09.10.2013 Aufrufe

MiriamFischer Publikation Philosophie des Tanzes - Andrea von ...

MiriamFischer Publikation Philosophie des Tanzes - Andrea von ...

MiriamFischer Publikation Philosophie des Tanzes - Andrea von ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Anzweifelbaren) aus den unklaren, undeutlichen und damit unzuverlässigen Wahrnehmungen<br />

und Erfahrungen der Alltagswelt und gewinnt einen absoluten Boden der Gewissheit, ein<br />

fundamentum inconcussum: „das Denken (=Bewusstsein) ist es; es allein kann nicht <strong>von</strong> mir<br />

abgetrennt werden; Ich bin, Ich existiere, das ist gewiss (...)“ 99<br />

Mit der Entdeckung der Existenz <strong>des</strong> Denkens als erster Gewissheit und erstem Prinzip erfährt<br />

das denkende Ego einen bis dahin ungekannten Status: Zum ersten Mal liegt am Ende der 2.<br />

Meditation das Prinzip (der <strong>Philosophie</strong> und Wahrheit) im Subjekt <strong>des</strong> Denkens und nicht<br />

mehr in einer externen (göttlichen) Instanz verborgen. Die Dassheit <strong>des</strong> Denkens ist der letzte<br />

Boden, der hält, nachdem Descartes alle Denkinhalte und sinnlichen Wahrnehmungen per<br />

Zweifel ausgeschaltet hat. Das Gewisseste, was die Methode <strong>des</strong> Zweifels findet, ist die<br />

Tätigkeit <strong>des</strong> Zweifelns (Denkens) selbst. Dieses Phänomen ist mit „Immunität <strong>des</strong> Zweifels<br />

gegenüber dem Zweifel“ und „Selbstaufhebung <strong>des</strong> Zweifels“ 100 bezeichnet worden. Die<br />

Methode sichert sich <strong>von</strong> daher <strong>von</strong> vornherein selbst ab. Descartes sucht ein einziges<br />

Gewisses (gleich einem archimedischen Fixpunkt), er schreibt: „(...) und sollte es auch die<br />

Gewissheit sein, dass es nichts Gewisses gibt“ 101 .<br />

Da diese erste oder letzte Gewissheit <strong>des</strong> Denkens eine Tätigkeit darstellt, spricht sich Röd für<br />

eine „Deutung der Grundlegung als Vollzug“ aus. Inwiefern dieser <strong>von</strong> allen Inhalten und<br />

Bezügen gereinigte, „tätige“ Denk-Boden aber ein Ich ist, ist mehrfach kritisiert worden. Die<br />

Dassheit <strong>des</strong> Denkens ist nicht mit einer Washeit oder Werheit, also dem Denksubjekt,<br />

gleichzusetzen. Dennoch spricht Descartes in den Meditationen <strong>von</strong> einem Ego, das am<br />

gewissesten allein reines Denken ist: „Also, was bin ich nun? Ein denken<strong>des</strong> Ding.“ 102<br />

Damit ist der Vorrang <strong>des</strong> Denkens vor dem Ausgedehnten (res extensa) gesetzt. Die<br />

Definition <strong>von</strong> Wahrheit als Gewissheit, die Strenge der (reduktionistisch verfahrenden)<br />

Methode, das Prinzip <strong>des</strong> klaren und deutlichen Erkennens, das Postulat apodiktischer<br />

Evidenz prägen den wissenschaftlichen und philosophischen Diskurs Descartes’, markieren<br />

das Profil <strong>des</strong> Untersuchungsgegenstand und beeinflussen wesentlich das Ergebnis. So wird<br />

aus einer Person, die „ohne zu philosophieren“ 103 weiß, dass sie eine Verbindung aus Denken<br />

und Körper ist (vgl. Briefe an Elisabeth), ein beschnittenes, körperloses Cogito. Die Methode<br />

reduziert so einerseits den Erkenntnisgegenstand auf das reine, begrifflich klar<br />

unterscheidbare, bewusste Denken, andererseits passt sie das Erkenntnissubjekt an, indem sie<br />

nur das per Zweifel herausisolierte reine Denken als Ego anerkennt.<br />

99<br />

Meditationes, S.84.<br />

100<br />

Vgl. Röd, Wolfgang: Descartes, München 1995.<br />

101<br />

Meditationes, S.77.<br />

102<br />

Meditationes, S.87.<br />

103<br />

Briefe, Köln: Staufen-Verlag 1949. S. 272.<br />

99

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!