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LP AvB Tincheva Nele 02 - Andrea von Braun Stiftung

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<strong>Andrea</strong> <strong>von</strong> <strong>Braun</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>von</strong>einander wissen<br />

Einblick<br />

I. „Kritische Selbstreflexion der eigenen Wahrnehmung der Wirklichkeit“, konstatiert<br />

Gottfried Boehm im Ausklang eines Aufsatzes, „ist immer noch eine unverächtliche Basis: der<br />

Kunst und der Argumentation.“ Und zur Frühromantik um Friedrich <strong>von</strong> Hardenberg merkt<br />

Ulrich Stadler an: „Novalis zielt […] mit seinen Überlegungen auf Erkenntnis im<br />

Allgemeinen, und zwar auf eine solche, die geisteswissenschaftliche Hervorbringungen (z.B.<br />

Kunstwerke) wie auch naturwissenschaftliche Gegenstände (z.B. Fixsterne) gleichermaßen<br />

umfaßt.“<br />

Die Titel der beiden Aufsätze lauten: „Eine kopernikanische Wende des Blicks“ (Boehm,<br />

1995) 1 sowie „Hardenbergs ‚poetische Theorie der Fernröhre‘“ (Stadler, 1987) 2 . Zwischen<br />

den beiden zitierten Bemerkungen spannt sich eine Thematik auf, die derzeit im Rahmen<br />

mehrerer turns (spatial, cultural, ethical) als Desiderat wieder einmal ausgerufen wird: der<br />

Dialog zwischen Wissenschaft und Kunst sowie zwischen Geistes- und Naturwissenschaften. 3<br />

Unsere Eingangszitate legen eine Basis nahe, auf der ein solcher Dialog zu Stande kommen<br />

könnte: den menschlichen Blick auf die Wirklichkeit. Und zugleich problematisieren sie beide<br />

Komponenten dieser Basis:<br />

Was den Blick betrifft, so tritt mit besagter kopernikanischer Wende zwischen ihn und das<br />

Wahrgenommene der Wahrnehmungsprozess selbst. In der Philosophie ist es Kant, der diese<br />

Wende explizit vollzieht: Fluchtpunkt der Wahrnehmung ist nun nicht mehr die wahrzunehmende<br />

Welt, sondern die wahrnehmende Vernunft. In diesem Zuge fordert Kant, cartesia-<br />

1 In: Brandes, Uta (Hrsg.), Sehsucht. Über die Veränderung der visuellen Wahrnehmung.<br />

Göttingen 1995 [= Schriftenreihe Forum, 4], S. 25–34; hier: S. 34.<br />

2 In: Behler, Ernst/Hörisch, Jochen (Hgg.): Die Aktualität der Frühromantik. Paderborn 1987,<br />

S. 51–62; hier: S. 60. Stadlers Überlegungen beziehen sich auf das Fragment Nr. 737 aus<br />

Hardenbergs Enzyklopädie-Projekt, dem „Allgemeinen Brouillon“.<br />

3 – so etwa bei Vittoria Borsò: Die Aufgabe der Kulturgeschichte bestehe „in der Beschreibung der<br />

diskontinuierlichen Entwicklung jener Konstellationen und Handlungen, durch die das Wissen<br />

– auch der Naturwissenschaften – geregelt und sozial organisiert wird. Darin gründet sich auch<br />

die Vorstellung einer engen Kooperation <strong>von</strong> Natur- und Kulturwissenschaft.“ Als zentrale<br />

Gemeinsamkeit sieht Borsò mit Foucault die „Technik der topografischen Organisation des<br />

Denkens“. Dieser voraus und zu Grunde liegt allerdings der organisierende Blick. – Borsò,<br />

Vittoria: Grenzen, Schwellen und andere Orte. In: dies./Görling, Rainer (Hrsg.): Kulturelle<br />

Topografien. Stuttgart/Weimar 2004, S. 13–41; hier: S. 20.<br />

3

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