MiriamFischer Publikation Philosophie des Tanzes - Andrea von ...
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Anzweifelbaren) aus den unklaren, undeutlichen und damit unzuverlässigen Wahrnehmungen<br />
und Erfahrungen der Alltagswelt und gewinnt einen absoluten Boden der Gewissheit, ein<br />
fundamentum inconcussum: „das Denken (=Bewusstsein) ist es; es allein kann nicht <strong>von</strong> mir<br />
abgetrennt werden; Ich bin, Ich existiere, das ist gewiss (...)“ 99<br />
Mit der Entdeckung der Existenz <strong>des</strong> Denkens als erster Gewissheit und erstem Prinzip erfährt<br />
das denkende Ego einen bis dahin ungekannten Status: Zum ersten Mal liegt am Ende der 2.<br />
Meditation das Prinzip (der <strong>Philosophie</strong> und Wahrheit) im Subjekt <strong>des</strong> Denkens und nicht<br />
mehr in einer externen (göttlichen) Instanz verborgen. Die Dassheit <strong>des</strong> Denkens ist der letzte<br />
Boden, der hält, nachdem Descartes alle Denkinhalte und sinnlichen Wahrnehmungen per<br />
Zweifel ausgeschaltet hat. Das Gewisseste, was die Methode <strong>des</strong> Zweifels findet, ist die<br />
Tätigkeit <strong>des</strong> Zweifelns (Denkens) selbst. Dieses Phänomen ist mit „Immunität <strong>des</strong> Zweifels<br />
gegenüber dem Zweifel“ und „Selbstaufhebung <strong>des</strong> Zweifels“ 100 bezeichnet worden. Die<br />
Methode sichert sich <strong>von</strong> daher <strong>von</strong> vornherein selbst ab. Descartes sucht ein einziges<br />
Gewisses (gleich einem archimedischen Fixpunkt), er schreibt: „(...) und sollte es auch die<br />
Gewissheit sein, dass es nichts Gewisses gibt“ 101 .<br />
Da diese erste oder letzte Gewissheit <strong>des</strong> Denkens eine Tätigkeit darstellt, spricht sich Röd für<br />
eine „Deutung der Grundlegung als Vollzug“ aus. Inwiefern dieser <strong>von</strong> allen Inhalten und<br />
Bezügen gereinigte, „tätige“ Denk-Boden aber ein Ich ist, ist mehrfach kritisiert worden. Die<br />
Dassheit <strong>des</strong> Denkens ist nicht mit einer Washeit oder Werheit, also dem Denksubjekt,<br />
gleichzusetzen. Dennoch spricht Descartes in den Meditationen <strong>von</strong> einem Ego, das am<br />
gewissesten allein reines Denken ist: „Also, was bin ich nun? Ein denken<strong>des</strong> Ding.“ 102<br />
Damit ist der Vorrang <strong>des</strong> Denkens vor dem Ausgedehnten (res extensa) gesetzt. Die<br />
Definition <strong>von</strong> Wahrheit als Gewissheit, die Strenge der (reduktionistisch verfahrenden)<br />
Methode, das Prinzip <strong>des</strong> klaren und deutlichen Erkennens, das Postulat apodiktischer<br />
Evidenz prägen den wissenschaftlichen und philosophischen Diskurs Descartes’, markieren<br />
das Profil <strong>des</strong> Untersuchungsgegenstand und beeinflussen wesentlich das Ergebnis. So wird<br />
aus einer Person, die „ohne zu philosophieren“ 103 weiß, dass sie eine Verbindung aus Denken<br />
und Körper ist (vgl. Briefe an Elisabeth), ein beschnittenes, körperloses Cogito. Die Methode<br />
reduziert so einerseits den Erkenntnisgegenstand auf das reine, begrifflich klar<br />
unterscheidbare, bewusste Denken, andererseits passt sie das Erkenntnissubjekt an, indem sie<br />
nur das per Zweifel herausisolierte reine Denken als Ego anerkennt.<br />
99<br />
Meditationes, S.84.<br />
100<br />
Vgl. Röd, Wolfgang: Descartes, München 1995.<br />
101<br />
Meditationes, S.77.<br />
102<br />
Meditationes, S.87.<br />
103<br />
Briefe, Köln: Staufen-Verlag 1949. S. 272.<br />
99