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MiriamFischer Publikation Philosophie des Tanzes - Andrea von ...

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Tango Argentino<br />

Der Tango Argentino entstand an der Wende zum 20. Jahrhundert im Mündungsgebiet <strong>des</strong><br />

Rio de la Plata (Buenos Aires sowie Montevideo und deren Umland). 20 Er ist nicht zu<br />

verwechseln mit dem sog. europäischen Tango, der zum Kanon der Standardtänze gehört.<br />

Zwar entwickelte sich der europäische aus dem argentinischen Tango, als dieser aus<br />

Südamerika nach Europa kam. Doch ist der Tango englischen Stils wesentlich modifiziert,<br />

insbesondere in Hinblick auf die Paarhaltung, den Bewegungskanon und den Charakter der<br />

Bewegungen. Im Folgenden werden wir der Einfachheit halber kurz <strong>von</strong> „Tango“ sprechen,<br />

immer aber Tango Argentino meinen. Präziser beziehen wir uns auf eine Form dieses<br />

<strong>Tanzes</strong>, wie sie heute in Berlin unter dem Label Tango Argentino <strong>von</strong> Irene und Knut getanzt<br />

wird. Ihr Stil ist – entsprechend der Schule, in der sie lernen – am Estilo Villa Urquiza<br />

orientiert. Dieser Stil wurde in den 1940ern Jahren, der sog. ‚Goldenen Ära’ <strong>des</strong> Tango, im<br />

Stadtteil Villa Urquiza im Norden <strong>von</strong> Buenos Aires begründet. Er zeichnet sich bei großer<br />

Klarheit in den Bewegungen durch betonte Eleganz und Subtilität aus, die das<br />

Zuschaustellen <strong>von</strong> spektakulären Figuren vermeidet. Als Grundlage lehrt dieser Tangostil<br />

das elegante Schreiten mit langen, fließenden Schritten und eine entspannte, formschöne<br />

Umarmung <strong>des</strong> Paares.<br />

An diesen Erläuterungen zum Urquiza-Stil wird deutlich, dass Tango – und das sollte gerade<br />

auch bei einem Thema und einer Methode wie der unseren, die an der subjektiven<br />

Wahrnehmung und der individuellen Praxis zweier Tangotänzer ansetzt, nicht vergessen<br />

werden – eine historisch entstandene und diskursiv verortete sozio-kulturelle Körper- und<br />

Bewegungstechnik ist, in die sowohl die Wahrnehmungen als auch die Bewegungen der<br />

Tänzer eingebettet sind (vgl. Elsner 2000; Villa 2006). Der erlernte Stil prägt die Auswahl der<br />

Schritte und Bewegungen sowie die Art, wie sie ausgeführt werden. Zusammen mit den<br />

vermittelten Verhaltensformen und der Ästhetik bilden diese stilspezifischen Bewegungs-<br />

regeln den überindividuellen Kontext, in dem sich die Tänzer als Individuen bewegen.<br />

Will man die grundlegenden Eigenarten <strong>des</strong> Tango benennen, so kann man ihn als<br />

improvisierten Paartanz 21 beschreiben. Das bedeutet, dass die Reihenfolge der Schritte vor<br />

dem Moment ihrer Ausführung nicht festgelegt ist, wenngleich – je nach Stil variierende –<br />

Regeln zu Haltung, Schritten und Figuren existieren, die sicherstellen, dass der Tanz als<br />

Tango identifizierbar bleibt. In diesem durch den Stil festgelegten Rahmen komponieren die<br />

Tänzer während <strong>des</strong> Tanzens ihre Schritte. Die Tatsache, dass die Bewegungsfolgen nicht<br />

vorgegeben sind, erfordert eine präzise Verständigung über den jeweils folgenden Schritt.<br />

Diese Verständigung findet auf der Grundlage der erworbenen tangospezifischen<br />

20 Vgl. zur Geschichte <strong>des</strong> Tango Argentino z.B. Birkenstock/Rüegg 1999; Elsner 2000.<br />

21 Wir beziehen uns ausschließlich auf den Tango als Gesellschaftstanz, den sog. Salón-Tango, der sich<br />

vom Bühnentango – neben anderen Merkmalen – dadurch unterscheidet, dass er ausschließlich improvisiert ist,<br />

also im Moment <strong>des</strong> Tanzens entsteht.<br />

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