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MiriamFischer Publikation Philosophie des Tanzes - Andrea von ...

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Der „Seitenhieb“ auf die Semiotik übersieht, dass die eindeutige gegenseitige<br />

Evozierung <strong>von</strong> Signifikant und Signifikat, wie sie de Saussure und in seiner<br />

Nachfolge Barthes und andere hervorheben, sich auf das Zeichen nicht als<br />

empirische Entität, sondern als Konzept der Interpretation beziehen. Diese<br />

Eindeutigkeit existiert nur als Interpretationsleistung und die Betrachtung einzelner<br />

(exemplarischer) Zeichen und ihre Rückbeziehung auf Ko<strong>des</strong>, die ihre Bedeutung<br />

relativ zu anderen Zeichen festlegt, ist ein analytischer Vorgang zum Zweck der<br />

Explikation. Ein Zeichen ist immer schon „interpretiertes Zeichen“, ich nehme etwas<br />

als bedeutend wahr, wenn ich es als Zeichen dieser Bedeutung auffasse 71 .<br />

Obwohl viele Texte der Theatersemiotik terminologisch unscharf mit dem Begriff <strong>des</strong><br />

Zeichens in Abgrenzung zum sinnlich-materiell vorliegenden Zeichenträger<br />

umgehen, ist doch der logische Wechsel <strong>von</strong> der materiellen zur<br />

Interpretationsebene als Voraussetzung für eine gewinnbringende Semiotik <strong>des</strong><br />

Theaters nicht zu übersehen. So haben bereits 1938 Pjotr Bogatyrev und 1940<br />

Jindrich Honzl 72 entscheidende Spezifika der Theatersemiotik formuliert, nämlich die<br />

doppelte Zeichenstruktur und die Mobilität und Transformation <strong>von</strong> Theaterzeichen.<br />

Diese Konzepte gehen über den Gedanken der Repräsentation hinaus und wenden<br />

sich ebenso seinem Korrelat zu: der sinnlich-materiellen Seite <strong>des</strong> Zeichens, die<br />

nicht selbst eine Bedeutung verbürgt, sondern vielmehr für jede weitere Interpretation<br />

„stehen bleibt“.<br />

II. 2.1. Keine Metaphysik der Bedeutung<br />

Die Bestimmung <strong>von</strong> choreographierter Bewegung als unmittelbar wirksam und als<br />

„Anderes“ der Sprache wird mit der Materialität <strong>des</strong> Mediums, seiner Flüchtigkeit,<br />

unendlichen Differenziertheit und Einmaligkeit, begründet. Trotzdem können die<br />

tänzerische Bewegung und das Körperliche nicht schlüssig als „Anderes“ und als<br />

unmittelbar ohne Bezug zur Sinngenerierung gedacht werden. Eine solche<br />

Bestimmung <strong>von</strong> Materialität, nach der die menschliche Leiblichkeit wie auch die<br />

Körperlichkeit der Welt als reine „stoffliche Fülle“ den Sinnstrukturen äußerlich wäre,<br />

71 Faltin 1985, S.3.<br />

72 Pjotr Bogatyrev: Les signes du théâtre, Poétique 1971, Nr.8, S. 517-530, Übersetzung eines Aufsatzes aus Slovo a<br />

Slovesnost, no.4 1938; Jindrich Honzl: La mobilité du signe theâtral, Travail théâtral, 1971 Nr.4, S. 5-20, Erstabdruck: Slovo<br />

a Slovesnost 1940. Honzl, der selbst Regisseur und Intendant war, und Bogatyrev behandeln dabei Volkstheater,<br />

Marionettentheater sowie die futuristische Avantgarde ihrer Zeit und keinesfalls realistische Inszenierungen<br />

klassischer Dramen in der Tradition <strong>des</strong> bürgerlichen Illusionstheaters.<br />

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