Zeitungen im Gegensatz zu meinem eigenen Schulleiter<br />

von damals herauszugeben und damit die Diskussion<br />

an der Schule und um die Schule entsprechend zu<br />

befruchten. Es besteht ein grundlegender Unterschied, ob<br />

ich ein Presseorgan im Sinne des bayerischen Pressegesetzes<br />

verantwortlich herausgebe und redaktionell<br />

betreibe oder ob ich mich am pädagogischen Unternehmen<br />

„Schülerzeitung“ in der jetzigen Form beteilige.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!