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MiriamFischer Publikation Philosophie des Tanzes - Andrea von ...

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II. 4.1. Unmittelbarkeit und Zeichenvariationen<br />

Das Gelingen eines Zeichengebrauchs über die Differenzen <strong>von</strong> Personen hinweg<br />

kann als unmittelbar bezeichnet werden. Unmittelbarkeit ist hier kein Gegenbegriff<br />

zur Vermittlung, sondern bezeichnet das unkomplizierte spontane Verstehen gemäß<br />

„einem ,gewohnten’ oder individuell ,angeeigneten’, aber selbst nicht mehr in Frage<br />

gestellten Sprachgebrauch […]. Der ,realistische’ Eindruck ergibt sich mit der draus<br />

(wieder)gewonnen Leichtigkeit <strong>des</strong> Verständnisses.“ 82 Vermittlung, als kulturelle,<br />

sprachliche, intersubjektive Vorgeschichte einer Interpretation, die auf Anhieb oder<br />

über Erklärungen zustande kam, ist also Bedingung für die so verstandene<br />

Unmittelbarkeit.<br />

Der ästhetische Mehrwert <strong>des</strong> Signifikanten oder auch insbesondere das Nicht-<br />

Überblicken-Können eines Sinnganzen wirft den Rezipienten auf die sinnliche<br />

Erfahrung zurück und lädt zu weiterführender Interpretation ein. Die Gleichzeitigkeit<br />

<strong>von</strong> Ungeordnetem und Unvereinbaren auf der Bühne bietet Sinnangebote ebenso<br />

wie Sinnentzug. Die Offenheit <strong>des</strong> interpretativen Prozesses kann daher auch das<br />

Erleben 83 unmittelbaren Wiedererkennens oder Sich-Zu-Eigen-Machens beinhalten,<br />

ohne allerdings damit Sinnsuche zu erübrigen.<br />

Paraphrasierung und Explikation eines Zeichenvollzugs können in ihrem Verhältnis<br />

zu einem vorigen, missverstandenen oder mehrdeutigen Zeichengebrauch nicht im<br />

Sinne einer Synonymität überprüft werden. Die Bedeutung jeder Zeichenvariation ist<br />

nur in ihren jeweils gegebenen Zeichen. Interpretation und Explikation sind daher<br />

nicht als Einkreisen eines Sinnes denkbar, sondern eher als Dialog aufzufassen, der<br />

die Verbindlichkeit einer Auseinandersetzung miteinander hat – und sich in der<br />

Praxis bewähren muss.<br />

82 Simon 1998, S. 35.<br />

83 Es gilt hinsichtlich der Funktionen <strong>des</strong> Gehirns inzwischen als nachgewiesen, „dass Großhirnrinde und limbisches<br />

System eine unauflösliche Einheit bilden, und dass Kognition nicht möglich ist ohne Emotion, den erlebnismäßigen<br />

Ausdruck <strong>des</strong> Prozesses der Selbstbewertung <strong>des</strong> Gehirns“. Gerhard Roth: Das Gehirn und seine Wirklichkeit. Kognitive<br />

Neurobiologie und ihre philosophischen Konsequenzen. Zitiert nach Brigitte Scheer: Gefühl, in: Karlheinz Barck u.a. (Hg.)<br />

Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch in sieben Bänden. Bd. II, Stuttgart, Weimar 2001, S. 629-660, S. 631.<br />

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