38. Sitzung - Bayerischer Landtag
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Plenarprotokoll 13/38 v. 30.01.96 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> · 13. Wahlperiode 2655<br />
Wunder; denn er ist bis auf zwei kleine Details von der<br />
Drucksache 3445 aus der 12. Wahlperiode abgeschrieben,<br />
mit der die SPD bereits im Oktober 1991 eine solche<br />
Forderung aufgestellt hat.<br />
(Brosch (CSU): Da haben wir die GRÜNEN<br />
erwischt!)<br />
- Sie sind immerhin lernfähig.<br />
(Miller (CSU): Schreibt jetzt die Opposition<br />
voneinander ab?)<br />
Wir haben damals gefordert, daß die Teilnahme an Bürgerversammlungen<br />
nicht nach dem Wahlrecht zu definieren<br />
ist, sondern daß es Sinn macht, alle Menschen, die<br />
in einer Gemeinde gemeldet sind, auch bei Bürgerversammlungen<br />
oder Gemeindeversammlungen - wie die<br />
Versammlung heißt, ist Semantik - zu Wort kommen zu<br />
lassen und ihnen das Recht einzuräumen, Anträge zu<br />
stellen. Es ist nicht einzusehen, daß sich diese Bürger, die<br />
auch Steuern zahlen und Sozialabgaben zahlen, am<br />
Gemeinwesen zumindest nicht insoweit beteiligen dürfen,<br />
daß sie dem Gemeinderat Anregungen geben, mit denen<br />
er sich auf der nächsten oder übernächsten <strong>Sitzung</strong><br />
beschäftigen soll.<br />
Auf ein Problem darf ich im Moment noch hinweisen; es<br />
wird aber in der Diskussion in den Ausschüssen sicher zu<br />
lösen sein. Nach der jetzigen Definition der GRÜNEN sind<br />
alle Gemeindeangehörigen und damit alle Gemeindeeinwohner<br />
unabhängig vom Alter teilnahmeberechtigt.<br />
Ich wage zu bezweifeln, daß es Sinn macht, schon 10-,<br />
12- oder 13jährige in das Korsett der Gemeindeversammlung<br />
zu zwängen, und meine, viel sinnvoller wäre<br />
ein Ansatz über Kinderparlamente und Jugendparlamente<br />
auf kommunaler Ebene. Aber das können wir sicher im<br />
Ausschuß klären.<br />
Mit dieser Einschränkung kündige ich die Zustimmung der<br />
SPD an, wobei es einen entsprechenden Antrag der SPD<br />
eigentlich schon lange gab. Allerdings ist er von der CSU<br />
schon einmal abgelehnt worden.<br />
Frau Zweite Vizepräsidentin Fischer: Nächste Wortmeldung:<br />
Herr Kollege Brosch. Bitte, Herr Kollege. Sie<br />
haben das Wort.<br />
Brosch (CSU): Frau Präsidentin, meine sehr verehrten<br />
Damen und Herren! Bei der Ablehnung von seiten der<br />
CSU wird es auch bleiben. Ich darf das kurz begründen.<br />
Nach Artikel 15 Absatz 1 der Gemeindeordnung sind<br />
Gemeindeangehörige alle Gemeindeeinwohner unabhängig<br />
davon, ob sie Deutsche sind und welches Alter sie<br />
haben. Gemeindebürger sind demgegenüber nur<br />
diejenigen Gemeindeangehörigen, die das Wahlrecht<br />
besitzen und an Wahlen teilnehmen können. Das heißt,<br />
sie müssen Deutsche oder Unionsbürger sein, müssen<br />
18 Jahre alt sein, müssen mindestens drei Monate ihren<br />
Lebensmittelpunkt in der Gemeinde haben und dürfen<br />
nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen sein.<br />
Ich darf daran erinnern, daß die Bürgerversammlung ein<br />
mit besonderen Rechten ausgestattetes Gremium der<br />
kommunalen Selbstverwaltung ist, das den Gemeindebürgern<br />
- und vor allem den Gemeindebürgern - die<br />
Gelegenheit geben soll, außerhalb der Wahlen auf die<br />
Geschicke der Gemeinde Einfluß auszuüben. Empfehlungen<br />
der Bürgerversammlung müssen nach Artikel 18<br />
Absatz 4 der Gemeindeordnung sogar innerhalb einer<br />
Frist von vier Monaten vom Gemeinderat behandelt werden.<br />
Die Teilnahme an der Bürgerversammlung ist deshalb<br />
ein Bürgerrecht.<br />
Aus diesem Grund eröffnet das Gesetz die Möglichkeit,<br />
daß mindestens einmal im Jahr eine solche Bürgerversammlung<br />
durchgeführt wird, und es knüpft daran eben<br />
gewisse Anforderungen. Das Stimm- und Antragsrecht<br />
setzt eine gewisse Lebenserfahrung voraus, und es soll<br />
auf die Gemeindebürger begrenzt bleiben. Wir haben es<br />
deshalb auch bisher abgelehnt, das Wahlalter bei Kommunalwahlen<br />
auf unter 18 Jahre abzusenken.<br />
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Artikel 18, der<br />
bei diesem Gesetzentwurf in Rede steht, ist nur ein<br />
Pflichtstandard. Der Gemeinde bleibt es im Rahmen ihres<br />
Selbstverwaltungsrechts schon jetzt unbenommen, durch<br />
Satzung zusätzlich eine Versammlung der<br />
Gemeindeangehörigen, also eine Gemeindeversammlung,<br />
durchzuführen. Die Stadt München macht dies schon jetzt<br />
regelmäßig auf Stadtteilebene. Eine derartige<br />
Einwohnerversammlung sollte nach unserer Meinung den<br />
Gemeinden aber nicht durch das Gesetz zur Pflicht<br />
gemacht werden. Die Eingriffe in die kommunale<br />
Selbstverwaltung, die auf diesem Gebiet notwendig<br />
wären, sollen nach unserer Meinung auf das notwendige<br />
Maß beschränkt bleiben. Deshalb lehnen wir es auch ab,<br />
Gemeindeversammlungen dieser Art in das Gesetz zu<br />
schreiben. Wir lehnen also den Gesetzentwurf der<br />
Opposition ab.<br />
Frau Zweite Vizepräsidentin Fischer: Nächste Wortmeldung:<br />
Frau Kollegin Rieger. Bitte, ich erfeile Ihnen das<br />
Wort.<br />
Frau Rieger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin,<br />
meine Damen und Herren! Herr Güller, ich wollte<br />
Ihnen nur sagen: Der Beweis, daß wir nicht abgeschrieben<br />
haben, ist gerade, daß uns dieser kleine Fehler passiert<br />
ist. Das wollte ich zu unserer Rechtfertigung nur noch<br />
sagen. Ihnen fällt es aber anscheinend schwer, es<br />
hinzunehmen, wenn wir einmal irgendwo schneller waren<br />
als Sie.<br />
Frau Zweite Vizepräsidentin Fischer: Damit ist die<br />
Aussprache geschlossen.<br />
Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den<br />
Gesetzentwurf dem Ausschuß für kommunale Fragen und<br />
innere Sicherheit als federführendem Ausschuß zu<br />
überweisen. Besteht damit Einverständnis? - Dann ist das<br />
so beschlossen.<br />
Ich rufe auf: