MiriamFischer Publikation Philosophie des Tanzes - Andrea von ...
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geht. Ludwig Wittgenstein, um eine der wichtigsten Referenzen zu nennen, fasst in<br />
seinen auch in den Kulturwissenschaften viel zitierten Philosophischen<br />
Untersuchungen Sprache als Praxis auf, die Bedeutung im jeweiligen Vollzug<br />
generiert, der „Regeln folgt“, aber nicht vollständig <strong>von</strong> ihnen bestimmt wird. Neben<br />
Kreativität ist die Fähigkeit zur Selbstkorrektur in Form <strong>von</strong> Metasprachlichkeit,<br />
Metaphorizität und anderen rhetorischen Verfahren ein wesentliches Potential <strong>von</strong><br />
Sprache. Der Ausdruck <strong>des</strong> genuin Individuellen im Sinne der Qualia (private<br />
Erlebnisse) ist nicht Gegenstand <strong>des</strong> sprachlichen Ausdrucks. Das „Private“ an der<br />
ästhetischen Empfindung aus dem Diskurs der Ästhetik auszuschließen, führt nicht in<br />
Widersprüche.<br />
Clemens Knobloch legt dar, dass „Text“ zu einem „potentiellen master term“<br />
geworden sei: „Sein Thema ist die (Un-)Wiederholbarkeit <strong>von</strong> Sinn. (…) Wenn<br />
Zeichen grundsätzlich nicht gegen ihre fallweise vorgenommene Deutung abgesetzt<br />
werden können, dann ist die Textualität kultureller Praxen an deren materielle<br />
Vergegenständlichung nicht gebunden. Es wird folgerichtig, auch da <strong>von</strong> Texten zu<br />
sprechen, wo wir nur zeichengesteuerte kulturelle Praxen ohne dauerhafte<br />
Vergegenständlichung vorfinden“ 56 – beispielsweise in der ephemeren Tanzkunst.<br />
Das Konzept <strong>des</strong> Zeichens und das der Textualität sind für mich aufeinander<br />
bezogen, da ich nicht <strong>von</strong> einzelnen Zeichen oder ihrer exemplarischen Isolierung<br />
und Rückbeziehung auf als geschlossen angenommene Ko<strong>des</strong> ausgehe, sondern<br />
vom immer schon mehrdimensionalen und dynamischen Zusammenspiel <strong>von</strong><br />
Zeichen in komplexen Kontexten. Das Paradigma <strong>des</strong> Zeichens und der Textualität<br />
legt den Bereich der Ästhetik nicht auf eine sprachanaloge Art der Miteilung oder gar<br />
<strong>des</strong> Bezeichnens fest. Vielmehr begründet die <strong>Philosophie</strong> <strong>des</strong> Zeichens und der<br />
Interpretation die Verflechtung der kommunikativen, ästhetischen, ethischen und<br />
erkenntnistheoretischen Dimensionen im Konzept <strong>des</strong> Zeichens 57 . Die Semiotik ist<br />
56 Clemens Knobloch: Text/Textualität, in: Karlheinz Barck u.a. (Hg.) Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch in<br />
sieben Bänden. Bd. VI, Stuttgart, Weimar 2005, S. 23-48; S. 26f, Hervorhebung E.W.<br />
57 „Die ethisch-praktischen Implikationen menschlichen Verhaltens sind in den Konzepten einer <strong>Philosophie</strong> <strong>des</strong><br />
Zeichens beziehungsweise in einer Interpretationsphilosophie wesentlich tiefer gelagert als in anderen<br />
Philosophemen. Es wird dort keine neutrale Welt vorgestellt, in der lediglich darüber hinaus nach Wertvorstellungen<br />
und Maximen gehandelt oder geurteilt wird. Vielmehr gehen in die Zeichenbildung und das Zeichenverstehen<br />
beziehungsweise in die Interpretation auf allen Stufen <strong>des</strong> Verhaltens bereits Normvorstellungen und Werthaltungen<br />
ein.“ Brigitte Scheer: Zum intrinsischen Ethos der Wahrnehmung, in: Josef Simon und Werner Stegmaier: Fremde Vernunft.<br />
Zeichen und Interpretation IV, Frankfurt/Main 1998, S. 159-174, S. 159.<br />
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