Bad Berka und seine Mühlen (Teil 1) - Kurstadt Bad Berka

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09.10.2013 Aufrufe

Bau des Mühlgrabens an der Bleichstraße 1880 So genial wie dieses Bauwerk ausgedacht war (in dieser Zeit einmalig in ganz Deutschland) so schlecht und rücksichtslos war es ausgeführt worden. Ausgenommen war nur der unterirdische Viadukt. Er dokumentierte eine hervorragende Arbeit der Berkaer Handwerker und gab den Behörden keinen Anlass zur Kritik. Umso schlechter hatte man aber den darüber geführten offenen Kanal ausgeführt. Seine Sohle war zwar, wie gefordert, in Zementmörtel ausgeführt, die Seiten aber nur in die Erde eingeschnitten und mit einem aufgeschütteten Damm aus Bauschutt, Erde und Sand versehen. Zum Schutze des an der rechten Seite des Kanals befindlichen Hauses von Schuhmacher Friedrich Kanz (Bleichstr. 6) sowie am Garten des Fuhrmannes und Gastwirtes Christian Schenk (Bleichstr. 8 ) hatte man Planken aus Holz angebracht und mit Erde hinterfüllt. Da der Wasserspiegel des neuen oberen Kanals gegenüber des alten Mühlgrabens um 1 1/2 m höher lag, befanden sich nun die Grundstücke tiefer und wurden durch die porösen Dämme unter Wasser gesetzt. In kürzester Zeit waren die aus Sandstein bestehenden Grundmauern des Hauses feucht und der Garten der Schenks stand unter Wasser. Besonders hart hatte es den Gerber Bernhard König (Bleichstr. 9) getroffen. Seit Einrichtung seiner Gerberei vor 50 Jahren wurde das Wasser über eine Gosse in den unmittelbar vorbei fließenden alten Mühlgraben geleitet. Da nun der neue Graben höher lag als seine Werkstatt, war dies nicht mehr möglich. Darüber hinaus hatte ihm Carl August Oschatz untersagt, seine Felle weiterhin im Mühlgraben zu wässern. Auch mit den Grenzen nahmen es Oschatzens nicht so genau. Teilweise waren die Dämme auf privaten und städtischen Grundstücken errichtet worden. Den Umbau der Krämerbrücke, zu dem sie vom Landbaumeister zur Gewährleistung des Durchflusses des Wassers durch die Erhöhung des Grabens verpflichtet worden waren, nahmen sie gar nicht erst in Angriff. Auch das in ihrem eigenen Interesse liegende Teilungsgrieswerk war zunächst noch unvollständig und nicht fertig gestellt. Es kam zu Beschwerden der Anlieger. Die Stadt und die Landesbehörden mussten eingreifen, Gutachten und Gegengutachten wurden erstellt und alles endete in endlosen Prozessen. Nur langsam wurden Nachbesserungen und Entschädigungszahlungen der Bauherren an die Betroffenen erzwungen. Das

Hauptübel, die Einfassung des oberen Kanals von der Obermühle zur Untermühle, wussten beide über Jahre zu verzögern. Erst nach erneuten Prozessen mussten sie endlich handeln. 1896 erfolgte die Einfassung des Mühlgrabens mit Betonmauerwerk an seiner rechten und 1900 an der linken Seite. Inzwischen aber waren die beiden Brüder selbst heillos zerstritten und verfeindet. Man verkehrte nur noch über Anwälte miteinander. Der Hauptgrund war die gemeinsame Unterhaltspflicht für Mühlgraben, Mühllache sowie Schleusen, Wehre und Brücken, insbesondere der Krämerbrücke. Bei notwendigen Reparaturen oder Arbeiten konnten sie sich meistens nicht einigen. Es kam zu Streit, keiner der beiden gab nach. Gerichte und Anwälte mussten die Fälle kostenaufwendig schlichten. Die Brüder versuchten sogar, sich zu schaden. So erzählte man sich in der Familie, der Untermüller habe das im Jahr 1899 errichtete Sägewerk Linke in Berka finanziert, um seinem Bruder, dem Obermüller, ein Konkurrenzunternehmen zu schaffen. Andererseits hatte der Obermüller die heutige Bleichstraße gesperrt, damit sein Bruder, der Untermüller, Umwege fahren musste, um in sein Grundstück zu gelangen. Auch der endgültigen Fertigstellung des Teilungsgrieswerkes an der Obermühle 1904 war erst ein kostspieliger und langwieriger Prozess voraus gegangen, ebenso dem Bau der Krämerbrücke. Die Arbeiten waren eine Zwangsmaßnahme und standen unter der Leitung des unabhängigen Bauinspektors Gang in Weimar. Trotzdem hatten sich beide Mühlenunternehmen zu leistungsstarken Betrieben, auch über unsere Region hinaus, entwickelt. Die Untermühle war ausgestattet mit einer Korn- und einer Weizenmühle. Diese besaßen jede zwei moderne französische Mahlgänge, zwei Walzenstühle und eine Reinigungsmaschine. Weiterhin waren vorhanden: eine Griesputzerei, Kreissäge und Holzhackmaschine. Zum Besitz gehörten ferner eine umfangreiche Landwirtschaft mit Wiesen und Feldern sowie 3-4 schwere Pferdegespanne. Carl August Oschatz betrieb einen schwunghaften Getreide- und Getreideprodukthandel. Er kaufte in der Umgebung und in entfernten Regionen Getreide auf, verarbeitete es in Berka und brachte die Produkte mit eigenen Fuhrwerken nach Erfurt, Gotha, Jena und anderen Orten zum Verkauf. Auch in seiner Mühle befand sich eine Mehlhandlung für die Bewohner. Um dem ständig in den Sommermonaten auftretenden Wassermangel in der Ilm entgegen zu wirken, schaffte er 1892 eine Dampfmaschine an. Carl August Oschatz bezeichnete seine Mühle nun als „Kunstmühle mit Wasser und Dampfkraft“. Auch der Obermüller Constantin Oschatz hatte umfangreich investiert und seinen Besitz gemehrt. Am Standort Obermühle befand sich ebenfalls eine Mahlmühle. In ihr arbeiteten drei deutsche und ein französischer Mahlgang sowie eine Reinigungsmaschine und eine Quetschwalze. In der Schneidemühle befanden sich drei Vertikalgatter, eine Kreissäge sowie eine Dreh- und Bohrbank. Als dritte Mühle war eine Massemühle eingerichtet worden. In ihr wurde mit 56 Läufern und 4 Schleppern Porzellanmasse gemahlen. Den Betrieb stellte man allerdings1899 wieder ein. Zum weiteren Besitz zählte die Holzpappenfabrik Martinswerk, die Mahlmühle in Hetschburg (sie wurde 1903 wieder verkauft) sowie das Mehrfamilienhaus in der Kirchstraße, heute Nr. 4. Constantin Oschatz besaß wie sein Bruder eine große Landwirtschaft mit Hof und Ställen an der heutigen Bleichstraße, dazu zahlreiche Pferdegespanne zum Transport seiner Holzprodukte, vorwiegend in den Raum Erfurt. Er befasste sich mehr mit seinem Sägewerk und dem Holzhandel sowie mit der Holzpappenfabrik. Seine Mahlmühle hatte er an den Müller Karl Seyfarth verpachtet. Über die 35jährige Tätigkeit der beiden Brüder in ihren Mühlen zeugen umfangreiche Akten und Dokumente, besonders zu Streitigkeiten und Prozessen, die beide bis an

Bau des Mühlgrabens an der Bleichstraße 1880<br />

So genial wie dieses Bauwerk ausgedacht war (in dieser Zeit einmalig in ganz<br />

Deutschland) so schlecht <strong>und</strong> rücksichtslos war es ausgeführt worden.<br />

Ausgenommen war nur der unterirdische Viadukt. Er dokumentierte eine<br />

hervorragende Arbeit der <strong>Berka</strong>er Handwerker <strong>und</strong> gab den Behörden keinen Anlass<br />

zur Kritik. Umso schlechter hatte man aber den darüber geführten offenen Kanal<br />

ausgeführt. Seine Sohle war zwar, wie gefordert, in Zementmörtel ausgeführt, die<br />

Seiten aber nur in die Erde eingeschnitten <strong>und</strong> mit einem aufgeschütteten Damm aus<br />

Bauschutt, Erde <strong>und</strong> Sand versehen. Zum Schutze des an der rechten Seite des<br />

Kanals befindlichen Hauses von Schuhmacher Friedrich Kanz (Bleichstr. 6) sowie<br />

am Garten des Fuhrmannes <strong>und</strong> Gastwirtes Christian Schenk (Bleichstr. 8 ) hatte<br />

man Planken aus Holz angebracht <strong>und</strong> mit Erde hinterfüllt. Da der Wasserspiegel<br />

des neuen oberen Kanals gegenüber des alten Mühlgrabens um 1 1/2 m höher lag,<br />

befanden sich nun die Gr<strong>und</strong>stücke tiefer <strong>und</strong> wurden durch die porösen Dämme<br />

unter Wasser gesetzt. In kürzester Zeit waren die aus Sandstein bestehenden<br />

Gr<strong>und</strong>mauern des Hauses feucht <strong>und</strong> der Garten der Schenks stand unter Wasser.<br />

Besonders hart hatte es den Gerber Bernhard König (Bleichstr. 9) getroffen. Seit<br />

Einrichtung <strong>seine</strong>r Gerberei vor 50 Jahren wurde das Wasser über eine Gosse in den<br />

unmittelbar vorbei fließenden alten Mühlgraben geleitet. Da nun der neue Graben<br />

höher lag als <strong>seine</strong> Werkstatt, war dies nicht mehr möglich. Darüber hinaus hatte<br />

ihm Carl August Oschatz untersagt, <strong>seine</strong> Felle weiterhin im Mühlgraben zu wässern.<br />

Auch mit den Grenzen nahmen es Oschatzens nicht so genau. <strong>Teil</strong>weise waren die<br />

Dämme auf privaten <strong>und</strong> städtischen Gr<strong>und</strong>stücken errichtet worden. Den Umbau<br />

der Krämerbrücke, zu dem sie vom Landbaumeister zur Gewährleistung des<br />

Durchflusses des Wassers durch die Erhöhung des Grabens verpflichtet worden<br />

waren, nahmen sie gar nicht erst in Angriff. Auch das in ihrem eigenen Interesse<br />

liegende <strong>Teil</strong>ungsgrieswerk war zunächst noch unvollständig <strong>und</strong> nicht fertig gestellt.<br />

Es kam zu Beschwerden der Anlieger. Die Stadt <strong>und</strong> die Landesbehörden mussten<br />

eingreifen, Gutachten <strong>und</strong> Gegengutachten wurden erstellt <strong>und</strong> alles endete in<br />

endlosen Prozessen. Nur langsam wurden Nachbesserungen <strong>und</strong><br />

Entschädigungszahlungen der Bauherren an die Betroffenen erzwungen. Das

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