MiriamFischer Publikation Philosophie des Tanzes - Andrea von ...
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Am Platz springt es aus dem Platz heraus: es öffnet ihn und stellt ihn in einen Abstand zu<br />
sich, es trennt ihn <strong>von</strong> seinem Hier, mit dem es ihn dann wiederum vereint, und in das es ihn<br />
neu platziert wie einen nunmehr rhythmisch gegliederten Ort, wie einen Atem, der geht, der<br />
sich hebt und senkt.<br />
Es springt, es schreckt auf, es fährt auf, es zuckt zusammen, es zittert, es fröstelt; es bebt, es<br />
bewegt sich, es brodelt, es wackelt, es trampelt, überwältigt <strong>von</strong> Erschütterungen und Stößen,<br />
<strong>von</strong> Rutschen oder Rollen, <strong>von</strong> Progressionen, Prozessionen und Präzisionen; es lässt sich auf<br />
eine Trennung ein, und es zieht sich zurück, um noch besser springen zu können.<br />
Der Sinn <strong>des</strong> <strong>Tanzes</strong> ist der Sinn einer Trennung in einem Sprung, der die Teilung der Körper<br />
gleichzeitig öffnet und überschreitet: Sinn vor jedem Sinn, und der Sinn verschließt jeden<br />
Sinn, öffnet dann einen nach dem anderen wieder, gleitet dazwischen, springt bis an den<br />
Grund eines jeden und <strong>von</strong> einem zum anderen, zwischen dasselbe und das Vermischte eines<br />
einzelnen Körpers oder einer Vielzahl <strong>von</strong> Körpern, wobei er aus dem einen mehrere macht<br />
und aus mehreren eine Tanzerei.<br />
Der Sinn <strong>des</strong> <strong>Tanzes</strong> stellt keinen besonderen Sinn dar, zumin<strong>des</strong>t wenn man ihn so zu<br />
verstehen glaubt, dass man da<strong>von</strong> ausgeht, es gibt Künste für den „Sehsinn“, andere für den<br />
„Hörsinn“, und so weiter. Er wäre vielmehr, wenn man darüber in dieser Weise sprechen<br />
müsste, ein Sinn vor der Eröffnung der Sinne: ein Sinn, der ihnen voraus und in ihre<br />
Entfaltung gerutscht ist, oder aber wie diese Entfaltung. Ein verdrehter Sinn, gefaltet und<br />
entfaltet in Richtung der Eröffnung der Sinne. Ein Sinn, der die Sinne entfaltet, der den Sinn<br />
entfaltet oder entbindet, absolut, der vorgeburtliche Tanz dieser schönen Geste, die die<br />
Zellkugel <strong>von</strong> sich trennt, um sie abzustoßen und sie dann wieder in einem Bogen<br />
anzubinden, und zwar an eine feine Schnur, die um einen Nährboden gerollt ist. Eine<br />
Einwickelbewegung um die Seele herum, ein invaginiertes Gefäß, und drum herum die<br />
Entstehung <strong>von</strong> Eingängen und Ausgängen, <strong>von</strong> Hörorganen, Pupillen, Nasenlöchern, <strong>von</strong><br />
taktilen und magnetischen Fühlern, <strong>des</strong> weiteren Sehnen, Strecker und Beuger, Klangkörper,<br />
Tänzer.<br />
Es tanzt schon, das Tierchen, damit beschäftigt, sich vom molekularen Block zu lösen: es<br />
gräbt und trommelt seine Zukunft. Es wird nicht, was es ist, sondern es wird, was es an Raum<br />
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