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Weinbauliches Gutachten - Balthasar Ress

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kaum bekannt sind? Das statt Riesling und Spätburgunder Rebsorten mit zweifelhaften<br />

Namen wie Rondo oder Bolero kultiviert?<br />

Olesen, Jahrgang 1957, ist erst seit Januar Direktor. Die elf Jahre davor hat er als<br />

Weinhändler in Spanien verbracht. Ist es nicht verrückt, eins der besten Weinländer der Welt<br />

zu verlassen, um in einem dänischen Gewerbegebiet Trauben zu pflanzen? Olesen zieht das<br />

entspannte Lächeln auf, das viele Dänen beherrschen. Gelassenheit – das ist seine Antwort.<br />

Jene Gelassenheit, der man im ganzen Land begegnet. Selbst auf den Autobahnen wird<br />

meditatives Fahren eingeübt, verbunden mit möglichst wenig Aufregung für alle.<br />

Das Dansk VinCenter gilt als Schrittmacher im dänischen Weinbau. Sieben Jahre lang, von<br />

1992 bis 1999, wurden hier 200 Rebsorten darauf getestet, ob sie dem nordischen Klima<br />

standhalten. Inzwischen wachsen auf drei Hektar Rondo, Leon Millot, Castel und Regent,<br />

alles Rotweinsorten. »Am Anfang«, erzählt Olesen, »waren sie hier froh, dass überhaupt<br />

etwas gewachsen ist. Inzwischen haben wir unseren eigenen Stil gefunden.« Seit August 2000<br />

ist Dänemark von der EU als Weinland anerkannt, mit 99 Hektar Anbaufläche, verteilt auf die<br />

Regionen Fünen, Jütland, Seeland und Bornholm. Das Anbaugebiet Bornholm besteht aus<br />

einem einzigen Winzer, für den ein eigener Verwaltungsbeamter zuständig ist – einmalig in<br />

Europa.<br />

»Jetzt müssen wir endlich probieren.« Olesen kann es kaum erwarten, seinen Nordlund<br />

vorzuführen, den Prestigewein des VinCenter. Auf dem Etikett prangt das Wikingersymbol<br />

wie ein Hosenknopf, das Design der Flasche wurde auf Grau und Weiß reduziert, »Farben,<br />

kalt wie Dänemark«. Olesen zieht die Flasche auf, es ist tatsächlich Wein drin, er riecht nach<br />

Waldbeeren und einer Spur Eukalyptus. Der Nordlund ist kein Kraftprotz, er ist von mittlerer<br />

Struktur und hat eine leichte Holznote von einigen Monaten Lagerung in ungarischen<br />

Eichenfässern. Er erinnert an norditalienischen Wein aus einem mittelmäßigen Jahrgang. Dem<br />

international gefragten üppigen Stil entspricht er nicht.<br />

Aber er widerlegt ein ehernes Gesetz der Weinwelt. Der 52. Breitengrad galt stets als die<br />

Nordgrenze; dort stehen in Neubrandenburg Deutschlands nördlichste Weinberge. Die<br />

Klimaerwärmung aber befördert den Weinbau immer weiter. Der Nordlund ist dem 55.<br />

Breitengrad abgerungen. »In den letzten 100 Jahren ist es hier um zwei Grad wärmer<br />

geworden«, sagt Olesen, »diese Tendenz hält an.« Noch wäre es einfacher, hier Weißwein<br />

anzubauen als rote Rebsorten, die noch mehr Sonne brauchen. »Aber Dänen lieben Rotwein«,<br />

sagt Olesen. Trotz seines stolzen Preises von 40 Euro ist der Nordlund begehrt, er wird auch<br />

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