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MiriamFischer Publikation Philosophie des Tanzes - Andrea von ...

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einer gespürten Enge in Richtung gespürter Weite führt. Im Ausatmen beispielsweise<br />

vermittelt die leibliche Richtung <strong>von</strong> der Enge zur Weite im Körperinnenraum, während sie<br />

etwa im Blick über den eigenen Körper hinausweist auf den ihn umgebenden Raum,<br />

wodurch dieser leiblich erfahrbar wird.<br />

Für die hier verfolgte Fragestellung ist entscheidend, dass dieser innerleibliche „Dialog <strong>von</strong><br />

Engung und Weitung“ (ebd.: 53) nicht nur im einzelnen Subjekt stattfindet, sondern ebenso<br />

zwischen zwei und mehreren Subjekten <strong>von</strong>statten geht. In der Begegnung <strong>von</strong> zwei oder<br />

mehreren Menschen wird dieser innerleibliche zu einem zwischenleiblichen Dialog. Möglich<br />

wird dies, da die verschiedenen individuellen Leiber eine räumlich-strukturelle Ähnlichkeit<br />

aufweisen. „Weil das leibliche Befinden in sich dialogisch ist, kann es ohne Änderung seiner<br />

Struktur auf Partner verteilt werden, die die antagonistischen Tendenzen gegeneinander<br />

ausspielen“ (ebd.: 54f.). Schmitz nennt solche Vorgänge, in denen sich spontan ein<br />

überindividueller, gemeinsamer Leib bildet, „leibliche Kommunikation“ bzw. „Einleibung“ (vgl.<br />

ebd.: 175-217).<br />

Für die Art und den Verlauf der leiblichen Kommunikation ist wesentlich, wer <strong>von</strong> den beiden<br />

Partnern die dominante Rolle der Enge bzw. Spannung innehat. Denn so, wie die inner-<br />

leibliche Dynamik <strong>von</strong> der Enge in Richtung Weite führt, verläuft auch die zwischenleibliche<br />

Dynamik vom Engepol <strong>des</strong> einen Partners in Richtung Weitepol <strong>des</strong> anderen. Behält hierbei<br />

einer der beiden Partner konstant die dominante Rolle, nämlich Träger der Enge <strong>des</strong><br />

übergreifenden Leibes zu sein, spricht Schmitz <strong>von</strong> „einseitiger Einleibung“; wechselt<br />

hingegen die Rolle der dominierenden Enge bzw. Spannung zwischen den Partnern hin und<br />

her, handelt es sich um „wechselseitige (antagonistische) Einleibung“. Diese wechselseitige<br />

antagonistische Einleibung ist der entscheidende Verständigungsmodus im Tango Argentino.<br />

Dissoziation <strong>von</strong> Ober- und Unterkörper<br />

Körperliche Grundlage der leiblichen Verständigung der beiden Tanzpartner ist die Dis-<br />

soziation <strong>von</strong> Ober- und Unterkörperbewegungen: Beide Tänzer spiralisieren und ent-<br />

spiralisieren ihren Körper, indem sie ihren Oberkörper unterhalb der Rippen gegen ihren<br />

Unterkörper verdrehen. Da ihre Oberkörper durch die Umarmung flexibel miteinander ver-<br />

bunden sind, kann die Folgende die Oberkörperbewegungen <strong>des</strong> Führenden aufnehmen und<br />

sie in Fußdrehungen und Schritte umsetzen. Auf diese Weise gibt der Führende über seine<br />

Oberkörperbewegungen der Folgenden zu verstehen, welche Schritte sie setzen soll.<br />

Aufgabe der Folgenden ist es daher nicht, zu spüren, welche Schritte der Führende setzt,<br />

sondern zu spüren, was er ihr über den Oberkörper zu verstehen gibt. Auf diese Weise<br />

müssen Schritte und Oberkörperführung als zwei unterschiedliche, wenngleich verbundene<br />

Aktionsbereiche verstanden werden.<br />

Entsprechend ist die Aufgabe <strong>des</strong> Führenden nicht nur, selbst zu gehen, sondern zugleich<br />

über seine Oberkörperbewegungen die Schritte der Folgenden zu führen. Umgekehrt<br />

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