Stephanie Kirchmayr will Profi-Golferin werden - Bayerischer ...
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Golf-Talent ganz ohne Allüren<br />
<strong>Stephanie</strong> <strong>Kirchmayr</strong> <strong>will</strong> <strong>Profi</strong>-<strong>Golferin</strong><br />
<strong>werden</strong><br />
<strong>Stephanie</strong> <strong>Kirchmayr</strong> <strong>will</strong> <strong>Profi</strong>-<strong>Golferin</strong> <strong>werden</strong><br />
NÜRNBERG - Bedienen wir mal die Klischees und begeben uns auf<br />
die Suche nach dem typischen Golfspieler: Der besticht zunächst<br />
einmal durch seine Optik. Edle Treter, feine Stoffhose, Polohemd oder<br />
schicke Bluse müssen es sein. Geld hat der gemeine Golfer ebenfalls<br />
Bitte Bild anklicken! wie Heu. Und Urlaub gemacht wird nur in den teuersten Golf-Ressorts<br />
der Welt, in Neuseeland zum Beispiel oder in Thailand. Oder wie wäre<br />
es vielleicht mit den Seychellen?<br />
Dann treffen wir auf <strong>Stephanie</strong> <strong>Kirchmayr</strong>. Und sämtliche Klischees<br />
zerplatzen wie eine Seifenblase. In Jeans und T-Shirt begrüßt uns die<br />
Bitte Bild anklicken!<br />
Golf-Nationalspielerin am Nürnberger Hauptbahnhof. Und obwohl sie<br />
gerade erst von einem stationären Krankenhausaufenthalt in der Noris<br />
zurückkommt, quasi nur auf der Durchreise ins heimische Pocking ist, versprüht sie sofort<br />
gute Laune und wirkt alles andere als gestresst oder irgendwie etepetete.<br />
Das mit den Vorurteilen stört die großgewachsene Brünette, die seit Januar 2006 für den Golf-<br />
Club am Reichswald startet, schon. «Es ist zwar inzwischen besser geworden, aber trotzdem<br />
wird der Golfsport in Deutschland immer noch häufig als elitär angesehen», bedauert die 24-<br />
Jährige. «In den USA zum Beispiel ist das komplett anders.» <strong>Stephanie</strong> <strong>Kirchmayr</strong> weiß,<br />
wovon sie spricht, immerhin verbringt sie einen Großteil des Jahres in den Staaten. In<br />
Charleston im US-Bundesstaat South Carolina studiert sie Wirtschaft und<br />
Tourismusmanagement, ist Mitglied der dortigen Campus-Mannschaft.<br />
«Ich habe das Glück, dass ich durch meine sportlichen Erfolge ein Stipendium bekommen<br />
habe. Davon kann ich meinen Lebensunterhalt in den Staaten bestreiten», erzählt <strong>Kirchmayr</strong><br />
und räumt mit einem weiteren Vorurteil auf. «Als Amateur verdienst du mit Golf kein Geld.<br />
Da musst du es erst zu den <strong>Profi</strong>s schaffen.»<br />
Eigentlich könnte man meinen, dass <strong>Kirchmayr</strong>s Weg in den Golfsport bereits früh<br />
vorgezeichnet war. Immerhin ist sie in einer Region groß geworden, die schon lange vom<br />
Golftourismus lebt. Aufgewachsen ist die talentierte Sportlerin im niederbayerischen Pocking,<br />
nur wenige Kilometer entfernt vom Golf-Mekka Bad Griesbach.<br />
«Mein Vater und meine Brüder haben mich schon als Kind mit auf den Golfplatz genommen,<br />
allerdings hat mich der Sport nicht wirklich interessiert bis ich zwölf Jahre alt war», gesteht<br />
<strong>Kirchmayr</strong>. Golfspielen, das bedeutete für sie damals eher eine nette Spielerei mit ihrem<br />
großen Bruder.
«Wenn wir auf dem Grün standen, haben wir immer nur darum gekämpft, wer die Bälle am<br />
schnellsten aus dem Korb hauen kann», erinnert sie sich und lacht. «Unser Trainer hat uns<br />
dann immer Strafrunden laufen lassen. Und bei uns am Golfplatz waren wir als Chaos-Duo<br />
verschrien.»<br />
Der Ehrgeiz packte sie erst, als es darum ging, bei den Bayerischen<br />
Mannschaftsmeisterschaften starten zu dürfen. «Dazu brauchte man ein Handicap von 36, und<br />
um das zu erreichen, habe ich dann fast jeden Tag trainiert», erinnert sich <strong>Kirchmayr</strong>. Danach<br />
ging alles seinen Lauf. Der Berufung in den bayerischen Kader folgte bereits mit 15 Jahren<br />
die Nominierung für die Frauen-Nationalmannschaft, mit der sie im Juli diesen Jahres in<br />
Slowenien Europameister wurde – ein Novum in der Geschichte des Deutschen Golf<br />
Verbandes (DGV).<br />
Gerne erinnert sich <strong>Kirchmayr</strong> – inzwischen liegt ihr Handicap bei 3,8 – an das Turnier<br />
zurück, bei dem es ihr Team bis zum Schluss spannend machte. «In der Qualifikation wären<br />
wir zunächst fast ausgeschieden, sind gerade noch unter den Top Acht ins Finale<br />
eingezogen», erzählt sie. «Im Anschluss haben wir gegen Schweden und Spanien jeweils erst<br />
am letzten Loch gewonnen. Und im Finale dann die Engländerinnen im Stechen besiegt.»<br />
Doch <strong>Kirchmayr</strong> <strong>will</strong> mehr. Ihr Studium wird sie im Dezember abschließen, aber an einen<br />
«normalen» Beruf verschwendet die ambitionierte Bayerin momentan noch keine Gedanken.<br />
«Mein großes Ziel ist es, <strong>Profi</strong>-<strong>Golferin</strong> zu <strong>werden</strong>», erzählt sie ganz offen und erklärt, wie’s<br />
geht. «Um mit dem Golfspielen richtig Geld zu verdienen, muss man es in den Staaten auf die<br />
LPGA-Tour (Ladies Professional Golf Association-Tour, Anm. der Red.) schaffen oder sich<br />
alternativ in Europa für die Ladies European Tour qualifizieren.»<br />
Die Qualifikationsturniere für die amerikanische LPGA-Tour starten im Herbst. «Im<br />
Dezember weiß ich dann, ob ich dabei bin. Wenn ich es in den USA nicht schaffe, versuche<br />
ich es in Januar mit den Qualifikationsturnieren in Europa.» <strong>Kirchmayr</strong> ist bewusst, dass es<br />
nicht leicht wird, sie weiß aber genauso gut um ihre Fähigkeiten. «Vieles hängt natürlich von<br />
der Tagesform ab, das ist mir schon klar. Aber so, wie ich momentan drauf bin, denke ich,<br />
dass ich es schaffen kann.»<br />
Dann greift sie nach ihrem Rucksack und verabschiedet sich in Richtung Pocking. «Ich freue<br />
mich jetzt drauf, meine Familie und meine Freunde wiederzusehen, auch wenn’s nur für ein<br />
paar Tage ist.»<br />
Bei allen Vorurteilen und Klischees, die hierzulande noch gegenüber Golfern herrschen<br />
mögen, sieht auch <strong>Kirchmayr</strong> den großen Pluspunkt, den ihre bayerische Heimat gegenüber<br />
den Staaten hat. «In den USA sind die Leute zwar vielen Dingen gegenüber sehr<br />
aufgeschlossen und offen. Aber in Deutschland geht es dafür nicht so oberflächlich zu. Und es<br />
entstehen mehr gute Freundschaften.»<br />
<strong>Stephanie</strong> Händel