MiriamFischer Publikation Philosophie des Tanzes - Andrea von ...
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Dialogpartner Engung/Weitung auf die richtigen Körperstellen – in den Worten <strong>von</strong> Schmitz:<br />
auf die richtigen „Leibesinseln“ (Schmitz 1992: 41ff.) – zu platzieren.<br />
Das misslingt offensichtlich dann, wenn z.B. der Dialogpartner ‚Spannung’ (Engung) auf<br />
einer falschen Leibesinsel sitzend zu sehr dominiert. Bei Irene ist das etwa der Fall, wenn sie<br />
in den Schultern, am Hals, Rücken und in den Armen „angespannt“ oder „verspannt“ ist.<br />
Diese An- und Verspannungen in der Gegend <strong>des</strong> Halses, <strong>des</strong> Rückens etc. spürt Irene als<br />
engen<strong>des</strong> Gefühl (auch wenn sie es selbst nicht so nennt), als blockierte oder, wie man<br />
analog zu Schmitz’ Beschreibung <strong>des</strong> Schmerzes als „gehemmter Weg-Impuls“ (ebd.: 163)<br />
auch sagen könnte, als „gehemmte“ Beweglichkeit.<br />
Ihre Spannung spürt nun allerdings nicht nur sie, sondern ebenso ihr Partner. In dem Tanz<br />
<strong>von</strong> Knut und Irene waren es vor allem Spannungen in den Armen, über die sie in einen<br />
zwischenleiblichen Dialog miteinander traten. Dazu zwei Äußerungen <strong>von</strong> Knut im Kontext<br />
<strong>von</strong> Fragen, wie und wodurch er seine Partnerin wahrgenommen habe:<br />
„[...] also extrem, also die Spannung hab ich halt extrem im Arm gespürt.“<br />
„[...] weil schon, also die Schwierigkeit war, glaub ich, schon im linken Arm<br />
letztendlich, und <strong>des</strong>halb hat dieser Arm sehr viel Energie auf sich gezogen. Weil da<br />
sehr viel Spannung drin war. Und <strong>des</strong>wegen waren andere Teile, glaub ich, dann ein<br />
bisschen unterrepräsentiert in dem, was man versuchte, dann zu beobachten.“<br />
Knut erzählt hier, dass er Irenes Spannung „extrem“ in seinem linken Arm, mit dem er ihren<br />
rechten Arm hielt, gespürt habe. In seinem linken Arm habe sich dadurch so viel „Energie“<br />
angesammelt, dass ihn das in der Wahrnehmung seiner anderen Körperregionen behindert<br />
habe. Leibphänomenologisch lässt sich das wie folgt interpretieren: Da die leibliche Richtung<br />
<strong>von</strong> der Enge in die Weite führt, hat die Enge die dominante Rolle im leiblichen Dialog inne,<br />
hier also zunächst die An- oder Verspannung in Irenes rechtem Arm. Wenn Knut nun sagt, er<br />
habe in seinem linken Arm eine extreme Spannung gespürt, dann heißt das, dass sein<br />
eigenleibliches Spüren unmittelbar vom leiblichen Befinden seiner Partnerin geprägt wird,<br />
insofern er im Zuge wechselseitiger antagonistischer Einleibung die Enge <strong>von</strong> Irenes rechten<br />
in seinen linken Arm übernommen hat. Auf dieser Leibesinsel in seinem linken Arm sitzend<br />
übte die Spannung dabei offensichtlich so viel leibliche Macht aus, dass sie Knuts<br />
Wahrnehmungsfokus an sich fesselte. Zumin<strong>des</strong>t band ihn die engende Spannung in seinem<br />
linken Arm so sehr, dass es ihm schwer fiel, zugleich andere Leibesinseln an sich spürend<br />
wahrzunehmen. In dem Moment, in dem Knut Irenes Anspannung und damit sich selbst<br />
spürte, war somit die Grenze zwischen ihren Leibern (nicht: zwischen ihren Körpern)<br />
aufgehoben und ein überindividueller, gemeinsamer Leib entstanden.<br />
Obwohl beide Tanzpartner Probleme mit der Armhaltung hatten, waren diese offensichtlich<br />
doch nicht so gravierend, als dass sich Irene und Knut nicht hätten verständigen können. Der<br />
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