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Die römischen Löffel aus Augst und Kaiseraugst - Augusta Raurica

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Cochlearia <strong>aus</strong> Metall (108-267; Taf. 11-28)<br />

<strong>Die</strong> metallenen Cochlearia der frühen <strong>und</strong> mittleren<br />

Kaiserzeit von <strong>Augst</strong> gliedern sich in zwei Hauptgruppen:<br />

— Cochlearia mit nicht abgesenkter Laffe, die in einer<br />

Ebene bzw. Achse in den Stiel übergeht (Nrn.<br />

108-145);<br />

— Cochlearia mit gegenüber der Stielachse abgesenkter<br />

Laffe (Nrn. 146-267).<br />

Bei der Gliederung der früh- <strong>und</strong> mittelkaiserzeitlichen<br />

Cochlearia ist die Veränderung der Achsen von<br />

Laffe <strong>und</strong> Stiel, neben anderen Kriterien, als das<br />

wichtigste Unterscheidungsmerkmal hervorzuheben.<br />

Aus den stratigraphischen Datierungen der in <strong>Augst</strong><br />

mitgef<strong>und</strong>enen Keramik hat sich nämlich ergeben,<br />

dass <strong>Löffel</strong> mit ungebrochener Achse denen mit abgesenkter<br />

Laffe zeitlich vorangehen. Man kann sogar<br />

sagen, dass die <strong>Löffel</strong> der ersten Gruppe in der späteren<br />

Periode nicht mehr vorkamen. <strong>Die</strong> zweite Gruppe,<br />

mit abgesenkter Laffe, ist in <strong>Augst</strong> gut dreimal so<br />

gross wie die erste.<br />

Wann <strong>und</strong> <strong>aus</strong> welchem Gr<strong>und</strong>e es allgemein zu dieser<br />

Auflösung der geraden <strong>Löffel</strong>achse gekommen ist,<br />

kann <strong>aus</strong> den hier behandelten F<strong>und</strong>en nicht erschlossen<br />

werden (vgl. S. 35); in <strong>Augst</strong> muss dieser Wechsel<br />

nach den stratigraphischen Datierungen (Taf. 33) im<br />

späten 1. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>und</strong> in den ersten Jahrzehnten<br />

des 2. Jahrh<strong>und</strong>erts erfolgt sein.<br />

Ein zweites wichtiges Merkmal, das die beiden<br />

Gruppen voneinander unterscheidet, bildet die Form<br />

der Laffe: Sie ist bei der ersten Gruppe, von den mandelförmigen<br />

Laffen der Nrn. 142-145 abgesehen,<br />

stets r<strong>und</strong>, bei der zweiten birnen- bzw. beuteiförmig.<br />

Verschieden ist auch die Form des Stieles: Er ist bei<br />

der ersten Gruppe glatt, nadeiförmig, im Querschnitt<br />

r<strong>und</strong> <strong>und</strong> schliesst mit einem spitz zulaufenden Ende<br />

ab; eine Ausnahme stellen die tordierten(?) Stiele der<br />

ebengenannten Nrn. 142-143 dar. In der zweiten<br />

Gruppe kommt neben dem glatten, nadeiförmigen<br />

auch noch ein unterteilter Stiel mit einem verzierten<br />

Zwischenstück vor, das im Querschnitt viereckig ist.<br />

<strong>Die</strong> erste Gruppe der Metallöffel fällt in die gleiche<br />

Zeit wie die gleich geformten <strong>Löffel</strong> <strong>aus</strong> Knochen; die<br />

zweite erscheint in <strong>Augst</strong> erst um die Wende vom 1.<br />

zum 2. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>und</strong> hält sich bis zum Untergang<br />

der Koloniestadt im späteren 3. Jahrh<strong>und</strong>ert. <strong>Die</strong> datierten<br />

F<strong>und</strong>e zeigen deutlich, dass die <strong>Löffel</strong> mit beuteiförmiger<br />

Laffe später einsetzen als jene mit birnenförmiger<br />

Laffe (Taf. 33).<br />

Zur Datierung der einzelnen Formen vgl. vor allem<br />

S. 24.<br />

Cochlearia mit nicht abgesenkter Laffe<br />

<strong>Die</strong> Gruppe umfasst zwei Varianten: eine in <strong>Augst</strong><br />

stark vertretene <strong>und</strong> in allen provinzial<strong>römischen</strong> Gebieten<br />

häufig vorkommende Variante, den <strong>Löffel</strong> mit<br />

r<strong>und</strong>er Laffe <strong>und</strong> nadeiförmigem Stiel (Nrn.<br />

108-141), <strong>und</strong> eine in <strong>Augst</strong> <strong>und</strong> auch anderswo selte­<br />

ne Variante mit mandelförmiger Laffe <strong>und</strong> nadeiförmigem,<br />

mitunter aber auch tordiertem Stiel (Nrn.<br />

142-145).<br />

Cochlearia mit r<strong>und</strong>er Laffe <strong>und</strong> nadeiförmigem Stiel<br />

(108-141; Taf 11-14)<br />

<strong>Die</strong>se <strong>Löffel</strong> bilden eine grosse Serie von einheitlicher<br />

Form <strong>und</strong> zeigen auf den ersten Blick wenige Unterschiede:<br />

<strong>Die</strong> r<strong>und</strong>e schalenförmige Laffe ist eher flach gewölbt,<br />

<strong>aus</strong>nahmsweise kegelförmig (z.B. Nr. 113).<br />

Der nadeiförmige, im Querschnitt r<strong>und</strong>e Stiel verläuft<br />

vom Ansatz unterhalb der Laffe bis zum spitzen Ende<br />

geradlinig. Beide Teile sind in einem Stück gegossen.<br />

<strong>Die</strong> einzige etwaige Verzierung besteht <strong>aus</strong> einer Rille<br />

entlang dem inneren Laffenrand (Nrn. 108 <strong>und</strong> 110<br />

[Silber], 115 <strong>und</strong> 116 [Zinn-Blei-Legierung]).<br />

<strong>Die</strong>se formal sehr einheitliche <strong>Löffel</strong>serie besteht<br />

jedoch, wie die genaue Betrachtung ergibt, <strong>aus</strong> zwei<br />

Serien, die sich im Ansatz des Stieles <strong>und</strong> durch eine<br />

verschiedene Stärke in der Ausführung unterscheiden<br />

. Bei der ersten Serie (Nrn .108-117) ragt der Rand<br />

der Laffe über den in der unteren Hälfte der Schale<br />

ansetzenden Stiel hinauf, bei der zweiten (Nrn.<br />

118-141) bildet der Stiel eine geradlinige Fortsetzung<br />

der Laffe, d. h. wächst <strong>aus</strong> ihr her<strong>aus</strong>. <strong>Die</strong> Qualität ist<br />

bei beiden Serien auffallend verschieden: die Nrn.<br />

108-117 sind massiv, die Nrn. 118-141 eher blechförmig<br />

<strong>und</strong> dünn.<br />

Was das verwendete Material anbelangt, so sind die<br />

massiven <strong>Löffel</strong> der ersten Serie, mit Ausnahme zweier<br />

Exemplare <strong>aus</strong> Silber, <strong>aus</strong> einer Zinn-Blei-<br />

Legierung (8 x ) hergestellt, wogegen die blechförmigen<br />

<strong>Löffel</strong> der zweiten Serie vorwiegend <strong>aus</strong> Messing<br />

(10 X ) — ein Metall, das in <strong>Augst</strong> nur bei den <strong>Löffel</strong>n<br />

dieser Serie vorkommt — <strong>und</strong> bleiarmer Bronze<br />

(13 x) bestehen, nur einmal dagegen <strong>aus</strong> bleireicher<br />

Bronze <strong>und</strong> nie <strong>aus</strong> einer Zinn-Blei-Legierung. Aufgr<strong>und</strong><br />

dieser Legierungsunterschiede wird, wie noch<br />

zu zeigen ist 14 ), die zweite, leichte Serie die ältere sein,<br />

die massivere Serie die jüngere. <strong>Die</strong>s bestätigen einigermassen<br />

auch die stratigraphischen Datierungen,<br />

die leider nur für 12 der insgesamt 34 <strong>Löffel</strong> vorliegen<br />

(Taf. 33). Bei näherer Betrachtung der zierlichen<br />

Exemplare der leichten zweiten Serie stellt sich<br />

schliesslich die Frage, ob deren dünne Laffen nicht<br />

eher <strong>aus</strong>geschmiedet sind <strong>und</strong> nicht gegossen, wie dies<br />

für alle anderen, durchwegs jüngeren Metallöffel anzunehmen<br />

ist 15 ).<br />

Länge <strong>und</strong> Gewicht der ganz erhaltenen Stücke gehen<br />

<strong>aus</strong> der Tabelle Abb. 4 hervor. Der Durchmesser<br />

der Laffen variiert zwischen 3,1 <strong>und</strong> 1,9 cm. Das Verhältnis<br />

von Laffe zu Stiel beträgt 1:4, ist jedoch nicht<br />

konstant, da grössere Laffen auch kürzere Stiele haben<br />

<strong>und</strong> umgekehrt.<br />

Datierung: Wie die Tabelle Taf. 33 zeigt, wurde die<br />

leichte Serie der metallenen <strong>Löffel</strong> mit r<strong>und</strong>er Laffe<br />

im 1. Jahrh<strong>und</strong>ert hergestellt, gleichzeitig mit den<br />

4 ) Vgl. S. 24 <strong>und</strong> S. 50ff.<br />

5 ) Vgl. S. 26.

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