Die römischen Löffel aus Augst und Kaiseraugst - Augusta Raurica
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Zur Datierung der früh- <strong>und</strong> mittelkaiserzeitlichen <strong>Löffel</strong><br />
Cochlearia (Taf. 1-28)<br />
Für alle Cochlearia, die durch F<strong>und</strong>umstände bzw.<br />
durch stratigraphisch zugehörige, mitgef<strong>und</strong>ene Keramik<br />
zeitlich eingeordnet werden können, ist die<br />
Schichtdatierung im Katalog (S. 63 ff.) angegeben.<br />
Mit Ausnahme der mit uneinheitlichem Material vergesellschafteten<br />
Stücke (Nrn. 77, 80, 82, 83, 104, 132,<br />
140, 170, 216, 223, 224, 231, 238, 251) sowie einiger<br />
erst nachträglich datierter Exemplare (Nrn. 27, 33,<br />
42, 101, 169) sind alle anderen in der Tabelle Taf. 33<br />
— nach den Materialien Bein <strong>und</strong> Metall getrennt —<br />
mit horizontalen Balken, die der Zeitstellung der Mitf<strong>und</strong>e<br />
entsprechen, eingetragen.<br />
Da <strong>aus</strong> <strong>Augst</strong> von fast allen <strong>Löffel</strong>formen eine grössere<br />
Zahl datierter Exemplare vorliegt, ergab sich ein<br />
Bild von der allgemeinen Entwicklung dieses Essgeräts:<br />
<strong>Löffel</strong> mit ungebrochener Achse, d.h. nicht abgesetzter<br />
Laffe <strong>aus</strong> Bein <strong>und</strong> Metall (Nrn. 1-145) sind<br />
ins 1. Jh., <strong>aus</strong>nahmsweise ins frühere 2. Jh. datiert;<br />
nur die massivere Serie des Metallöffels mit r<strong>und</strong>er,<br />
den Stiel etwas überragender Laffe (Nrn. 108-117)<br />
wird dem 2. Jahrh<strong>und</strong>ert angehören, wie drei schichtdatierte<br />
Exemplare (Taf. 33) andeuten.<br />
Vielleicht wurde im 1. Jh. der r<strong>und</strong>e Metallöffel<br />
vorübergehend durch den Beinlöffel gleicher Form<br />
verdrängt oder doch stark konkurrenziert, stehen<br />
doch den gut 20 ins 1. Jh. datierten Beinlöffeln in derselben<br />
Zeit nur gerade knapp 10 Metallöffel gegenüber<br />
(Taf. 33). Im Gesamtbestand der <strong>Augst</strong>er <strong>Löffel</strong><br />
mit nicht abgesenkter Laffe überwiegt der Beinlöffel<br />
noch stärker, da von den insgesamt 145 Exemplaren<br />
107 <strong>aus</strong> Bein <strong>und</strong> nur 38 <strong>aus</strong> Metall bestehen.<br />
Im F<strong>und</strong>material von Vindonissa 33 ), das zur<br />
Hauptsache ins 1. Jh. zu setzen ist, bilden die <strong>Löffel</strong><br />
mit nicht abgesetzter Laffe über 90 °7o (in <strong>Augst</strong> 50 °7o)<br />
des gesamten Bestandes. F<strong>und</strong>e <strong>aus</strong> anderen früh<strong>römischen</strong><br />
Militärlagern bieten dasselbe Bild 34 ).<br />
Cochlearia mit abgesenkter Laffe (Nrn. 146-267)<br />
erscheinen in <strong>Augst</strong> laut Taf. 33 frühestens am Ende<br />
des 1. Jhs. (z.B. Nrn. 153 <strong>und</strong> 194) 35 ). <strong>Die</strong> ältesten<br />
Stücke mit beuteiförmiger Laffe sind, von der unge<br />
nau ins 2. Jh. verwiesenen Nr. 251 abgesehen, in die 2.<br />
Hälfte des 2. Jhs. (Nr. 255) <strong>und</strong> ins späte 2. <strong>und</strong> frühere<br />
3. Jh. (Nrn. 249, 259) datiert. Damit steht fest, dass<br />
die Cochlearia mit beuteiförmiger Laffe (Nrn.<br />
236-267) später aufkommen als die mit birnenförmiger<br />
Laffe <strong>und</strong> die jüngste in der Koloniestadt vertretene<br />
<strong>Löffel</strong>form darstellen.<br />
Ligulae (Taf. 29)<br />
Von den fünf Ligulae sind zwei Exemplare mit beuteiförmiger<br />
bzw. fragmentierter (ovaler?) Laffe (Nrn.<br />
271 bzw. 269) ins 3. Jh. schichtdatiert. Auch das zweite<br />
Exemplar mit beuteiförmiger Laffe (Nr. 270) wird<br />
dieser Zeit angehören, wenn es nach seinem hohen<br />
scheibenförmigen Absatz nicht etwa noch jünger ist.<br />
Damit verbleiben noch zwei Ligulae mit spitzovalen<br />
Laffen (Nrn. 268 <strong>und</strong> 272), die aufgr<strong>und</strong> ihres kompakten<br />
Zwischenstücks zwischen Laffe <strong>und</strong> Stiel weniger<br />
früh<strong>römischen</strong> Ligulae (wie Abb. 8) ähnlich<br />
sind, sondern eher mit solchen der mittleren Kaiserzeit<br />
(wie Abb. 9,1) <strong>und</strong> mit massiven Cochlearia mit<br />
birnen- oder beuteiförmigen Laffen (z.B. Nrn. 177,<br />
196, 242, 250, 264) verglichen werden können.<br />
Es sieht demnach so <strong>aus</strong>, als ob die <strong>Augst</strong>er Ligulae,<br />
von denen des <strong>Kaiseraugst</strong>er Silberschatzes (Abb.<br />
10,5.6) abgesehen, ganz der mittleren Kaiserzeit <strong>und</strong><br />
vor allem dem 3. Jh. zuzuweisen wären. Zu einer solchen<br />
Datierung würde auch das Material der <strong>Löffel</strong> —<br />
bleireiche Bronze (2x) <strong>und</strong> Zinn-Blei-Legierung<br />
(2 x ) — sehr gut passen.<br />
33 ) Vgl. dazu zusammenfassend S. 32.<br />
34 ) Vgl. z. B. die Exemplare bei G. Ulbert^ Das frührömische Kastell<br />
Rheingönheim (1969) Taf. 42, 1-3 <strong>und</strong> Ulbert (1959) Taf.<br />
24, 12-14.<br />
35 ) Der in der Tabelle in Klammern eingetragene <strong>Löffel</strong> Nr. 193<br />
kann kaum wie die mitinventarisierte Keramik in spätaugusteisch-tiberische<br />
Zeit datiert werden. Hier dürfte eine sek<strong>und</strong>äre<br />
Vergesellschaftung im Boden oder nachträgliche Vermischung<br />
vorliegen.<br />
Abb. 11 Vier unfertige bzw. missratene Cochlearia <strong>aus</strong> <strong>Augst</strong>, alle <strong>aus</strong> Bronze: 1 Nr. 237, 2 Nr. 161, 3 Nr. 203,<br />
4 Neuf<strong>und</strong> <strong>aus</strong> Insula 31 (vgl. Anm. 41). Massstab 2:3. Vgl. Taf 32, 2-5. Zeichnung O. Garraux.