Kurzer Vergleich mit den <strong>Löffel</strong>n von Aventicum <strong>und</strong> Vindonissa In Kürze können im folgenden einige Angaben zum <strong>Löffel</strong>bestand <strong>aus</strong> der Koloniestadt Aventicum <strong>und</strong> dem Legionslager von Vindonissa gemacht werden, dank dem Entgegenkommen der Herren H. Bögli <strong>und</strong> M. Hartmann, die mir Einsicht in die Sammlungen gewährten; in Avenches konnten die F<strong>und</strong>e bis <strong>und</strong> mit dem Jahre 1967 untersucht werden. In A venticum bilden die Cochlearia <strong>aus</strong> Bein der üblichen Form, mit r<strong>und</strong>er, nicht abgesenkter Laffe, 36 % des Bestandes. Von den Metallöffeln (64 %) — durchwegs Cochlearia — entsprechen 22 % den Beinlöffeln, während die restlichen 42 % metallene Cochlearia mit abgesenkter, teils birnen-, teils beuteiförmiger Laffe darstellen. Vier silberne Cochlearia <strong>aus</strong> Aventicum sind in Abb. 7 wiedergegeben. Ligulae sind, gen<strong>aus</strong>o wie in <strong>Augst</strong>, im F<strong>und</strong>bestand praktisch nicht vertreten. Im grossen ganzen stimmen die Bestände <strong>aus</strong> Avenches <strong>und</strong> <strong>Augst</strong> recht gut miteinander überein (vgl. auch untenstehende Tabelle). In Vindonissa stellen die beinernen Cochlearia mit r<strong>und</strong>er Laffe — ein Stück mit birnenförmiger Laffe (Abb. 14, l) 54 ) gehört zu den Ausnahmen — etwa 40 % des ganzen Bestandes an <strong>Löffel</strong>n dar, was dem Bef<strong>und</strong> in <strong>Augst</strong> <strong>und</strong> Avenches recht gut entspräche, würden sich die Windischer <strong>Löffel</strong> in gleicher Häufigkeit über denselben Zeitraum verteilen wie die der beiden Koloniestädte (s.u.) 55 ). Anders ist die Verteilung bei den Metallöffeln (etwa 60 %), die bis auf Ausnahmen (z. B. Abb. 8) ebenfalls als Cochlearia zu bezeichnen sind: Hier stehen einer grossen Zahl von Cochlearia mit durchgehender Achse, d.h. mit nicht abgesenkter Laffe (etwa 50%) erheblich weniger Cochlearia mit abgesenkter Laffe (etwa 10%) gegenüber. Da diese Cochlearia, wie die Untersuchung in <strong>Augst</strong> zeigte (s.o.), erst seit dem späten 1. Jahrh<strong>und</strong>ert aufkommen <strong>und</strong> fürs 2. <strong>und</strong> 3. Jahrh<strong>und</strong>ert typisch sind, spiegelt sich in ihrer geringen Zahl die Tatsache wider, dass in Vindonissa nach dem Abzug der seit dem frühen 1. Jahrh<strong>und</strong>ert hier stehenden Truppe in Legionsstärke im Jahre 101 n. Chr. der F<strong>und</strong>anfall während des 2. <strong>und</strong> 3. Jahrh<strong>und</strong>erts sehr viel geringer war als vorher, ganz im Gegensatz zu der Entwicklung in den Koloniestädten <strong>Augst</strong> <strong>und</strong> Avenches. Noch wichtiger ist aber folgender Umstand: Selbst wenn in Windisch von den <strong>aus</strong> Bein bestehenden Cochlearia, wegen der abnehmenden F<strong>und</strong>menge, noch weit weniger Stücke als etwa in <strong>Augst</strong> in die Zeit nach 100 fallen <strong>und</strong> beispielsweise alle (40 %) noch ins 1. Jahrh<strong>und</strong>ert gehören sollten, stehen ihnen weit mehr Metallöffel mit nicht abgesenkter Laffe (50%), die ja gleich wie die Beinlöffel fürs 1. <strong>und</strong> frühere 2. Jahrh<strong>und</strong>ert kennzeichnend sind, gegenüber als in Avenches <strong>und</strong> <strong>Augst</strong> (vgl. untenstehende Tabelle). Dar<strong>aus</strong> darf man wohl schliessen, dass im Legionslager der Beinlöffel im 1. Jahrh<strong>und</strong>ert etwa 2-3 x seltener war als in den Koloniestädten <strong>und</strong> dass demnach bei den Legionären der metallene Esslöffel weit<strong>aus</strong> üblicher war als bei den Einwohnern der Koloniestädte. Ob dies auf eine stärkere Kaufkraft oder Romanisierung der Soldaten oder auf beides zurückgeht, sei zur Diskussion gestellt. Interessanterweise gibt es <strong>aus</strong> Vindonissa hinwiederum gleich drei <strong>Löffel</strong> <strong>aus</strong> Bein, die trotz fehlender Stiele nach der Grösse ihrer Laffen nur als Ligulae angesprochen werden können (Abb. 14,2-4) 56 ). Ihre birnenförmigen bis spitzovalen Laffen von 5,8 bis 8 cm Länge entsprechen, auch in den Massen, etwa der 7,1 cm langen Laffe der silbernen Ligula <strong>aus</strong> dem Schutthügel des Legionslagers (Abb. 8). 54 ) Vindonissa-Museum Brugg Inv. 13.634. — Für frdl. Publikationserlaubnis der Beinlöffel Abb. 14 danke ich M. Hartmann, Brugg. 55 ) Der durchgesehene Bestand stammt selbstverständlich zum grössten Teil <strong>aus</strong> dem Schutthügel des Legionslagers, der ebenfalls nur während des 1. Jahrh<strong>und</strong>erts benützt wurde. 56 ) Vindonissa-Museum Brugg Inv. 35.877 ( = Abb. 14,2); 35.2364 ( = Abb. 14,3); 36.923 ( = Abb. 14,4). — <strong>Die</strong> Abbruchstellen an den drei <strong>Löffel</strong>n verraten wohl den bei Ligulae seit republikanischer Zeit üblichen Absatz zwischen Stiel <strong>und</strong> (abgesenkter) Laffe, ohne Zweifel eine schwache Stelle bei den <strong>aus</strong> Bein hergestellten Stücken. Es ist bezeichnend, dass Cochlearia <strong>aus</strong> Bein an dieser Stelle nicht zu zerbrechen pflegten, wie etwa die <strong>Augst</strong>er Exemplare zeigen (Taf. 1-10). Cochlearia mit nicht abgesenkter mit abgesenkter Laffe Laffe Bein Metall Metall Avenches (1.-3. Jahrh.) n=41 36% 22% 42% <strong>Augst</strong> (1.-3. Jahrh.) n = 267 38 % 12% 48% Vindonissa (vor allem 1. Jahrh.) n= 157 ca. 40 % ca. 50 % ca. 10 % Ungefähre prozentuale Verteilung der Hauptgruppen der Cochlearia in den Koloniestädten <strong>Augst</strong> <strong>und</strong> Avenches sowie im Legionslager Vindonissa.
Abb. 14 Cochlear (1) <strong>und</strong> Ligulae (2-4) <strong>aus</strong> Bein, gef<strong>und</strong>en in Vindonissa. — Man beachte die unterschiedlichen Laffengrössen. — Massstab 2:3. Vgl. Anm. 54.56. Zeichnung O. Garraux.