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Die römischen Löffel aus Augst und Kaiseraugst - Augusta Raurica

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<strong>Die</strong> spät<strong>römischen</strong> <strong>Löffel</strong> (273-278; Taf. 30)<br />

<strong>Die</strong> Kategorie der <strong>Löffel</strong>, die durch Vergleich mit datierten<br />

Exemplaren anderer F<strong>und</strong>orte als spätrömisch<br />

bezeichnet werden können, besteht <strong>aus</strong> einigen wenigen<br />

<strong>und</strong> formal recht unterschiedlichen Einzelstücken;<br />

es kommen hinzu die <strong>Löffel</strong>serien des spät<strong>römischen</strong><br />

Silberschatzes von <strong>Kaiseraugst</strong>, die an anderer<br />

Stelle veröffentlicht werden, aber im nachfolgenden<br />

Exkurs der Vollständigkeit halber mit vorgestellt<br />

sind (Abb. 10).<br />

An Einzelstücken sind insgesamt nur sechs Cochlearia<br />

(Nrn. 273-278) zum Vorschein gekommen. Im<br />

Gegensatz zu den in ihren Formen relativ eng abgrenzbaren<br />

Typen der früh- <strong>und</strong> mittelkaiserzeitlichen<br />

Cochlearia (Nrn. 108 -267) weisen sie <strong>aus</strong>ser der allgemeinen<br />

Stiltendenz nicht viele gemeinsame Züge auf:<br />

<strong>Die</strong> Form der Laffe <strong>und</strong> des Stiels knüpft an die<br />

Tradition der mittleren Kaiserzeit an: Bei den Nrn.<br />

273, 276 <strong>und</strong> 277 (?) ist die Laffe ungefähr birnenförmig,<br />

bei Nr. 274 eher mandelförmig. Nr. 275 (Taf.<br />

31,7) weist die typische beuteiförmige Laffe der jüngeren<br />

Cochlearia Nrn. 236-267 auf. <strong>Die</strong> Stiele zeigen,<br />

soweit erhalten, im vorderen Teil eher viereckigen<br />

Querschnitt mit ger<strong>und</strong>eten Kanten <strong>und</strong> werden nach<br />

hinten r<strong>und</strong>, nadeiförmig.<br />

Material: Silber (3 x ); bleiarme Bronze (2 x ); Zinn-<br />

Blei-Legierung (1 X).<br />

Da nur der <strong>Löffel</strong> Nr. 277 durch Mitf<strong>und</strong>e (Keramik<br />

des späten 3. <strong>und</strong> der ersten Hälfte des 4. Jhs.) ungefähr<br />

datiert ist, müssen stilistische Merkmale zur Bestimmung<br />

herangezogen werden. Ein markanter Unterschied<br />

zu den älteren Cochlearia besteht in der Ausgestaltung<br />

des Absatzes zwischen Laffe <strong>und</strong> Stiel. Es<br />

sind zwei unterschiedliche Verbindungen vorhanden:<br />

Aus der oberen Kante des Verbindungsstücks wird eine<br />

Volute her<strong>aus</strong>gezogen, die sich zur Laffe zurückbiegt<br />

(Nr. 275) <strong>und</strong> in einen Tierkopf (vermutlich Nr.<br />

273) enden kann. Auch am reich profilierten Stiel Vorderteil<br />

der Nr. 274 kommt eine Volute vor. Bei der anderen<br />

Art der Verbindung wird das Zwischenstück<br />

durchbrochen gestaltet (Nr. 277). Ob diese beiden<br />

Verbindungsarten auch chronologisch zu deuten sind<br />

<strong>und</strong> die erste etwa der zweiten vorangeht, lässt sich am<br />

<strong>Augst</strong>er Material nicht ermitteln.<br />

Das silberne Cochlear Nr. 276 (Taf. 31,8) gehört<br />

nach seinem Material <strong>und</strong> wegen seiner Inschrift zur<br />

grossen Gruppe der qualitätvollen spätantiken Silberlöffel,<br />

wie sie <strong>aus</strong> dem <strong>Kaiseraugst</strong>er Schatz (Abb. 10)<br />

<strong>und</strong> verwandten F<strong>und</strong>en bekannt sind 31 ).<br />

Da die spätrömische Periode durch das Kastell <strong>Kaiseraugst</strong><br />

im <strong>Augst</strong>er F<strong>und</strong>bestand recht gut vertreten<br />

ist, erscheint es als ungewöhnlich, dass nur eine derart<br />

geringe Zahl spätrömischer <strong>Löffel</strong> erhalten ist. Auffällig<br />

ist auch, dass von den sechs Exemplaren gleich<br />

drei <strong>aus</strong> Silber bestehen. Bezieht man auch den Silberschatz<br />

mit seinen Silberlöffeln in die Ueberlegungen<br />

ein, so möchte man annehmen, der metallene Esslöf­<br />

fel habe zu jener Zeit erheblich häufiger <strong>aus</strong> Silber bestanden<br />

<strong>und</strong> sei weitgehend der reichen Oberschicht<br />

vorbehalten gewesen, wobei eines das andere bedingt<br />

haben wird. Nach 300 könnte ein weit grösserer Teil<br />

der Bevölkerung als früher, darunter auch der bis ins<br />

3. Jahrh<strong>und</strong>ert wohlhabende «Mittelstand», in<br />

<strong>Kaiseraugst</strong> <strong>und</strong> dann wohl auch in Gallien <strong>und</strong> Germanien<br />

billige <strong>Löffel</strong> <strong>aus</strong> Holz benützt haben. <strong>Die</strong>se<br />

Vermutung müsste selbstverständlich am spätantiken<br />

F<strong>und</strong>bestand grösserer Siedlungen <strong>und</strong> eines weiteren<br />

Gebietes überprüft werden.<br />

Exkurs: MAX MARTIN, Zu den <strong>Löffel</strong>n des<br />

spät<strong>römischen</strong> Silberschatzes von <strong>Kaiseraugst</strong><br />

Nebst reichem Tafelsilber in Form von Auftragplatten,<br />

Schüsseln, Bechern usw. enthält der 1962 im Innern<br />

des spät<strong>römischen</strong> Kastells <strong>Kaiseraugst</strong> (vgl.<br />

Taf. 34: Reg. 20D) entdeckte Silberschatz auch<br />

Essbesteck 32 ): <strong>Die</strong> 35 silbernen <strong>Löffel</strong> des F<strong>und</strong>es gehören<br />

zu den grössten, in spät<strong>römischen</strong> Schatzf<strong>und</strong>en<br />

geborgenen Besteckserien.<br />

Da laut den mitgef<strong>und</strong>enen Silbermünzen <strong>und</strong><br />

-barren <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> der historischen Quellen der<br />

Schatz kurz nach 350 im Boden verborgen worden<br />

sein muss, haben wir in den <strong>Löffel</strong>n, die kaum abgenützt<br />

sind, wohl einen charakteristischen Querschnitt<br />

oder doch Ausschnitt <strong>aus</strong> dem kostbaren Essbesteck<br />

vor uns, das in konstantinischer Zeit an der vornehmen<br />

Tafel der spät<strong>römischen</strong> Reichsaristokratie üblich<br />

war.<br />

<strong>Die</strong> 21 Cochlearia sind gesamthaft gesehen sehr einheitlich<br />

<strong>und</strong> zeigen alle ein mehr oder weniger kunstvoll<br />

durchbrochenes Zwischenstück zwischen Stiel<br />

<strong>und</strong> abgesenkter Laffe; ähnlich ist unter den einzeln<br />

gef<strong>und</strong>enen Stücken der Silberlöffel Nr. 277 <strong>aus</strong><br />

<strong>Kaiseraugst</strong>. Nach den im Detail unterschiedlich geformten<br />

Zwischenstücken, den leicht differierenden<br />

Gewichten (zwischen 17,7 <strong>und</strong> 28,7 g) <strong>und</strong> Längenmassen<br />

gehören die 21 Exemplare des Schatzes jedoch<br />

fünf verschiedenen Serien, den Typen A (4x), Bl<br />

(4 x ), B2 (9 x ) <strong>und</strong> C (4 X ) an (Abb. 10,1-4). Mehrere<br />

<strong>Löffel</strong>laffen besitzen feine Graffiti.<br />

Auch die 14 Ligulae sind wegen verschiedener<br />

Griffgestaltung <strong>und</strong> ihren unterschiedlichen Gewichten<br />

(im Mittel 47,4 g bzw. 61,5 g) in zwei Gruppen,<br />

den leichten Typ a (10 x) <strong>und</strong> den schweren Typ b<br />

31 ) Ein ähnlicher <strong>Löffel</strong> mit Inschrift <strong>aus</strong> Essweiler: V. Milojcic,<br />

Ber. RGK 49, 1968, 122 <strong>und</strong> Abb. 9,7.<br />

32 ) Vgl. demnächst die in Anm. 3 angeführte Bearbeitung der <strong>Löffel</strong>,<br />

wo u. a. auch nähere Angaben zu den im folgenden genannten<br />

Typen gemacht werden.

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